An Fanny
Mit müdem Schritte steigt vom fernen Hügel
Einsam die Nacht,
Und schwingt um mich die sorgenschwere Flügel
In ernster Pracht;
Schon über mir,
Kaum bricht ein zitternd todenblasses Feuer
Vom Mond herfür.
Im tiefen Schatten schlummern eingehüllet
Und grauenvolle Todtenstille füllet
Bang die Natur.
Nur weichgeschaffne sanftempörte Herzen,
Voll theurer Quaal,
Am Mondenstral.
Jezt irrst du, Trautester, mit bangem Sehnen
Im Todtenhaus,
An Julchens Grab und hauchst in tausend Thränen
Du eilest junge Rosen abzupflüken
Vom heil’gen Grab,
Und blätterst sie mit traurigem Entzüken
Zu ihr hinab.
Den schönen Blik)
Und rufte laut den fliehenden Geliebten
Vom Meer zurük.
Nun weinet einsam in verschloßnen Mauern,
Das heil’ge Mädchen, dem vom stillen Trauern
Die Seele bricht.
Ihr Busen brennt von zärtlichem Verlangen,
Ihr schmachtend Herz
Vom ewgen Schmerz.
So welkt die Rose in dem fernen Thale
Früh abgeknikt,
Eh sie, gelokt vom milden Frühlingsstrale,
O Mädchen, die voll unschuldsvoller Triebe
Das Laster höhnt,
Und sich nach edlen Freuden reiner Liebe
Unwissend sehnt.
Im Busen nährt,
Du, deren Klagen oft in tiefstem Schlummer
Die Nacht gehört,
Wer Du auch bist, Du bist für mich geboren
Hat Dir mein Herz, hat mir Dein Herz geschworen
Zum süsen Band.
Längst, längst, o Du Geliebteste von allen!
Fleh ich nach Dir,
Entgegen Dir.
Ein Engel lisple, schlummerst Du auf Rosen
In holder Ruh,
Dir meinen Namen, und mir Ruhelosen
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Die Autorschaft des Textes ist nicht zu hundert Prozent geklärt.
Walther Killy schreibt im Jahr 2001 ein Gedicht, welches mit der Chiffre X. unterzeichnet ist, in Band 6. der Deutschen Lyrik von den Anfängen bis zur Gegenwart Jakob Friedrich Abel zu.
Eduard Bülow schließt Schiller als Autor für die Texte, welche die Chiffre X. tragen, aus. Sie seien ekelhaft und können deshalb von keinem Dichter stammen.
Auch Eduard Boas schließt Schiller aus, und schreibt die Chiffre dem Grafen von Zuccato zu.
Edmund Goetze vermutet unter der Chiffre Friedrich Schiller, wobei er allerdings bei zwei von diesen Texten (An mein Täubchen und Fluch eines Eifersüchtigen) auch Karl Friedrich Reinhard als Autor anbietet.
Minor schreibt die Chiffre ebenfalls Friedrich Schiller zu.
Genaueres in:- Edmund Goetze: Grundrisz zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen von Karl Goedeke. Zweite ganz neu bearbeitete Auflage. Fünfter Band - Vom siebenjährigen bis zum Weltkriege. Zweite Abteilung. Dresden: Verlag von L. Ehlermann, 1893, Seite 166f.
- Eduard Boas; Wendelin von Maltzahn (Hrsg.): Schiller’s Jugendjahre. – Zweiter Band. Hannover: Carl Rümpler, 1856. Seite 205 f.
- Friedrich Schiller; Eduard Bülow (Hrsg.): Anthologie auf das Jahr 1782 von Friedrich Schiller – Mit einer einleitenden Abhandlung über das Dämonische und einem Anhange neu herausgegeben von Eduard Bülow. Heidelberg: Verlag von Bangel & Schmitt; Hoffmeister’sche Univ.-Buchhandlung, 1850. Seite XL.
- Walther Killy (Hrsg.): Deutsche Lyrik von den Anfängen bis zur Gegenwart. - Band 6., München: DTV, 2001.