Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section/H15
← Heft 14 des Voigtländischen Kreises | Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke Heft 15 der Section Voigtländischer Kreis |
Heft 16 des Voigtländischen Kreises → |
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter: |
Mühltroff, welches in den Urkunden Mühlendorf, Müeldorf, Mohldorf genannt wird und seinen Namen von den vielen Mühlen führt, die früher in dasiger Gegend gestanden haben, wovon man noch mehrere vorfindet, liegt an der durchfliessenden Wiesenthal, 2 Meilen von Plauen, 1 Meile von Schleiz und 3 Meilen von Hof.
Die Zeit, wenn Mühldrof erbauet worden, ist unbestimmt. Wie die Endung des Ortes beweiset, ist derselbe nicht wendischen, sondern deutschen Ursprungs, und im elften oder zwölften Jahrhundert angelegt.
Aller Wahrscheinlichkeit nach hat anfänglich, ausser einigen Mühlen nichts, als das Schloss dagestanden, welches auf einem dichten Felsen neben dem grossen Teiche oder See lieget, und an dessen Seite einige Häuser angebaut worden sind. Der Ort hat ursprünglich nur aus den Häusern bestanden, welche auf beiden Seiden des Marktes, von der Brücke an, bis an den Bach sich befinden, welches daher anzunehmen ist, weil diese Häuser sämmtlich und wahrscheinlich auch nur allein und mit vielen Grundstücken zusammenhingen, und mehrentheils sogenannte ganze Höfe sind.
Schon im 14. Jahrhunderte kommt Mühltroff als eine besondere Herrschaft und Residenz Heinrich V. Voigts von Plauen und Herrn zu Mühltroff vor. Sie war von solcher Wichtigkeit, dass die Voigte von Plauen durch den ganzen Husittenkrieg, und noch länger mit Friedrich und Wilhelm, Gebrüder, Landgrafen von Thüringen und Markgrafen zu Meissen, bald mit Waffen, bald mit der Feder darum stritten. Im Jahre 1459 wurden im Egerischen Hauptvergleiche zwischen gedachten Brüdern, dem König Podiebrad und der Krone Böhmen der Streit bis auf weitere Entscheidung ausgesetzt.
Von Heinrich V. kam Mühltroff an Heinrich den älteren Voigt von Plauen, den Langen genannt. Im Jahre 1357 wurde es mittelst Tausches von Heinrich dem Langen und Namens seiner Söhne an die Herren Landgrafen von Thüringen und Markgrafen zu Meissen Friedrich, Balthasar und Wilhelm überlassen. Nach einer im Jahre 1370 vorgekommenen Ländertheilung dieser Landgrafen fiel Mühltroff an Landgraf Wilhelm den älteren oder einäugigen, welcher seinen Voigt Haus von der Heyde im Jahre 1393 damit beliehen hat.
Wilhelm der einäugige starb im Jahre 1507 ohne Erben, und Mühltroff mit dem ganzen Voitglande fiel an Balthasars Sohn, an Friedrich den Jüngeren, welcher im Jahre 1437 Ulrich und Nicol, Gebrüdern von Sack, an denen Mühltroff verpfändet war, Letzteres überlies.
Die Oberlehnsherrlichkeit bekam nach dem Tode Heinrich des Jüngeren im Jahre 1445 Churfürst Friedrich der Sanftmüthige. Nach der Schlacht bei Mühlberg im Jahre 1547 erhielt die Oberbotmässigkeit über Mühltroff von Kaiser Karl V. Heinrich V. Burggraf zu Meissen. –
Nach dem Aussterben der Burggräflichen Linie kam das Voigtland an das Churhaus Sachsen Albertinischen Stammes.
Die Herren von Sack auf Mühltroff besassen solches von 1436 bis 1591. Nach dem Absterben der Herren von Säcke ohne Leibeserben fiel Mühltroff als offenes Lehn an die Oberlehnsherren, welche die Besitzung an die von Schönberg und Lindemann verschenkten, die es im Jahre 1592 an Heinrich von Schönberg auf Weissbach, dessen Gemahlin Ursula von Spiegel war, verkauften. Heinrich von Schönberg, welcher viele Prozesse mit seinen Gerichtsuntergebenen hatte, besass das Gut nur 8 Jahre, indem er solches an Curt oder Conrad von Mandelsloh auf Krockendorf in der Herrschaft Blanckenhain im Jahre 1601, dieser aber wieder im Jahre 1603 an seinen Vetter, Melchior von Bodenhausen um 60000 Gulden verkaufte. Dieses uralte Geschlecht der von Bodenhausen stammt aus Niedersachsen, besonders aus dem Braunschweigischen, und hat seinen Namen von dem Orte entlehnt, nämlich dem Schlosse Bodenhausen in Nieder-Hessen an der Braunschweigischen Grenze. Die Geschichte dieser Familie gehört zu den ältesten und berühmtesten in Deutschland. Zu Zeiten Kaiser Friedrich des Rothbarts leisteten sie erspriessliche Dienste. Verschwägert war dieses Geschlecht mit den Herren Grafen Reuss von Leiningen, Schönburg Wartenberg u. s. w.
Melchior von Bodenhausen war mit Elisabeth von Berlepsch vermählt, einer Tochter Hansens von Berlepsch auf Bühla. Dieser Melchior von Bodenhausen war sehr reich und kaufte auch noch Leibnitz und 3 Theile der Herrschaft Blanckenhain, ferner Lautenberg, das Gräflich Hohensteinsche Schloss Nora, und hatte das Amt Pausa Pfandweise innen.
Nach seinem Ableben mit Hinterlassung von 4 ihn überlebenden Kindern (5 waren wieder vor ihm gestorben) kam Mühltroff und Leubniz an seinen Sohn Otto, Landeshauptmann zu Hof, dessen Gattin Elisabeth von Behr, eine Tochter Franz von Behr auf Bandelin in Pommern, und deren Mutter eine geborne Jasmund war. Otto von Bodenhausen starb im Jahre 1644 zu Culmbach, und ist nebst seiner Gemahlin, die im Jahre darauf ihren Gatten im Tode nachfolgte, in Mühltroff beigesetzt. Ihm succedirte sein Sohn Franz Wilke von Bodenhausen, welcher mit Fräulein Magdalena Agnes von Rheden auf Friedland vermählt war. Derselbe wurde vom Kaiser in den Freiherrnstand erhoben. Dieser Wilke von Bodenhausen hatte einen förmlichen Hofstaat und lebte sehr glänzend; dabei [114] war er ein Wohlthäter der leidenden Menschheit und ein Freund der Künste und Wissenschaften. Er starb zu Mühltroff den 15 Oct. 1686.
Sein Sohn Melchior Otto Freiherr von Bodenhausen bekam nach des Vaters Tode Mühltroff, dessen Gattin war Fräulein Sophie Eleonore von Reisewiz auf Graboska und Tworkau in Schlesien. Herr Melchior Otto von Bodenhausen erzeugte mit derselben 7 Kinder, von welchen nach dem Ableben des Vaters der älteste Sohn Otto George von Bodenhausen mit der Herrschaft Mühltroff beliehen wurde. Letztrer war ein sehr gelehrter Mann, und wurde deshalb zum Vormund der unmündigen Kinder Heinrichs Reuss des älteren von Greiz oberen Theils durch Kaiser Leopold ernannt. Derselbe starb im Jahre 1732 und wurde im Erbbegräbniss zu Mühltroff beigesetzt. Mühltroff kam noch bei seinen Lebzeiten wegen einer Prachtliebe sowohl als wegen seiner zu grossen Güte und Menschenfreundlichkeit unter Sequestration. Sein Nachfolger und Sohn Otto George Freiherr von Bodenhausen brachte es so weit, dass seine väterlichen Besitzungen, gegen jährliche Abzahlung von 6000 Gulden an die Gläubiger, ihm erblich überlassen, und nach und nach ihrer Rangordnung gemäss befriedigt wurden. Im Jahre 1734 wurde Otto George Freiherr von Bodenhausen in Mühltroff gehuldigt, vorher aber mit Fräulein Charlotte Eleonore von Willigenau aus Schlesien ehelich verbunden, mit welcher er eine einzige Freiherrin Ottonie Eleonore erzeugte, die sich im Jahre 1749 an Herrn Carl Erdmann von Kospoth auf Frankendorf verheirathete. Mit ihm ist die Freiherrlich Bodenhausensche Linie erloschen. Durch diese Verheirathung mit Herrn Carl Erdmann von Kospoth kam Mühltroff an das Geschlecht derer von Kospoth. Unter ihnen ist der durch sein tragisches Ende, und als Compositeur bekannte Graf Otto von Kospoth, ehemaliger preussischer Kammerherr nicht unerwähnt zu lassen, durch welchen noch bei seinen Lebzeiten Mühltroff an die Hühnefeldsche Familie gekommen ist. Herr von Hühnefeld auf Christgrün verkaufte nach dem Mühltroffer Brande vom 22. Juni 1817, wobei ein Theil des schönen Schlosses mit eingeäschert wurde, das Gut an die Familie Pennold, von welcher es an die Graf Hohenthalsche Familie kam.
Der dermaliche Besitzer ist der Reichsgraf Carl Julius Leopold (des sächs. Kammerherrn Reichsgrafen Carl Friedrich Anton Sohn,) welcher mit Auguste Isidore von Wuthenau vermählt ist, und in dieser Ehe zwei Kinder erzeugt hat, Carl Xaver Maximilian und Isidore Walpurga Olga.
Dieser Graf von Hohenthal besitzt ausserdem im Königreich Sachsen noch Lauenstein, Weissenhorn, Püchau, Rittmitz, Klein-Dölzig und die Pflege Löbnitz, welche also nicht, wie irrthümlich im 81. Heft der Reihefolge dieses Albums berichtet worden, Herrn Reichsgrafen und Königl. Sächs. Kammerherrn Alfred von Hohenthal auf Döbernitz gehört.
Mühltroff hat der Hohenthalischen Familie viele Wohlthaten, viele Verbesserungen zu verdanken. und wo es galt, Opfer zu bringen, stand gewiss die Gerichtsherrschaft bezüglich ihrer Untergebenen stets bereitwillig zu Diensten.
Die Patrimonialgerichtsbarkeit wurde noch vor Einführung der neuen Gerichtsorganisation an den Staat abgetreten. Der letzte Gerichtsdirektor von Mühltroff war der Advokat und jetzige Finanzprocurator Carl Friedrich Stimmel in Plauen.[1] Ueberhaupt verstanden die Herren Besitzer von Mühltroff zu der Verwaltung ihrer Gerichte stets tüchtige, würdige Persönlichkeiten aufzufinden. Vor Stimmel waren im Amte der spätere Justizamtmann Heubner in Freiberg und vor diesem dessen Herr Vater, der frühere Bürgermeister Heubner, zwei Männer, deren Wirken heute noch in Mühltroff rühmend anerkannt wird. Die Gerichtsdirektoren von Mühltroff führten in früherer Zeit den Titel „Amtsschösser, auch Amtleute und Amtsbefehlshaber.
[115] Jetzt gehört Mühltroff zum Gerichtsamt Pausa, zum Bezirksgericht Plauen, zur Amtshauptmanschaft Plauen, zum Regierungsbezirk Zwickau.
Die erste und älteste Nahrung des Ortes ist unzweifelhaft der Feldbau gewesen, weil die Einwohner viele Feld-Güter und Grundstücke besitzen, später kam auch die Bierbrauerei in Aufnahme und durch die Einwanderungen von Französischen Manufacturisten, denen Herr Wilke von Bodenhausen auch in Mühltroff eine freundliche Aufnahme gestattete, blühte die Strumpffabrick auf, später die Zeug- und Baumwollenweberei, die im vorigen und diesem Jahrhundert durch die Fabrikanten und Kaufleute Gebrüder Dietzsch sehr gepflegt und durch ihre grossen Absatzquellen reichlich befördert wurde. Ein Sohn vom Kaufmann Dietzsch in Mühltroff hat jetzt an dem Anhaltepunkt Schönberg, eine kleine halbe Stunde von Mühltroff, ein kaufmännisches Etablissement und eine grosse Kohlenniederlage. Von Schönberg aus auf der nach Mühltroff führenden neuen Kunststrasse nach letztrem Ort und selbst nach Schleiz, ist daher die Communication eine lebhafte zu nennen.
Die Gerichtsherrschaft von Mühltroff hat auch die Collatur über Kirche und Schule.
Die alte Kirche ist im Jahre 1817 bei dem grossen Brande gänzlich mit eingeäschert und in den darauf folgenden Jahren wieder erbaut worden, und zwar auf demselben Platze nahe beim Schlosse. Sie ist einfach und hat im Innern nichts Bemerkenswerthes.
Der derzeitige Pastor ist Herr Mag. Richter, der Sohn des Oeconomischen Special-Ablösungs-Commissar Richter in Reichenbach, vermählt mit einer Enkelin des früheren Bürgermeisters Ploss in Reichenbach.
Die Entstehung des oben gedachten im Juli 1817 aufgegangenen grossen Feuers, welches einen Theil des schönen Schlosses zerstörte konnte nie, trotz der strengsten Untersuchung ermittelt werden.
In dem Feuer verlor der als Compositeur nicht unrühmlich bekannte oben schon erwähnte ehemalige preuss. Kammerherr Graf Otto von Kosspoth das Leben. Er wohnte oben im 5. Stocke des Schlosses und wurde schon früher gewarnt, sich zu retten, allein seit einiger Zeit dem Mysticismus ergeben, verachtete er diese Warnung, denn er glaubte im Besitze eines so kräftigen Feuersegens zu sein, dass ihm keine Flamme etwas anhaben könne. Endlich, aber nun zu spät, erschien er, in ein Betttuch gehüllt am Fenster und schien sich durch einen verzweifelten Sprung retten zu wollen, aber die Gluth schlug über ihn zusammen und er wurde nicht mehr gesehen und es wurden auch bis heutigen Tages nirgends die geringsten Ueberbleibsel von ihm aufgefunden.
Das früher nahe beim Schlosse befindliche Vermeintliche Franziskaner-Kloster ist wohl blos eine Terminei gewesen und jetzt nichts mehr davon vorhanden.
Abgesondert stehen das Schiesshaus, die Schäferei, im Norden das Vorwerk Wildberg, im Nordwesten das Lusthaus Luisium. Ausserdem treibt die durch Mühltroff fliessende Wiesenthal 4 Mühlen.
Vor Abtretung der Gerichte Mühltroff an den Staat gehörten noch die Dörfer Dröswein, Langenbach, Langenbuch (oder Missgunst) Ransbach nebst dem Hüttenhause Thierbach, ein Antheil von Wallengrün und ein Antheil von Schönberg zu dem dasigen Gerichtssprengel mit einer Seelenzahl von nahe an 3000 Unterthanen.
Mühltroff hat jetzt 201 bewohnte Gebäude mit 351 Familienhaushaltungen und 1737 Einwohnern.
Planschwitz liegt 1 Stunde westlich von Oelsnitz, 2 Stunden südlich von Plauen, und nicht weit von der Plauenschen Strasse nach Hof, in kleiner Entfernung von 1000 Schritten an der Elster.
Planschwitz ist, wie der Name lehrt, von den Sorben und Wenden erbaut, und zwar im 5. und 6. Jahrhundert, welche sich immer weiter stromaufwärts gezogen haben.
Das dasige Rittergut, welches auf einem hohen Berge in einer der fruchtbarsten und schönsten Gegenden des Voigtlandes angelegt ist, kommt in einer Urkunde vom Jahre 1343 vor, wo es Munitio Planschwitz heisst und im Besitze des Ritters Ulrichs von Sack war, welches Geschlecht aus dem Dorfe Sachsgrün stammte.
Im Jahre 1586 besass das Gut die Familie von Tetaw (Tettau) dieselbe, welche mit Bösenbrunn, Dobeneck, Taltitz, Unterlosa, Oberlosa Stöckigt beliehen war. Dagegen gehörte das Gut Stein nicht zu dieser Herrschaft.
Von den Tettaus kam das Gut an die von Neidberg. Im Jahre 1609 wurde der erste Neidberg hier geboren. Diese Familie behauptete sich im Besitze 150 Jahre hindurch. Im Jahre 1752 war Herr von Trützschler Erb- Lehn- und Gerichtsherr auf Planschwitz, welcher das Gut nur kurze Zeit behauptet hat, denn 1738 finden wir Dr. Heinrich Wilhelm Erdmann im Besitze und bestand zu dieser Zeit die Herrschaft aus den Gütern Planschwitz, Stein, Dobeneck, Taltitz und Eulenstein. Durch Verheirathung einer Tochter desselben an einen Rudert übernahm der Schwiegersohn die Güter Planschwitz und Stein. Der letzte Besitzer von dieser Familie [116] war der Advokat Rudert, durch welchen Planschwitz mit Stein zur nothwendigen Subhastation kam, worauf es im Jahre 1829 Herr Gleitscommissar Hasse in Plauen erstand, mit welchem die verw. Frau Bürgermeister Schneider geb. Falicides aus Plauen in zweiter Ehe lebte. Letztre gehörte der weit verzweigten und hochachtbaren Familie des Voigtlands an, von welcher der ältere Bruder, der frühere Stadtsyndicus, nachherige Stadtrath Facilides zu Plauen ein glückliches hohes Alter erlebte und erst vor einem Jahre verstorben ist. Von seinen beiden jetzt noch lebenden Söhnen fungirt Wilhelm Facilides als Staatsanwalt in Zwickau, der andere und jüngste Sohn lebt als Gerichtsrath in Borna, die älteste Schwester dieser Brüder ist an den Gerichtsdirektor und Advokat von Dieskau in Plauen, einem biedern, edlen Mann verheirathet. Ein zweiter Bruder der verehelichten Hasse, verw. gewesenen Bürgermeister Schneider geb. Facilides ist der frühere und im Voigtlande sehr oft genannte und bekannte Gerichtsdirektor und Advokat August Facilides, in den Kriegsjahren von 1813 Actuar der Voigtländischen Kreisdeputation, später Kreissyndicus der Ritterschaftlichen Voigtländischen Kreiscasse. Durch seine Frau Gemahlin (einer Tochter des früheren Accisinspectors Wehner) ist derselbe mit der Wehnerschen Familie verwand und verschwägert.
Zwei andere Brüder waren die Mitbesitzer der früheren berühmten Falicides-Hähnelschen Spinnfabrik und Kattundruckerei in Plauen, welche beide verstorben sind. Von allen Brüdern aber leben Kinder und Enkel meist in den glücklichsten Umständen.
Die verehelichte Frau Gleitscommissar Hasse verw. gewesene Bürgermeister Schneider hatte aus erster Ehe einen einzigen Sohn, welcher nach dem Ableben seiner Mutter und resp. seines Stief-Vaters der alleinige Erbe eines grossen Vermögens und somit auch Nachfolger von Planschwitz mit Stein wurde. Es ist derselbe Doctor Schneider, dem auch Reusa bei Plauen gehört, ein rationeller Landwirth und ein Mann von humanen, mildthätigen Character, dem seine Gerichtsuntergebenen viele Wohlthaten zu verdanken haben.
Mit dem Rittergute Planschwitz ist das frühere Gut Stein seit dem 17. Jahrhundert vereinigt, welches früher Pertinenz von Plauen war, und von den Voigten daselbst der Familie von Kospoth verliehen worden ist, die es bis zum 15. Jahrhundert besessen hat, von welcher es 1587 an das Zedtwitzische Geschlecht kam. Letztres hat es im 17. Jahrhundert an die Falkensteine verkauft.
Stein war eine sehr schöne, grosse feste Burg auf einen Felsenvorsprung an der Elster. Dieses Schloss wurde im 30jährigen Kriege, nicht wie mehre Geschichtsschreiber behaupten im Hussitten-Kriege, durch Feuer und Schwerdt zerstört, wovon bis auf die neuesten Zeiten sich blos eine romantische Ruine erhalten hat.
Die Sage, dass es ein Raubschloss gewesen sei und hier ein Fräulein des damaligen Besitzers längere Zeit einen gefangenen Rittersmann im Burgverliess besucht, gepflegt und beköstiget, zuletzt ihren eigenen Bruder aus Liebe zum Gefangenen verrathen, und in Folge dieses Verraths die Zerstörung der Burg herbeigeführt habe, erscheint durchaus nicht Thatsache zu sein.
In früheren Zeiten wurden zu dieser Ruine viele Spaziergänge von Oelsnitz und Plauen aus unternommen, weil man von hier aus eine reizende Fernsicht über die von Dobeneck bis an die Pirkmühle gelegenen Ortschaften hat. Vom ersteren Orte führt ein angenehmer, herrlicher Fussweg durch die reichen Wiesen des schönen Elsterthales hieher und weiter fort bei Magwitz vorüber zum Gasthaus Rosenthal.
Das Gut Planschwitz mit Stein ist in dem besten Zustande. Hier werden Flachs, Hanf, Obst und Gartengewächse nebst allen Gedreitearten erbaut. Eine veredelte Schaafzucht findet man ebenfalls hier.
Der frühere Pachter des Herrn Besitzer, der öconomische Special-Ablösungs-Commissar Kirchhof hat auf die Bebauung der Felder und auf die Wiesencultur einen grossen Fleiss, viel Kosten und Mühe verwendet und sogar in den letzten Jahren hier Taback gezogen, der nicht zu den schlechtesten gehört haben soll.
Unter die frühere Patrimonialgerichtsbarkeit von Planschwitz mit Stein als altschriftsässiges Rittergutt gehörte noch zuvörderst Gösswein, aus einzelnen Häusser bestehend, die in einem hübschen Thale liegen und früher zu einem ansehnlichen Dorfe gehört, welches die Hussitten zerstört haben sollen; ferner 2 eine halbe Stunde entfernt an der Elster gelegene Häusser, die Hammerhäusser genannt, welche ihren Namen von einem früher dort betriebenen Hammerwerke führen. Die Entstehung dieses Hammerwerkes fällt in die Zeit, wo die Herren von Sack den ganzen nordwestlichen Theil vom Voigtlande besessen haben. Im 16. Jahrhundert starb dieses Geschlecht aus und das Hammerwerk verfiel. Früher hat auf diesem Platz der sogenannte Gatzenhof gestanden, von welchem die Fluren theils an Oelsnitz, theils an Raschau gefallen sind. Eben so gehörten noch zum Gute Planschwitz Antheile von Bösenbrunn, Obertriebel und Untertriebel und Taltitz.
Auf der Spitze des Berges, auf welchem Dorf und Schloss stehen, wurden häufig vegetabilische und animalische Versteinerungen ausgegraben; die meisten wurden auf dem Kirchberge gefunden.
Unfern dem Dorfe liegt auch die sogenannte Kunst, eine durch Menschenhände, die hier Kupfer und Eisenstein suchten, entstandene grosse Höhle.
In früheren Zeiten mag hier einiger Eisen- und Kupferbau betrieben worden sein. Der Eisenstein, der noch in hiesiger Gegend gefunden wird, soll nicht zu den unergiebigsten gehören. Die Kirche ist sehr alt. Auch Pfarre und Schule waren früher sehr [117] alte und schlechte Gebäude, an deren Stelle jetzt massive, bequem eingerichtete Wohnhäuser stehen.
Die Kirche mit der zu Taltitz war früher eine Tochterkirche von Plauen und wurde durch Geistliche des deutschen Ordens besorgt. Zur Parochie gehörten damals: Planschwitz, Magwitz und Oeda, das spätere Dröda. Letzteres erhielt im Jahre 1506 einen eigenen Pfarrer, (der zugleich Schulmeister ist,) weil zwischen beiden Dörfern ein Bach, Triebelbach, fliesset, der oft so stark wird, dass die Communication zwischen Dröda und Planschwitz rein abgeschnitten ist. Von dieser Zeit her schreibt sich noch eine Abgabe von Dröda, welche in 30 Thalern Opfergeld an den Pfarrer und 6 Groschen an den Schullehrer besteht.
Seit dem Jahre 1393 wurde für Taltitz sowohl wie für Planschwitz ein besonderer Geistlicher berufen. Die Inspection über Kirche und Schule hat der Superintendent zu Oelznitz, die Collatur über die Pfarre und Schule aber der Superintendent zu Plauen, nicht als solcher, sondern als Pfarrer daselbst. Denn die hiesige Pfarre wurde von der Plauischen Komthurei mit Feldern, Wiesen und Holzung dotirt und daher auch das Recht der Besitzungen vorbehalten.
Dagegen hatte der hiesige Pfarrer bis auf die neuesten Zeiten jährlich einen Scheffel Korn an die Verwaltung des deutschen Hauses in Plauen zu entrichten, eine Abgabe, die nun auch hier wohl jetzt abgelöst sein wird, da der Rath zu Plauen als Verwalter des deutschen Hauses mit allen Zehntenpflichtigen die Ablösungen begonnen und hier und da schon beendet hat.
Merkwürdig ist, dass der frühere Besitzer vom Gute Herr von Neidberg, welcher für Lebzeiten die Collatar über Pfarre und Schule vom Herzog Moriz zu Zeitz zu Lehn getragen, niemals solche ausgeübt hat. Darauf gründen sich auch die späteren Processe der Nachfolger Neidbergs im Besitze von Planschwitz, die aber nie für die Gutsherrschaft gewonnen wurden.
Die Kirche bildet ein langes Viereck. Nur auf der einen Seite hat sie Fenster, daher bei trüben Wetter wenig Licht. Eine einzige Thür führt in das Schiff der Kirche, eine daneben auf die Emporkirchen und eine dieser gegenüber auf die herrschaftliche Kapelle.
Das Aeussere der Kirche ist ganz einfach, hier und da durch einen Strebepfeiler gestützt. Der Thurm ist ein hölzernes Gerüste. Ein bestimmter Baustyl ist in der Kirche nicht zu finden. Einzelne Monumente in der Kirche sind aus dem 16. Jahrhundert und gehören den Familien von Tettau und Falkenstein an.
Der Altartisch ist gemauert. Der Altaraufsatz ein sogenannter Flügelaltar. Die mittlere Abtheilung enthält 3 grosse weibliche Figuren, Maria die Himmelskönigin, der ein Engel die Krone reicht, mit dem Jesusknaben in dem Arme. Daneben Katharina mit Schwert und Rad, rechts Magdalena mit Kelch.
Die Abtheilung rechts enthält 2 Felder über einander; oben Christophorus, unten Anna mit Maria und Jesus, beide als Kinder.
Die Abtheilung links enthält wieder 2 Felder, die heilige Barbara mit Büchse und Magdalena mit Kelch.
Schlägt man die Flügel herum, so zeigt sich ein Gemälde, in der Mitte ein Engel auf 2 Blutstropfen deutend, welche er auf weissem Grunde zeigt, davor eine weibliche Gestalt, welche staunend betet, Auf der Seite rechts Petrus mit dem Schlüssel, links Paulus mit dem Schwerdte.
Dieses Gemälde soll sich auf die Sage von Stein beziehen, ohne jedoch dafür nähere Beweise zu haben.
Magwitz ist mit mehren andern Orten hieher eingepfarrt. In der Magwitzer herrschaftlichen Kapelle, welche jedenfalls erst später eingebaut worden ist, befindet sich eine Tafel mit dem Reitzensteinschen Wappen von Christoph Heinrich von Reitzenstein, geboren 1635, gestorben 1706 auf Schwarzenbach am Walde.
Ausserdem sind noch die einzelnen Häusser von Gösswein, Siebenhitz, Ottenhaus, Streithaus, Hammerhäusser und Rosenthal eingepfarrt.
Rosenthal ist ein einzeln stehendes Gasthaus an der Plauenschen-Hofer Chaussee, wo bis vor einigen Jahren von 14 Tagen zu 14 Tagen ein grosser Theil der Voigtländischen Herren Rittergutsbesitzer mit ihren Familien aus der Umgegend sich Sonntags Nachmittags versammelte, und in heiterer Geselligkeit durch Tanz und Spiel sich vergnügte. Jeder anständige Fremde fand hier gastfreundliche Aufnahme, und manches Band der Freundschaft und Liebe ist hier geknüpft worden.
Planschwitz mit Stein hat 44 bewohnte Gebäude, 46 Familienhaushaltungen und 255 Einwohner. Die Gemeinde ist arm. Ein grosser Theil der Hausbesitzer hat keine Grundstücke. Ein einziger Halbhüfner ist hier.
Planschwitz, wo bis zum Eintritt der neuen Gerichtsverfassung Herr Advokat von Dieskau als Gerichtsdirektor fungirte und die weltliche Oberinspection über Kirche und Schule mit bildete, gehört jetzt zum Gerichtsamt Oelsnitz, zum Bezirksgericht Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen zum Regierungsbezirk Zwickau.
Möge die jetzige Gerichtsherrschaft noch lange zum Wohle, zum Heile ihrer Untergebenen hier walten.
[118]
Kemnitz liegt 3 Stunden südwestlich von Plauen, eben so weit von Hof, in der Nähe der Sächs. Bayerschen Eisenbahn am Chemnitzbache, welcher südwestlich bei Grobau entspringt, die Dörfer Schwand und Rudereiz berührt, und bei Ober-Weischlitz in die Elster fällt.
Das alte Schloss war nicht sehr gross, und ist nun, wie die Abbildung darthut, eine Ruine. In früheren Zeiten war es mit einem Wallgraben umgeben, der in neuern Zeiten auf der einen Seite zugeschüttet worden ist, wodurch das Gebäude selbst sehr gelitten und dem Einsturze drohende Risse bekommen hatte, so dass es seinem Schicksale nicht entgehen konnte, wie die alte Burg „Sachsgrün“ welche vor 8 Wochen ebenfalls völlig zusammengestürzt ist.
Das Gut selbst scheint aus dem früheren Klostergute zu Krebes, Burgstein genannt, ein sehr schöner Punct des oberen Voigtlandes, wo noch eine alte herrliche Ruine zu finden ist, gebildet zu sein. Denn das Landbuch von Hof vom Jahre 1502 besagt, dass die Pfarrei Krebes eine öde Herberge, und mehre Höfe und Wiesen zu Kemnitz besitze, welche später Heinz von Feilitzsch an sich gebracht habe. Diesen Heinz von Feilitzsch finden wir auch im Jahre 1546 als den ersten Besitzer von Kemnitz, von welchem es 1589 an Jobst Caspar von Feilitzsch übergegangen ist. Im Jahre 1607 war Ernst von Tettau Besitzer, von welchem die Familie von der Heydte solches aquirirte. Im Jahre 1661 wird Herr Oberst Georg Peter von der Heydte als Gerichtsherr nicht nur von Kemnitz, sondern auch von Grobau, Misslareuth und Gutenfürst genannt. Bei dieser edlen Familie ist das Gut bis zum Jahre 1769 verblieben, wo dann ein Herr Kammerjunker Heinrich Erdmann von Beulwitz als Erb- Lehn- und Gerichtsherr zu Schwand und Kemnitz erscheint, von welchem es durch Erbschaft an seine 3 Herren Söhne Herrn Major von Beulwitz in Hof, an Herrn August Wilhelm von Beulwitz und Herrn Lieutenant Ferdinand Carl Wilhelm von Beulwitz kam, Letzterer war zuletzt der alleinige Eigenthümer und derselbe verkaufte solches im Anfange der 40ger Jahre an den Bayerschen Kämmerer, Ernst Lazarus von Feilitzsch auf Heinersgrün, der jetzt noch Besitzer davon ist. Dieser Besitzer hat durch den Verkauf der zu diesem Gute gehörigen bedeutenden Holzungen beinahe das ganze Kaufpretium wieder erlöst.
Im Jahre 1855 hatte Herr von Feilitzsch das Unglück, dass die sämmtlichen zum Gute gehörigen Wirthschaftsgebäude mit Ausnahme des Gesindehauses ein Raub der Flammen wurden, welche bis jetzt noch nicht wieder aufgebaut sind.
Die alte Ruine steht einsam und allein noch auf dem weiten leeren Raume, wo sonst unter den Herren von Beulwitz so viel Gemüthlichkeit und Gastfreundschaft herrschte. Kein Fremder ging gern wieder aus diesem Schlosse, in welchem so gute Menschen wohnten. Von den Herren von Beulwitz lebt nur noch ein Bruder, der taubstumme August Wilhelm von Beulwitz in Hof. Der Major von Beulwitz ist vor einigen Jahren in Hof mit Tode abgegangen, welcher zwei Söhne und eine Tochter hinterlassen hat. Letztere war die Gattin des Freiherrn von Kotzau auf Kotzau. Nach dessen Tode verheirathete sich dieselbe anderweit an den Bayerschen Postofficial Deegmeyer in Hof. Die beiden Brüder derselben besitzen Zedtwitz bei Hof. Der letzte Besitzer von Kemnitz, Herr Lieutenant Ferdinand Carl Wilhelm von Beulwitz ist ebenfalls schon seit mehrern Jahren verstorben, ohne Descendenten zu hinterlassen. Der Taubstumme von Beulwitz hat noch einen Theil seines Vermögens auf dem Gute Kemnitz stehen, von welchem der dermalige Besitzer, Herr Kämmerer von Feilitzsch jährlich die Zinsen an dessen Curator status bezahlen muss.
Ausser dem Rittergute besteht Kemnitz noch aus 3 Mühlen, 15 vormaligen Frohnhäusern, zu denen einige Grundstücke gehören, und mehrern kleinen Häussern, zu welchem höchstens ein Gärtchen gehört. Die Bewohner der letzteren sind meistens Weber.
Die dasige Kirche ist nicht gross, und war in frühesten Zeiten eine Capelle der Pfarrei Misslareuth, welche vom Caplan zu Krebes mit versehen wurde. Später wurde es, als Krebes eine eigne Pfarrei geworden war, das Filial dieser Parochie. Die jetzt stehende Kirche wurde in den Jahren 1731–1734 gebaut, und die darinnen befindliche Orgel wurde vom Herrn Flossverwalter Johann Adam Schmidt zu Kemnitz derselben verehrt, von dem Orgelbauer Johann Gräff aus Schwarzenbach an der Saale aber für 65 Thlr. und die Kost während der Zeit ihrer Aufstellung hergestellt. Den Bau der Kirche leitete vornehmlich Herr Carl Ferdinand von der Heydte auf Kemnitz und Grobau u. s. w. Oberaufseher der Elsterflösse, aus dessen milder Hand auch der Bauaufwand grösstentheils geflossen sein mag. Eingepfarrt sind die Dörfer Gutenfürst und Reinhartswalde.
Die Mutterkirche gehörte zu den 7 Streitpfarreien, über welche Sr. Majestät der König vorm Bayern bis vor einigen Jahren, wo dieses Recht Seiten Bayerns an Sachsen abgetreten wurde, das Patronatrecht hatte. Vor dem Jahre 1524 gehörten mehrere dieser Pfarreien und unter derselben auch Krebes noch zur Markgrafschaft Brandenburg-Culmbach und zur Pfarrei Hof, worüber folgende Stelle einer alten Urkunde Aufschluss giebt:
Parochiam in Curia Regnitz cum suis appendiciis
confert Dominus Burggravius.
Subscripta beneficia confert Plebanus insancto Laurendio. Parochia in Mislareuth, Krebes, Capella Kemnitz, Capella et Münchenreuth. Parochia Zöbern, Capella non curata, non praesentante Episcopo.
Hier finden wir also Krebes und Kemnitz als ein Anhängsel der Pfarrei Hof, deren Inhaber Plebanus war und viele Titel und Würden besass. Domprobst Friedrich von Brandenburg war der letzte römisch-katholische Pfarrer zum Hof. Dieser schenkte seinen evangelisch gesinnten Bruder, Markgrafen Georg dem Frommen die Pfarrei Hof gegen Verleihung der Probstei Würzburg im Jahre 1531. Das Collaturrecht der Pfarrei aber hatte Domprobst Friedrich mit der Pfarrei seinem Bruder, dem Markgrafen abgetreten, und die Markgrafen des Fürstenthums Brandenburg-Culmbach übten von da an dieses Collaturrecht aus, und so blieb es im Besitze dieses Fürstenthunms und kam an den König von Bayern als Besitzer besagten Fürstenthums.
[119] Wer ein Mal auf einer Fussparthie nach Kemnitz gekommen ist, der verabsäume nicht, den kurzen Weg bis zur Ruine Burchstein hinauf anzutreten. Bald genug wird der Reisende durch eine herrliche, schöne Fernsicht entschädigt und weiter hin starren die Reste der alten Klostermauern empor, und bald tritt der Wandrer ein in die einzeln bewohnten Häuser von Burgstein. Hier soll in frühester Zeit ein Nonnenkloster gestanden haben, über dessen Thor ein in Stein gehauener Krebs die Starken um Schutz für das hilflose Geschlecht der Bewohnerinnen anflehte. Für diese Sache sprechen die Benennungen der Grundstücke, welche der Kirche und dem Pfarrlehn noch zugehören, als: das Nonnenholz, die Nonnenwiese und das Weihwieslein u. s. w.
Auch wird der Name des Dorfes Krebes in den ältesten Urkunden immer Krebs geschrieben oder Krebess.
Das aber durch die Aussprache des Voigtländers Krebs in Krebess übergeht, davon zeicht die Bennenung des Thieres dieses Namens, welches die Landbewohner hiesiger Gegend stets als Krebes kauft und verspeiset.
Im Jahre 1529 hat Burgstein eine selbstständige Pfarrei gehabt, und Krebes gehörte als Caplanei zur Pfarrei Misslareuth.
Von Burgstein kann man die Wanderung weiter fort setzen zu dem zum Rittergute Geilsdorf gehörigen Vorwerk Kandelhof, worauf ein Thurm sich befindet, von welchem man eine Rundsicht hat, wie sie nicht leicht anders wo anzutreffen sein dürfte. Von dort erblickt das Auge den Schneeberg und Ochsenkopf, das Fichtelgebirge und die Höhen bei Johann-Georgenstadt und Zwickau, so wie es nicht minder auch über Gebirgshöhen und Wälder hinweg bis in die Gegend von Lobenstein getragen wird. Von Kandelhof kann der Reisende dann bald nach Gutenfürst gelangen, um auf der Eisenbahn nach Plauen oder Hof zurückzureisen.
Kemnitz hatte früher seiner eigne Gerichtsbarkeit und Herr Advokat Blankmeister in Leubnitz bei Plauen war sein Gerichtsdirektor.
Jetzt gehört Kemnitz mit seinen 32 bewohnten Gebäuden, 38 Familienhaushaltungen und seinen 188 Einwohnern zum Gerichtsamte und zum Bezirksgerichte Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen, zum Regierungsbezirke Zwickau.
Wiedersberg liegt unweit der Bayerischen Grenze und Hofer Strasse, 11/4 Stunde nördlich von der Stadt Hof, 4 Stunden von Plauen und 3 Stunden von Oelsnitz, an dem, der Elster östlich zufliessenden Feilabache.
Viele Geschichtsschreiber haben die oberhalb Wiedersberg an einem Felsenvorsprung befindliche Burgruine als das frühere alte Schloss von Wiedersberg bezeichnet, aber wohl mit Unrecht. Richtiger ist es wohl, dass diese Ruine das Schloss von dem benachbarten zu Wiedersberg jetzt gehörigen Ebersberg war. Dieses Schloss soll der Sage nach ein Raubschloss gewesen sein und ein früherer Besitzer hier einen grossen Schatz verborgen haben, der bis zur jetzigen Stunde noch nicht gefunden ist, obschon aus dem Innern der Ruine manchmal einzelne Alterthümer zu Tage gefördert worden sind.
Viel sichrer ist, das diese Burg im 30jährigen Kriege mit zerstört und dann nicht wieder gebaut und die Besitzung selbst zu Wiedersberg und Troschenreuth geschlagen worden ist. Uebrigens bietet diese Ruine dem, der von der Ullitz auf der Strasse nach Plauen herabsteigt, einem imposanten Anblick dar. Nur das Eine muss bedauert werden, dass sie immer mehr und mehr zerfällt, so dass sie vielleicht bald nur noch in der Erinnerung existiren wird.
Das eigentliche Schloss von Wiedersberg mit einem Thurme ist in neuere Style erbaut und liegt unten im Dorfe am Feilabache, welcher knapp dabei vorüber fliesst.
Wiedersberg gab einem uralten Geschlechte den Namen. Die Herren von Wiedersberg schrieben sich oft auch die von Wiersberg. Ein Heinz von Wiersberg besass 1454 Stöckigt.
Die frühern Nachrichten über Wiedersberg sind sehr dunkel; denn die Hussitten haben hier schreckliche Verheerungen angerichtet, und die früheren Nachrichten sind zu dieser Zeit mit zu Grunde gegangen. Das hiesige Gerichtsarchiv geht blos bis zu Anfang des 16. Jahrhunderts zurück und daraus erfahren wir, dass in früheren Zeiten Wiedersberg und Troschenreuth immer mit einander bis zum Jahre 1806 combinirt waren. Im Jahre 1631 besass Wiedersberg mit Troschenreuth Dr. Michael Thomas, von welchem diese Besitzungen im Jahre 1666 nebst Oelsnitz an Dr. Pfretzschner kamen. Im Jahre 1727 acquirirte Wiedersberg und Troschenreuth Gotthelf Siegmund Albert und im Jahre 1754 ein Herr von Schönfeld. Dann war die Familie Seidel damit beliehen, von welcher Wiedersberg allein der Vater des jetzigen Besitzers, des Herrn Eduard Gräf acquirirte, dessen jüngster Herr Bruder Magwitz bei Planschwitz besitzt, und dessen ältester Herr Bruder früher mit dem Rittergut Werda bei Falkenstein beliehen war.
Bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation fungirte in Wiedersberg als Gerichtsdirektor Herr Adv. Dr. Lorenz in Plauen, Besitzer des kleinen aber lieblich gelegenen Rittergutes Röttis bei der grossen Elsterthalbrücke der Sächs. Bayerschen Eisenbahn.
Herr Dr. Lorenz ist jetzt in den Staatsdienst getreten und im Gerichtsamt Adorf angestellt, obschon es demselben bei seinen tiefen Wissen, bei seiner Humanität und Menschenfreundlichkeit, bei seinen glücklichen pecuniären Verhältnissen nie fehlen konnte, eine ausgezeichnete grosse Praxis als Advokat sich zu erwerben.
Das Dorf Wiedersberg selbst ist zwischen 2 Bergen freundlich gelegen, woher es denn auch den Namen erhalten haben mag. Das kleine Thal, in welchem seine Häusser zerstreut liegen, wird von dem Feilabache durchflossen, der in seinem kurzen Laufe mehrere Mühlen treibt und an seinen Ufern einen üppigen Graswuchs erzeuget.
[120] Unter die Gerichtsbarkeit von Wiedersberg gehörten vor Einführung der neuen Gerichtsorganisation Ebersberg und Antheile von Engelhardtsgrün, Plosenberg, Rammoldsreuth, ingleichen die Rüdelmühle mit 2 Gängen und ein Theil von Zettlarsgrün.
Zur hiesigen Parochie gehören die Orte Plosenberg, Ebersberg, Heinersgrün, Rammoldsreuth und Troschenreuth. Die Parochie war eine der früheren bekannten 7 Streitpfarren, welche gegen Norden an die Streitpfarrei Krebes, gegen Nord-Osten an die Streitpfarrei Grosszöbern, gegen Osten an die Parochie Bobenneukirchen, gegen Süden an die Streitpfarrei Sachsgrün und die bayerische Pfarrei Gattendorf, gegen Westen an die bayerische Filialpfarrei Trogen stiess. Die Inspection über Pfarrei und Schule steht dem Superintendenten von Oelsnitz zu, welcher auch das Besetzungsrecht der Schulstelle hat.
Die Kirche, ohngefähr in der Mitte des Dorfes bildet ein längliches Viereck. Die Zeit ihrer Erbauung ist unbekannt, im Jahre 1732 wurde sie renovirt und bedeutend erweitert. An beiden Seiten sind Capellen angebaut, von welchen die eine den Kämmerer von Feilitzsch auf Heinersgrün, die andere aber den Herren Rittergutsbesitzern auf Wiedersberg und Troschenreuth gehört. Das Innere der Kirche ist geräumig aber ziemlich dunkel. Die Orgel sehr alt ist in neuerer Zeit reparirt worden. Der Altar hält viel alterthümlichen Schmuck. Der Thurm, ziemlich hoch, gereicht der Kirche und dem Orte zur Zierde, hat 3 Glocken, welche ein harmonisches Geläute geben.
Das Pfarrhaus gränzt an die Kirche und von derselben nur durch den Kirchhof und dessen Mauer geschieden, und ist bequem und räumlich.
Auch gehören dazu zwei Gemüse- und ein Grasgarten. Der Pfarrer von Wiedersberg hat auch zum Kirchweihfest von Heinersgrün in der dasigen Capelle, welche auf einer Anhöhe steht, zu predigen. In derselben wurde in früheren Zeiten 17 Mal, später 3 Mal Gottesdienst gehalten. Die Capelle ist mit einem Thurme geziert, welcher sich früher dreier Glocken erfreute, von welchem vor mehrern Jahren die beste gestohlen, die eine zersprungen und nur noch die dritte zu gebrauchen ist. Aus Furcht, es könnte auch die Orgel eine Beute der Räuber werden, hat solche die Gutsherrschaft von Heinersgrün herausgenommen und in ihrem Schlosse aufbewahrt. Die Capelle heisst die Capelle zu St. Clara. Die Herren von Pöllnitz hatten hier ein Erbbegräbniss.
Im Gemeindebezirke des Dorfes Rammoldsreuth liegt das zur Pfarrei Wiedersberg gehörige Pfarrholz, aus welchem jährlich der jedesmalige Pfarrer 5 Klaftern Holz nach altem Höfer Maase, nebst Streu und Stöcken rechtlich zu beziehen hat, welches die Gemeinden Heinersgrün, Plossenberg, Rammoldsreuth und Ebersberg unentgeldlich fahren müssen, so dass im ersten Jahre die Einwohner von Heinersgrün, im zweiten die von Plosenberg, im dritten die von Rammoldsreuth und Ebersberg gemeinschaftlich zu fahren haben, wogegen ihnen vom Pfarrer eine Mahlzeit, Brot, Bier, Käse und Butter verabreicht wird.
Wiedersberg war übrigens der Stein des Anstosses, als man bei Untersuchung des Terrains zum Bau der Sächs. Bayerschen Eisenbahn hat unübersteigliche Hindernisse, rücksichtlich der verschiedenen und zu schnellen Gebirgsabstufungen fand, da ausserdem wegen der Kürze des Weges diese Strecke hierher bei weitem vorzuziehen war.
Wiedersberg hat jährlich im September einen Jahrmarkt, wohin von Hof aus viele Menschen zu Ross und zu Wagen und zu Fuss wallfahrten. Die Kuchen werden zu diesem Jahrmarkt auf grossen Wagen verkauft. Auf denn Rückwege nach Hof erklingen Pfeifen und Trompeten auf der ganzen Strasse entlang und in den beiden Wirthshäussern zu Heyde und Ullitz wird manches Glas bayerschen Bieres geleeret.
Ueberhaupt ist Ullitz, auf der bayerschen Grenze 1/4 Stunde von Wiedersberg ein lieblicher Aufenthalt. Mittwochs und Sonnabends und Sonntags findet man hier die Herren Rittergutsbesitzer aus der Nähe mit ihren Herrn Pastoren und Schullehrern in Gesellschaft vereint und Vater Stengel, der ältere Herr Bruder des Besitzers von Troschenreuth öffnet dann gewöhnlich seinen reichen Erfahrungsschatz.
In belehrenden und unterhaltenden Gesprächen verfliesst hier die Zeit, ehe man es denkt und oft muss die Gesellschaft im Finstern zu Hause tappen.
In Wiedersberg und dessen Umgehung ist eine gewisse Wohlhabenheit und die dasigen Bauern gehören noch zu dem Schlage von altem Schrot und Korn. Hier gilt ein Wort ein Mann. Auch tragen dieselben noch ganz die Röcke und Kleider nach dem Schnitte, wie sie ihre Voreltern schon hatten.
Auch die Gerichtsherrschaft gehört zu den biederen Familien des Voigtlandes, der die ärmeren Glieder der Gemeinde viel zu danken haben.
Auf dem Gute finden diese Armen stets hinlänglich Beschäftigung Jahr aus Jahr ein.
Wiedersberg erfreut sich auch eines Gasthofs, starker Brauerei und guter Viehzucht.
Wiedersberg mit seinen 41 bewohnten Gebäuden, mit seinen 50 Familienhaushaltungen und 21 Einwohnern gehört zum Gerichtsamte Oelsnitz, zum Bezirksgericht Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen, zum Regierungsbezirk Zwickau.
[Ξ] [Ξ] [Ξ] [Ξ]
- ↑ Stimmel, ein als Jurist und als Mensch gleich achtungswerthe Persönlichkeit ist in Voigtsberg, wo sein Vater als Mühlenbesitzer noch lebt, geboren, genoss seine Schulbildung auf dem Gymnasium zu Plauen, bezog 1832 die Universität Leipzig und kehrte 1835 nach Plauen zurück, um daselbst seinen Access zu absulviren. In der Expedition des damaligen Herrn Gerichtsdirektor, nachmaligen Minister und jetzigen Herrn Geheimrath und Amtshauptmann Braun, fand derselbe Aufnahme und eine gute juristische practische Schule. Bald wurde seine Brauchbarkeit und sein zuverlässiges Wesen erkannt und ihm schon als jungen angehenden Advocaten die wichtigsten Geschäfte übertragen. Trotz allen Anfeindungen fand unter den vielen Bewerbern um die Gerichtsstelle in Mühltroff, die damalige Gerichtsherrschaft ihn als den heraus, dem das ganze Vertrauen geschenkt werden konnte, und dieses Vertrauen hat auch Stimmel jeder Zeit in seinem Amte gerechtfertigt, weshalb auch die Jahre 1848 und 1849 nicht ohne Verfolgungen für ihn waren. Sein öffentlicher Charackter wurde damals in öffentlichen Blättern sehr verdächtigt, ja sogar der moralischen Vernichtung reif gezeichnet und seine Feinde wunderten sich nur, wie auf solche starke öffentliche Anklage nicht sofort die Einleitung der Untersuchung gegen ihn folgte: Denn das begriffen jene Menschen in ihrem blinden Eifer nicht, dass das etwaige Fehlen gegen Moralgesetze noch nicht die Existenz eines nach den Social-Gesetzen zu bemessenden Vergehens annehmen lässt. Noch vielweniger wollte man erkennen, dass das Ganze ein reines Phantasiestück eines erhizten jugendlichen Kopfes sein könnte, bei welchem es auf weiter nichts abgesehen war, als seine Bravour und Makellossigkeit als sogenannter Volksführer zu beweisen. Stimmel steht rein, schlicht in Sitten, unbescholtnen Wandels, offen, uneigennützig, edelsinnig, nimmer Anstoss nehmend, mit einem Worte sittlich gross nach jeder Seite hin heute noch da, und die Unterdrückten finden in ihm stets einen warmen Beschützer, die Rechtsuchenden einen gechickten und gewandten Fürsprecher.
Stimmel ist hoch und schlank gewachsen.
Mit stolzem, nach hinten geworfenen Haupte schreitet er einher. Seine Gesichtszüge sind mehr streng und sogar mürrisch, als freundlich. Deshalb wird er oft bei dem ersten Begegnen verkannt und irrig beurtheilt, sein Innres aber ist ohne Falsch und ganz voller Theilnahme für die Leiden der Menschheit, eine Tugend, welche mit ihm seine vortreffliche hochgebildete Gattin „Laura geb. Schreiner, die würdige Enkelin des frühern Kaufmann und Stadtrath Heynig zu Plauen theilt.“
Mögen diese Zeilen, welche ich Dir und Deiner Familie weihe, und welche nicht die Schmeichelei dictirt, Deinen Namen über diese flüchtige Zeit hinaustragen, die vorübergeht und uns dahinreisst, mögen sie Dich von meiner Anhänglichkeit an Dich und Dein Haus immer mehr überzeugen, und meiner Erinnerung schmerzliches Rücksehnen noch erhöhen.D. R.
← Heft 14 des Voigtländischen Kreises | Nach oben | Heft 16 des Voigtländischen Kreises → |
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext. |