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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Wiedersberg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Wiedersberg
Untertitel:
aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 119–120
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB DresdenCommons
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Wiedersberg.


Wiedersberg liegt unweit der Bayerischen Grenze und Hofer Strasse, 11/4 Stunde nördlich von der Stadt Hof, 4 Stunden von Plauen und 3 Stunden von Oelsnitz, an dem, der Elster östlich zufliessenden Feilabache.

Viele Geschichtsschreiber haben die oberhalb Wiedersberg an einem Felsenvorsprung befindliche Burgruine als das frühere alte Schloss von Wiedersberg bezeichnet, aber wohl mit Unrecht. Richtiger ist es wohl, dass diese Ruine das Schloss von dem benachbarten zu Wiedersberg jetzt gehörigen Ebersberg war. Dieses Schloss soll der Sage nach ein Raubschloss gewesen sein und ein früherer Besitzer hier einen grossen Schatz verborgen haben, der bis zur jetzigen Stunde noch nicht gefunden ist, obschon aus dem Innern der Ruine manchmal einzelne Alterthümer zu Tage gefördert worden sind.

Viel sichrer ist, das diese Burg im 30jährigen Kriege mit zerstört und dann nicht wieder gebaut und die Besitzung selbst zu Wiedersberg und Troschenreuth geschlagen worden ist. Uebrigens bietet diese Ruine dem, der von der Ullitz auf der Strasse nach Plauen herabsteigt, einem imposanten Anblick dar. Nur das Eine muss bedauert werden, dass sie immer mehr und mehr zerfällt, so dass sie vielleicht bald nur noch in der Erinnerung existiren wird.

Das eigentliche Schloss von Wiedersberg mit einem Thurme ist in neuere Style erbaut und liegt unten im Dorfe am Feilabache, welcher knapp dabei vorüber fliesst.

Wiedersberg gab einem uralten Geschlechte den Namen. Die Herren von Wiedersberg schrieben sich oft auch die von Wiersberg. Ein Heinz von Wiersberg besass 1454 Stöckigt.

Die frühern Nachrichten über Wiedersberg sind sehr dunkel; denn die Hussitten haben hier schreckliche Verheerungen angerichtet, und die früheren Nachrichten sind zu dieser Zeit mit zu Grunde gegangen. Das hiesige Gerichtsarchiv geht blos bis zu Anfang des 16. Jahrhunderts zurück und daraus erfahren wir, dass in früheren Zeiten Wiedersberg und Troschenreuth immer mit einander bis zum Jahre 1806 combinirt waren. Im Jahre 1631 besass Wiedersberg mit Troschenreuth Dr. Michael Thomas, von welchem diese Besitzungen im Jahre 1666 nebst Oelsnitz an Dr. Pfretzschner kamen. Im Jahre 1727 acquirirte Wiedersberg und Troschenreuth Gotthelf Siegmund Albert und im Jahre 1754 ein Herr von Schönfeld. Dann war die Familie Seidel damit beliehen, von welcher Wiedersberg allein der Vater des jetzigen Besitzers, des Herrn Eduard Gräf acquirirte, dessen jüngster Herr Bruder Magwitz bei Planschwitz besitzt, und dessen ältester Herr Bruder früher mit dem Rittergut Werda bei Falkenstein beliehen war.

Bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation fungirte in Wiedersberg als Gerichtsdirektor Herr Adv. Dr. Lorenz in Plauen, Besitzer des kleinen aber lieblich gelegenen Rittergutes Röttis bei der grossen Elsterthalbrücke der Sächs. Bayerschen Eisenbahn.

Herr Dr. Lorenz ist jetzt in den Staatsdienst getreten und im Gerichtsamt Adorf angestellt, obschon es demselben bei seinen tiefen Wissen, bei seiner Humanität und Menschenfreundlichkeit, bei seinen glücklichen pecuniären Verhältnissen nie fehlen konnte, eine ausgezeichnete grosse Praxis als Advokat sich zu erwerben.

Das Dorf Wiedersberg selbst ist zwischen 2 Bergen freundlich gelegen, woher es denn auch den Namen erhalten haben mag. Das kleine Thal, in welchem seine Häusser zerstreut liegen, wird von dem Feilabache durchflossen, der in seinem kurzen Laufe mehrere Mühlen treibt und an seinen Ufern einen üppigen Graswuchs erzeuget.

[120] Unter die Gerichtsbarkeit von Wiedersberg gehörten vor Einführung der neuen Gerichtsorganisation Ebersberg und Antheile von Engelhardtsgrün, Plosenberg, Rammoldsreuth, ingleichen die Rüdelmühle mit 2 Gängen und ein Theil von Zettlarsgrün.

Zur hiesigen Parochie gehören die Orte Plosenberg, Ebersberg, Heinersgrün, Rammoldsreuth und Troschenreuth. Die Parochie war eine der früheren bekannten 7 Streitpfarren, welche gegen Norden an die Streitpfarrei Krebes, gegen Nord-Osten an die Streitpfarrei Grosszöbern, gegen Osten an die Parochie Bobenneukirchen, gegen Süden an die Streitpfarrei Sachsgrün und die bayerische Pfarrei Gattendorf, gegen Westen an die bayerische Filialpfarrei Trogen stiess. Die Inspection über Pfarrei und Schule steht dem Superintendenten von Oelsnitz zu, welcher auch das Besetzungsrecht der Schulstelle hat.

Die Kirche, ohngefähr in der Mitte des Dorfes bildet ein längliches Viereck. Die Zeit ihrer Erbauung ist unbekannt, im Jahre 1732 wurde sie renovirt und bedeutend erweitert. An beiden Seiten sind Capellen angebaut, von welchen die eine den Kämmerer von Feilitzsch auf Heinersgrün, die andere aber den Herren Rittergutsbesitzern auf Wiedersberg und Troschenreuth gehört. Das Innere der Kirche ist geräumig aber ziemlich dunkel. Die Orgel sehr alt ist in neuerer Zeit reparirt worden. Der Altar hält viel alterthümlichen Schmuck. Der Thurm, ziemlich hoch, gereicht der Kirche und dem Orte zur Zierde, hat 3 Glocken, welche ein harmonisches Geläute geben.

Das Pfarrhaus gränzt an die Kirche und von derselben nur durch den Kirchhof und dessen Mauer geschieden, und ist bequem und räumlich.

Auch gehören dazu zwei Gemüse- und ein Grasgarten. Der Pfarrer von Wiedersberg hat auch zum Kirchweihfest von Heinersgrün in der dasigen Capelle, welche auf einer Anhöhe steht, zu predigen. In derselben wurde in früheren Zeiten 17 Mal, später 3 Mal Gottesdienst gehalten. Die Capelle ist mit einem Thurme geziert, welcher sich früher dreier Glocken erfreute, von welchem vor mehrern Jahren die beste gestohlen, die eine zersprungen und nur noch die dritte zu gebrauchen ist. Aus Furcht, es könnte auch die Orgel eine Beute der Räuber werden, hat solche die Gutsherrschaft von Heinersgrün herausgenommen und in ihrem Schlosse aufbewahrt. Die Capelle heisst die Capelle zu St. Clara. Die Herren von Pöllnitz hatten hier ein Erbbegräbniss.

Im Gemeindebezirke des Dorfes Rammoldsreuth liegt das zur Pfarrei Wiedersberg gehörige Pfarrholz, aus welchem jährlich der jedesmalige Pfarrer 5 Klaftern Holz nach altem Höfer Maase, nebst Streu und Stöcken rechtlich zu beziehen hat, welches die Gemeinden Heinersgrün, Plossenberg, Rammoldsreuth und Ebersberg unentgeldlich fahren müssen, so dass im ersten Jahre die Einwohner von Heinersgrün, im zweiten die von Plosenberg, im dritten die von Rammoldsreuth und Ebersberg gemeinschaftlich zu fahren haben, wogegen ihnen vom Pfarrer eine Mahlzeit, Brot, Bier, Käse und Butter verabreicht wird.

Wiedersberg war übrigens der Stein des Anstosses, als man bei Untersuchung des Terrains zum Bau der Sächs. Bayerschen Eisenbahn hat unübersteigliche Hindernisse, rücksichtlich der verschiedenen und zu schnellen Gebirgsabstufungen fand, da ausserdem wegen der Kürze des Weges diese Strecke hierher bei weitem vorzuziehen war.

Wiedersberg hat jährlich im September einen Jahrmarkt, wohin von Hof aus viele Menschen zu Ross und zu Wagen und zu Fuss wallfahrten. Die Kuchen werden zu diesem Jahrmarkt auf grossen Wagen verkauft. Auf denn Rückwege nach Hof erklingen Pfeifen und Trompeten auf der ganzen Strasse entlang und in den beiden Wirthshäussern zu Heyde und Ullitz wird manches Glas bayerschen Bieres geleeret.

Ueberhaupt ist Ullitz, auf der bayerschen Grenze 1/4 Stunde von Wiedersberg ein lieblicher Aufenthalt. Mittwochs und Sonnabends und Sonntags findet man hier die Herren Rittergutsbesitzer aus der Nähe mit ihren Herrn Pastoren und Schullehrern in Gesellschaft vereint und Vater Stengel, der ältere Herr Bruder des Besitzers von Troschenreuth öffnet dann gewöhnlich seinen reichen Erfahrungsschatz.

In belehrenden und unterhaltenden Gesprächen verfliesst hier die Zeit, ehe man es denkt und oft muss die Gesellschaft im Finstern zu Hause tappen.

In Wiedersberg und dessen Umgehung ist eine gewisse Wohlhabenheit und die dasigen Bauern gehören noch zu dem Schlage von altem Schrot und Korn. Hier gilt ein Wort ein Mann. Auch tragen dieselben noch ganz die Röcke und Kleider nach dem Schnitte, wie sie ihre Voreltern schon hatten.

Auch die Gerichtsherrschaft gehört zu den biederen Familien des Voigtlandes, der die ärmeren Glieder der Gemeinde viel zu danken haben.

Auf dem Gute finden diese Armen stets hinlänglich Beschäftigung Jahr aus Jahr ein.

Wiedersberg erfreut sich auch eines Gasthofs, starker Brauerei und guter Viehzucht.

Wiedersberg mit seinen 41 bewohnten Gebäuden, mit seinen 50 Familienhaushaltungen und 21 Einwohnern gehört zum Gerichtsamte Oelsnitz, zum Bezirksgericht Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen, zum Regierungsbezirk Zwickau.

M. G.