Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section/H14
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Colmnitz liegt 2 Stunden östlich von Freiberg, längs der Colmnitz an den Strassen von Freiberg nach Höckendorf und Dippoldiswalde.
Es wird eigentlich in Ober-Colmnitz und Nieder-Colmnitz eingetheilt, ersteres liegt südlicher, letzteres zieht sich gegen Norden. Es grenzt mit seinen Fluren nördlich an das Tännigt und den tharander Wald, östlich an den letzteren und an Klingenberg, südlich an Pretzschendorf und westlich an Nieder-Bobritzsch und Sohra.
Die beiden hiesigen Rittergüter, wovon das zu Nieder-Colmnitz blos schriftsässig, das zu Ober-Colmnitz amtssässig war, sind vereinigt.
Colmnitz wie Dorf Chemnitz, welches 1173 zuerst in der Kloster-Zellischen Begrenzungsurkunde vorkommt, war ein Zubehör der Herrschaft Frauenstein. Später kam es an das Geschlecht derer von Hartitzsch, deren Ahnherr Fischer an der Donau gewesen und einen deutschen Kaiser auf der Flucht mit der grössten Lebensgefahr über die hochangeschwollene Donau gesetzt haben soll. Da dieses Wagestück kein anderer Fischer unternehmen wollte, sei derselbe von dem Kaiser, dass er ihn gerettet, in den Adelstand erhoben worden. In den Wappen der von Hartitzsche deuten 2 Fische allerdings auf eine solche Begebenheit hin. Dieses Geschlecht hat sich sonst von Harticz nach dem Rittergute bei Johnsdorf in Böhmen an der Sächsischen Grenze geschrieben, ist sehr früh aus Böhmen nach Sachsen gekommen, wo sie als Freunde der Reformation flüchten mussten. Es hat auch wichtige Stellen im Rathe zu Freiberg bekleidet.
Ein Asmus von Hartitzsch auf Dorfchemnitz, Mitbesitzer von Colmnitz ist 110 Jahre alt geworden und im Jahre 1579 gestorben. Dieser hatte 4 Söhne gehabt, zwei sind in Schlachten geblieben, der dritte nach zurückgelegten Reisen zu Freiberg im Jahre 1568 meuchelmörderisch erstochen worden und der vierte Reinhardt von Hartitzsch hat Dorfchemnitz, Voigtsdorf und Colmnitz besessen und ist sonach als Stammvater dieser Linie von Hartitzsch anzusehen. Die Nachkommen dieser Familie haben sich zu verschiedenen Zeiten in Ober- und Niederdorfchemnitz, in Ober- und Nieder-Voigtsdorf, in Colmnitz und in Ober- und Nieder-Staucha getheilt und oft wieder die Güter Mancher vereint besessen.
Der Sohn des Georg Adolph von Hartitzsch und der Anna Christine von Schönberg, Ferdinand Wilhelm von Hartitzsch wurde im Jahre 1726 Besitzer von Colmnitz und starb am 1. October 1846 im 49. Lebensjahre. Derselbe hatte ein Fräulein von Meusebach, deren Vater sehr hohe Ehrenstellen in Sachsen und Polen bekleidete, zur Gemahlin. Sein Sohn, Johann Adolph von Hartitzsch ist vor ihm gestorben. Daher wurde Julius Alexander von Hartitzsch auf Ober- und Niederstaucha zugleich auch Erblehngerichtsherr auf Ober- und Niederdorfchemnitz und Colmnitz. Dieser ist das erste Mal mit einem Fräulein von Schönberg vermählt gewesen, nach deren Tode zum zweiten Male mit Fräulein Magdalena Elisabeth, einer geborenen von Zehmen aus Stauchitz; und dieser ist im Jahre 1764 61 Jahre alt in Dorfchemnitz plötzlich gestorben. Dessen Wittwe starb im Jahre 1785 in Dresden und ist als die lezte der Familie in dem Erbbegräbnisse zu Dorfchemnitz in der Kirche beerdigt worden; sie wird als eine sehr mildthätige Frau geschildert.
Letzteren beiden sind deren Söhne als Gerichtsherren von Ober- und Niederdorfchemnitz, Colmnitz und Ober- und Niederstaucha gefolgt, wozu sie im Jahre 1774 von Rudolph Dietrich von Hartitzsch noch Ober- und Nieder-Voigtsdorf, als dieser, aus Gram über den 2 Jahre früher erlittenen Verlust seines einzigen Sohnes, im Jahre 1772 ebenfalls sein Leben endete, als Lehns-Zufall erbten.
Diese beiden Söhne, welche zwei Schwestern Fräuleins von Gersdorf aus dem Hause Pulsnitz, zu Gemahlinnen hatten, theilten sich nun später in die Güter, nämlich der jüngste, George Adolph von Hartitzsch, Domprobst und Amtshauptmann bekam Ober- und Nieder-Staucha, welcher noch Haide mit Knathewitz bei Wurzen sich kaufte.
Der älteste aber, Hans Dietrich Alexander von Hartitzsch erhielt Ober- und Nieder-Dorfchemnitz mit Ober- und Nieder-Voigtsdorf und Colmnitz und kaufte sich noch dazu Röhrsdorf bei Königsbrück. Dieser [106] starb in Röhrsdorf 1820 76 Jahre alt. Der jüngste Georg Adolph hatte 3 Söhne, wovon der älteste George Heinrich von Hartitzsch, Kammerherr und Hof- und Justizrath Staucha bekam, welcher 1825 verstorben ist und eine Wittwe, eine geborene Gräfin von Holzendorf und 3 Töchter Marie Louise, Pauline Agnes und Anna in Staucha hinterlassen hat. Der jüngste Sohn Julius besass Haide und ist 1818 gestorben, der zweite Sohn Hans Adolph von Hartitzsch, vermählt mit der einzigen Tochter des Hans Dietrich Alexander von Hartitzsch seines Oheims, Erdmuthe Friederike Elisabeth, Erb-, Lehn- und Gerichtsfrau auf Röhrsdorf, ist seit 1814 Gerichtsherr von Dorfchemnitz. Alle 5 Kinder haben sie durch den Tod verloren und seitdem ein Fräulein von Bose als Pflegetochter bei sich erzogen.
Von der Familie von Hartitzsch kam Colmnitz an den Ober-Steuereinnehmer und Kammerherrn Max Karl von Carlowiz, welcher im Jahre 1833 verstarb und das Gut seiner Wittwe Frau Maria von Carlowiz hinterlies, von welcher es deren Sohn, der Herzogl. Weimarische[WS 1] Kammerherr Karl Adolph von Corlowiz überkommen hat, welcher seit dem Jahre 1839 damit beliehen ist. Das hier in der Abbildung aufgenommene Schloss liegt in Nieder-Colmniz und hat eine sehr schöne bequeme innere Einrichtung, so wie die Wirthschafsgebäude vortrefflich zu nennen sind.
In Colmnitz sind ausserdem noch 5 Mühlen mit 2 Sägen, 6 Schmieden, 1 Lehn-Gut mit Gasthof. Auf Ritterguts-Grund und Boden stehen 1 Mühle und 8 Häusler. Dann sind hier 86 Hüfner, 55 Grossgärtner, 65 Kleingärtner und 22 Häusler.
Ausserdem leben hier viele Maurer und Zimmerleute, sowie Handwerker aller Art. Die Hauptnahrung der Einwohner sind der Feldbau und die Viehzucht; sie erbauen Sommerkorn, Gerste, Hafer und besonders Flachs.
Der Dorfbach entspringt oberhalb Pretzschendorf, fliesst durch ganz Collmnitz, theilt den Thämigt vom Tharandter Walde und fällt zu Naundorf in die Bobritzsch.
Die Kirche hat ein gefälliges Ansehen und enthält einen gothischen Flügelaltar. Seit dem Brandte vom 12. Septbr. 1812, wo das hiesige Schulgebäude ein Raub der Flammen wurde, ist dasselbe neu und massiv wieder aufgebaut.
Im Westen von Colmnitz liegt der steile bewaldete Culmberg, von welchem Colmnitz den Namen hat und welcher nicht mit dem 1 Stunde von Oschatz gelegenen, geschichtlich merkwürdigen Kolm - oder Kölmberg verwechselt werden darf. Auf letzterem wurden im 12. und 13. Jahrhundert unter den Markgrafen Otto, Dietrich und Heinrich dem Erlauchten 12. Landtage unter freiem Himmel gehalten, wobei die Ritter zu Pferde erschienen.
Wir haben oben schon erwähnt, dass Colmnitz im Westen auch mit Sohra grenzt und finden daher Gelegenheit, über diesen merkwürdigen Ort einiges Wenige hinzuzufügen, da schwerlich in diesem Album wieder die Rede ein Mal darauf kommen dürfte. Sohra, die Sauer-Aue, liegt in einem freundlichen Thale und gehört dem Rathe zu Freiberg als Verwalter des Johannishospitals. Die Burg Sohra, die wahrscheinlich im Hussitten-Kriege zerstört worden ist, lag im Walde nach Pretschendorf hin. Von dieser alten Burg Sohra existiren mancherlei schauerliche Sagen, so dass das verschwundene Ritterthum hier noch nicht so bald in Vergessenheit kommen wird. Für den Fremden ist sie jetzt schwer zu finden, da nur noch Spuren von Wall und Gräben vorhanden sind, die mit dickem Gesträuch überdeckt werden. Noch vor 70 Jahren waren Mauerruinen und Keller vorhanden, welche Ueberreste von den umliegenden Dörfern als Baumaterial benutzt, verschwunden sind. Sonst hiess es das Rittergut Sohra mit Oberbobritzsch. Die Ritter von Sohra stammen von hier. Durch Vermächtniss eines Ritters von Stenzenberg gelangte Sohra mit Oberbobritzsch im Jahre 1280 ans obgedachte Hospital.
Am Colmnitzer Wege besitzt Sohra einen kleinen Kalkofen, von wo aus man eine treffliche Aussicht nach Freiberg, Bieberstein u. s. w. findet.
Colmnitz gehört mit seinen 270 bewohnten Gebäuden, mit seinen 502 Familienhaushaltungen und 1914 Einwohnern zum Gerichtsamt und Bezirksgericht Freiberg, zur Amtshauptmannschaft Freiberg, zum Regierungsbezirk Dresden. –
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Mulda liegt zwischen Bergen an dem Flusse gleichen Namens, 2 Stunden westlich von Frauenstein, 4 Stunden südlich von Freiberg.
Die Entstehung des Ortes ist wohl den Wenden zu verdanken und in die entferntesten Jahrhunderte hinauszusetzen. Die Lage dieses Ortes giebt schon hinlänglich an die Hand, dass derselbe sehr alten Ursprungs sein muss, da die Sorben-Wenden den Flüssen zuerst nachzogen und sich anbauten. Der Ort selbst ist nach der hier fliessenden Freiberger Mulde, welche in dieser Gegend die ansehnliche Chemnitz und die vereinigten Zethauer und Helbigsdorfer Bäche empfängt, benannt worden.
In einer alten Freiberger Chronik kommen zuerst in den Jahren 1333 und 1340 Engelbrecht und Conrad von Mulda als Freiberger Rathsherrn vor. Wenn diese Angaben richtig wären, so könnten dieselben das Gut Mulda nicht lange besessen haben, da so viel feststeht, dass im Jahre 1349 die von Ertmarsdorf oder von Erdmannsdorf, und zwar die Gebrüder Peter und Hans von Ertmannsdorf auf Mulda waren, welche auch eine wüste Mark „zu der Grune“ besassen, womit sie von dem Markgrafen in jenem Jahre beliehen worden sind. Die von Erdmannsdorf bildeten 2 Linien, die eine ist das aus dem Eisenbergschen, die andere das aus dem Augustusburgischen Orte dieses Namens stammende Geschlecht, welches letztere der grossen Rochsburger Dynastie zugehörte, und dieselben werden eben so häufig von Ertmarsdorf, als von Erdmannsdorf geschrieben. Durch Verheirathung wurde dieses Geschlecht mit der Hartitzschischen Familie verwandt. Derselbe obenerwähnte Peter von Erdmannsdorf auf Mulda hat 1364 oder 1365 das nahe bei Mulda liegende Dorfchemnitz an Nicol von Hartitzsch abgegeben.
Ursprünglich scheint aber Mulda, wenigstens zur Zeit der von Erdmannsdorf noch nicht eigentliches Rittergut gewesen zu sein, sondern ein blosses Bauerlehngut. Erst von den Nachfolgern der von Erdmannsdorf wurde Mulda aus diesem Bauerlehngute und etlichen Bauergütern in Mulda zu einem Vorwerke angelegt, und als diese Nachfolger erscheinen die von Schönberg, welche aus Italien stammen und als dortige Nobili den Namen „Bello monte“ geführt haben sollen. Hierauf erst wurde es von Churfürst August zu einem Rittergut erklärt. Im Jahre 1693 aber von Johann Georg III., dessen Leibarzte Dr. Erndel mit allen zugehörigen Gehölzen, Fischereien und Mühlen erb und eigenthümlich zum Geschenk überlassen. Dann kam es an Christian Friedrich Löscher und an dessen Sohn gleichen Namens, von welchem es Friedrich Christoph Glöckner acquirirte, dem im Besitze Herr Ernst Robert Rupprecht folgte. Von Letzterem erwarb es Herr von Könneriz, der Sohn des Justizministers von Könneriz auf Lossa.
Das Rittergut liegt über dem Dorfe, an dem obbenannten Walde die Grune genannt, zwischen der Mulde und dem Chemnizbache. Amphitheatralisch erhebt es sich auf der Gegenseite von Randeck und es dürfte eine schönere Ansicht im Erzgebirge nicht zu finden sein, wie hier.
Das Schloss mit Thurm gewährt auf seiner Höhe von Randeck beschaut, einen imposanten Anblick. Dasselbe ist massiv gebaut und hat einen schönen Obstgarten und 2 Gemüsegärtchen. Die Wirthschaftsgebäude, die Schäferei sind vortrefflich zu nennen. Es hat auch 2 Mühlen und einen Petunzer- oder Wetzsteinbruch.
Der Ort selbst bat noch ein starkes Erbgericht mit Brennerei und Brauerei. Ausserdem befinden sich hier 2 Schänken, 2 Mühlen nebst Sägen, 1 Forsthaus, 2 Fleischhauer, 2 Kramer.
Die Lage der Fluren des Ortes ist zwar der hohen Berge und des steinigten Bodens wegen für den Feldbau nicht vorzüglich, das Dorf selbst aber liegt angenehm an der Mulde und die Einwohner nähren sich vorzüglich mit von Leinwand- und Garnbleichen. Auch fertigt man hier Trage- und andere Körbe, besonders zum Gebrauche in Bergwerken. Auch sogenannte Korbschlitten werden hier fabricirt.
In alten Zeiten ist zu Mulda auch Bergbau getrieben worden. An der sogenannten Fuchswiese findet man immer noch einen alten Stollen, den man im Jahre 1754 einige Zeit fortsetzte, jedoch nur versuchsweise und ohne Erfolg. In der Nähe findet man noch nach den Lichtenberger Fluren hin, am Muldenstrom, zwei alte Stollen; auf dem tiefen Stollen, der auf 80 Lachter hinangetrieben war, baute man wieder zwischen den Jahren 1720–30 und im Jahre 1778 fing eine Gewerkschaft vom neuen an, dieses Grubengebäude aufzunehmen. Da man aber ohne Hoffnung [108] bauete, so wurde diese Zeche nach einigen Jahren wieder auflässig, indem sich nur grobe Geschicke vorfanden. Auf des Weigmannsdorfer Erbrichters Wiese unter Randeck, sollen früher Schmelzhütten gewesen sein‚ welche nicht mit den sogenannten Muldaer oder oberen Schmelzhütten verwechselt werden dürfen. Diese existiren noch, und trotz ihres Alters haben solche durch die Thätigkeit des ersten Hüttenmeisters Oeser ihren alten Ruhm bewährt. Im dreissigjährigen Kriege, und besonders bei den beiden Belagerungen Freibergs in den Jahren 1639 und 1642, hat Mulda nebst Randeck und Weigmannsdorf viel Kriegsunglück ertragen, indem am 20. Januar 1643 das herrschaftliche Vorwerk und die Kirche von den Schweden in Brand gesteckt wurden. In dem im Jahre 1756 ausgebrochenen 7jährigen Kriege hatte Mulda am Michaelistage 1762 das traurige Schicksal, dass von einem preuss. Freikorps 7 Bauerhöfe und 6 Häusler nebst der Pfarre angezündet und in Asche gelegt wurden. Die Armee von Prinz Heinrich hatte den Sommer hindurch in einem Lager zwischen Pretzschendorf und Frauenstein gestanden, musste aber wegen der unter dem Fürsten von Löwenstein über Purschenstein anrückenden kaiserlichen österreichischen Armee sich zurückziehen, bei welcher Gelegenheit der bei Purschenstein mit einem fliegenden Corps gestandene preussische General Kleist über Mulda zurückwich und zur Bedeckung des Abzugs diese Maassregel für nöthig hielt.
Die Kirche ist ebenfalls hier sehr alt. Wenigstens findet man solche in den alten Urkunden vom Jahre 1346 schon verzeichnet, wo sie unter der Präpositur Meissen und deren Sede Freiberg zu finden ist. Dieselbe war eine Zeit lang Tochterkirche von Dittersbach, und zwar von 1634 bis 1779, wo dieser Anschluss wieder endete, und die Kirche in Mulda wieder ihren eigenen Pfarrer erhielt. Eingepfarrt sind blos noch die auf dem Grund und Boden des Rittergutes erbauten Häusser.
Die Kirche ist klein, aber ziemlich helle und besitzt einige Monumente mit unleserlichen Umschriften. Der Altar ist ein gewöhnlicher Schrankaltar, auf welchem aber ein Crucifix angebracht und unten die 12 Apostel mit Jesu gemalt sind.
Der Kirchhof enthält mehre, durch Schrift und Anlage schöne Denkmäler.
Auf der äussersten Grenze nach Lichtenberg zu, ist auf dem Pfarrgute ein sogenannter Pestilenz-Gottesacker.
Das Pfarramt und die Schulstelle werden vom Königl. Hohen Cultusministerium besetzt. Die geistliche Inspection übt der Superintendent zu Frauenstein.
Besondere andere kirchliche Nachrichten sind nicht vorhanden, da im 7jährigen Kriege, wie schon oben erwähnt worden ist, die Kirchenbücher mit der Pfarrwohnung ein Raub der Flammen geworden sind.
Früher vor der neuen Gerichtsorganisation gehörte das Dorf Mulda mit Kirche zum Justizamte Freiberg und hielt 21 begüterte Einwohner und 71 Häusler, wogegen das Rittergutsdorf aus 19 Häuslern bestand, excl. der Mühlen.
Jezt gehört der Amtsantheil mit 91 bewohnten Gebäuden, mit 175 Familienhaushaltungen und 743 Einwohnern, so wie der Rittergutsantheil mit 26 bewohnten Gebäuden, mit 47 Familienhaushaltungen und 168 Einwohnern zum Gerichtsamt Frauenstein, zum Bezirksgericht Freiberg, zur Amtshauptmannschaft Freiberg, zum Regierungsbezirk Dresden.
Pretzschendorf liegt 3 Stunden östlich von Freiberg, 2½ Stunden westlich von Dippoldiswalde, in einer für diese höhere Gebirgsgegend ungewöhnlichen, überraschenden Ebene, woher auch der Name kommen mag. Pritzsch in der wendischen Sprache bedeutet so viel als eben, gerade.
Eigentlich wird Pretzschendorf in Ober-, Nieder- und Kleinpretzschendorf getheilt und gehörte zusammen 3 Jahrhunderte hindurch der Familie von Hartitzsch. Im Jahre 1364 einen Nicol von Hartitzsch. Später besassen es 3 Brüder, Johann, Dietrich und Hans Adolph, und deshalb wurde es in Ober- und Niederpretzschendorf getheilt. Es geschah [109] dies im Jahre 1638. Das Collaturrecht über Kirche und Schule wurde wechselseitig vollzogen und Ober- und Nieder-Pretzschendorf wurden als zwei besondere Güter und Dörfer angesehen.
Auf dem oberen Rittergute folgten sich dann als Besitzer, Adam Dietrich von Hartitzsch, Georg Caspar, Adam Friedrich, Wolf Reinhardt von Hartitzsch. Dann kam dieses Gut an einen Caspar von Poick.
Auf dem niedern Rittergute war Hans Wolf von Hartitzsch, von welchem es an Georg Friedrich von Knobelsdorf überging. Von diesem kam es an Margaretha Reichbrodin von Schrenkendorf, die es an Hans Georg von Kannwurf abtrat, von welchem es Anna Helena Vitzthum von Eckstädt annahm. Ihr Gemahl, Hartmann Vitzthum von Eckstädt kaufte 1736 vom obigen Herrn von Poick das obere Gut. Von dieser Zeit an haben das wieder vereinigte Gut besessen, und zwar nach der von Eckstädtschen Familie, Adolph Franz Dietrich von Geissmar, Churfürst. Gothaisch. Kammerjunker; dann Dorothea Friederike von Schönberg, weil. Karl Alexander von Schönberg, Churfürstl. Sächs. Kammerherrn und Oberberghauptmanns Wittwe, welche 1763 mit Tode abging, worauf mit beiden Gütern der Königl. Preuss. Generalmajor Friedrich Wilhelm Gottfried Arndt von Kleist beliehen wurde. Nach dessen Ableben im Jahre 1767 fielen diese Güter nach unserm Lehnrechte an den regierenden Churfürsten. Von diesem wurde, unter der Administration des Prinzen Xaverius, der Major Christoph August von Seifert 1790 damit beschenkt und belehnt. Nach dessen Tode 1790 erbte diese Güter dessen Schwester Charlotte Dorothea von Seifert. Diese überliess solche käuflich dem Geheimen Rathe, Johann Georg August, Freiherrn von Spillner. Von diesem kamen die Güter an seinen Sohn, den Oberlieutenant Georg Christoph August, Freiherrn von Spillner im Jahre 1811, welcher solche im Jahre 1837 an den gegenwärtigen Besitzer, Herrn Karl Julius Klette verkaufte.
Das Rittergut erhielt als vereinigtes Gut erst im Jahre 1756 die Schriftsässigkeit.
Das Schloss selbst gewährt wegen seiner herrlichen Lage ein liebliches Bild, wie dies in den beiliegenden Prospecte zu sehen ist. Frohnen hatte es vor der Ablösung sehr wenig und die Schaafhuthungsgerechtigkeit durfte hier gar nicht exercirt werden.
Der Boden trägt hier alle edlen Feld- und Gartenfrüchte. Nächst dem Brodbedarf wird der Flachs, der hier sehr vorzüglich ist und in grosser Menge abgesetzt wird, am stärksten producirt.
Die Viehzucht bei Stallfütterung wird hier mit grossem Fleisse und Nutzen betrieben. Daher ein starker Handel mit Butter und Käse bei der musterhaften Reinlichkeit der hiesigen Wirthinnen und dem in jedem Bauerhofe fliessenden reinen und kalten Röhrwasser von anerkannten Vorzügen. Spinnen, Leinwand weben und Leinwand bleichen ist hier das Thun und Treiben in den Häusern der Reichen und Armen.
Ein gewisser Illger war der Erfinder der allgemein gangbaren Flachsbrechmaschinen, welche durch den noch lebenden Sohn, den Glasermeister Illger, nebst einem andern Glasermeister Fischer, besonders verbessert wurden und wegen ihrer Einfachheit und Billigkeit vorzüglich gesucht werden; auch fertigen genannte Meister noch andere besonders höchst vervollkommnete Getreidereinmach-Maschinen.
Auch zwei Kramer sind im Orte, von denen der eine, Namens Zimmermann, einer Concession zum fast ganz unbeschränkten Handel mit Material- und Schnittwaaren sich erfreut.
Eine zum Dorfe gehörende, an der Weiseritz gelegene, sowie drei noch andere kleinere, im Dorfe selbst befindliche, und zwei jenseits der Weiseritz gelegene Mühlen, sorgen nicht allein für den Mehl- und Oelbedarf des Orts, sondern führen auch alljährlich eine namhafte Quantität hier geschnittener Bretter und Latten zum Verkauf der andern Gegenden Sachsens, vorzüglich aber Dresden zu.
Ausserdem findet man hier alle unentbehrliche Handwerksleute; auch eine Schönfärberei, eine Zwirnfabrik von grossem Umfange.
Unter den Einwohnern giebt es 61 Bauern, 51 Gärtner, 57 Häusler.
Prinz Heinrich von Preussen fand die Höhe diesseits der wilden Weiseritz allhier zu einer militärischen Position vorzüglich geeignet und besetzte solche im 7jährigen Kriege 1762 mit dem unter seinem Commando stehenden Truppen, und die Oesterreicher erlitten dadurch grossen Verlust. Es war dies in demselben Jahre, wo Friedrich des Grossen Schicksal durch den Tod der Kaiserin Elisabeth von Russland sich wendete, da Peter III. ihr Thronfolger, Friedrichs Bewunderer war und vom Kampfplatze zurücktrat.
Der Friede kam auch noch im nämlichen Jahre zu Stande und endete den unseligen Streit.
[110] Pretzschendorf ist auch bekannt durch einen seiner Geistlichen, durch M. Samuel Adami genannt Misander als Schriftsteller. Er war in 59 Jahren nicht eine Stunde krank gewesen und auch die Pest im Jahre 1680 konnte ihm nichts anhaben, so sehr sie auch im Dorfe wüthete. Seine hinterlassenen Schriften tragen freilich den Geschmack seiner Zeit. Er ist Verfasser des Kirchenliedes: „Welt tobe, wie du wilt und wüthe“.
Die Kirche zu Pretzschendorf, eine der schönsten auf dem Lande, wurde vor 122 Jahren errichtet, wozu der Pfarrer Güttner einen zum hiessigen Pfarrgute gehörigen freiern und schicklichern Platz einräumte, als worauf die alte Kirche bisher gestanden hatte.
Der hiesige Kirchhof, mit seinem von hohen Mauern und Bäumen eingeschlossenen sehr grossen Raume, zeichnet sich durch ungewöhnlich viele und zum Theil ins Auge fallende Denkmäler aus, die sich in der neuern Zeit durch die Kunstfertigkeit des obgedachten Glasermeisters Illger sehr vermehrt haben und welche dem sie betrachtenden Wanderer als Opfer kindlicher und ehelicher Liebe, Herz und Gemüth tief ergreifen.
Die Pfarrgebäude sind wohlgehalten und freundlich. Die Kirche steht unter der Inspection Freiberg, und wie schon erwähnt, unter der Collatur des hiesigen Ritterguts.
Vor der Reformation stand das Dorf unter der geistlichen Gerichtsbarkeit des Meissner Domprobstes und deren Freiberger Bezirk.
Eingepfarrt sind die Dörfer:
Röthenbach ½ Stunde von Pretzschendorf dürfte bei einer Meereshöhe von 1700 Pariser Fuss als einer der höchsten Puncte in der Umgegend zu betrachten sein. Oestlich vom Dorfe, in dem romantisch schönen, starkbewaldeten Weiseritzthale liegen jenseits von Weiseritz 2 Mühlen, wovon die eine, die Thalmühle, nach Beerwalde, die andere nach Reichstädt gehört; wogegen die diesseits der Weiseritz mit Schneidemühle verbundene Mahlmühle nach Röthenbach gehört.
Ueber Röthenbach stand im Jahre 1336 dem Burggraf von Meissen das Vasallenrecht zu und der Ort selbst gehörte zur Herrschaft Frauenstein.
In den Jahren von 1465–1515 ist Röthenbach aus dem Besitze der Burggrafen an das Rittergut Pretzschendorf übergegangen. Im 15. Jahrhundert kam es an das Rittergut Weissenborn, bis Johann Georg I. dasselbe 1615 einem von Hartitzsch abkaufte und zum Amte Dippoldiswalde zog.
Der sogenannte Röthenbacher Berg erhebt sich nahe dem Orte und es ist sein mit Tannen und Fichten bewachsener Gipfel weithin sichtbar, so wie man auch von demselben herab, vorzüglich nach Dresden hin, eine Aussicht hat, welche wohl keinen seiner Besucher unbefriedigt herabsteigen lässt.
Die Form dieses Berges hat viel Aehnliches mit der des Burgberges und des Thürmerig im frühern Amte Frauenstein.
Der zweite Ort, der nach Pretzschendorf gepfarrt ist, liegt 1 Stunde nördlich von Frauenstein und heisst Friedersdorf Die sogenannte Butterstrasse führt durch dieses Dorf und zieht dem alten berühmten Gasthofe und der nahe dabei liegenden Schenke manchen Besuch zu.
Pretzschendorf, mit Einschluss von Ober-, Nieder - und Kleinpretzschendorf, hat 177 bewohnte Gebäude mit 253 Familienhaushaltungen und 1372 Einwohner. Es gehört jetzt zum Gerichtsamte Frauenstein, zum Bezirksgericht Freiberg, zur Amtshauptmannschaft Freiberg, zum Regierungsbezirk Dresden. Röthenbach und Friedersdorf, ersteres mit 58 bewohnten Gebäuden, mit 79 Familienhaushaltungen und 418 Bewohnern; letzteres mit 52 bewohnten Gebäuden, mit 83 Familienhaushaltungen und 441 Einwohnern, gehören unter dieselben Behörden, wie Pretzschendorf.
Die einige Kalköfen in sich schliessenden Fluren des fast 1 Stunde langen Pretzschendorfs rainen mit Röthenbach, Friedersdorf, Oberbobritzsch, Sora, Colmnitz, Cunnersdorf und Beerwalde.
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Weissenborn liegt 1¼ Stunde südöstlich von Freiberg, berührt am niedern Ende das rechte Ufer der Mulde, welche es von Berthelsdorf trennt, an der Frauensteiner Strasse und erstreckt sich ⅜ Stunden lang in südöstlicher Richtung an der Süssenbach hinauf, anfangs in einem sehr flachen und auenähnlichen, in der Mitte in einem tiefern Grunde, zuletzt fast auf der freien Höhe von Süssenbach. Seinen Namen hat der Ort – der Sage nach – von einem unfern der Mulde vorhanden gewesenen Brunnen, welchem man Heilkräfte zuschrieb und bei welchem sich bisweilen eine weisse Frau habe sehen lassen.
Die Meereshöhe beträgt an der Mulde gegen 1000, am obern Ende gegen 1450 Pariser Fuss; das Klima ist schon merklich milder, als für das gegenüber auf der Höhe gelegene Berthelsdorf, und nicht nur der Flachs, sondern auch Hafer und Korn gerathen hier recht wohl. Die Gegend ist der Mulde entlang sehr abwechselnd, voll herrlicher Ansichten und überhaupt prächtig; entfernter vom Ufer wird sie eintönig und selbst zu gefälligen Aussichten, welche doch sonst die Höhen der Gegend gewähren, sind die von Weissenborn zu niedrig, denn schwerlich möchte ein Punct des Dorfgebietes über 1500 Fuss Meereshöhe haben.
Das Rittergut, welches viele Menschenalter hindurch, der Dorfchemnitzer Linie des von Hartitzschischen Geschlechts gehört hat, liegt seinen ansehnlichen Gebäuden nach dicht über der Kirche und gewährt von weitem einen guten Anblick, da mehrere Flügel neu und wohlgebaut sind. Das vor 100 Jahren erbaute Schloss war früher von einem Wall umgeben.
Gegen Westen liegt das Schloss eigentlich auf einem Hügel, und hier gewährt es in den Garten sowohl, als in die Gegend eine angenehme Aussicht.
Mit Weissenborn und Pretzschendorf wurde zuerst der Bürgermeister Hartitzsch zu Freiberg 1365 und dann der Bürgermeister Hans Hartitzsch, welcher sein Amt von 1385–1392 verwaltet hat, von den Markgrafen belehnt; Letzterer erhielt zugleich das Rittergut Lichtenberg, sowie vom Burggrafen zu Meissen, als Herrn von Frauenstein, die Lehn über Voigtsdorf und Helbigsdorf. Er war der letzte adliche Bürgermeister zu Freiberg. Vor den Hartitzschen war das Kloster Zelle im Besitze von Weissenborn, oder – nach damaligen Sprachgebrauche – von Wizenborne. Von dem Hartitzschischen Geschlechte acquirirte es der Ober-Hofmarschall und der wirkliche Geheime Rath, Karl Leopold Christoph von Reitzenstein, welcher ein altes baufälliges Gebäude bei dem Schlosse abtragen, auch den Wallgraben ausfüllen und dafür englische Anlagen von ziemlichen Umfange, welche durch die Umgebungen, durch den dabei befindlichen Mühlgraben und Teich doppelte Annehmlichkeiten erhalten, anlegen, das Schloss inwendig, nach Verhältniss der antiken Bauart desselben, prächtig einrichten und einen Altan, von welchem man eine sehr wohlgefällige Aussicht geniesst, bauen lies, überdies auch vor den ebenfalls meist neuen Wirthschaftsgebäuden einen grossen Blumen- und Gemüsegarten nebst Gewächshaus und Gärtnerwohnung, mit vielen Kosten neu angelegt hat. Eine besondere Zierde des Niederdorfes, eine Allee von mächtigen Linden, durch welche sonst ein Communicationsweg führte, ist zum Theil in diesen Garten aufgenommen worden. Das Rittergut ist in dieser Gegend eins der beträchtlichsten, seit 1835 Allodium und es gehört nicht nur die Mühle des Dorfes mit Schneide- und Oelmühle und ein daneben befindlicher grosser Teich mit einer Insel und eine Schmiede, sondern auch das beträchtliche Nebengut Süssenbach mit 1800 Scheffel tragbaren Landes und ebenfalls neu aufgeführten Wirthschaftsgebäuden dazu. Dasselbe liegt 5 Minuten über dem Dorfe Weissenborn an der Frauensteiner Strasse und ist ehedem ein Dorf gewesen, wovon nur noch ein Gasthof, eine Schmiede und ein paar Häuser vorhanden sind. Früher war Süssenbach nach Oberbobritzsch eingepfarrt, auf Verwendung des Oberhofmarschall von Reitzenstein, gehört es jetzt zur Kirche von Weissenborn. Von der Reitzenstein’schen Familie ist Weissenborn an den Grafen von Hohenthal gekommen. Der derzeitige Besitzer ist Graf Karl Julius Leopold von Hohenthal-Püchau, des Grafen und Sächs. Kammerherrn Karl Friedrich Anton Sohn. Dieser Familie haben wir in diesem Album bei der Beschreibung vom Schlosse Lauer ausführlicher gedacht.
Das Rittergut Weissenborn besitzt ausserdem eine bedeutende Feld- und Wiesenflur, starke Schäferei, (deren Gebäude nordöstlich nicht fern liegen), einige Teiche und ansehnliches Holz, besonders längs der Mulde.
[112] Das Rittergut erhält jährlich 12 Gulden Wasserzins von der Freiberger Muldeflösse. Dies schreibt sich noch aus jener Zeit her, wo der Hauptholzrechen hier war, d. i. bis zum Jahre 1569. Diesen Wasserzins übernahm 1624 der Churf. Johann Georg I. sammt der Flösse vom Freiberger Rathe, dann fiel er für immer der Regierung zu Last. Bemerkenswerth ist von Weissenborn, dass auf dem Dorfgebiet an verschiedenen Stellen ehemals Bergbau getrieben wurde. Jetzt werden zwar noch 2 Gruben gebaut, aber sie können nicht sehr ergiebig sein, weil nur sehr wenige Bergleute darinnen arbeiten und kostspielige, vielleicht fördernde Baue unterbleiben müssen.
Im siebenjährigen Kriege hatte Weissenborn unsäglich zu leiden und eben so im letzten Kriege von den Jahren 1811–1813.
In der Nacht des 26. Juli 1786 ereignete sich hier ein schauderhafter Raubmord. Christian Gottlieb Hirschbach, herrschaftlicher Schafmeister und seine Ehefrau, wurden während eines furchtbaren Gewitters von dem Schäfer zu Wegefahrt, Johann Christoph Weinhold ihres baaren Geldes beraubt und mit einer Axt auf die unmenschlichste Art erschlagen und zerhackt. Der Mörder war früher in Diensten bei Hirschbach’s gewesen, hatte auch dieselben zu Gevattern gebeten; aber doch konnte dieser Bösewicht, welcher wusste, dass Hirschbach’s Geld hatten, seinen Mordgedanken nicht widerstehen. Hirschbach’s Ehefrau erkannte ihn bei dem Leuchten des Blitzes und rief: „Ach, Gevatter, Du wirst uns doch das nicht thun?“ Allein der Grausame ging nicht in sich. Ein Donnerschlag soll ihm sogleich auf dem Rückwege das Gewissen gerührt haben: Er wurde durch seine eigenen Kinder verrathten und bei Wegefahrt hingerichtet.
Ein stattlicher Leichenstein auf dem gemeinschaftlichen Grabe der braven Hirschbach’schen Eheleute verkündigt die schreckliche That.
Die Kirche steht in der Mitte des Niederdorfes. Die Nachrichten über dieselbe fehlen. Vielleicht sind solche im Jahre 1715, wo das hier befindliche Erbgericht mit dem Gerichtsarchiv ein Raub der Flammen wurde, mit verbrannt.
Die Kirche enthält übrigens viele steinerne Epitaphien der von Hartitzschischen Familienglieder, auch hängen in derselben noch 3 alte Trauerfahnen mit Inschriften und Wappen, zum Andenken an mehre Kirchenpatrone von Hartitzsch, zum Theil aus dem 16. Jahrhundert.
Ein an der Decke befindliches Bild enthält eine Darstellung der Dreieinigkeit und der Hölle. Dieses Bild hätte ein Mal beinahe den Untergang der Kirche herbeigeführt. Weil nämlich auf demselben, in der Hölle der Papst und ein Cardinal, an ihrer Kopfbedeckung kenntlich, zu erblicken sind, so wollten im Jahre 1630 kaiserliche Soldaten die Kirche in Brand stecken und hatten schon alle Vorbereitungen dazu getroffen. Die Gemahlin eines Obersten, welche im herrschaftlichen Betstübchen in Wochen lag, erfuhr und vereitelte den gefährlichen Anschlag.
Am 14. und 15. October 1762 wurde das Dorf von den Oesterreichern, welche glaubten, es wären Preussen darinnen‚ mit brennenden Bomben beschossen, wodurch die Wirthschaftsgebäude des Ritterguts eingeäschert und die etwa 20 Ellen davon abstehende Kirche sehr beschädigt wurde, welche aber durch einen günstigen Wind vom Feuer verschont blieb.
Eine herrliche Zierde erhielt diese Kirche in der neuem Zeit durch zwei wohlgelungene, in vergoldete Rahmen gefasste Copieen, der im Sessionszimmer des vormaligen Oberconsistoriums zu Dresden befindlichen Cranach’schen Brustbilder Luther’s und Melanchthon’s, welche der Oberhofmarschall von Reitzenstein hat fertigen lassen.
Luther ist von Vogel von Vogelstein gemalt. Nur ist diesen herrlichen Gemälden ein besserer Standpunct zu wünschen, als den solche einnehmen.
Der erste evangelische Pfarrer zu Weissenborn war Bernhardt aus Döhlen. Dieser und seine zwei Nachfolger, Horn und Aegidius Karstorf, sollen von dem damaligen Bischof zu Meissen vertrieben worden sein.
Weissenborn mit Süssenbach hat 83 bewohnte Gebäude, 130 Familienhaushaltungen und 700 Einwohner. Der Ort gehört jetzt zum Gerichtsamt und zum Bezirksgericht Freiberg, zur Amtshauptmannschaft Freiberg, zum Regierungsbezirk Dresden.
Die Einwohner leben meist von Viehzucht, wozu sie eine ansehnliche Flur besitzen. Doch giebt es auch Handwerker, viel Tagelöhner, einige Bergleute hier, und das weibliche Geschlecht spinnt nicht allein den in Menge gewonnenen Flachs, sondern klöppelt auch zum Theil. Im Ganzen ist der Ort wohlhabend und gut gebaut, und dies erhöht noch die Schönheit der Ansicht, welche ihm, von den Berthelsdorfer Höhen betrachtet, seine Lage und das Rittergut ohnedem geben würden. Das Dorfgebiet grenzt südlich mit Lichtenberg, östlich mit Oberbobritzsch, nördlich mit Hilbersdorf, westlich an die Mulde. Das Gebirge nordöstlich vom Dorfe wird der Rammelsberg genannt. Ueber die Mulde führt hier eine sehr schöne Brücke.
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Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Weimarisehe
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