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Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV.djvu/174

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Pretzschendorf ist auch bekannt durch einen seiner Geistlichen, durch M. Samuel Adami genannt Misander als Schriftsteller. Er war in 59 Jahren nicht eine Stunde krank gewesen und auch die Pest im Jahre 1680 konnte ihm nichts anhaben, so sehr sie auch im Dorfe wüthete. Seine hinterlassenen Schriften tragen freilich den Geschmack seiner Zeit. Er ist Verfasser des Kirchenliedes: „Welt tobe, wie du wilt und wüthe“.

Die Kirche zu Pretzschendorf, eine der schönsten auf dem Lande, wurde vor 122 Jahren errichtet, wozu der Pfarrer Güttner einen zum hiessigen Pfarrgute gehörigen freiern und schicklichern Platz einräumte, als worauf die alte Kirche bisher gestanden hatte.

Der hiesige Kirchhof, mit seinem von hohen Mauern und Bäumen eingeschlossenen sehr grossen Raume, zeichnet sich durch ungewöhnlich viele und zum Theil ins Auge fallende Denkmäler aus, die sich in der neuern Zeit durch die Kunstfertigkeit des obgedachten Glasermeisters Illger sehr vermehrt haben und welche dem sie betrachtenden Wanderer als Opfer kindlicher und ehelicher Liebe, Herz und Gemüth tief ergreifen.

Die Pfarrgebäude sind wohlgehalten und freundlich. Die Kirche steht unter der Inspection Freiberg, und wie schon erwähnt, unter der Collatur des hiesigen Ritterguts.

Vor der Reformation stand das Dorf unter der geistlichen Gerichtsbarkeit des Meissner Domprobstes und deren Freiberger Bezirk.

Eingepfarrt sind die Dörfer:

Röthenbach ½ Stunde von Pretzschendorf dürfte bei einer Meereshöhe von 1700 Pariser Fuss als einer der höchsten Puncte in der Umgegend zu betrachten sein. Oestlich vom Dorfe, in dem romantisch schönen, starkbewaldeten Weiseritzthale liegen jenseits von Weiseritz 2 Mühlen, wovon die eine, die Thalmühle, nach Beerwalde, die andere nach Reichstädt gehört; wogegen die diesseits der Weiseritz mit Schneidemühle verbundene Mahlmühle nach Röthenbach gehört.

Ueber Röthenbach stand im Jahre 1336 dem Burggraf von Meissen das Vasallenrecht zu und der Ort selbst gehörte zur Herrschaft Frauenstein.

In den Jahren von 1465–1515 ist Röthenbach aus dem Besitze der Burggrafen an das Rittergut Pretzschendorf übergegangen. Im 15. Jahrhundert kam es an das Rittergut Weissenborn, bis Johann Georg I. dasselbe 1615 einem von Hartitzsch abkaufte und zum Amte Dippoldiswalde zog.

Der sogenannte Röthenbacher Berg erhebt sich nahe dem Orte und es ist sein mit Tannen und Fichten bewachsener Gipfel weithin sichtbar, so wie man auch von demselben herab, vorzüglich nach Dresden hin, eine Aussicht hat, welche wohl keinen seiner Besucher unbefriedigt herabsteigen lässt.

Die Form dieses Berges hat viel Aehnliches mit der des Burgberges und des Thürmerig im frühern Amte Frauenstein.

Der zweite Ort, der nach Pretzschendorf gepfarrt ist, liegt 1 Stunde nördlich von Frauenstein und heisst Friedersdorf Die sogenannte Butterstrasse führt durch dieses Dorf und zieht dem alten berühmten Gasthofe und der nahe dabei liegenden Schenke manchen Besuch zu.

Pretzschendorf, mit Einschluss von Ober-, Nieder - und Kleinpretzschendorf, hat 177 bewohnte Gebäude mit 253 Familienhaushaltungen und 1372 Einwohner. Es gehört jetzt zum Gerichtsamte Frauenstein, zum Bezirksgericht Freiberg, zur Amtshauptmannschaft Freiberg, zum Regierungsbezirk Dresden. Röthenbach und Friedersdorf, ersteres mit 58 bewohnten Gebäuden, mit 79 Familienhaushaltungen und 418 Bewohnern; letzteres mit 52 bewohnten Gebäuden, mit 83 Familienhaushaltungen und 441 Einwohnern, gehören unter dieselben Behörden, wie Pretzschendorf.

Die einige Kalköfen in sich schliessenden Fluren des fast 1 Stunde langen Pretzschendorfs rainen mit Röthenbach, Friedersdorf, Oberbobritzsch, Sora, Colmnitz, Cunnersdorf und Beerwalde.

M. G.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/174&oldid=- (Version vom 11.6.2017)