Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section/H17
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wendisch Ssulschezy, 2 Stunden nordwestlich von der Stadt Bautzen entfernt gelegen.
Solschwitz hat ein sehr schön und massiv erbautes Schloss, dessen Lage einen herrlichen Anblick gewährt, wie dies auch schon aus der Abbildung zu ersehen ist.
Solschwitz ist sehr alten, und den Namen nach zu schliessen wendischen Ursprungs. Die jetzigen Wenden sind Ueberreste und Nachkommen jener alten Wenden, welche zur Zeit der grossen Völkerwanderungen aus dem Meklenburgischen einen Einfall in die Mark Brandenburg und in die benachbarte Lausitz machten, nach damaligen Sitten ihre Fusstapfen mit Blut und Feuer bezeichneten und allda ihre Wohnsitze aufschlugen.
Die vornehmste Gottheit, welche sie anbeteten, hiess Rhadegast, welche vorgestellt wird als ein Mann mit einem ungestalteten Gesicht, in der Hand einen langen Spiess haltend und auf dessen Kopf ein Vogel sitzt, der einer Gans ähnlich ist.
Zu Razeburg in Niedersachsen zeigt man einige solche Götzen, welche am Tollensee, an dem Ort, wo sonst die wendische Stadt Räthra gestanden, ausgegraben worden sind. Lange musste man sich mit diesem kriegerischem Volke herumschlagen, bis endlich die Christen die Oberhand behielten und sie besonders unter dem Markgraf Albertus Ursus im 12. Säculo, zum Theil ausrotteten, theils zu Leibeigenen machten. Diese Leibeigenschaft ist in der neuern Zeit durch die Humanität und Menschenfreundlichkeit der Herren Gutsbesitzer in der Lausitz aufgehoben und überall wird für Ausbildung und Lehre und Unterricht durch Schulen und Stiftungen gesorgt.
Man rechnet auf die Oberlausitz 449 wendische Dörfer, welche 50,000 evangelische Einwohner nebst 62 Kirchen und etwa 9,000 römisch-katholische Einwohner nebst 10 Kirchen haben. In den Hauptstädten wohnen nur wenige und nur wegen der eingepfarrten Dörfer sind in Bautzen und Camenz wendische Kirchen. Auch Solzschwitz war früher in die Nicolaikirche zu Bautzen gepfarrt, während die evangelischen Einwohner nach Göda oder Neschwitz in die Kirche gingen.
Die hiesige Gegend ist hügelig aber fruchtbar. Das örtliche Klima ist mild, die[WS 1] Mineralien bestehen[WS 2] wie das nahe Urgebirge aus Granit.
Der Boden ist von lehmiger milder Beschaffenheit und bei einiger Düngung dankbar.
Die Obstcultur ist blühend und wird sehr strenge beobachtet.
Der Kunstwiesenbau ist hier und in den benachbarten Orten stark.
In den Forsten sind die Höhen mit Nadelholz, Kiefern und Lerchen gut bestanden und zeigen einen freudigen üppigen Wuchs.
Die Niederungen halten Laubholz an Teichen und Dämmen und gewähren den Wandrer und Naturfreund einen entzückenden Anblick.
Der Nahrungszweig der Einwohner von Solschwitz ist grösstentheils Ackerbau, Vieh- und Baumzucht.
Ein Schloss stand hier schon in den frühesten Zeiten, doch ist dessen Geschichte nicht bekannt, da die Nachrichten aus jener Zeit nicht aufzufinden sind.
Das Gut besass im Jahre 1770 der Acciscommissar Johann Michael Richter; im Jahre 1800 noch dessen Erben und im Jahre 1820 Johann Ernst August Richter.
[130] Der derzeitige Besitzer ist Herr Kammerherr von Watzdorf auf Störmthal bei Leipzig.
Die katholischen Einwohner von Solschwitz sind, wie schon erwähnt, mit Dreikretzscham, Pannewitz, Weidlitz, Zeschkowitz, Autschkowitz, Neuhof oder Kleinhausen nach Chrostewitz gewiesen, ein katholisches Pfarrkirchdorf nahe bei dem Kloster Marienstern, zu dem es gehört. Dieses Chrostwitz besitzt die älteste Kirche im Bautzener Kreise und deshalb ist die Parochie sehr stark.
An der Stelle der gegenwärtigen Kirche in Chrostwitz stand früher ein heidnischer Tempel, weshalb man auch zu der Ueberzeugung gelangt ist, dass die Orte in hiesiger Gegend wo nicht im 11. doch im 12. Jahrhundert entstanden sind.
Chrostwitz verdient einige Aufmerksamkeit wegen der in der Nähe liegenden Schanzen, nämlich die Kotzschiner, bei dem Dorfe Kotzschin und die Kuckauer bei dem Dorfe Kuckau. Die alten Wenden scheinen sich derselben einerseits zu ihren Opfern, anderseits bei ihren Verfolgungen zu ihrer Vertheidigung bedient zu haben.
In der Schanze zu Kuckau siedelte sich 1765 ein gewisser Packan als Eremit an, lebte dasselbst 23 Jahre, legte aber dann die Kutte ab und verliess seine Granitbank, auf welcher er schlief, um sich zu verheirathen und zum thätigen Leben wieder zurückzukehren.
Wie wir schon oben erwähnt haben, so gehört Crostwitz zum Kloster Marienstern und diesem steht auch über die dasigen Stellen der Geistlichen und Schule die Collatur zu und zwar in folgender Art und Weise: Die Collatur über das Pfarramt sowie die Schulstellen zu Crostwitz und Kuckau hat die Aebtisinn; dagegen besorgt die Stellen der 2 Kaplane zu Crostwitz der Ordinarius zu Budissin.
Die evangelischen Unterthanen von Solschwitz halten sich, wie wir schon erwähnt haben, zu Göda, früher gingen sie nach Neschwitz.
Wer noch kein mit fürstlicher Pracht meublirtes Schloss gesehen hat, der versäume nicht bei dem Besuche hiesiger Gegend Neschwitz mit zu berühren. Hier giebt es genug zu sehen und zu bewundern.
Der gegenwärtige Besitzer von Neschwitz ist Herr Franz Theodor Reichsgraf von Riesch, eine Familie die mit den Geschlechtern von Einsiedel, Gersdorf, Riaucour, Reder hier in der Lausitz die meisten Güter besitzt.
Eine Eigenthümlichkeit hiesiger Parochie ist es, dass in derselben, mehr als in irgend einer andern, Protestanten und Katholiken untermischt leben und bilden letztere in einigen Oertern sogar die Mehrzahl.
Die Parochie überhaupt ist sehr stark und dürfte aus einer Seelenzahl von 3757 bestehen.
Da die Kirchengemeinde theils aus wendischen, theils aus deutschen Mitgliedern besteht, so findet jeden Sonn- und Festtag Gottesdienst in beiden Sprachen statt.
Ad sacra halten sich hieher, auch nicht wenige Protestanten, die zerstreut in den benachbarten katholischen, namentlich dem Radiborer Kirchspiele leben.
Schmochtitz und Solschwitz, welche beide Dörfer ehedem beliebig hieher oder nach Göda sich hielten, wurden erst vor einigen Jahren definitiv an letzteren Ort gewiesen und das Unsichere und Schwankende der Neschwitzer Parochialverhältnisse gehoben.
Die Kirche in Gödau ist schon öfter in diesem Album beschrieben und erwähnt worden, weshalb deshalb eine Wiederholung nicht am Platze ist.
Bemerkenswerth ist noch von Solschwitz und der dasigen Umgegend die Liebhaberei der Bienenzucht, obschon solche nicht mehr so stark ist, als zu der Zeit, wo der Bienenvater Schirach, Prediger in Kleinpautzen, eine Stunde von der Stadt Bautzen Anno 1766 eine ordentliche Bienengesellschaft errichtete, welche Kavaliers, Prediger, Oeconomen und Bauern zu Mitgliedern hatte. Dieser Mann war ein so eifriger Freund seiner Bienen, dass man erzählt, er sei einstmals aus der Beichte gelaufen, ohne die Beichte anzuhören und die Absolution zu ertheilen, als man ihm gesagt, es schwärme ein Bienenstock.
Solschwitz gehört jezt mit seinen 8 Rauchen zum Gerichtsamt-, zum Bezirksgericht-, zur Amtshauptmannschaft-, zum Regierungsbezirk Bautzen.
Möge der Ort noch lange sich seiner jetzigen, nach jeder Seite hin nur achtenswerthen Gerichtsherrschaft erfreuen.
Medewitz, 3 fünftel Stunden von Gaussig, 3 Stunden südwestlich von Bautzen links ab von der Strasse nach Dresden auf der meissnischen Grenze zwischen Bautzen und Stolpen gelegen.
Das hiesige Rittergut hatte früher seine Oeconomie an die Unterthanen verpachtet, wodurch die Bewirthschaftung der Felder und Wiesen sehr verbessert worden ist.
Zwischen dem Rittergute und dem Dorfe gab es sonst immer Streit über die meissnische und Oberlausitzer Landesgrenze, welche erst im Jahre 1704 richtig ausgemessen und durch Rainsteine bezeichnet wurde.
Medewitz ist ein sehr alter Ort; aber wohl irrthümlich als ein solcher bezeichnet, welcher im Jahre 1254 von Heinrich dem Erlauchten dem Kloster der Magdalenen-Nonnen in Hayn eigenthümlich überlassen worden, wenigstens finden sich in der Geschichte des hier in Frage kommenden Medewitz keine Nachrichten darüber.
Seit den frühesten Zeiten hatte Medewitz mit Gaussig nur einen Besitzer. Die von Haugwitze finden wir zuerst hier. Dann kam es im Jahre 1642 an die von Kiesenwetter, von welchen es an Rudolph von Neitschütz überging. Letzterer war mit einer von Haugwitz verheirathet und dessen Gemahlin hat auch das Gut selbst bis zum Jahre 1713 besessen. Von der von Neitzschütz geb. von Haugwitz acquirirte das Gut ein Graf Rudolph von Keiserling, welcher im Jahre 1764 mit Tode abging. Nach dessen Tode folgte im Besitze Graf Andreas Riaucour, welcher nach seinem Ableben das Gut seiner Gemahlin Frau Gräfin Henriette von Schall geb. Gräfin von Riaucour hinterliess. Nach dem Tode der Letzteren wurde Medewitz mit Gaussig, Dehmen, Drauschkowitz und dem Vorwerke Brösang Gräflich Schall-Riaucoursches Familien-Fidei-Commiss, wozu auch Ober- und Nieder-Malschwitz, Crostau, Rodewitz mit Sonnenberg, Eulowitz, Bederwitz, Golenz, Guttau, Gleina, Wartha, Putzkau, Tröbigau, Neundorf, Zockau und Günthersdorf gehören. Der Hauptsitz von diesem Majorate ist in Gaussig.
Der jetzige Besitzer ist der Reichsgraf Carl August Andreas Schall-Riaucour, Sohn des weil. Kurpfälzischen Gesandten am Kursächsischen Hofe.
Erstrer war vermählt mit der Reichsgräfin Seinsheim, welche am 17. Febr. 1845 verstorben ist.
Die aus dieser Ehe entsprossenen Kinder sind:
- 1) Isabelle Henriette Philippine Louise, geb. den 4. Nov. 1829.
- 2) Anna Maria Clementine Amalia Theodora, Hofdame der Kronprinzessin Albert von Sachsen, geb. 1820.
- 3) Carl Borromäus August Andreas Michael Hermann Clemens, geb. den 29. Sept 1834.
- 4) Maximilian Joseph Ludwig Andreas Hilarius Maria, geb. den 13. Jan. 1837.
- 5) Otto Hermann Rochus Gabaleon Johannes, geb. den 22. Juni 1838.
- 6) Caroline Lucilie Ludovica Eugenia Maria Salome, geb. den 15. Jan. 1840.
- 7) Maria Anna Leopoldine Clementine Kunigunde, geb. den 2. März 1841.
- 8) Noritz Clemens Maria Wolfgang, geb. den 30. Jan. 1845.
Die Schwester des Herrn Reichsgrafen Karl August Schall-Riaucour, Caroline geb. 1799 ist mit dem Marquis de la Rochefoucauld Liancour vermählt.
Das Schloss von Medewitz hat eine innere bequeme prächtige Einrichtung; das Aeussere desselben zeugt von dem guten Geschmack und von dem Kunstsinn seiner Besitzer, die zugleich als wahre Wohlthäter der Menschheit zu allen Zeiten sich bethätigt haben, wie die vielen hier vorhandenen Stiftungen einen deutlichen Beweis abgeben.
Der an das Schloss stossende Garten zeugt ebenfalls von der Sorgfalt, die von den Besitzern darauf verwendet worden ist.
[132] Im Orte befinden sich 8 Halbgärtner, 15 Häusler und 1 Schenke, wovon die ersteren mit der Oeconomie sich beschäftigen, die letzteren im Rittergute stets hinreichende Beschäftigung zu ihrem Lebensunterhalt finden können.
Medewitz ist nach Gaussig eingepfarrt. Diese Kirche würde für die Hineingepfarrten nicht geräumig genug sein, wenn letztere nicht aus Wenden und Deutschen beständen, und demnach bei jedem Gottesdienste, der an jedem Sonn- und Festtage in wendischer und deutscher Sprache gehalten wird, getheilt wären.
In der Kirche befindet sich ein schönes Denkmal des Generallieutenant Rudolph von Neitschütz, bestehend in einer herrlich gearbeiteten Kriegsarmatur; ausserdem noch 3 unbedeutende, als: des Herrn Caspar von Haugwitz, des Herr Gottfried von Gersdorf und des Herrn Hans Heinrich von Kiesewetter. Auch hängt an einer Mauer daselbs eine ritterliche Ehrentafel des weil. Herrn Christoph von Salisch und Grossgraben auf Gersdorf und Schlunkwitz. Diese Tafel enthält den Sahlischen adlichen Stamm von des Vaters Linie und den Sahlischen adlichen Stamm von der mütterlichen Seite.
Im Jahre 1825 schenkte die Frau Gräfin Henriette von Schall-Riaucour der hiesigen Kirche ein gesticktes blaues Altar- und Kanzeltuch mit gelbseidenen Borden und dergleichen Franzen und im Jahre 1836 der jetzige Herr Collator Herr Carl von Schall-Riaucour ein mit gutem Golde staffirtes Crucifix und[WS 3] drei dergleichen Altarleuchtern.
Die Pfarrwohnung ist im Jahre 1751 neu gebaut. Sie ist massiv und mit Ziegeln gedeckt.
Vor der Reformation hatte der Pfarrer in Göda das hiesige Postorat zu vergeben. Als aber der letzte katholische Pfarrer in Göda, Johann Temmler im Jahre 1557 heimlich davon ging und ein evangelischer Pfarrer daselbst eingesetzt wurde, so sagte der Decan, Johann Leisentritt den damaligen katholischen Pfarrer Lucas Jentzsch vom Gehorsam gegen den nun protestantischen zu Göda los. Jentzsch war noch im Jahre 1575 auf seinem Posten, hat aber dann weichen müssen. Die Zeit, wenn ein evangelischer Nachfolger hier eingesetzt worden, ist nicht recht genau zu ermitteln.
Auch eingeschult ist Medewiz nach Gaussig mit den Orten Birkerrode, Brösang, ein Theil von Diehmen, Drauschkowiz, Golenz, Katzschwiz, Neu-Katzschwiz, Tuschermühle, Cossern, Günthersdorf, Naundorf, und Zokau.
Uebrigens ist Medewiz noch durch seine Obstcultur berühmt und jeder Häusler hier besizt seine eigene Baumschule.
Vor der Einführung der neuen Gerichtsorganisation gehörte zu Medewiz das Dorf Birkerode.
Jetzt sind Medewiz und Birkerode dem Gerichtsamt Bischofswerda, dem Bezirksgerichte Bautzen, der Amtshauptmannsschaft und dem Regierungsbezirke Bautzen zugetheilt.
Medewiz für sich allein hat 29 bewohnte Gebäude mit 39 Familienhaushaltungen und 152 Einwohner; dagegen Birkerode oder Bickerode nur 19 bewohnte Gebäude mit 19 Familienhaushaltungen und 78 Einwohnern.
1/2 Stunde nördlich von Bautzen, an der Strasse nach Hoyerswerda in reizender angenehmer Gegend gelegen, auf Wendisch heisst der Ort Czichownizy.
Das dasige Schloss ist, wie dies schon die Abbildung besagt, sehr geschmackvoll und die Erbauung desselben fällt in die frühesten Zeiten zurück.
Als die ersten bekannten Inhaber erscheinen die Herrn von Gersdorf, die auch Baruth besassen. Durch die weibliche Linie kam dieses Besitzthum an die Familie von Hohenthal aus dem Hause Baruth. Im Jahre 1770 besass dieses Rittergut Frau Friederike Henriette Freifrau und Oberconsistorial-Vicepräsitentin von Hohenthal; im Jahre 1800 kam es an Henriette Sophie Gräfin von Hohenthal; im Jahre 1820 wurde der Conferenzminister Graf von Hohenthal auf Baruth damit beliehen.
Der jetzige Besitzer ist Graf Ferdinand zu Lippe-Biesterfeld-Weissenfeld, welcher 7 Jahre lang mit der grössten Uneigennützigkeit die Vormundschaft über den unmündigen Reichsgrafen von Riesch führte und die Verwaltung über dessen Majoratsgüter besorgte, und durch die unermüdete Thätigkeit und Sorgfalt ebensowohl die er seinen Geschäften widmete, als durch die Huld und Milde, welche er bewies, allgemein die dankbarste Erinnerung in Neschwiz zurückgelassen hat.
Dieselbe Liebe und Achtung geniesst dieser Herr Besitzer von seinen Untergebenen in Teichnitz und Nieder-Gurig.
Bei diesem vortrefflichen Manne sind alle Eigenschaften vereinigt, womit Seelen zu gewinnen, Menschen zu verbinden sind.
Unter den frühern Besitzern aus der Gersdorfschen Familie ist vorzüglich Herr Ober-Amts-Hauptmann Graf von Gersdorf bemerkenswerth. Es ist dies derselbe, welcher sich um die Ausbreitung der reinen christlichen Lehre und der lautern evangelischen Wahrheit unter den Wenden besonders verdient gemacht hat. Im Schlosse Teichnitz hatten sie ihre Erbauungsstunden und die unter dem Wohnsitze der Herrn Grafen von Gersdorf sich daselbst gebildete Gesellschaft stand mit der Brüdergemeinde in Herrnhut in Verbindung. Nach dem Tode des Herrn Grafen von Gersdorf, welcher in Karlsbad im Jahre 1757 erfolgte, gestattete der neue Besitzer diese Zusammenkünfte nicht mehr und die Gesellschaft siedelte mit Hülfe des Gutsbesitzers von Kleinwelka, Matthias Lange nach Kleinwelka über. Am 24. Juli 1751 trugen die eben Zusammengekommenen die bisher zu ihrer dortigen Einrichtung gebrauchten Tische, Stühle und Bänke von Teichnitz eine kleine halbe Stunde weit nach Kleinwelka in das Herrschaftshaus, wo sie nun ungestört ihre Versammlungen hielten. Dieses gab die Veranlassung zum Anbau der Brüdergemeinde in Kleinwelka. Noch in demselben Jahre (1751) wurde das erste Haus, das jetzige Grunertsche, von Franz Budin, einem geborenen Böhmen, damals in Grossseida wohnhaft, zu bauen angefangen.
Im Jahre 1756 verkaufte Matthias Lange das Rittergut Kleinwelka an Frau Agnes Sophie Gräfin Reuss, Frau von Plauen, geborene Gräfin von Promnitz in Herrnhut, welche sich mit regem Fleisse der neuen Anbauer annahm. Dieselbe wies den Ankömmlingen auf ihrem Dominio nicht allein Plätze zum weitern Anbauen an, sondern gab auch ein Grundstück zu Erbauung einer Kirche, frei von allen Abgaben, her. Die frühere in Teichnitz begründete wendische Schule wurde ebenfalls im Jahre 1757 mit nach Kleinwelka verlegt. Die hiesige Schule stand seit dieser Zeit mit jener in immer währender Verbindung.
Anlangend die Schicksale des Orts, so hat es im 7jährigen Kriege [134] zu wiederholten Malen ganz besonders in der bedrängnissvollen Zeit des Jahres 1813 und namentlich während der Schlacht bei Bautzen im Mai vollen Antheil an der Kriegsnoth erfahren.
Die Einwohner aller Lebensmittel beraubt, wurden mit Einquartirungen stark heimgesucht und Erpressungen bei Einzelnen blieben nicht aus.
Teichnitz geht vermöge freiwilligen Anschlusses mit Ausnahme der Katholiken sammt den Dörfern Sogdau, Vorwerk Schmoln, Jenkwitz, Jessnitz, Röschen, Königsmühle, Lubachau, Malsitz und Neumalsitz, Oehna, Zinschütz, Doberschau in die Michaeliskirche zu Bautzen in die Kirche.
Diese Kirche ist zum Andenken des an der Rettung der Stadt bei einer Belagerung durch die Hussiten 1429 erkannten Schutzes der Engel als Capelle zuerst erbaut worden, deren Umfassungsmauern in dem vordern östlichen Theile dieser Kirche noch vorhanden sind, um alljährlich am Sonntag nach Burchardi ein Dankfest zu begehen.
Seit 1519 ist an dasiger Kirche ein wendischer Prediger angestellt. Im Jahre 1690 erfolgte die Gründung des Diaconats in dieser wendischen Pfarrkirche.
Eigene Begräbnissplätze haben von den zu der Michaelisparochie gehörenden Ortschaften die Seidauer auf dem Proitzschenberge seit 1686, die Teichnitzer seit 1827, Grosswelka seit 1827, und Doberschau seit 1835. Die übrigen begraben ihre Leichen auf den Taucherkirchhof und[WS 4] auf den Kirchhof zum heiligen Geist. Auf dem Proitzschenberge hatten die wendischen Anwohner schon vor dem 9. Jahrhundert eine Feste.
Bei der Michaeliskirche sind die Functionen des Cantors, Organisten und Glöckners dem jedesmaligen Schullehrer an der Michaelisschule übertragen und aus der Kirchengemeinde 4 Kirchenväter angestellt.
Die Collatur über diese Kirche steht dem Stadtrathe zu Bautzen allein zu.
Das benachbarte obenerwähnte Kleinwelka ist bekannt durch das daselbst befindliche Brüderhaus, worinen unverheirathete Mannspersonen wohnen, die ihre eignen Haushaltungen haben; desgleichen befindet sich auch ein Schwesternhaus, in welchem bei ebenfalls gemeindschaftlicher Haushaltung unverheirathete Frauenspersonen zusammen leben und durch Verfertigung weiblicher Handarbeiten ihren Lebensunterhalt erwerben.
Hierher und nach Teichnitz werden viele Spaziergänge von Bautzens Bewohnern unternommen, wozu vorzüglich der im Schlosse zu Teichnitz befindliche oben schon berührte herrliche Garten die Veranlassung giebt.
Teichnitz hat 14 sogenannte Rauche, mit Neuteichnitz aber 29 bewohnte Gebäude mit 31 Familienhaushaltungen und 166 Einwohnern.
Der Ort gehört zum Gerichtsamt- Bezirksgericht- zur Amtshauptmannsschaft- zum Regierungsbezirk-Bautzen.
3 Stunden nördlich von Bautzen unter Radibor gelegen, heisst wendisch Kostow; auf Streit’s Atlas wird der Ort irrig Quoas genannt.
Das massive Schloss ist eben so bequem als schön gebaut, die Wirthschaftsgebäude sind neu und massiv.
Der Ort selbst gehörte vor der neuen Gerichtsorganisation zu dem Rittergute Radibor.
Die hiesige Gegend, obwohl etwas hügelig, ist fruchtbar, abwechselnd und nicht unangenehm, das Klima mild; die Meereshöhe beträgt gegen 700 pariser Fuss.
Quoos war früher Vorwerk von Radibor und ist in neuern Zeiten erst in ein besonderes Gut umgewandelt worden. Die Familie von Schönberg, die schon in den frühesten Zeiten in der Lausitz bedeutende Besitzungen und grosse Herrschaften behaupteten, besitzen solches seit Anfang dieses Jahrhunderts. Der Klostervoigt von Marienstern, Johann Friedrich Heinrich von Schönberg auf Weisskulm und Commerau und Luga vererbfällte Quoos an seinen Sohn, dem Herrn Egon Friedrich Gustav Freiherrn von Schönberg-Bibran, Königl. Sächs. Kammerherrn Ritter des St. Johanniter- und Maltheser-Ordens, welcher auch Ober-, Mittel- und Nieder-Geismannsdorf und Herzogswalde besitzt und ebenfalls jetzt Quoos sein Eigenthum nennt.
Quoos als früheres Vorwerk von Radibor besass im Jahre 1397 Siegismundus Behr. Im Jahre 1489 waren zwei Brüder Johannes und Bernhard von Plaunitz damit beliehen. Diese von Plaunitz besassen es noch bis zum Jahre 1588.
Im Jahre 1589 acquirirte solches Chistophorus von Haugwitz. Von welchem der Besitz im Jahre 1605 an Christophorus von Minkwitz überging. Diesem folgte im Besitzthum ums Jahr 1640 Ericus von Minkwitz. Dem folgte ums Jahr 1615 Georgius von Minkwitz; 1685 Johannes Julius von Burkersroda. Dann kam die Besitzung an Friedrich Wilhelm von Schack ums Jahr 1707, der das Schloss in Ratibor erbaute. Im Jahre 1765 verkaufte der letzte[WS 5] aus der Schackischen Familie das Gut Radibor an den Reichsgeneral Joseph Baron von Ried für 80,000 Rthlr. Ried stammte aus der Reichsstadt Offenbach im Reiche. Nach ihm war sein Bruder der Oberst-Lieutenant Ludwig Baron von Ried Besitzer. Im Jahre 1783 kam die Besitzung an die 17jährige Maria Johanna Nepomucana, Comtess von Bolza, durch deren Vormund, dem Sächs. Minister Herrn von Wurmb. Der Vater der Besitzerin hatte bedeutende Güter in Böhmen, wie Arnau, Kossmanos und war Banquier zu Dresden. Im Jahre 1787 verheirathete sich die Besitzerin mit dem Grafen Ludwig von Gondrecourt, einem Franzosen von der amerikanischen, damals den Franzosen gehörigen Insel Gaudeluppe, wo er geboren war und Zucker-Plantagen hatte.
Die Besitzerin fing an, einige Bauergüter einzuziehen, andere kauften sich frei, die Grenzhüfner wurden in Halbhüfner und Gärtner verwandelt, die Spanndienste wurden in Handdienste umgeändert. Im Jahre 1802 ging der Graf mit der Gräfin nach Paris; und jetzt wurden Quoos und Bornitz nebst mehrern Feldgrundstücken für 60,000 Rthlr. verkauft, und von dieser Zeit an wurde Quoos ein selbstständiges Rittergut. Die Gerichtsuntergebenen in Quoos bestanden in 9 Garten- und 23 Häuslernahrungen mit ungefähr 130 Einwohnern.
Bornitz ist ebenfalls ein selbstständiges Rittergut geworden und nach Radibor eingepfarrt, dagegen Quoos nach Neschwitz mit 33 andern dahin eingepfarrten Orten in die Kirche geht.
Die Kirche zu Neschwitz steht in der Mitte des Dorfes. Ueber das Alter der Kirche und ihrer Erbauung, lässt sich etwas Bestimmtes nicht angeben; nur[WS 6] soviel ist gewiss, dass der mittlere und kleinste Theil derselben schon zu Anfange des 14. Jahrhunderts als Capelle, die von Göda aus administrirt worden ist, gestanden hat.
[136] Die weitere Beschreibung dieser Kirche ist schon in diesem Album zum Rittergute „Luga“ erfolgt und würden wir uns Wiederholungen schuldig machen, wenn wir eine nochmalige ausführliche Beschreibung folgen lassen wollten. Zur nähern Verständigung verweisen wir daher auf das 12. Heft. Nur soviel sei noch erwähnt, dass die Kirche viele milde Stiftungen besitzt, wie z. B. das von Ponikauische, das von Thelersche, das von Luttizsche, das Schodische, das Pötschkische Legat.
Quoos war früher mit Doberschütz, Dreikretzcham, Eitrich, Holscha, Holsch-Dubrau, Kasslau, Krinitz, Lissahora, Loga, Lomska, Luga mit Neuluga, Neudorf, Niesendorf, Ponnewitz, Saritzsch, Uebigau, Weidlitz, Zesche nach Neschwitz eingeschult, jetzt hat Luga und Neuluga mit Quoos zusammen eine Schule.
Neschwitz ist berühmt durch sein herrliches Schloss und den prächtigen Schlossgarten, so dass sehr viel Reisende hieher gekommen sind, um solchen zu sehen und zu bewundern, wodurch dem Orte selbst grosse Vortheile erwachsen sind. Die Verschönerung des Gartens erfolgte vorzüglich während der Besitzzeit Friedrich Ludwigs, Herzogs zu Würtemberg. Derselbe erbaute die noch im Garten befindlichen, 4 geräumigen und massiven Pavillons, die er mit vielen werthvollen Statüen von Sandstein verzierte, auch die erste Orangerie – ohngefähr 100 auserlesenen Stämme in ihn bringen liess.
Ausserhalb des Gartens übrigens wurden Alleen und reizende Fernsichten sowie zwei Thiergärten angelegt, von deren älterem man aber jetzt nur noch das geschmackvolle Jagdhäuschen sieht, welches in der Mitte desselben stand, sowie von dem neuern nichts weiter als die denselben umgebenden Wallgräben und Dämme übrig sind.
Die Katholiken von Quoos halten sich dagegen zu Radibor. Radibor hat 2 Kirchen: die Pfarrkirche und die Kreuzkirche oder Kreuz-Kapelle. Die eigentlich eingepfarrten 11 Ortschaften sind theils Katholiken, theils Protestanten. Alle ohne Unterschied lassen die actus ministeriales als taufen, trauen, begraben nach der kathohlischen Agende in wendischer Sprache verrichten.
Die Collatur von Kirche und Schule hat der jedesmalige Rittergutsbesitzer.
Radibor hat ebenfalls ein sehr schönes Schloss, welches jedoch von dem in Neschwitz noch übertroffen wird.
Ueberhaupt giebt es weiter keine Provinz Sachsens und keinen bequemeren Platz für den, der sein Geld gern in Landgütern verwenden will, als die Oberlausitz. Durch ein früher hier errichtetes Indigonat sollten zwar Fremde und Bürgerliche vom Besitz der Rittergüter ausgeschlossen werden: allein man überzeugte sich bald, dass dadurch der Preis derselben gewaltig fiel und es wurde daher diese Bestimmung wieder aufgehoben.
Das Feudalsystem ist ganz dasselbe wie in den übrigen Landestheilen. Stirbt also der Besitzer eines Mannlehnrittergutes ohne männliche Descendenz und ohne Lehnsvettern, so fällt das Gut dem Landesherrn zu. Sah sich ein Besitzer mehrerer Güter in dem Fall, so hatte der Landesadel früher das Privilegium, durch eine besondere Feierlichkeit eines dieser Güter in ein Allodium zu verwandeln und es auf diese Weise seiner weiblichen Descendenz zuzuwenden.
Diese Ceremonie hiess der Rittersprung und bestand darinnen, dass ein solcher in der völligen alten Rüstung sich vor dem Schloss zu Bautzen auf sein Ross schwingen, einige Mal auf dem Platz herumreiten und so gleichsam beweisen musste, dass er noch Ritter- und Manneskraft zur Zeugung eines Sohnes habe. Vor ungefähr 80 Jahren übte ein Graf Hoymb diesen Rittersprung.
Jetzt geschieht, wie in den andern Kreisen, auf vorheriges Ansuchen die Allodification.
Anmerkungen (Wikisource)
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