Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section | |
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wendisch Ssulschezy, 2 Stunden nordwestlich von der Stadt Bautzen entfernt gelegen.
Solschwitz hat ein sehr schön und massiv erbautes Schloss, dessen Lage einen herrlichen Anblick gewährt, wie dies auch schon aus der Abbildung zu ersehen ist.
Solschwitz ist sehr alten, und den Namen nach zu schliessen wendischen Ursprungs. Die jetzigen Wenden sind Ueberreste und Nachkommen jener alten Wenden, welche zur Zeit der grossen Völkerwanderungen aus dem Meklenburgischen einen Einfall in die Mark Brandenburg und in die benachbarte Lausitz machten, nach damaligen Sitten ihre Fusstapfen mit Blut und Feuer bezeichneten und allda ihre Wohnsitze aufschlugen.
Die vornehmste Gottheit, welche sie anbeteten, hiess Rhadegast, welche vorgestellt wird als ein Mann mit einem ungestalteten Gesicht, in der Hand einen langen Spiess haltend und auf dessen Kopf ein Vogel sitzt, der einer Gans ähnlich ist.
Zu Razeburg in Niedersachsen zeigt man einige solche Götzen, welche am Tollensee, an dem Ort, wo sonst die wendische Stadt Räthra gestanden, ausgegraben worden sind. Lange musste man sich mit diesem kriegerischem Volke herumschlagen, bis endlich die Christen die Oberhand behielten und sie besonders unter dem Markgraf Albertus Ursus im 12. Säculo, zum Theil ausrotteten, theils zu Leibeigenen machten. Diese Leibeigenschaft ist in der neuern Zeit durch die Humanität und Menschenfreundlichkeit der Herren Gutsbesitzer in der Lausitz aufgehoben und überall wird für Ausbildung und Lehre und Unterricht durch Schulen und Stiftungen gesorgt.
Man rechnet auf die Oberlausitz 449 wendische Dörfer, welche 50,000 evangelische Einwohner nebst 62 Kirchen und etwa 9,000 römisch-katholische Einwohner nebst 10 Kirchen haben. In den Hauptstädten wohnen nur wenige und nur wegen der eingepfarrten Dörfer sind in Bautzen und Camenz wendische Kirchen. Auch Solzschwitz war früher in die Nicolaikirche zu Bautzen gepfarrt, während die evangelischen Einwohner nach Göda oder Neschwitz in die Kirche gingen.
Die hiesige Gegend ist hügelig aber fruchtbar. Das örtliche Klima ist mild, die[WS 1] Mineralien bestehen[WS 2] wie das nahe Urgebirge aus Granit.
Der Boden ist von lehmiger milder Beschaffenheit und bei einiger Düngung dankbar.
Die Obstcultur ist blühend und wird sehr strenge beobachtet.
Der Kunstwiesenbau ist hier und in den benachbarten Orten stark.
In den Forsten sind die Höhen mit Nadelholz, Kiefern und Lerchen gut bestanden und zeigen einen freudigen üppigen Wuchs.
Die Niederungen halten Laubholz an Teichen und Dämmen und gewähren den Wandrer und Naturfreund einen entzückenden Anblick.
Der Nahrungszweig der Einwohner von Solschwitz ist grösstentheils Ackerbau, Vieh- und Baumzucht.
Ein Schloss stand hier schon in den frühesten Zeiten, doch ist dessen Geschichte nicht bekannt, da die Nachrichten aus jener Zeit nicht aufzufinden sind.
Das Gut besass im Jahre 1770 der Acciscommissar Johann Michael Richter; im Jahre 1800 noch dessen Erben und im Jahre 1820 Johann Ernst August Richter.
Lausitzer Kreis, 17tes Heft oder 82tes der ganzen Folge.
Anmerkungen (Wikisource)
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/192&oldid=- (Version vom 19.9.2016)