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ADB:Zweifel, Josua

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Artikel „Zweifel, Josua“ von Viktor Hantzsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 523–524, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zweifel,_Josua&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:16 Uhr UTC)
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Zweifel: Josua Z., Entdecker der Nigerquellen, ist am 10. September 1854 zu Glarus in der Schweiz geboren. Er erlernte die Kaufmannschaft, begab sich nach Frankreich und trat in den Dienst der Firma C. A. Verminck in Marseille, die Handel mit Colonialproducten betrieb und zu diesem Zwecke Factoreien in Westafrika unterhielt. Nachdem er sich einige Zeit lang in Marseille aufgehalten hatte, wurde er als Handelsagent nach den britischen Besitzungen an der Sierra Leone-Küste gesandt. Er acclimatisirte sich hier rasch, erlernte die Mundarten der umwohnenden Negerstämme und gewann durch eingehendes Studium der Sitten und Gewohnheiten der Eingeborenen bald große Geschicklichkeit im persönlichen Verkehr mit ihnen. Nachdem er sich mehrere Jahre in dem Küstenorte Rotombo aufgehalten hatte, erhielt er im Frühjahr 1879 von dem Chef der Firma die Aufforderung, gemeinsam mit seinem Collegen Marius Moustier ebenso zu wissenschaftlichen wie zu handelspolitischen Zwecken das Hinterland der Colonie Sierra Leone, insbesondere den Oberlauf des Niger und womöglich die Quellen dieses Flusses zu erforschen und damit das seit einem Jahrhundert auf der Tagesordnung der Afrikaforschung stehende Nigerproblem, an dessen Aufklärung sich bereits zahlreiche berühmte Reisende, unter ihnen G. Laing 1822, R. Caillié 1827, W. C. Thomson 1848, H. Hecquard 1851, W. Lambert 1860, Mage und Quentin in demselben Jahre, B. Anderson 1868, W. Reade 1869, E. W. Blyden 1872 und Soleillet 1879 vergeblich versucht hatten, endgültig zu lösen. Z. hatte schon während seiner Thätigkeit als Handelsagent in Rotombo zahlreiche Erkundigungen über die landeinwärs gelegenen Gebiete eingezogen und während einer Reihe von kleineren Expeditionen freundschaftliche Beziehungen mit verschiedenen einflußreichen Häuptlingen angeknüpft. Am 11. Juli 1879 brach er, trotzdem bereits die Regenzeit begonnen hatte, mit seinem Gefährten Moustier, sowie begleitet von Führern, Dolmetschern und mehr als 50 Trägern zur Beförderung der Vorräthe, Tauschwaaren, Geschenke, Karten und wissenschaftlichen Beobachtungsinstrumente von Rotombo auf. Die beiden Reisenden zogen zunächst auf altbekannten Wegen nach dem im Hinterlande von Sierra Leone gelegenen Handelsplatze Port Loko, dann immer wenige Kilometer vom linken Ufer des Flusses Scarcies entfernt in nordöstlicher Richtung durch die schon von früheren Forschern durchwanderten Landschaften Loko, Limba und Sulima. In Falaba, dem Hauptorte der letztgenannten Landschaft, hielten sie sich einige Zeit auf und unternahmen mehrere Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung. Dann wandten sie sich nach Südosten, überschritten den Tamincono und den Falico, zwei der Quellflüsse des unter dem Namen [524] Djoliba bekannten oberen Niger und erreichten endlich bei dem wichtigen Handelsplatze Socora den dritten und bedeutendsten Quellfluß, den Tembi, dessen Ursprung als die eigentliche Nigerquelle zu betrachten ist. Leider vermochten sie diese Quelle, die sich an dem Hügel Tembi-Cundu, einem Vorberge des 1340 m hohen, aus einer fruchtbaren Ebene steil aufsteigenden Berges Daro in 8° 36′ n. Br. und 12° 53′ w. L. von Paris befindet, nicht völlig zu erreichen, da die Umwohner eine Verunreinigung oder Ableitung des von ihnen für heilig gehaltenen Gewässers durch die Fremden befürchteten und diese daher nur bis zu dem 6 km entfernt gelegenen Dorfe Kulakoya herankommen ließen. Z. beabsichtigte nun, den Niger hinab bis zur Mündung zu fahren und dann zur See nach Europa zurückzukehren, doch wurde dieser Plan durch kriegerische Bewegungen unter den Eingebornen verhindert, so daß er schleunigst über Falaba nach Rotombo zurückeilen mußte, wo er bereits am 10. November 1879 glücklich, wenn auch sehr geschwächt und vom Fieber geplagt wieder eintraf. Während dieser außerordentlich mühseligen und kostspieligen Reise hatte er an den Chef der Firma Verminck fünf Briefe geschrieben (am 25. Juli aus Big Bumba in der Landschaft Limba, am 20. August aus Falaba, am 12. September aus Socora, am 3. October aus Kulakoya nahe der Tembiquelle, am 10. November wieder aus Rotombo), in denen er den Verlauf der Expedition und namentlich die von ihm ausgestandenen fast unerträglichen Beschwerden, hervorgerufen durch die Ungangbarkeit der Wege, die Ungesundheit des Klimas und die Habsucht der Negerhäuptlinge, eingehend schilderte. Diese Briefe wurden noch in demselben Jahre im Bulletin der Marseiller Geographischen Gesellschaft zum Abdruck gebracht. Einen Auszug gab kurz darauf Elisée Reclus in der République française. 1880 erschien gleichfalls in Marseille der von der Firma Verminck bearbeitete officielle Bericht der beiden Reisenden mit einer von Z. entworfenen Routenkarte.

Z. kehrte nach einem Erholungsaufenthalte in Europa wieder nach Westafrika zurück. Er trat später in den Dienst der englischen Royal Niger Company und war zuletzt Inspector der im Besitze dieser Gesellschaft befindlichen Factoreien und Plantagen mit dem Sitze in Akassa, doch hat er über seine zahlreichen Reisen, welche ihn nur noch in bekannte Gegenden führten, keinerlei wissenschaftliche Berichte mehr veröffentlicht. Am 16. September 1895 fand er während einer Dampferfahrt auf dem Niger durch einen Unfall seinen Tod.

Expédition C. A. Verminck: Voyage aux sources du Niger par M. J. Zweifel et M. Moustier 1879. Marseille 1880, mit Karte. – Bull. Soc. Géogr. Marseille 1879, 8–11. 1897, 21. 101. – Bull. Soc. Géogr. Paris 1880, II, 529. 1881, I, 97 mit Karte im Maßstab von 1:1 600 000. – Globus 1879, Bd. 36, S. 351. 1880, Bd. 37, S. 64. – Petermanns Mittheilungen 1880, 72. 119. 469. – Bainier, Die Entdeckung der Nigerquellen (Petermanns Mittheilungen 1880, 255–260, mit einer Karte im Maßstabe von 1:2 000 000 von B. Hassenstein).