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ADB:Zumpt, Gottlob

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Artikel „Zumpt, Gottlob“ von Gustav Emil Lothholz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 481–484, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zumpt,_Gottlob&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:22 Uhr UTC)
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Zumpt: Karl Gottlob (Timotheus) Z. Einer der trefflichsten Gelehrten Deutschlands ist Karl Gottlob Z., der durch seine Arbeiten auf dem Gebiete der lateinischen Philologie sich um Schule und Wissenschaft gleichmäßig verdient gemacht hat. Vor allem aber hat er durch seine im Jahre 1818 erschienene lateinische Grammatik ebenso wie sein Lehrer Philipp Buttmann für die Hebung des griechischen Unterrichts auf den Gymnasien, für den Betrieb der lateinischen Studien große Bedeutung gewonnen, einen Umschwung in der Behandlung des grammatischen Unterrichts auf Gymnasien herbeigeführt. Bildete doch die in vielen Auflagen veröffentlichte, auf gründlicher Bekanntschaft mit der Litteratur der Römer, besonders des Cicero beruhende und in viele fremde Sprachen übersetzte lateinische Grammatik Zumpt’s einen außerordentlichen Fortschritt gegenüber dem großen und kleinen Broeder, die damals die Schulen beherrschten. Lehrer und Schüler freuten sich an dem in neuen Auflagen immer reichhaltiger und brauchbarer werdenden Schulbuche. Wie es einen großen und kleinen Broeder gab, so wurde viele Jahre hindurch der kleine Z. in den unteren, der große in den oberen Klassen gebraucht. Weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus fanden die zweckmäßigen Lehrbücher die verdiente Anerkennung und haben so für die Hebung des lateinischen Unterrichts außerordentlich günstig gewirkt. Heute sind auch diese einst so viel gebrauchten Lehrbücher durch Madvig’s, Putsche’s, Seyffert’s, Weißenborn’s, Ziemer’s, Stolze’s und anderer Gelehrten Schulgrammatiken in den Hintergrund gedrängt worden. Dr. Friedrichsdorf hat in einer neuen Bearbeitung die Zumpt’sche Grammatik den neuesten Lehrplänen entsprechend umzuformen gesucht. An die Grammatik schlossen sich die seiner Zeit auch viel gebrauchten Aufgaben zum Uebersetzen aus dem deutschen ins lateinische, aus den besten neueren lateinischen Schriftstellern gezogen von Dr. Karl Gottlob Z. Berlin 1829, 5., umgearbeitete Auflage 1844. Aus den Vorreden des Buches erkennt man, daß der Verfasser ein geschickter Lehrer des Lateinischen gewesen sein muß. Auf dem Gebiete der lateinischen Litteratur hat Z. durch Fertigstellung der Ausgabe des V. Bandes des Spalding’schen Quintilianus (1829) sich vortheilhaft bekannt gemacht. Auch die jetzt in der dritten Auflage vorliegenden „Annales veterum regnorum et populorum imprimis Romanorum confecti a Carolo Timotheo Zumptio, tertio, editi ab Augusto Wilhelmo Zumptio“ 1862, die zuerst 1819 erschienen waren, fanden reiche Anerkennung. Die Bearbeitung des Q. Curtius Rufus de gestis Alexandri Magni regis Macedonum libri, qui supersunt octo, Brunsvigae 1849, wurde beifällig aufgenommen. Die Ausgabe der Verrinischen Reden des Cicero, Berlin 1831, war allen erwünscht, die sich mit der Lectüre der Ciceronischen Schriften beschäftigten. Auch die für Schulzwecke eingerichtete Bearbeitung der Bücher de officiis Ciceronis, Brunsvigae 1837, und Cicero de officiis rec. I. F. Heusinger ed. Zumpt 1838 wurden viel gebraucht. 3. schätzte den Cicero sehr hoch, da kein anderer Schriftsteller in der That eine reichere Fundgrube für Sprache, stilistische Eleganz, geschichtliche Kenntnisse jeder Art über die Vergangenheit sowie über sein eigenes so wichtiges Zeitalter darbieten konnte. Außerdem veröffentlichte der überaus fleißige Gelehrte eine Anzahl von werthvollen Abhandlungen, die sich auf das römische Alterthum bezogen. Die zweite, von Wüstemann besorgte Ausgabe der Satiren des Horatius (1843) enthält eine geschätzte Abhandlung über das Leben des Horaz und die [482] Zeitfolge seiner Gedichte namentlich der Satiren. An der Universität in Berlin, an welcher er seit 1827 als außerordentlicher und seit 1836 als ordentlicher Professor der römischen Litteratur thätig war, erklärte er die Schriften des Tacitus, Horatius, Juvenalis, Persius, las über römische Alterthümer, über lateinischen Stil. Mit der Geschichte der Philologie war er sehr vertraut, wie die in Ad. Schmidt’s historischer Zeitschrift veröffentlichte Arbeit über Laurentius Valla’s Leben und Verdienste beweist (Berlin 1845 Bd. IV, S. 431). So hat sich der treffliche Gelehrte sowohl als Schulmann als auch als akademischer Lehrer sehr verdient gemacht. Der Lebensgang dieses kenntnißreichen Mannes ist folgender:

Z. wurde am 1. April 1792 in Berlin, wo sein Vater ein ziemlich wohlhabender Wagnermeister war, geboren, besuchte zuerst das von Gedike geleitete graue Kloster, ging später auf das Joachimsthal’sche Gymnasium über, weil er bei der öffentlichen Prämienvertheilung eine Auszeichnung nicht erhalten hatte. Hier wurde durch Philipp Buttmann, Georg Spalding und Ludwig Heindorf sein philologisches Streben mächtig gefördert. Im J. 1809 bestand Z. unter dem Vorsitze Fr. Aug. Wolf’s mit Auszeichnung sein Abiturientenexamen. Obwohl ihn der große Philolog in Berlin, wo die neue Hochschule bald eröffnet werden sollte zurückhalten wollte, so ging er doch nach Heidelberg. Hier übten damals der geistvolle Creuzer und der jugendlich aufstrebende geniale August Böckh auf die akademische Jugend einen großen Einfluß aus, auch Joh. Heinrich Voß und seine Söhne Heinrich und Abraham Voß zogen strebsame Jünglinge an. In sehr lehrreicher Weise hat Aug. Wilh. Z. die Schul- und Universitätsjahre seines Oheims geschildert in der Schrift de Caroli Timothei Zumptii vita et studiis narratio Aug. Wilh. Zumptii Berolini 1851 p. 6 fg. Nachdem Z. ein Jahr in Heidelberg zugebracht und sich neben seinen energischen Studien auch an der herrlichen Umgebung der ehrwürdigen Ruperto-Carolina erfreut hatte, kehrte er nach Berlin zurück, um hier besonders unter den Anregungen Friedr. Aug. Wolf’s seine akademischen Studien zu beendigen. Noch war Z. zweifelhaft, ob er sich der Schule oder der Universität als Lehrer zuwenden sollte, da geschah es, daß er bei einem Besuche Wolf’s den Director des Friedrich Werder’schen Gymnasiums, den Consistorialrath Dr. Aug. Friedr. Bernhardi, antraf, der gerade bei dem großen Philologen sich nach einem Candidaten, der für sein Gymnasium brauchbar wäre, erkundigte. Wolf empfahl den anwesenden Z. als einen seiner tüchtigsten Schüler. So wurde Z. Lehrer des Friedrich Werder’schen Gymnasiums, an dem er bis zum Jahre 1821 segensreich wirkte. Es ist nicht ohne Interesse in der Lebensbeschreibung Zumpt’s zu lesen, mit welcher Gewissenhaftigkeit sich der junge Lehrer auf seine Unterrichtsstunden nach allen Richtungen hin vorbereitete (vgl. narratio de C. T. Zumptii vita et studiis p. 36 fg.). Im J. 1825 übernahm Z. eine Professur an dem Joachimsthal’schen Gymnasium in der Hoffnung, daß, wenn der schon älter gewordene Director Snethlage sein Amt niederlege, ihm die Leitung der Anstalt anvertraut werde. Die Aussichten in Kiel, später in Breslau ein akademisches Lehramt zu erlangen, hatten sich zerschlagen. An der Militärakademie trug Z. (seit 1826) Geschichte vor, seine Stelle an dem Joachimsthal’schen Gymnasium hatte er aufgegeben, weil ihm für seine Studien zu wenig Zeit blieb. Im Jahre 1827 wurde er außerordentlicher und 1838 ordentlicher Professor der römischen Litteratur. Es war natürlich, daß ein so vielseitiger Gelehrter auch Mitglied der K. Akademie wurde. Ganz seinen Studien lebend, mit vielen Gelehrten befreundet und wegen seiner wissenschaftlichen Leistungen hochgeschätzt, spann er seinen Lebensfaden in der von ihm geliebten Vaterstadt weiter, bis ihn am 25. Juni 1849 in Karlsbad der Tod ereilte und aus einer segensreichen unermüdeten Thätigkeit heraushob.

[483] Außer der von A. W. Zumpt angeführten Schrift über das Leben und die Studien K. T. Zumpt’s vgl. Konrad Bursian, Gesch. der klassischen Philologie Bd. I, S. 654 u. Bd. II, S. 783. Vgl. Karl v. Raumer, Gesch. der Päd. Bd. V, S. 320 fg.

August Wilhelm Z., der Neffe des Akademikers Karl Gottlob Z., der Sohn des Baurathes Heinrich Wilhelm Zumpt in Königsberg in Preußen, wurde am 4. December 1815 geboren, besuchte zuerst das Gymnasium zu Elbing, dann, als sein Vater nach Frankfurt a./O. versetzt war, das damals unter der trefflichen Leitung des berühmten Herausgebers des Thucydides E. F. Poppo (s. A. D. B. XXVIII, 846) stehende Friedrichs-Gymnasium in Frankfurt. Sehr gut für akademische Studien vorbereitet bezog Z. 1832 die Universität Berlin, wo er gerade für den Beruf, dem er sich zu widmen gedachte die vorzüglichsten Lehrer Boeckh, Lachmann und an seinem Oheim K. G. Zumpt einen fachkundigen Berather vorfand. Im J. 1836 erlangte er durch eine Abhandlung über das Gedicht des Rutilius Numantianus de reditu suo die philosophische Doctorwürde. (Aus dem Jahre 416 n. Chr. stammt das Gedicht, in dem der Verfasser seine Heimfahrt aus Rom nach Gallien mit zahlreichen Excursen persönlichen und sachlichen Inhaltes beschrieben hat. Die neueste Bearbeitung des Gedichts hat Luc. Müller [1870] geliefert.) Bald darauf empfing er in der Staatsprüfung die unbedingte facultas docendi für alle Classen. Z. war sodann von Michaelis 1836 bis Ostern 1837 als Probecandidat am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium thätig, von wo er als Adjunctus an das Joachimsthal’sche Gymnasium überging. Schon Ostern 1838 wurde er ordentlicher Lehrer am Friedrich Werder’schen Gymnasium, an dem er bis 1851 arbeitete. Aus der, der Erzählung des Lebens seines Oheims und Schwiegervaters gewidmeten Schrift, in welche viele pädagogische Bemerkungen verflochten sind, erkennt man leicht, daß A. W. Z. neben umfassender Gelehrsamkeit auch ein treuer, gewissenhafter und geschickter Lehrer gewesen sein muß. Die Schule war ihm nicht nur eine Lehr-, sondern auch eine Bildungs- und Erziehungsanstalt. Die humanistischen Studien sollten nach seiner Auffassung nicht bloß den Verstand schärfen, sondern auch den Charakter veredeln. Eine neue an Erfahrungen reiche Periode seines Lebens begann mit dem im J. 1851 erfolgten Uebertritt an das Friedrich Wilhelms-Gymnasium, das damals unter der Leitung K. Ferd. Ranke’s stand. Ranke, auch ein Mann von ausgebreiteter Gelehrsamkeit, der sich als Director der Gymnasien in Quedlinburg und Göttingen bewährt hatte, war eine von Z. ganz verschiedene Natur, die wenig sympathisirte mit dem doch wol etwas selbstgenügsamen Professor Z., der durch manche Veröffentlichung auf dem Gebiete der römischen Litteratur sich vortheilhaft bekannt gemacht hatte. Zu seiner Verstimmung über die ihm nicht ganz und voll zu Theil werdende Anerkennung in seiner praktischen Thätigkeit trat noch häusliches Leid – er verlor zwei hoffnungsvolle Söhne. Erholung von seiner angestrengten wissenschaftlichen und pädagogischen Thätigkeit fand er in den von ihm zu wissenschaftlichen Zwecken unternommenen Reisen. In den Jahren 1845 und 1860 war er in England und 1851, 1857, 1864 in Italien und in den Jahren 1871–72 besuchte er Griechenland, Aegypten, Palästina und Kleinasien. So kam es, daß er auch die modernen Sprachen beherrschte und genaue Bekanntschaft gemacht hatte mit den Ländern, die für jeden Alterthumsforscher, ja für jeden gebildeten Menschen das größte Interesse bieten. Bald nach dieser Reise fühlte Z. eine Abnahme seiner Körperkräfte, aber trotzdem blieb die Arbeitsfreudigkeit dieselbe, namentlich beschäftigte ihn eine Geschichte des Kaisers Augustus; es sollte dieses Werk die Grundlage zu weiteren Forschungen über die damals zu sehr vernachlässigte Kaiserzeit werden. Im Monat März 1876 starb Director Ranke. Z. hatte wol darauf [484] gerechnet die Leitung der Schule, mit der er über zwei Jahrzehnte eng verbunden war, zu erhalten. Er hatte sich getäuscht, Nachfolger Ranke’s wurde der durch seine Pädagogik bekannte Hermann Kern. Z. erbat sich nach dieser Zurücksetzung einen längeren Urlaub und später nach dessen Ablauf seinen Abschied. Nicht lange erfreute sich der unablässig thätige Gelehrte seines Ruhestandes. Die Krankheit wurde ernstlicher und am 22. April 1877 ereilte ihn der Tod. So schloß sich ein arbeitsreiches Leben, das der Erforschung des römischen Alterthums gewidmet war. Von seinen zahlreichen von dem Schwiegersohn Guido Padelletti in der Schrift Zur Erinnerung an A. W. Zumpt (Jahrbücher für classische Philologie herausgegeben von Alfred Fleckeisen. 10. Supplementband 1878–79, S. 167–205) S. 203–205 aufgezählten Schriften hebe ich außer den „Commentationes epigraphicae“ (2 Bde., Berl. 1850–54) und den in vielen Zeitschriften erschienenen Recensionen noch hervor: „Das Kriminalrecht der römischen Republik“ (2 Theile in 4 Bänden Berlin 1865–69) und „Der Kriminalproceß der römischen Republik“ (Leipzig 1871). Z. besorgte nach dem Tode des Oheims die neuen Auflagen der lat. Grammatik K. G. Zumpt’s (von 1859 an 11. Aufl., bis 1873 13. Aufl.) und die zweite Auflage der Schulausgabe des Quintus Curtius Rufus. Im J. 1859 veröffentlichte Z. die Bearbeitung der Rede pro Murena mit lat. Anmerkungen, 1861 erschienen „M. Tullii Ciceronis orationes tres de lege agraria. Recensuit et explicavit Aug. W. Zumptius“. Auch als Uebersetzer der Bücher Cicero’s von den Pflichten und von den Gesetzen (in Ciceros sämmtliche Werke in deutschen Uebertragungen unter Mitwirkung von F. H. von Strombeck, F. Jacobs, J. G. Droysen, A. Westermann, A. W. Zumpt u. A. herausgegeben von Reinhold Klotz, Lpz. 1840 und 41) hat Z. sich vortheilhaft bekannt gemacht. Die epigraphischen Arbeiten verwickelten Z., in dessen Händen mehrere Jahre hindurch die Vorarbeiten zu der von der Kgl. Akademie der Wissenschaften in Berlin in Aussicht genommenen Zusammenstellung der lateinischen Inschriften waren, mit dem auf diesem Gebiete ganz einzigen Kenner Th. Mommsen in lebhafte Kämpfe. Daß Z. diese für die Alterthumswissenschaft so wichtige Arbeit entzogen und dem sachkundigern Th. Mommsen anvertraut wurde, gab weitere Veranlassung zu der Verstimmung Zumpt’s. Zumpt’s Gattin war, wie schon angedeutet, die Tochter seines Oheims Gottlob Z., eine Frau von ungewöhnlich umfassender Bildung des Geistes und trefflichem Charakter. Er selbst war jedenfalls ein Mann von umfassender Gelehrsamkeit, besonders auf dem Gebiete der römischen Litteratur.

K. v. Raumer, Gesch. d. Pädagogik V, 318 flg.