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ADB:Vollmer, Alois Josef

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Artikel „Vollmer, Alois Joseph“ von Edward Schröder in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 252–253, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vollmer,_Alois_Josef&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:03 Uhr UTC)
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Vollmer: Alois Joseph V., oder, wie er sich später nennen ließ, Alexander V., Germanist, wurde am 26. September 1803 zu Krebeck auf dem untern Eichsfelde als Sohn eines katholischen Schullehrers geboren. Auf der Lateinschule zu Duderstadt vorgebildet, studirte er seit 1823 in Göttingen Philosophie, später in Bonn und Würzburg Theologie. Nachdem er zum Kummer seiner Eltern diesem Fachstudium entsagt hatte, nahm er zunächst eine Hofmeisterstelle an und wandte sich dann später nach München, wo er sich unter Maßmann’s Leitung mit großem Eifer den altdeutschen Studien widmete. Als rasch Vorgeschrittener scheint er selbst wieder auf Franz Pfeiffer und später auf Konrad Hofmann anregend gewirkt zu haben. Die Aussicht auf eine staatliche Anstellung oder Förderung schwand, als V. sich in anonymen Gedichten für die Sache des Johannes Ronge begeisterte. Von körperlichen Leiden und Mißgeschick wiederholt heimgesucht, verlor er mehr und mehr die Fähigkeit, anhaltend und concentrirt zu arbeiten, und war im Kampfe ums Dasein auf die mildthätige Unterstützung von Freunden und hohen Gönnern angewiesen. Die bairischen Könige Maximilian II. und Ludwig II. haben auch für dieses frühverkümmerte Gelehrtenschicksal eine milde Hand und Worte wohlthuender Anerkennung gehabt. Am 5. Decbr. 1876 ist V., ein müder, blinder Greis, halbvergessen gestorben.

Die besten Jahre seines Lebens sind diejenigen gewesen, in denen ihn der Eifer und die Unternehmungslust seines jungen Freundes Franz Pfeiffer mit fortrissen. Für dessen „Dichtungen des deutschen Mittelalters“ hat er als Bd. 1 „Der Nibelunge Noth und die Klage“ (1843), als Bd. 5 die „Gûdrûn“ (1845) bearbeitet, dort offenbar von der überlegenen Leistung Lachmann’s niedergedrückt, neben dem er nicht viel mehr als die Ergebnisse einer Collation der Hs. A aufweisen konnte, hier dagegen sich freier bewegend und in der niederen Kritik nicht ohne dauerndes Verdienst. Vielseitige Kenntnisse verräth auch seine Neubearbeitung von Beilhack’s „Kurzer Uebersicht der sprachlichen und litterarischen Denkmäler unseres Volkes“ (1843). Als Specialisten auf gothischem Gebiete führte er sich mit der eingehenden und nach Seite der Textkritik nicht ergebnißlosen Besprechung der Ulfilas-Ausgabe von v. d. Gabelentz und Löbe (Münch. Gel. Anz. 1846, Nr. 163–168, 245–249) ein. Aber schon hier verräth sich bei geringem Respect vor der Ueberlieferung jene Neigung zu spielender Conjecturalkritik, [253] zu der vielleicht der Verkehr mit Konrad Hofmann noch beigetragen hat. Zu der wunderlichen Ausgabe des „Hildebrandsliedes“ (Leipzig 1850), zu welcher sich die beiden verbanden, hat V. die Uebersetzungen ins Altsächsische und ins Gothische selbständig beigesteuert. Dann hörte man jahrelang nichts von ihm, bis er 1862 auf der Augsburger Philologenversammlung erschien und die Fachgenossen mit seinen „Bruchstücken der Skeireins“ (München 1862) überraschte; auch hier, wo er mit seinen alten Lehrer Maßmann in die Schranken trat, viel Willkür, aber daneben unleugbarer Scharfsinn und eine Reihe glücklicher Emendationen, die es immerhin bedauern lassen, daß V. entmuthigt und verbittert seine halb fertiggestellte Ausgabe des Ulfilas zur Maculatur verurtheilt hat.

Beilage zur (Augsburger) Allgem. Zeitung 1877 Nr. 13 (L. Steub).