Zum Inhalt springen

ADB:Wulfila

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wulfila“ von Friedrich Vogt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 270–286, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wulfila&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 06:57 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Wulff, Burchard
Nächster>>>
Wulflaich
Band 44 (1898), S. 270–286 (Quelle).
Wulfila bei Wikisource
Wulfila in der Wikipedia
Wulfila in Wikidata
GND-Nummer 118763512
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|44|270|286|Wulfila|Friedrich Vogt|ADB:Wulfila}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118763512}}    

Wulfila: Bischof und Missionar der Donaugoten, Verfasser der gotischen Bibelübersetzung, starb auf dem Concil zu Constantinopel im J. 383.

Die ältesten und wichtigsten Nachrichten über das Leben des W. fand Waitz in einer Pariser Handschrift, welche unter anderm die Acten des Concils von Aquileja (381) enthält. An den Rändern dieses Codex hat nach dem Jahre 438 ein arianischer Bischof Maximinus Aufzeichnungen gemacht, die den Arianismus und seine Anhänger vor allem gegen das ungerechte Verfahren des Aquilejischen Concils und des Ambrosius vertheidigen sollten. Dabei theilt Maximin auch ein Schreiben des Bischofs Auxentius von Dorostorum (Silistria) über seinen innig verehrten Lehrer Wulfila mit, welches hauptsächlich den Zweck verfolgt, die Lehre desselben als entschieden arianisch darzustellen. Aber den glaubenseifrigen Ausführungen über diesen Punkt hat Auxentius Nachrichten über das Leben und Wirken des großen Bischofs und Wulfila’s eigenes Glaubensbekenntniß folgen lassen, wie es der Sterbende seinem Volk als Testament hinterlassen habe. Im Anschluß an dies Schreiben nimmt auch Maximin in seinen eigenen Ausführungen gelegentlich auf W. Bezug. Leider sind die Randaufzeichnungen an einigen wichtigen Stellen unleserlich und verstümmelt. – Alle anderen Quellen sind nicht aus persönlicher Kenntniß des W., aber auch nicht aus Auxentius’ Mittheilungen geflossen. Um 440 brachte der Arianer Philostorgius einige Angaben über W. und die Bekehrung der Goten in seiner Kirchengeschichte, die uns nur in kurzem Auszuge bei Photius überliefert ist. Unabhängig von ihm und seiner Quelle sind die dem Philostorgius ungefähr gleichzeitigen Berichte der katholischen Fortsetzer des Eusebius, Sokrates, Sozomenus und Theodoretus, von denen Sokrates den meisten Werth beanspruchen darf, während Sozomenus, dem Sokrates aufs nächste verwandt, zu dessen Angaben mehrfach ungleichwerthige Ergänzungen bietet, Theodoret hinwiederum zu Sozomenus nahe Beziehungen [271] zeigt. Was die Acta Nicetae der Erzählung vom Martyrium dieses Zeitgenossen des Wulfila gelegentlich an Angaben über den Gotenbischof einschalten, darf neben Sokrates und Sozomenus keinen selbständigen Werth beanspruchen, wogegen um 550 Jordanes und noch später Isidorus von Sevilla in ihren Darstellungen der gotischen Geschichte einige bemerkenswerthe Notizen über W. und seine Zeit gewähren.

Nach Philostorgius stammte Wulfila von christlichen Kappadokiern ab. Seine Vorfahren seien unter den Kaisern Valerianus und Gallienus bei einem der Heereszüge, welche die Goten über die Donau nach Griechenland und nach Kleinasien führten, unter zahlreichen Kriegsgefangenen aus Kappadokien mitgeschleppt worden. Philostorgius’ Angabe, daß von solchen gefangenen Kappadokiern, unter denen sich auch Kleriker befanden, das Christenthum unter den Goten ausgegangen sei, wird durch Basilius bestätigt. Beide konnten als geborene Kappadokier über diese Beziehungen besser als andere unterrichtet sein. Da zudem Philostorgius sogar das Dorf angibt, aus dem Wulfila’s Voreltern entführt worden seien, nämlich Sadagoltina bei Parnassus, und da auch später noch Verbindungen der christlichen Donaugoten mit Kappadokien nachzuweisen sind, so hat man allen Grund, jenem Berichte des Philostorgius Glauben zu schenken, und die Bedenken, die besonders Bessell gegen ihn erhoben hat, halten nicht Stand. Jener Raubzug aber fällt jedenfalls vor 268, d. i. mindestens einige vierzig Jahre vor Wulfila’s Geburt, und Philostorgius zählt demgemäß nur die πρόγονοι desselben zu den damals Entführten; Wulfila’s Eltern müssen schon unter den Goten geboren sein, und wahrscheinlich ist entweder seine Mutter oder sein Vater gotischen Stammes gewesen. Wenigstens haben sie dem Kinde einen echt gotischen Namen gegeben. Wulfila ist die Verkleinerung des gotischen wulfs, Wolf, vermuthlich die Koseform eines mit diesem Worte zusammengesetzten Namens. Daß Auxentius dafür Ulfila, die Griechen Οὐλφιλας oder Οὐρφιλας schrieben, erklärt sich aus der halbvocalischen Natur des gotischen w; der von den Lateinern meist durch uu, von den Griechen meist durch οὐ wiedergegebene Laut wurde vor vocalischem u, οὐ leicht unterdrückt. Möglich, daß auch Wulfila diesem Brauche folgte, wenn er lateinisch oder griechisch schrieb; aber der gotischen Form seines Namens gehört zweifellos das W. Dem entspricht auch bei Cassiodor und Jordanes die Schreibung Vulfila und bei dem Spanier Isidorus mit regelrechter romanischer Vertretung des germanischen w durch g die Form Gulfila.

Wulfila widmete sich dem geistlichen Stande. Er wurde Lector, und im Alter von dreißig Jahren wurde er als Bischof unter dem Gotenvolke ordinirt. So berichtet Auxentius. Philostorgius aber weiß Näheres über den Vorgang zu erzählen. Zu den Zeiten Constantin’s, unter den sich auch jene barbarischen Völker gebeugt hatten, von dem Herrscher seines Volkes mit andern zusammen auf eine Gesandtschaft abgeordnet, sei Wulfila von Eusebius und den um ihn befindlichen oder zu seiner Partei gehörigen Bischöfen zum ersten Bischof der Christen im Gotenlande gewählt worden. Unter Eusebius kann Philostorgius nur den Beschützer und Anhänger des Arius verstehen, der im J. 339 das Bisthum von Nikomedien mit dem von Constantinopel vertauschte und bald nach dem Sommer 341 starb. Später als 341 könnte demnach Wulfila’s Berufung zum Gotenbischof nicht fallen. Geben wir dem weiteren Berichte die jedenfalls nächstliegende Deutung, daß die Weihe gelegentlich einer Gesandtschaft des W. und seiner Genossen an Constantin erfolgt sei, so müßten wir das Ereigniß mindestens bis zum Jahre 337 zurückdatiren, wo Constantin starb, nachdem er von Eusebius die Taufe empfangen hatte. Nach den weitern Angaben des Auxentius ist aber W. nach vollendeter vierzigjähriger Wirksamkeit als Bischof [272] auf einem Concil gestorben, das wir ins Jahr 383 werden setzen müssen. Da Auxentius bei der Zahl der Jahre, die er für die einzelnen Perioden von Wulfila’s Thätigkeit angibt, immer die Analogie biblischer Vorbilder im Auge hat, so ist es ganz wohl möglich, daß er um solcher Uebereinstimmung willen einen Zeitraum von etwa 41 oder 42 Jahren auf 40 abrundete, umsomehr, als er angibt, daß die vierzig Amtsjahre schon abgeschlossen waren, als W. auf das Concil kam, wo er den Tod fand. Aber über das Jahr 341 werden wir seine Bischofsweihe schwerlich zurücksetzen dürfen. Wenn wir also trotzdem an allen Angaben des Philostorgius festhalten wollten, so müßten wir mit G. Kaufmann annehmen, daß W. mindestens vier Jahre zuvor, also im Alter von höchstens 26 Jahren, vielleicht nur als Dolmetscher, die Gesandtschaft an Constantin mitgemacht habe und dann etwa zur weiteren geistlichen Ausbildung die übrigen Jahre bis zur Bischofsweihe in Constantinopel geblieben sei, eine Auslegung, die freilich eine unklare Kürze des überlieferten Berichtes voraussetzen würde, wie sie wol erst durch Photius’ Auszug verschuldet sein könnte. Sonst kann nur bei der Annahme, daß Constantin mit Constantius verwechselt sei, die Weihe des Wulfila durch Eusebius aufrecht erhalten werden. Man hat viel Gewicht darauf gelegt, daß sich im J. 341 eine besondere Gelegenheit bot, bei der W. von Eusebius und einer Anzahl um ihn versammelter Bischöfe seine Berufung erhalten und zugleich eine Botschaft an den Kaiser ausrichten konnte. Es war das Concil von Antiochia, welches mit der feierlichen Einweihung der durch Constantin gegründeten, durch Constantius vollendeten Kirche in des Kaisers Beisein stattfand. Hier war Eusebius das Haupt der ausschlaggebenden Partei, welche die Absetzung des Athanasius durchsetzte und durch eine neue Formulirung des Glaubensbekenntnisses die Niederlage, welche der Arianismus auf dem Concil zu Nicäa erlitten hatte, wenigstens einigermaßen gutzumachen suchte. Aber mag nun W. hier oder bei irgendeiner Zusammenkunft Eusebianisch gesinnter Bischöfe in Constantinopel ordinirt worden sein, zu der es eines Concils nicht bedurfte, jedenfalls muß er, wenn er von Eusebius und dessen Anhange zu einem für die Propaganda so wichtigen Bisthum ausersehen wurde, schon damals der arianischen Richtung angehört haben, die sich vor allem gerade durch Eusebius seit Constantin’s letztem Lebensjahre im Ostreiche die Herrschaft eroberte. Und dazu stimmt vollkommen Wulfila’s eigene Aussage, daß er den Glauben von zweifellos arianischem Charakter, den er in seinem letztwilligen Bekenntniß niederlegte, von jeher gehabt habe.

Sieben Jahre wirkte nun nach Auxentius der junge Bischof segensreich unter seinem damals in Dakien ansässigen Gotenvolke, indem er die bisher „in völliger Ermangelung der Predigt gleichgültig dahin Lebenden“ zu wahrhaft christlichem Leben führte und die Heilslehre ausbreitete. Aber „der Richter“ der Goten, wie Auxentius ihn bezeichnet, sah dem Wachsthum der christlichen Gemeinde nicht gleichgültig zu. Vermuthlich war es schon Athanarich, der auch später die Christen verfolgte und sich unter ausdrücklicher Ablehnung des Königstitels Richter nennen ließ. Er hielt es augenscheinlich für nöthig, mit Gewalt die Gefahr zu unterdrücken, die er dem heimischen Glauben und Brauche drohen sah. Viele Gläubige erlitten das Martyrium; Wulfila selbst bot heldenmüthig mannigfachen Gefahren die Stirn; aber endlich erkannte er die Nothwendigkeit, sich und seiner Gemeinde eine neue Heimath zu suchen, in der sie ungestört ihrem Gotte dienen konnten. Es gelang ihm, bei Constantius eine solche zu erwirken. Im J. 348 (wenn wir 341 als Jahr der Bischofsweihe annehmen) führte er die Hauptmasse der gotischen Christen in die Berggegenden Mösiens, die der Kaiser ihnen entgegenkommend angewiesen hatte; dort durften sie sich nach Gefallen ansiedeln, getrennt von ihren kriegerischen Volksgenossen und deren wechselvollen [273] Schicksalen. Noch zu Jordanes Zeit hausten dort diese „Goti minores“ in der Gegend von Nikopolis am Fuße des Hämus, ein zahlreiches Hirtenvolk, dem die Waffentüchtigkeit der Vorfahren abhanden gekommen war und dessen ganzer Reichthum in seinen Heerden bestand. Solange Wulfila lebte, scheint er wie in geistlichen, so auch in weltlichen Dingen die höchste Autorität unter ihnen besessen zu haben. Nicht allein sein glühender Verehrer Auxentius, auch der Kaiser nannte ihn nach Philostorgius den Moses seiner Zeit, und Jordanes bezeichnet ihn zugleich als pontifex und primas der Kleingoten.

Seine geistliche Wirksamkeit aber erstreckte sich über den Kreis seiner Gemeinde hinaus. Wie er unermüdlich bald griechisch, bald lateinisch, bald gotisch das Evangelium predigte, so hat er nach Auxentius’ Bericht in diesen drei Sprachen auch mehrere Tractate geschrieben und viele Uebersetzungen verfaßt, Allen, die darnach Verlangen trugen, zu Nutz und Erbauung, sich selbst zum ewigen, lohnenden Andenken. Auxentius beruft sich aber auch auf diese Schriften als auf Zeugnisse für seines Lehrers arianische Gesinnung, und seinen weiteren Angaben können wir entnehmen, daß W. nicht allein litterarisch, sondern auch persönlich an dem großen Kirchenstreite Theil nahm, der seine Zeit bewegte. Entschiedener Gegner der Homousianer, ist er nach Auxentius auch in der Abneigung gegen den Irrthum der Homöusianer durch eigenes Studium der heiligen Schriften und auch in vielen Berathungen heiliger Bischöfe befestigt worden. Wir dürfen daraus schließen, daß W. bei den Arianersynoden, welche seit den fünfziger Jahren nicht nur die Homousia, sondern auch die Homöusia aus dem Bekenntniß verbannten, irgendwie betheiligt war. Vielleicht war er 357 in Sirmium zugegen, wo ein anderer mösischer Bischof, Ursacius von Singidunum, eine besondere Rolle spielte, und wo eine Glaubensformel vereinbart wurde, die auf die Wahl der Worte in Wulfila’s eigenem testamentarischen Glaubensbekenntniß stellenweise eingewirkt zu haben scheint. Ausdrücklich bezeugt ist durch Sokrates und Sozomenus seine Anwesenheit bei dem im J. 360 in Constantinopel abgehaltenen Concil, wo ebenso wie in Sirmium und auf der Synode zu Nike in Thracien (359) die Usiaformeln ausdrücklich als unbiblisch beseitigt und die Aehnlichkeit des Sohnes mit dem Vater nicht schlechtweg, sondern nur soweit sie die Schrift lehre, zugestanden wurde, eine Wendung, die auch aus Auxentius’ Darstellung der Lehre Wulfila’s noch durchblickt.

Sokrates behauptet, daß W. damals in Constantinopel zuerst einem arianischen Bekenntniß zugestimmt habe, während er zuvor dem Nicänischen Symbol angehangen, „dem Theophilus folgend“, der als Gotenbischof das Nicaenum mit unterschrieben hatte. Aber diese Angabe widerspricht nicht nur der Mittheilung des Philostorgius über Wulfila’s Berufung zum Bischof durch Eusebius, sondern auch, wie wir sahen, Wulfila’s eigener Angabe über seinen Glaubensstandpunkt. Und gerade das, womit Sokrates seine Angabe stützt, macht sie verdächtig. Denn jener Theophilus war keineswegs, wie Sokrates augenscheinlich annimmt, ein Amtsvorgänger des W. Er hat sich bei der Unterzeichnung des Nicaenum Bosporitanus genannt, d. h. er war Bischof der Krimgoten, die ganz außerhalb des Bereiches des Wulfila, des ersten Bischofs der Donaugoten, lagen. Das Bekenntniß jenes krimgotischen Bischofs kann also für Wulfila’s Glaubensstellung nichts beweisen. Wie jedoch aus jener Thatsache die Sage von Wulfila’s Orthodoxie weitergesponnen wurde, zeigen die Acta Nicetae, indem sie berichten, daß W. mit dem Theophilus zusammen dem Concil von Nicaea beigewohnt habe – zu einer Zeit, wo Wulfila höchstens vierzehn Jahre alt gewesen sein kann!

Daß Wulfila nach seiner Vertreibung seine Missionsthätigkeit in denselben Gegenden fortgesetzt habe, die er hatte verlassen müssen, ist nicht anzunehmen. [274] Wenn gleichwohl in seiner alten Heimath das Christenthum im Stillen weitergepflegt wurde, so geschah es einerseits durch zurückgebliebene Gläubige, meist katholischen Bekenntnisses, die auch fernerhin von Kappadokien aus Zuwachs erhielten, anderseits durch den Syrer Audius, der, ohne als eigentlicher Häretiker zu gelten, von seiner Kirche verstoßen war und im Gotenlande Anhänger für seine asketische Sekte gewann. W. fand erst Gelegenheit, von neuem große Massen seines Volkes dem Christenthum zuzuführen, als politische Vorgänge nördlich der Donau auch seine dort sitzenden Landsleute mit dem römischen Reich in nähere Beziehung brachten. Kaum hatte nämlich ihr „Richter“ Athanarich einen mehrjährigen Krieg gegen die Römer durch einen Vertrag mit Valens geendet, als (um 370) dort innere Kämpfe ausbrachen, die Athanarich’s mächtigsten Gegner Fritigern nöthigten auf römisches Gebiet zu flüchten und bei Valens Unterstützung zu suchen. Mit römischer Hülfe schlug er Athanarich und behauptete sich nun neben ihm. Die Verbindung mit dem Kaiser aber veranlaßte Fritigern, wie Sokrates berichtet, das Christenthum anzunehmen und zwar in der arianischen Confession des Valens. Wulfila war es, der Fritigern’s Leute in der Heilslehre unterwies.

Sokrates fügt hinzu, daß W. aber auch auf Athanarich’s Volk damals seine Missionsthätigkeit ausgedehnt habe, und dies habe den Anlaß zu einer Christenverfolgung gegeben, in der arianische Barbaren zu Märtyrern geworden seien. Ueber die Verfolgung gotischer Christen durch Athanarich in den siebziger Jahren sind wir auch sonst, durch mancherlei Quellen unterrichtet. Aber aus diesen müssen wir entnehmen, daß es einerseits katholische, theilweise kappadokische Christen, andrerseits Audianer waren, die durch sie betroffen wurden. Ob überhaupt damals auch Arianer unter den Opfern gewesen sind, ist zweifelhaft. Sicher ist Sokrates im Irrthum, wenn er die gotischen Märtyrer dieser Jahre schlechtweg als Arianer und Wulfila’s Mission als die Ursache ihrer Verfolgung bezeichnet. Augenscheinlich hat er oder seine Quelle eine Ueberlieferung, welche für die Verfolgung der christlichen Goten in den vierziger Jahren galt, auf die Verfolgung der siebziger Jahre übertragen. Denn weder von jener, noch überhaupt von Wulfila’s früherem Wirken auf dem linken Donauufer, noch von dem Auszuge des Jahres 348 hat Sokrates irgend etwas berichtet. Schon seiner Quelle wird nichts hiervon bekannt gewesen sein als die Thatsache, daß Wulfila’s arianische Missionsthätigkeit in jenen Gegenden eine vermuthlich von Athanarich ins Werk gesetzte Christenverfolgung nach sich zog, durch die arianische Goten die Märtyrerkrone erlangten. Sie identificirte diese erste Verfolgung mit der zweiten, allgemein bekannten, wie es auch geschehen mußte, wenn die Meinung bestand, daß W. erst seit 360 Arianer geworden sei. Thatsächlich aber wird man die Angabe des Sokrates als ein weiteres Zeugniß dafür gelten lassen müssen, daß W. schon in der ersten Periode seines Wirkens als Bischof und Missionar das Christenthum nach dem arianischen Bekenntniß gepredigt hat. Jedenfalls steht für Sokrates die Thatsache fest, daß die Arianer von einer Verfolgung der Gemeinde des Wulfila her ihre Märtyrer haben. Sie ist ihm als Orthodoxen augenscheinlich unbequem und er sucht sich dadurch mit ihr abzufinden, daß er die Sache der gotischen Blutzeugen trotz ihres Arianismus doch möglichst von der Sache des Arius trennt. Denn dieser, sagt er, sei durch seine Lehre über die Person Christi vom rechten Glauben abgefallen, während jene gotischen Barbaren die das Christenthum in Einfalt annahmen, für den Glauben an Christus das diesseitige Leben verachteten. Die Stelle ist auch insofern wichtig, als sie beweist, daß die Katholiken die arianischen Goten als urtheilslose Barbaren mit einem ganz anderen Maßstabe maßen als die arianischen Griechen und Römer. Es muß daher als durchaus verfehlt bezeichnet werden, wenn man aus Bemerkungen zeitgenössischer Schriftsteller wie der, daß die Siege der Goten über die Römer [275] seit 378 eine Strafe für die oströmische Ketzerei seien, Folgerungen gegen die Verbreitung des Arianismus unter den Goten ziehen will, zumal ja in jener Zeit außer den Arianern nicht nur Katholiken und Audianer, sondern vor allem auch noch große Massen von Heiden unter den Goten vorhanden waren.

Bis zum Jahre 376 behaupteten die Goten unter Athanarich und Fritigern ihre Sitze jenseits der Donau, dann wurden sie durch die Angriffe der Hunnen genöthigt zu weichen. Athanarich zog sich nach Siebenbürgen hinein, Fritigern, der Christ und Freund des oströmischen Reiches und mit ihm verbündet ein anderer Häuptling, Alaviva, schlossen mit dem Kaiser einen Vertrag, auf Grund dessen sie mit ihren massenhaften Scharen gegen die Verpflichtung zu Kriegsdiensten in Thracien angesiedelt wurden. Sozomenus erzählt, daß W. diese Verhandlungen als Haupt einer gotischen Gesandtschaft in Constantinopel geleitet habe. Das ist zwar an und für sich garnicht unwahrscheinlich, aber Sozomenus verbindet damit die weitere Angabe, daß W. erst bei dieser Gelegenheit durch die arianischen Bischöfe in der Kaiserstadt beredet worden sei, ihr Bekenntniß anzunehmen. Ausdrücklich nur als ein Gerücht bezeichnet, bringt diese Behauptung derartige Widersprüche und eine solche chronologische Verwirrung in die weitere, wesentlich mit Sokrates übereinstimmende Erzählung des Sozomenus, daß sein Zeugniß für Wulfila’s Mitwirkung bei dieser Angelegenheit überhaupt den Werth verliert; umsomehr als auch hier der Verdacht nicht fern liegt, daß Ereignisse aus Wulfila’s früherer Zeit auf die spätere übertragen seien. Was Theodoret von dem Uebertritt Wulfila’s und der Goten zum Arianismus berichtet, ist noch weniger glaubwürdig. Mag man über die bona oder mala fides dieser katholischen Geschichtsschreiber denken wie man will, darin hält Georg Kaufmann’s Darstellung auch gegen die neuesten, von Jostes erhobenen Einwendungen Stand, daß die Angaben des Sokrates, Sozomenus, Theodoret und der Acta Nicetae die fortschreitende Entwicklung einer katholischen Fabel von der ursprünglichen Rechtgläubigkeit des W. zeigen. Wulfila’s Theilnahme an dem Arianerconcil von 360, bei dem Sokrates ihn übertreten läßt, gibt Sozomenus noch zu, aber er meint, das sei nur ein unvorsichtiger Streich des W. gewesen, im übrigen habe er noch bis 378 in kirchlicher Gemeinschaft mit den Rechtgläubigen gestanden; Theodoret läßt das Arianerconcil schon ganz bei Seite, die Acta Nicetae setzen statt dessen die Bemerkung ein, Wulfila habe mit den Mitgliedern des Constantinopolitanischen Concils von 381 in Gemeinschaft gestanden, von dem die Arianer ausgeschlossen waren. Sokrates äußert nicht das geringste Bedenken gegen Wulfila’s Ueberzeugungstreue bei seinem Anschluß an den Arianismus; Sozomenus läßt schon die Möglichkeit zu, daß W. diesen Schritt aus politischen Rücksichten gethan habe; Theodoret aber weiß zu erzählen, der Gotenbischof habe sich (376) von Eudoxius mit Geld bestechen lassen, seinen Goten vorzureden, der Streit zwischen den Arianern und ihren Gegnern sei lediglich Sache des Ehrgeizes, zwischen den Dogmen bestehe kein Unterschied. Wie die Angabe der Acta Nicetae über Wulfila’s Theilnahme am Nicänischen Concil, so spricht sich auch dieser Klatsch über seine Bestechung schon durch die chronologische Unmöglichkeit selbst das Urtheil: im J. 376 war Eudoxius bereits sechs Jahre todt. Psychologisch erklärt sich die Entstehung und Entwicklung dieser Fabel leicht genug. Bis herab auf die neuesten politischen Kämpfe bieten sich die Beispiele dafür, daß man einem großen und einflußreichen Gegner nachzuweisen sucht, das, was er jetzt bekämpfe, sei ursprünglich seine eigene Ansicht gewesen, und zufällige Verhältnisse, womöglich äußere Rücksichten oder gar der reine Eigennutz hätten ihn auf die andere Seite gezogen.

Valens hatte es bald zu bereuen, daß er die Goten ins Reich aufgenommen hatte. Die schamlose Aussaugung der Eingewanderten durch seine Statthalter, die Eifersucht der römischen Veteranen auf die Neugeworbenen, der Barbarenhaß [276] weitester Kreise, alles das rief Erbitterung und Gewaltthätigkeit hüben und drüben und nach kleineren Kämpfen schließlich den offenen Krieg hervor. Schon standen sich die beiden Heere bei Adrianopel gegenüber, als von gotischer Seite, wie Ammianus Marcellinus berichtet, noch ein letzter Sühneversuch gemacht wurde. Ein christlicher Presbyter war es, den Fritigern als Vermittler an den Kaiser sandte; Ammian gibt seinen Namen nicht an; man hat auf W. gerathen. Gewiß hätte Fritigern schwerlich einen Geeigneteren als den in Gesandtschaften erprobten, der drei Sprachen kundigen und beim Kaiser sicher gut angeschriebenen Bischof dazu ausersehen können, und daß auch ein solcher von Ammian als Presbyter hätte bezeichnet werden können, ist wol nicht zu bezweifeln; aber beweisen läßt es sich natürlich nicht, daß gerade W. der Ungenannte gewesen sein müsse. Die blutige Entscheidung ließ sich nicht mehr aufhalten. In der furchtbaren Niederlage seines Heeres fand auch Valens den Tod, und Orosius und Spätere bedienen sich mit Behagen der Phrase, der Kaiser sei in seinem Zelte von denselben Goten verbrannt worden, die er durch die Verführung zum Arianismus dem höllischen Feuer überantwortet habe.

Dem Siegeslauf der Goten that erst Theodosius Einhalt. Unter ihm mußte auch Athanarich wie ehedem Fritigern, vor inneren Streitigkeiten flüchtend, die römische Bundesgenossenschaft suchen, die ihm auch unter ähnlichen Bedingungen gewährt wurde. Mit hohen Ehren empfing Theodosius den Richter der Goten in Constantinopel; noch größere erwies er ihm nach seinem bald darauf erfolgten Tode (25. Jan. 381). Daß der alte Verfolger der Christen zuvor zu der verhaßten Religion übergetreten sei, darf man trotzdem nicht annehmen. Die Quellen würden diesen Triumph der christlichen Sache sicher nicht verschwiegen haben. Aber auch so war nun die letzte Stütze des Heidenthums unter den Goten gefallen. Die Aufnahme der Goten in das Reich wurde durch einen Vertrag vom 3. October 382 besiegelt, der endlich den völligen Frieden herstellte. Der Missionsthätigkeit des Wulfila war durch diese Ereignisse ein neues Feld geöffnet; aber schwere Bedrängniß drohte von anderer Seite seinem Wirken.

Während der ganzen langen Zeit seiner bischöflichen Thätigkeit war im Osten der Arianismus die maßgebende Richtung gewesen; arianische Bischöfe hatten seit 41 Jahren auf dem Stuhl in Constantinopel gesessen; da trat im J. 380 mit der Taufe des Theodosius durch den strengen Nicäner Ascholius der völlige Umschwung ein. Das nicänische Bekenntniß wurde durch kaiserlichen Erlaß als das allein rechtgläubige bestimmt; Bischof Demophilus von Constantinopel, der sich weigerte es anzuerkennen, wurde am 26. November 380 abgesetzt; ein Versuch des Eunomius, des Hauptes der entschiedenen Arianer, beim Kaiser Gehör zu finden, wurde noch kurz vor dem Gelingen durchkreuzt, und am 10. Januar 381 erschien ein Gesetz, welches alle städtischen Kirchen den Arianern sperrte, jede öffentliche Verkündigung und Erörterung ketzerischer, d. h. vom Nicaenum abweichender Lehren verbot. Im Mai desselben Jahres ließ Theodosius in seiner Hauptstadt ein Concil der orientalischen Bischöfe zusammentreten, zu dem jedoch außer den Orthodoxen nur die Macedonianer geladen waren. Da diese nur in der Lehre vom heil. Geist mit den Arianern übereinstimmten, im übrigen aber nicht wesentlich vom Nicaenum abwichen, so hoffte man sie völlig für dies gewinnen zu können; aber der Versuch scheiterte gänzlich. Mit der Erklärung, daß sie lieber das arianische als das homousianische Bekenntniß annehmen würden, verließen sie das Concil und ermahnten ihre Gemeinden, niemals dem Nicänischen Glauben zuzustimmen. In demselben Jahre wurde im Westen statt des allgemeinen Concils, welches die Arianer gewünscht hatten, mit stark beschränkten Einladungen jene Synode in Aquileja veranstaltet, deren Acten Maximinus später mit seinen polemischen Randbemerkungen versah. Nur zwei [277] halbarianische Bischöfe waren hier außer den rechtgläubigen erschienen. In einem Verfahren, gegen welches sie vergebens protestirten, wurden die Lehren des Arius verdammt, sie selber des Amtes entsetzt. Ueberall wuchsen Unzufriedenheit und offene Unruhen unter den Gegnern des Nicaenum. Nachdem noch im J. 382 ein ausschließlich aus Orthodoxen zusammengesetztes Concil in Constantinopel getagt hatte, erkannte Theodosius, daß es unvermeidlich sei, auch die Häretiker noch einmal zu Worte kommen zu lassen. Er hoffte, wie Sokrates berichtet, durch eine Disputation der Bischöfe aller Parteien eine kirchliche Einigung erzielen zu können, nachdem sich die äußeren Verhältnisse des Reiches besonders durch den Vertrag mit den Goten günstig gestaltet hatten. Gerade mit den Goten eine Verständigung zu suchen mußte ihm die Versöhnungspolitik, die er so glücklich gegen sie eingeleitet hatte, in der That besonders nahe legen. Im Juni 383 kamen auf seine Einladung von allen Seiten die Bischöfe in Constantinopel zum Concil zusammen.

In diese Ereignisse fällt die Anwesenheit des Wulfila in Constantinopel und sein Tod.

Auxentius berichtet darüber in einem leider wieder lückenhaft überlieferten und auch im Ausdruck etwas unklaren Theil seines Schreibens. Wir entnehmen ihm, daß W. nach vollendeten vierzig Jahren seiner Thätigkeit als Bischof auf kaiserlichen Befehl nach Constantinopel zur Disputation gegen … (Lücke) … kam. Dort wurde er zu einer anderweitigen Erwägung über die Verhältnisse des Concils veranlaßt (das ist wol der Sinn der schwierigen Stelle) „damit die mehr Bejammernswerthen als Elenden (die Orthodoxen) sich nicht als durch das eigene Urtheil verdammt und der Strafe des ewigen Gerichtes würdig zeigten“. Alsbald erkrankte er und wurde ähnlich dem Propheten Eliseus hinweggenommen. Die Größe seines Verdienstes erhellt daraus, daß der Herr ihn zu seinem Ende nach Constantinopolis oder besser Christianopolis führte, damit er, der heilige und fleckenlose Priester, von heiligen Mitpriestern würdig und durch eine so große Menge von Christen in wunderbarer und rühmlicher Weise geehrt würde. Sterbend aber habe er seinem Volke ein Glaubensbekenntniß hinterlassen, welches Auxentius dann im Wortlaute mittheilt.

Auch Maximinus selbst kommt an verschiedenen, theilweise noch schlechter überlieferten und dadurch noch dunkleren Stellen auf diese Concilienangelegenheit unter Nennung des Wulfila zurück. Ihm ist es dabei jedoch augenscheinlich nur um die Sache der in Aquileja verurtheilten Bischöfe zu thun. Im unmittelbaren Anschluß an den Bericht des Auxentius sagt er, diese hätten sich nicht nur im Westen (in Aquileja) von Illyricum aus eingefunden in der Meinung, daß ihnen dort ein Concil gewährt werde (d. h. ein wirkliches allgemeines, bei dem ihre Partei zur ordentlichen Disputation zugelassen würde, was nicht geschah), sondern sie hätten sich dann auch mit demselben Verlangen in den Osten begeben. Und an einer anderen Stelle bemerkt er, sie seien mit Wulfila und den übrigen Genossen zusammen an den Hof nach Constantinopel gekommen und hätten dort Zutritt bei den Kaisern (soviel wie beim Kaiser) und die Zusicherung eines Concils erhalten. Als aber die Bischöfe der Gegenpartei dies erfahren, hätten sie mit Aufbietung aller Kräfte den Erlaß eines Gesetzes durchgesetzt, welches das Concil, ja überhaupt jede öffentliche und private Disputation über den Glauben verhinderte.

Als Text dieses Gesetzes führt Maximin dann zwei kaiserliche Erlasse aus den Jahren 386 und 388 an. Waitz meinte auf Grund dessen, 388 als das Todesjahr des W. ansetzen zu müssen, obwol damals ein Concil in Constantinopel nicht stattfand und überdies die Arianer unter den damaligen Verhältnissen zu einem solchen nicht mehr geladen werden konnten. Diese Schwierigkeit [278] ist durch Bessell beseitigt, der zeigte, daß Maximinus den zweiten Erlaß in einer verstümmelten Gestalt gibt, in der er ihn nur aus einem Abschnitt des Codex Theodosianus entnommen haben kann; die vollständige Form, in der sich dasselbe Stück dort in einem anderen Capitel befindet, zeigt, daß es gerade das Gegentheil von dem bezweckte, was Maximin annimmt, nämlich nicht die Verhinderung sondern den Schutz von Arianerversammlungen und daß es sich auf Italien bezieht, wo die Kaiserin Justina sich damals der Arianer annahm. Unmittelbar neben jenem Torso des Erlasses von 386 steht im Codex Theodosianus das Gesetz von 388. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Maximin beide Stücke zusammen dem im J. 438 erschienenen Codex entlehnte, daß er also hier nicht einem authentischen Berichte, sondern eigener verkehrter Combination über weit zurückliegende Ereignisse folgte.

Trotzdem glaubte Bessell Maximin’s Angaben doch noch soviel Gewicht beilegen zu müssen, daß er an der Vereitelung des fraglichen Concils durch ein kaiserliches Gesetz festhielt und dieses zum Ausgangspunkt für die Bestimmung von Wulfila’s Todesjahr machte. Er meinte, Maximin habe nur irrthümlich jene späteren Gesetze statt des am 10. Januar 381 gegen die Arianer erlassenen mitgetheilt, auf dessen Inhalt ich oben Bezug nahm. Den Tod des Wulfila setzte Bessell demnach um die Wende des Jahres 380 auf 381. Er meinte, der Gotenbischof sei damals vom Kaiser nach Constantinopel entboten worden zu einer Disputation gegen die gotisch-arianische Secte der „Psathyropolisten“; durch dieses Wort glaubte er die unleserliche Stelle in Auxentius’ Angabe über die Disputation ergänzen zu sollen. Auf dem Wege nach Constantinopel hätten sich dem W. jene anderen Bischöfe angeschlossen, die in der Zeit, wo auch Eunomius Aussicht hatte zu einer Unterredung zugelassen zu werden, vom Kaiser die Zusicherung eines Concils erhalten hätten. Die Gegenbemühungen der Orthodoxen aber hätten dann die Zurücknahme des Versprechens und das Gesetz von 381 erwirkt, in dessen Eingang ausdrücklich bemerkt wird, daß etwa erschlichene gegentheilige Zusicherungen durch dasselbe hinfällig würden. Soweit Bessell’s Aufstellungen den Wulfila betreffen, werden sie dadurch unmöglich, daß die Secte der Psathyropolisten erst nach Wulfila’s Tode entstanden ist. Zudem konnte der Kaiser in der Zeit, wo er die Arianer verfolgte, durchaus kein Interesse daran haben, Streitigkeiten innerhalb ihrer Partei begleichen zu lassen, und endlich muß nach dem Wortlaute von Auxentius’ Bericht zur Zeit von Wulfila’s Anwesenheit und Tod in Constantinopel ein Concil wirklich stattgefunden haben; das ist aber Ende 380 bis Anfang 381 nicht der Fall gewesen.

Ob aber wenigstens die Bitte Wulfila’s und der arianischen Bischöfe um ein Concil, die ja nicht gleichzeitig mit Wulfila’s Reise zur Disputation erfolgt zu sein braucht, in jene Zeit gesetzt werden kann, hängt von der Datirung des aquilejischen Concils ab. Denn an den beiden Stellen, an denen Maximin jene Bittreise erwähnt, setzt er augenscheinlich voraus, daß sie nach diesem Concil und infolge seines unbefriedigenden Verlaufes unternommen wurde. Nun sind die Acten des Concils von Aquileja vom September 381 datirt, während andrerseits ein von ihm ausgegangener Brief nach den Ausführungen von Rade, Damasus S. 63 fg. Anm. schon vor dem im Mai 381 zusammengetretenen Concil von Constantinopel geschrieben sein muß. Wäre nun wirklich, wie Rade aus diesem Grunde annimmt, in den Acten die Angabe der Consuln falsch und die Aquilejische Synode in den September 380 zu setzen, so könnte allerdings zwischen ihr und dem Erlaß des Gesetzes vom 10. Januar 381 die Fahrt der Bischöfe an den oströmischen Hof, die Zusicherung und die Vereitelung eines Concils stattgefunden haben. Aber eben jener Brief setzt, wie Loofs, Herzog’s Realencyklopädie³ II, 43 betont hat, doch schon die Absetzung des Demophilus [279] von Constantinopel (26. Nov. 380) voraus. Sind also die Acten des Concils von Aquileja wirklich zu spät datirt, so ist nicht das Consulatsjahr sondern der Monat falsch angegeben, und das Concil hat in den ersten Monaten des Jahres 381 stattgefunden. Damit aber wird es unmöglich, die Reise der von dort kommenden Bischöfe nach Constantinopel und was sich ihr weiter anschloß vor das Gesetz vom 10. Januar 381 zu setzen. Das Gesetz muß daher ebenso wie die von 386 und 388 nicht nur bei der Bestimmung von Wulfila’s Todesjahr sondern auch bei der zeitlichen Festsetzung der Hofreise der Bischöfe aus dem Spiele bleiben. Es wird sich zeigen, daß Maximinus zwei andere kaiserliche Erlasse im Sinne gehabt hat.

Nach Auxentius Bericht steht jedenfalls fest, daß Wulfila auf einem der zu Constantinopel abgehaltenen Concile gestorben ist. Da zu dem von 382 nur Orthodoxe geladen waren, so können nur die von 381 und 383 in Betracht kommen. Auch für die Hofreise bleibt augenscheinlich keine andere Möglichkeit, als sie mit einem von ihnen in Beziehung zu setzen.

Wenn Jostes’ Behauptung richtig wäre, daß Wulfila’s Glaubensbekenntniß wesentlich mit der Lehre der Macedonianer übereinstimme, so könnte W. sehr wohl mit diesen auf die Synode von 381 geladen und dort während der unglücklichen Wendung ihrer Angelegenheit gestorben sein. Auch Maximin’s Angaben ließen sich damit unter der Voraussetzung vereinigen, daß dies Concil nach dem Aquilejischen stattfand. Die Angabe des Auxentius über Wulfila’s vierzigjähriges Wirken als Bischof ließe sich dann mit der des Philostorgius über die Bischofsweihe durch Eusebius ohne Schwierigkeit vereinigen, und man könnte daran denken, auch die Bemerkung der Acta Nicetae über Wulfila’s Verhältniß zu den bei diesem Concil Versammelten für diese Ansetzung heranzuziehen. Aber wenn auch Wulfila’s Bekenntniß das Verhältniß von Gott und Christus nicht in jeder Beziehung streng arianisch formulirt, so ist es doch auch in diesem Punkte im Unterschied von den Macedonianern entschieden heterodox, und keinesfalls hätte ihn Auxentius mit den stärksten Ausdrücken als Gegner dieser Sekte bezeichnen können, wenn W. auf einem Concil gestorben wäre, zu dem er als Anhänger derselben eingeladen war. So bleibt nur das Concil von 383 übrig. Und in der That stimmt der Verlauf desselben sehr gut zu den Angaben der Wulfila-Quellen.

Die Aufforderung des Kaisers an Wulfila, zur Disputation mit seinen Gegnern in Constantinopel zu erscheinen, entsprach vollkommen den oben dargelegten Verhältnissen, unter denen dies Concil berufen wurde. Gerade der arianische Gotenbischof durfte bei diesem letzten Versöhnungsversuche nicht fehlen. Aber die Disputation, die Theodosius den Häretikern zugesichert hatte, wurde durch die Orthodoxen hintertrieben. Als er diesen nämlich seinen Entschluß mittheilte, wußten sie ihn dahin zu bringen, daß er ähnlich wie es die Majoritätspartei in Aquileja gethan hatte, die Disputation in ein Glaubensverhör verwandelte. Der Kaiser erlegte auf den Rath der Orthodoxen den Vertretern der verschiedenen Parteien eine Erklärung darüber auf, ob sie die Lehrer aus der Zeit vor dem Kirchenstreite als maßgebende Zeugen des christlichen Glaubens anerkennten oder nicht. Hierüber entstanden große Meinungsverschiedenheiten unter den Häretikern. Sie setzten ihre ganze Hoffnung auf die Disputation und baten deshalb von jener Vorfrage Abstand zu nehmen. Aber der Kaiser mißbilligte ihren Antrag und verlangte nun, daß alle Parteihäupter ihr Glaubensbekenntniß schriftlich einreichten. Von den vorgelegten Formeln billigte er nur die homousianische, die übrigen zerriß er (Sokr. V, 10. Soz. VII, 12). So war thatsächlich für die Arianer das Concil, welches ihnen in Aussicht gestellt war, vereitelt, während sie andrerseits doch wiederum wirklich zu einem Concil [280] in Constantinopel vereint waren. Sowol die Angabe des Maximin über die Hofreise als die des Auxentius über Wulfila’s Tod läßt sich daher auf das Concil von 383 beziehen. Und auch zwei Erlasse ließen die Kaiser ihm folgen, wie Maximin sie voraussetzt. Sie sind vom 25. Juli und 3. September 383 datirt, sind ebenso wie die von Maximin irrig angezogenen an den Praefectus Praetorio gerichtet und enthalten beide, was die fälschlich citirten hätten enthalten sollen, nämlich ein strenges Verbot aller religiösen Zusammenkünfte der Arianer jeglicher Färbung: Cod. Theodos. ed. Haenel l. XVI tit. V, 11, 12 (col. 1530–32).

In die Zeit der Erwägungen über die Frage des Kaisers, welche die Homousianer der Disputation überheben sollte, fällt augenscheinlich die Erkrankung des Wulfila. Zu den vorbereitenden Formulirungen der schriftlich vorzulegenden Parteibekenntnisse darf man wol sein eignes Glaubensbekenntniß rechnen, welches er schon im Gefühl des nahenden Todes aufsetzte. Unter den Schriftstücken aber, die dem Kaiser wirklich eingereicht wurden, befand es sich augenscheinlich nicht. Denn deren Verfasser werden bei Sokrates und Sozomenus genannt, Wulfila’s Name aber begegnet uns nicht unter ihnen. Auxentius bezeichnet es als das Vermächtniß des Bischofs an sein Volk. Man hat den Text dieses Bekenntnisses an einer Stelle meist einer scheinbar sehr nahe liegenden Emendation unterziehen zu müssen gemeint, aber es werden dadurch neue Schwierigkeiten hineingebracht, und die überlieferte Form wird durch die vorangegangenen Ausführungen des Auxentius über Wulfila’s Glauben bestätigt. Ich übersetze daher nach dem überlieferten Texte, den auch, abgesehen von einem durch Jostes nachgewiesenen Lesefehler, die theologischen Herausgeber (Caspari, Quellen z. Gesch. d. Taufsymbols II, 304; Hahn, Bibliothek d. Symbole § 126) unverändert beibehalten haben. Er lautet folgendermaßen: „Ich, Ulfila, Bischof und Bekenner, habe immer Folgendes geglaubt und gehe in diesem alleinigen und wahren Glauben hinüber zu meinem Herrn. Ich glaube, daß Einer sei Gott der Vater, allein ungezeugt und unsichtbar; und an seinen einzig gezeugten Sohn, unsern Herrn und Gott, den Werkmeister und Verfertiger der gesammten Creatur, der nicht seinesgleichen hat; darum ist er, der auch von den Unsrigen aus als Gott gilt ein Gott Aller; und daß ein heiliger Geist sei, die erleuchtende und heiligende Kraft, wie Christus sagt … (folgt Luc. 24, 49, Act. I, 8), weder Gott noch Herr sondern Diener Christi, … unterthan und gehorsam in allem dem Sohn, und der Sohn unterthan und gehorsam in allem Gott dem Vater“. Es folgt noch eine Zeile, von der nur einige Worttrümmer erkennbar sind.

Nicht allein die untergeordnete Stellung, welche W. dem heiligen Geiste zuweist, verräth den arianischen Charakter seines Bekenntnisses. Auch die Lehre vom Vater und dem Sohne ist durchaus nicht orthodox formulirt. Eine der beiden Bestimmungen, die in der Gotteslehre des Arius und seiner Freunde als die entscheidenden durchweg hervortreten, ist, daß Gott allein ἀγέννητος ist (Harnack, Dogmengesch. II³, 193 Anm. 3). Schon allein ihre Anwendung hätte davon abhalten sollen, diesen Theil von Wulfila’s Bekenntniß für rechtgläubig auszugeben. W. lehnt sich mit diesen Eingangsworten genau an das Bekenntniß des Arius selber an, welches kurz zuvor zur Unterlage der Verhandlungen in Aquileja gemacht und verdammt worden war. Und bereits im Jahre 359 im Anschluß an die Verhandlungen von Sirmium war gegen den arianischen Lieblingsausdruck ἀγέννητος von orthodoxer Seite entschieden protestirt worden. (Gwatkin, Studies of Arianism, p. 161. 168 f.) Dem Vater als dem allein ungeborenen ungezeugten Gott stellt W. den Sohn als den eingeborenen, einzig gezeugten Gott gegenüber, auch dies im Einklang mit einer dem Arius geläufigen Terminologie. Ob W. dabei ebenso wie Arius das „gezeugt“ als gleichbedeutend mit „geschaffen“ auffaßte, ist aus seinem Bekenntniß [281] nicht zu ersehen, wie er auch, entsprechend den Beschlüssen der älteren Arianersynoden, keine Bestimmung über die Usia aufgenommen hat. Gewiß hat er in diesen mißlichen Punkten absichtlich eine strengere Formulirung vermieden; die Einigungsbestrebungen des Concils, auf dem das Bekenntniß entstand, werden dabei nicht ohne Einfluß gewesen sein. Aber die unbedingte Unterordnung des Sohnes unter den Vater spricht er ganz entschieden aus: nicht etwa allein nach der Menschwerdung, sondern ohne Einschränkung und in allen Dingen ist bei ihm der Sohn dem Vater ebenso unterthan, wie der heil. Geist dem Sohne. Sehr bemerkenswerth ist es, daß W. Christi Menschwerdung und die Erlösung nicht erwähnt. Auch in der letzten Zeile, deren Zusammenhang jetzt nicht mehr zu enträthseln ist, scheint es nicht geschehen zu sein, jedenfalls könnte W. nur ganz nebenbei auf sie Bezug genommen haben. Augenscheinlich haben in seiner Lehre vom Sohne die aus der Philosophie, aus Origenes und Lucian dem Märtyrer überkommenen und fortgebildeten metaphysisch-kosmologischen Elemente des Arianismus das soteriologische vollständig zurückgedrängt. Das ist der eigentlich springende Punkt in dem Bekenntniß des Apostels der Goten. Der nur mit negativen Prädicaten charakterisirte Gott Vater steht mit der Welt in keiner Beziehung als durch die Zeugung des Sohnes. Dieser allein ist der δημιουργός und ποιητής, der opifex und factor der gesammten Schöpfung, daher der deus noster und, da ihm keines von allen den Wesen, die er geschaffen hat, ähnlich ist, der eine Gott aller. Wulfila hebt energisch hervor, daß auch seine Partei diesen Herrn der Schöpfung als Gott anerkennt.

Recht beachtenswerthe Uebereinstimmungen zeigt diese Lehre des Gotenbischofs einerseits mit dem Bekenntniß, welches Eunomius auf dem Concil von 383 dem Kaiser eingereicht hat, andrerseits mit den Fragmenten eines arianischen Tractates aus dem Kloster Bobbio, die Krafft ebenso wie die Bruchstücke eines Lucas-Commentars aus Bobbio dem Wulfila zuschrieb. (Scriptorum veterum nova collectio e Vaticanis codd. edita ab Ang. Maio T. III, p. 186–239. Guil. Lud. Krafft, Commentatio de fontibus Ulfilae Arianismi ex fragmentis Bobiensibus erutis, Bonnae 1860. Progr.) Auxentius aber hat alle jene charakteristischen Züge von Wulfila’s Bekenntniß in seinen eigenen ausführlichen Erörterungen über die Lehre des Meisters so deutlich und eindringlich hervortreten lassen, daß durchaus kein Grund zu der Annahme vorliegt, er habe aus ihr etwas wesentlich anderes gemacht, als sie thatsächlich enthielt, und wir werden ihm daher auch darin Glauben schenken dürfen, daß W. in der Lehre vom deus unigenitus den Ausdruck „gezeugt“ als „geschaffen“ erklärt habe. Nur die überaus heftige Polemik, die Auxentius gegen alle Andersgläubigen theilweise auch im Namen des W. führt, werden wir lediglich auf Rechnung des Schülers, nicht des Lehrers setzen müssen. In ihr können wir nur den Ausbruch der heftigen Erregung sehen, die sich der eifrigen Arianer bemächtigte, als sie ihre Hoffnungen auf dem Concil von 383 gescheitert sahen. Aber der Mann, der uns ein von jeglicher Polemik freies Bekenntniß hinterlassen hat, der Arianer, dessen auch katholische Schriftsteller wie Sokrates und Sozomenus in Ehren gedenken, kann nicht der Eiferer gewesen sein, als den ihn einige Wendungen des Auxentius bei wörtlicher Auslegung erscheinen lassen.

Mit ihrer Vernachlässigung der menschlichen Natur Christi und seines Erlösungswerkes, mit ihrer Nebeneinanderstellung des ungezeugten, weltfernen Gottes, des gezeugten Weltgottes und des halbgöttlichen Dieners dieses Weltgottes war Wulfila’s Lehre jedenfalls geeignet, leichter bei einem heidnischen Volke Eingang zu finden als der orthodoxe Glaube. So entscheidenden Antheil auch die kirchlich-politischen Verhältnisse in den ersten Zeiten der Gotenbekehrung an dem Arianismus des gotischen Volkes gehabt haben, daß er auch nach dem [282] großen Umschwunge den orthodoxen Angriffen stand hielt und sich schnell bei den übrigen Ostgermanen verbreitete, wird in seiner größeren Anpassungsfähigkeit an den Vorstellungskreis des Heidenthums wesentlich begründet sein.

Für die Kenntniß von Wulfila’s Glaubenslehre besitzen wir keine anderen Quellen als sein Bekenntniß und Auxentius’ Angaben. Die früher mehrfach vertretene Annahme, daß er eine in Bruchstücken erhaltene gotische Erklärung des Johannesevangeliums, die sogenannte Skeireins verfaßt habe, ist allgemein aufgegeben. Ausreichende Gründe, die Fragmente von Bobbio dem W. zuzuschreiben, vermag ich nicht zu finden. Der Tractat zeigt neben augenfälligen Berührungen mit Auxentius und dem Bekenntniß doch auch bemerkenswerthe Abweichungen, und da er die Verdrängung der Arianer aus ihren Kirchen als vollendete Thatsache voraussetzt, wird er, wenn er überhaupt im Osten verfaßt ist, nicht vor 383 entstanden sein. Bezüglich des Lucascommentars aber ist weder dafür, daß er dem Verfasser des Tractates, noch dafür, daß er dem Wulfila zuzuschreiben sei, ein ernstlicher Grund vorgebracht worden.

Eine sehr wichtige Bereicherung würde unsere Kenntniß von der Lehre und dem Charakter des Gotenbischofs erfahren, wenn wir ihm mit F. Kauffmann (Beil. z. Münch. Allg. Zeitung 1897, Nr. 44) den lateinischen, höchst lebendig geschriebenen, von der Glut religiöser Ueberzeugung durchwärmten, an anschaulichen Beziehungen auf das Leben der Zeit reichen arianischen Commentar zum Matthäusevangelium zuschreiben könnten, der unter dem Namen des Opus imperfectum u. a. bei Migne, Ser. Gr. T. LVI, p. 601 sqq. herausgegeben ist. Aber was Kauffmann zur Begründung dieser Ansicht vorgebracht hat, hält in keiner Weise Stich. Wohl liegt, wie Kauffmann mit Recht bemerkt, hinter dem Verfasser eine schwere Leidenszeit der Verfolgung des Arianismus. Aber der Verf. sammelt keineswegs, wie K. behauptet, mit ruhiger Kraft die Seinen zum Entscheidungskampf, den dann die Synode von 383 gebracht hat, sondern die Entscheidung ist für ihn längst gefallen, die Hoffnung auf eine Herstellung des Arianismus in der sichtbaren Kirche hat er völlig aufgegeben; die Ereignisse von 383 gehören für ihn zweifellos der Vergangenheit an. So wird auch auf die Regierungszeit des Theodosius in Wendungen Bezug genommen, die zeigen, daß das Werk nicht den allerersten Jahren derselben angehören kann. Die Stellen, in denen K. gotisch-germanische Beziehungen sieht, gewinnen meist im Zusammenhang des Originaltextes ein ganz anderes Aussehen; an der Stelle aber, der Kauffmann am meisten Gewicht beilegt, die er garnicht anders verstehen zu können meint als aus der Geschichte der unter Wulfila von den heidnischen Volksgenossen ausgewanderten Balkangoten, ist, wie bereits Streitberg in einem Vortrag auf der Dresdener Philologenversammlung bemerkt hat, überhaupt nicht von einer Scheidung zwischen Christen und Heiden, sondern von einer solchen zwischen Arianern und Katholiken, und nicht von einer Auswanderung, sondern von einer geistlichen Scheidung die Rede; ja, der Commentator lehnt die Beziehung seiner Worte auf eine räumliche Trennung ausdrücklich ab.

Wir werden uns damit bescheiden müssen, daß von dem Vielen, was Wulfila nach Auxentius’ Zeugniß lateinisch, griechisch und gotisch geschrieben hat, in lateinischer Srache nur sein Glaubensbekenntniß, in griechischer nichts auf uns gekommen ist. Um so dankbarer können wir dem Schicksal sein, daß wir Wulfila’s größtes gotisches Werk wenigstens in umfangreichen Bruchstücken besitzen: die gotische Bibel.

Auxentius gedenkt ihrer nicht, und er hatte auch keine Veranlassung, sie in dem Zusammenhange ausdrücklich zu erwähnen, in dem er von Wulfila’s Schriften spricht, nämlich bei der Berufung auf die Zeugnisse für Wulfila’s Glaubensstandpunkt. Daß er gleichwol bei den „vielen Uebersetzungen“ seines [283] Lehrers, die er erwähnt, auch an die der biblischen Schriften gedacht hat, ist sehr wahrscheinlich. Philostorgius, Sokrates und Sozomenus berichten übereinstimmend, daß W. für die Goten eine eigene Schrift erfunden und die heiligen Schriften in ihre Sprache übertragen habe. Philostorgius allein fügt hinzu, W. habe nur die Bücher der Könige von der Uebersetzung ausgeschlossen, weil dieselben die Geschichte der Kriege enthielten, jenes krieglustige Volk aber viel mehr eines Zügels als einer Anregung seiner Kampfbegier bedurft habe. Sokrates setzt die Entstehung des Werkes in die Zeit, wo W. die Goten des Fritigern bekehrt habe; da er aber von der ersten Periode seines Wirkens unter den Goten nichts weiß, so ist dieser Angabe wenig Bedeutung beizulegen.

Die Existenz der gotischen Bibel ist schon lange vor diesen Historikern durch einen gotischen Gottesdienst bezeugt, den Chrysostomus unter Verlesung von Stücken aus ihr im J. 398–99 zu Constantinopel veranstaltete (Krafft, Anfänge der christl. Kirche bei den german. Völkern I, 392 f., F. Kauffmann, Zeitschr. f. deutsche Philologie 30, 150). Was uns aber von ihr vorliegt, stammt aus späterer Zeit und nicht aus dem Osten. Wir werden die Entstehung aller der Handschriften, von denen Bruchstücke auf uns gekommen sind, nach Italien und in die Zeit Theoderich’s des Großen setzen dürfen.

Die einzige unter ihnen, deren Schrift man unversehrt gelassen hat, ist der Codex argenteus, dessen Text mit silbernen, an einzelnen besonders hervorgehobenen Stellen auch mit goldenen Buchstaben auf purpurgefärbtem Pergament geschrieben ist. Er befand sich im 16. Jahrhundert in der Abtei Werden a. d. Ruhr, wohin er nach Jostes’ Vermuthung (Zeitschr. f. deutsches Altert. 40, 162, Anm. 1) durch den heil. Liudger aus Unteritalien gebracht sein mag. Bekanntschaft mit seinem Inhalt zeigen zuerst, noch vor 1554, die beiden kölnischen Gelehrten Georg Cassander und Cornelius Wouters (Schulte, Zeitschr. f. deutsch. Altert. 23, 57 f.). Eine nähere Angabe über seine Beschaffenheit, der wir entnehmen, daß der Codex schon damals nur die vier Evangelien in defectem Zustande enthielt, hat Arnold Mercator in einer vermuthlich 1573 geschriebenen Notiz hinterlassen (ebenda S. 321 f.), nachdem schon im J. 1569 Joh. Goropius Becanus in seinen Origines Antverpianae die ersten kleinen Sprachproben mitgetheilt hatte, die ihm aus der Handschrift zugegangen waren. Noch vor 1600 kam das Kleinod, vermuthlich durch den Werdener Abt Duden veräußert, an Kaiser Rudolf II. nach Prag, von wo es im J. 1648 vom Grafen Königsmark als Kriegsbeute an die Königin Christine nach Stockholm geschickt wurde. Wenige Jahre später (1654) ging der Codex in den Besitz des holländischen Gelehrten Isaac Vossius über, der ihn seinem Oheim Franz Junius zur Veröffentlichung überließ. Im J. 1665 gab dieser den ersten Abdruck der Handschrift heraus, ein für die Geschichte der deutschen Sprachwissenschaft bedeutungsvolles Ereigniß. Inzwischen hatte im J. 1662 der Graf de la Gardie den Codex dem Vossius wieder abgekauft und ihn, mit einem silbernen Einband versehen, der Königin Christine zurückerstattet, die ihn der Bibliothek der Universität Upsala übergab. Dort wird er noch heute aufbewahrt, 167 Blätter stark, nachdem ihm 10 zeitweilig entwendete Blätter wieder einverleibt worden sind. Einen vortrefflichen zeilengetreuen Abdruck bietet Uppström, Codex argenteus, Upsaliae 1854 und Decem codicis argentei rediviva folia, ibid. 1857. Von den an verschiedenen Orten veröffentlichen Facsimiles des Cod. arg. gibt das in Könnecke’s Bilderatlas, 2. Aufl., S. 2, Beil., wenigstens die Farbe des Pergaments verhältnißmäßig am besten wieder, die Schrift ist nicht fehlerfrei.

Alle übrigen Fragmente von Wulfila’s Bibelübersetzung sind Palimpseste. Nämlich:

Cod. Carolinus: unbedeutende Bruchstücke aus dem Römerbrief auf vier [284] Blättern, vom Abt Knittel 1756 auf der Bibliothek zu Wolfenbüttel aufgefunden, wohin sie aus dem Kloster Weißenburg im Elsaß gekommen waren. Ursprünglich hatten sie wohl dem Kloster Bobbio in Oberitalien angehört. Eben daher stammen die übrigen Palimpseste, nämlich die Mailänder Codices

Ambrosianus A, 102 Blätter Paulinischer Briefe, zu denen noch 4 Blätter der Turiner Bibliothek gehören; Ambrosianus B, 78 Blätter Paulinischer Briefe; Ambrosianus C, 2 Blätter des Matthäusevangeliums; Ambr. D, 3 Blätter des Buches Nehemia, Cap. 5–7, die einzigen Reste einer Handschrift des gotischen Alten Testamentes. Alle diese italienischen Bruchstücke sind mit Ausnahme der später entdeckten Turiner Blätter durch Angelo Mai aufgefunden und zuerst durch C. O. Castiglioni, Mailand 1819–1835, dann in berichtigtem Abdruck durch Uppström veröffentlicht worden, und zwar Ambr. A, B und D in Codices Gotici Ambrosiani, Upsaliae 1864, C mit Codices Carolinus und der Skeireins in Fragmenta got. selecta, ib. 1861.

Nur zum Beweise der Thatsache, daß die gotische Bibel auch die Genesis enthalten hat, dienen einige wenige gotische Wörter und Zahlen, die aus Gen. V in einer Salzburg-Wiener Handschrift des 9. bis 10. Jahrhunderts als Schriftproben aufgezeichnet sind (W. Grimm, Kl. Schriften III, 95 f., Maßmann, Zeitschr. f. deutsch. Altert. I, 296 f., F. Kauffmann, Zeitschr. f. deutsche Philol. 29, 318 f.).

Alle Handschriften der gotischen Bibel sind in ein und demselben Alphabet geschrieben, dessen Erfinder nach der Angabe der Kirchenhistoriker Wulfila war. Die dem Einritzen auf Holz und Metall angepaßte germanische Runenschrift, die überdies mit heidnischen Bräuchen in engem Zusammenhang stand, zeigte sich ihm ebenso wie später den Westgermanen als ungeeignet für das Schreiben mit Rohr auf Pergament zu christlichen Zwecken. War für die Westgermanen die Entlehnung der lateinischen Schrift, so war für den mösischen Bischof der Anschluß an die griechische das Gegebene. So bilden die griechischen Uncialbuchstaben den Grundstock seines Alphabetes, und er behält auch ihre Reihenfolge und ihre Geltung als Zahlenzeichen bei. Nur in einzelnen Fällen, wo die griechische Schrift kein geeignetes Zeichen für den gotischen Laut bot, hat er Anleihen bei dem lateinischen und bei dem Runenalphabet gemacht. Die hierdurch gewonnenen Buchstaben setzte er unter Beseitigung überflüssiger griechischer Zeichen so in das Alphabet ein, daß die Zahlengeltung der aus dem griechischen beibehaltenen Lettern, abgesehen von der Vertauschung zweier Buchstaben, nicht gestört wurde (A. Kirchhoff, Das gotische Runenalphabet², Berlin 1854. J. Zacher, Das gotische Alphabet Wulfilas und das Runenalphabet, Leipz. 1855, und besonders L. Wimmer, Die Runenschrift², übersetzt v. Holthausen. Berlin 1887, S. 259 f.).

Einen Beweis dafür, daß jene mehr als hundert Jahre nach Wulfila von Ostgoten in Italien geschriebenen Fragmente wirklich den Text der alten westgotisch-mösischen Bibel wiedergeben, liefert, abgesehen von allgemeinen Erwägungen, auch der erst neuerdings geglückte Nachweis derjenigen Recension des griechischen Bibeltextes, welche ihr zu Grunde liegt. Lagarde (Librorum Vet. Testamenti canonicorum P. I graece edit. Gottingae 1883, p. XIV, vgl. Ankündigung einer neuen Ausgabe der griech. Uebers. d. A. T. 1882) hat nämlich an einem der alttestamentlichen Bruchstücke gezeigt, daß die gotische Uebersetzung sich an einen von Lucian dem Märtyrer († 312) hergestellten Text anschließt, der für die Sprengel von Antiochia und Constantinopel maßgebend und deshalb auch von Chrysostomus benutzt wurde. Die weitere Verfolgung des so gewiesenen Weges führte F. Kauffmann (Zeitschr. f. d. Philol. 29, 306–37. 30, 145 bis 183) zu einer Bestätigung und Ergänzung von Lagarde’s Ansicht. Der „Lucianische“ Text, wie er für das alte Testament in Lagarde’s Ausgabe vorliegt, [285] für das neue aus den Bibelcitaten des Chrysostomus erschlossen werden kann, bildet nach Kauffmann den eigentlichen Grundbestand der Vorlage für die gotische Bibel. Doch waren in sie auch Lesarten aus anderen Recensionen eingedrungen. Die früher herrschende Ansicht, daß die gotische Uebersetzung neben dem griechischen auch den lateinischen Bibeltext, und zwar für das neue Testament die Itala, für das alte schon die Vulgata herangezogen habe, ist nach K. aufzugeben; Uebereinstimmungen der gotischen Bibel mit der Itala lassen sich auf die Beschaffenheit der griechischen Vorlage zurückführen, soweit es sich nicht um spätere Aenderungen der italienischen Handschriften in der Schreibung der Eigennamen handelt. Ueberall folgt die Uebertragung streng dem Grundtexte; daß sie ihm in den alttestamentlichen Bruchstücken freier gegenüberstehe, ist auf Grund der neuen Ergebnisse nicht mehr anzunehmen; dabei ist zu beachten, daß das bisher dem 2. Cap. des Buches Esra zugewiesene Bruchstück dem entsprechenden Stücke des 7. Capitels des Buches Nehemia, welches denselben Inhalt hat, im Wortlaute näher steht, also auch als Uebersetzung dieses Stückes gelten muß, sodaß uns vom gotischen alten Testament nur Nehemiafragmente, nicht, wie man bisher angenommen hat, auch Esrabruchstücke vorliegen.

Für endgültig abgeschlossen kann die Frage nach dem Verhältniß der einzelnen Theile der gotischen Bibel zu einander und zu den Quellen noch nicht gelten. Einige Unterschiede im Sprachgebrauche bleiben zwischen den alttestamentlichen und den neutestamentlichen Stücken bestehen, und ob nicht doch schon Wulfila wenigstens bei der Uebersetzung der Paulinischen Briefe die Itala zugezogen hat, ist noch zu entscheiden. Auch eine andere Seite seines Verhaltens zur Vorlage ist noch nicht überall festgestellt, wie weit nämlich der Einfluß der griechischen Syntax auf seinen Sprachgebrauch geht. Jedenfalls war ihm möglichst wortgetreuer Anschluß an das Original oberster Grundsatz. Daß er hie und da einen Fehler gemacht, sich an dieser und jener unklar gebliebenen Stelle auf deren wörtliche Wiedergabe beschränkt hat, sind unvermeidliche Schwächen seines großen, trotz alledem bewundernswerthen Werkes. Daß Wulfila von seiner Vorlage nicht sklavisch abhängt, zeigt sich, wenn er gelegentlich ein verdeutlichendes Wort einschiebt, statt einer Wortwiederholung des Originals Wechsel im Ausdruck eintreten läßt, die griechische Construction in die gotische umsetzt, formelhafte Wortverbindungen seiner Sprache in freierer Weise verwendet. Mit nicht geringem Geschick hat er es verstanden, den gotischen Wortschatz für die vielen fremdartigen Begriffe der Bibelsprache nutzbar zu machen; dem heimischen Rechtsleben und selbst dem heimisch-heidnischen Cultus hat er manche Benennung für christliche Dinge abzugewinnen gewußt. Eine Uebersetzungsart, zu der deutsche Geistliche erst Jahrhunderte nach der Bekehrung der Franken durch lange vorbereitende Versuche hindurch allmählich gelangten, ist dem Gotenbekehrer auf den ersten Wurf geglückt, und das gewaltige Werk einer Uebertragung der gesammten Bibel, welches in Deutschland erst ein Jahrtausend später in Angriff genommen wurde, hat er, gleichviel, ob mit oder ohne die Betheiligung von Schülern und Nachfolgern, geschaffen in der Sprache eines völlig litteraturlosen heidnischen Kriegervolkes, dem er sogar ein brauchbares Alphabet erst erfinden mußte. Er hat in der gotischen Bibel das wichtigste Werkzeug für die Bekehrung der ostgermanischen Stämme hergestellt, durch sie die Grundlage für einen christlichen Gottesdienst in germanischer Sprache gelegt.

So viel uns auch von Wulfila’s Schriften verloren gegangen ist, wir wissen genug von seiner vielseitigen und nachhaltigen Lebensarbeit, um sie als die Auswirkung einer großen Persönlichkeit zu erkennen. Wo wir uns auch in den Quellen umsehen, überall gewinnen wir das Bild eines mächtig anregenden, herzgewinnenden und ehrfurchtgebietenden Mannes. Von begeisterter Verehrung sind [286] die Worte des Auxentius über sein persönliches Verhältniß zu dem Meister durchwärmt, der ihn in frühester Jugend als Schüler zu sich genommen, der ihm die göttliche Wahrheit geoffenbart, ihn fleischlich und geistlich wie seinen Sohn erzogen habe, dem er zu unendlichem Danke verpflichtet, den würdig zu loben er außer Stande sei. Photius fügt seinem Auszuge aus Philostorgius die mißmuthige Bemerkung hinzu, daß dieser den Wulfila gar sehr vergöttere, ein Ketzer den anderen. Aber auch aus der Erzählung des orthodoxen Sozomenus gewinnen wir noch eine Vorstellung von der hohen Bedeutung dieser Persönlichkeit und ihrer Gewalt über die Gemüther der Goten. „Die Goten, die von ihm in der Religion erzogen und durch ihn zu milderen Sitten geführt waren, gehorchten ihm leicht in allen Dingen, überzeugt, daß nichts von dem, was er sagte oder that, schlecht sei, sondern daß es alles den Gotteseifrigen zum besten diene. Hatte er doch auch seine Tapferkeit auf das vielfältigste bewährt, indem er für den Glauben unzähligen Gefahren Stand hielt, als die genannten Barbaren noch dem heidnischen Kult oblagen.“ Ja selbst aus dem verleumderischen Gerede, welches Theodoret vorbringt, blickt doch noch die imponirende Erscheinung des Mannes hervor, dem sein Volk unbedingte Folge leistet, dessen Worte es wie unabänderliche Gesetze aufnimmt. Darin stimmen alle Schriftsteller überein, daß der Arianismus der Goten zum nicht geringen Theile das Werk des W. sei. Von Wulfila’s Stammesgenossen verbreitete er sich schnell zu allen Ostgermanen: wie weitgreifende Folgen das für die Geschichte dieser Stämme hatte, ist bekannt. Es ist eine Gestalt von weltgeschichtlicher Bedeutung, die am Eingange der Geschichte des germanischen Christenthums und der germanischen Litteratur steht.

Wichtigste Litteratur über Wulfila’s Leben und Lehre: G. Waitz, Ueber das Leben und die Lehre des Ulfila, Hannover 1840. – W. Krafft, Die Anfänge der christlichen Kirche bei den germanischen Völkern, Bd. I, 1. Berlin 1854. S. 213 ff. – W. Bessell, Ueber das Leben des Ulfilas und die Bekehrung der Gothen zum Christenthum, Göttingen 1860. – G. Kaufmann, Kritische Untersuchungen der Quellen zur Geschichte Ulfilas, Zeitschr. f. deutsches Altert. 27, 193–261. – W. Krafft, Herzog’s Realencyklopädie 16, 140 f. – [Ch. A. A. Scott, Ulfilas, Apostle of the Goths. Cambridge 1885 war mir nicht zugänglich.] – E. Sievers, Das Todesjahr des Wulfila, Beiträge zur Gesch. d. d. Sprache u. Lit. 20, 302–22 (vgl. Martin, Zeitschr. f. d. Altert. 40, 223 f. und Sievers, Beiträge 21, 247). – Jostes, Das Todesjahr des Ulfilas und der Uebertritt der Goten zum Arianismus, ebenda 22, 158–87. – F. Kauffmann, Der Arianismus des Wulfila. Zeitschr. f. deutsche Philologie 30, 93–112.
Wichtigste Ausgaben der gotischen Bibel: Ulfilas ed. H. C. de Gabelentz et J. Loebe[WS 1]. Lipsiae 1843. Dazu Vol. II Glossarium, Grammatica 1843–6. – Uppström s. ob. S. 284. – Ulfilas … Text, Grammatik u. Wörterbuch hg. v. Stamm, später von Mor. Heyne, neueste Aufl. mit Grammatik von Wrede, Paderborn 1896 (Bibliothek der ältesten deutschen Litteraturdenkmäler I). – Vulfila oder die gotische Bibel mit dem entsprechenden griechischen Text und mit kritischem u. erklärendem Commentar … hg. v. E. Bernhardt. Halle 1875 (Germanist. Handbibliothek hg. v. Zacher III).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Dr. theol. et phil. August Julius Löbe (1805–1900), Pfarrer, Philologe und Historiker.