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ADB:Trostberg, von

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Artikel „Trostberg, von“ von Richard Moritz Meyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 658, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Trostberg,_von&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 11:39 Uhr UTC)
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Band 38 (1894), S. 658 (Quelle).
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Trostberg: v. T., Minnesänger. Seine Heimath ist unbekannt, da ein Geschlecht seines Namens sowol in Tirol als auch in der Schweiz vorkommt. Ein Rudolf von Trostberg, der wiederholt in Zürich belegt ist, scheint zu Hadlaub’s Gönnern zu gehören; Bartsch bemerkt aber mit Recht, daß die Sammler der Manessischen Handschrift diesem nicht (wie es geschehen ist) ein falsches Wappen gegeben hätten. Auch spricht seine Stellung in dieser Sammlung mindestens für Beziehungen zu Oesterreich. Im Gegensatz zu der herrschenden Ansicht glaube ich ihn deshalb dem Tirol und zwar mit Grimme dem Geschlecht der Edlen v. Trostberg und Velturns (bei Bozen) zusprechen zu sollen. Verschiedene von 1262–1296 belegte Herren dieses Namens können für den Sänger gelten. Dazu paßt nun auch seine Art. In der nächsten Nähe lebt der Dichter Walther v. Metze unterhalb Bozen (etwa 1260–1276), der wie er an geistreichen Einfällen reich ist, während ältere Landsleute wie Leutold v. Säben und Rubin eine lange Virtuosenübung bezeugen. Zu einem andern Tiroler, der um 1260 belegt ist, bringt ihn die Pariser Handschrift in Beziehung: zu Starkenberg; sie gesellt ihm ferner Stadegg und den Püller bei, Ausläufer der Lichtenstein’schen Schule, und Altsteten, Hornberg und Werbenwac, die drei Vertreter einer schwäbisch-österreichischen Dichterschule, in der Lichtenstein’s Einfluß sich mit dem Neifen’s (und mittelbar Neidhart’s) kreuzt. Bemerken wir alle diese Fingerzeige, so gewinnt die nicht uninteressante Gestalt des Dichters deutliche Umrisse. Wie die meisten dieser späteren Virtuosen wählt er sich ein specielles Lieblingsthema; daß er sich hierfür aber das Lachen seiner Geliebten aussucht, verräth ein heiteres Temperament von österreichischem Schlag, welches auch sonst sich gegen den einreißenden Pessimismus empört. („Freudige Gesinnung hat ihr Ansehen ganz verloren!“) Dies Thema führt er nun in der Mehrzahl seiner sechs Lieder in der Art durch, daß er alte Minneformeln in geistreicher Form erneut. Er verbindet die typische Blume mit dem typischen Baum: „Wie wenn in einem Wald eine Linde leuchtende Rosen trüge –“; er gewinnt der Redensart vom rosenrothen Mund und dem Preis des holdseligen Lächelns eine originelle Combination ab: „rosenroth ist ihr das Lachen, der viel lieben Herrin mein“; er bezieht die spielmannsmäßigen Farbencontraste auf sein Lieblingsmotiv: „lieblich sah ich weiße Zähne aus dem rothen Mund hervorlachen“. Das ist aber alles nicht gesucht; ein Originalitätshascher von Lichtenstein’s Art hätte nicht den uralten Gebrauch der Wechselrede zwischen Herr und Dame so schlicht erneut, hätte nicht ein Gedicht einfach mit vier Versen Neifen’s begonnen, ein anderes mit einer Reminiscenz beschlossen. Vielmehr entspringen diese Einfälle urwüchsig dem Geist eines originellen Liebhabers alter Art; es ist ein naives Dichterherz, das in der Zeit höfischer Blasiertheit bekennt: „Ich meinte, ich würde ewig lachen dürfen, als ich dich, Herrin, lachen sah!“ – Die äußere Kunst wird minder gepflegt als bei den schwäbischen Verskünstlern; die singbaren Strophen, die bequemen, aber vollen Reime erinnern wieder an altösterreichischen Sang. Wie viel Individualität unter dem Anschein der Gleichartigkeit bei unsern Minnesingern verborgen liegt, dafür bietet T. ein gutes aber meist übersehenes Beispiel.

Text: in Bartsch’ Schweizer Minnesängern S. XXV. S. 270 f.
Litteratur: ebd. S. CLVI; v. d. Hagen, Minnesinger. IV. 412 f. – Bächtold, Gesch. d. d. Dichtung in der Schweiz S. 160. – Grimme in Pfeiffer’s Germania 35, 331 f.