ADB:Traunsdorff, Johann Heinrich von
[512] Stadt willens ist, sie zu ’quittiren‘, hatte er sich daselbst ehrlich und ohne Jemandes Klage gehalten und wird seiner ’Qualitäten‘ wegen allen Obrigkeiten und Standespersonen nach Gebühr empfohlen. Aus den Widmungen vor seiner dreibändigen Epigrammensammlung, die – jeder Theil einzeln – 1642 zu Bern erschien, läßt sich trotz der vielen Namen von altadeligen und Amtspersonen in Stadt und Kanton Bern denen T. das Werk zueignet, nichts Biographisches entnehmen, als daß von den zu Eingang der ersten aufgezählten Mitgliedern Berner Geschlechter „ich und die meinigen in diesem vnsern betrübten exilio sonderbahre wol- und gutthaten empfangen“. An derselben Stelle teilt der Verfasser noch mit, daß er dieses erste Tausend weltlicher Reime selbst gefertigt habe, gar wenige ausgenommen, so sich auch in seinen scriptis befinden und von Alters her im Schwange gehen. Im Anschluß an die Dedication des zweiten Bandes bemerkt er, er habe zu Verhütung des Müssiggangs und Vertreibung der langweiligen Zeit, auch zu etwas Delectirung und nützlicher Recreirung aus seinen 8000 Poemata weitere tausend ausgewählt, melancholische Gemüther damit zu erfrischen und ergötzen in Ansehung des Versleins: „Quod prodesse velint et delectare poëtae.“ Hinter dem Titel des dritten Bandes wird aus Salvianus de Gubern. lib. 7 p. 260 citirt: Offendo forsitan quosdam, ut suspicor his, quae hic dico, sed quia veritas magis quam offensio cogitanda, dixi. Daraus, aus den vielen altsprachlichen Ausdrücken, Wendungen und Anspielungen, vielleicht auch aus dem „G. G. A.“ neben der Autorangabe auf Band 2 und 3 darf man eine gelehrte Bildung Traunsdorff’s schließen. Daß er, wol auf Grund seiner Abkunft, in Patricierhäusern und bei den Behörden Berns wohlgelitten war, beweisen die genannten Zuschriften an zahlreiche derartige Persönlichkeiten. Freisinnige Anschauungen bekundet er öfters, und darin mag die Ursache seines Exils liegen.
Traunsdorff: Johann Heinrich v. T., Spruchdichter, um die Mitte des 17. Jahrhunderts, über dessen Leben nichts überliefert oder feststellbar ist. Zufolge einem unter dem 12. September 1644 von Schultheiß und Rath zu Bern ausgestellten Zeugnisse für T., der nach fünfjährigem Aufenthalte in derDie drei Theile sind bezeichnet als „Erstes tausend“, „Ander Tausend“, „Drittes Tausent“ „Deutscher Weltlicher POEMATUM“ und tragen im übrigen sehr ähnliche Titel, weshalb die Fortsetzung des ersten genüge: „von allerhandt täglich fürfallender Materien, vnnd Handlungen, mancherley Sprüchwörtern vnnd Gleichnussen, schönen dictis vnnd Sentenzien, auß deß Authoris operibus manuscriptis vnnd Ethicomoralischen Emblematibus also zusammen getragen“. Die einfache schriftstellerische Tendenz spiegelt der unmittelbar darauffolgende Sechszeiler: „Zoilus hat viel Brüder g’laßen, Die wohnen fast in allen Gaß’n, Ein jeder nur auff andre sicht, Denckt aber seiner selbsten nicht, Doch all Ding leichter außzulachn, Als daß man es könnt besser machn“. Die Sinngedichte sind in Gedanke, Sprach-, Stil- und Versform solche der älteren Art und neigen stark zu volksmäßiger Weise in Auffassung und Wiedergabe, verschmähen also die Prägung des strengeren Epigramms. Neben allerlei alterthümlicher Spruchpoesie und Priamelhaftem stehen Schwänke, im zweiten Bande auch reichlich Lascives. Als Bezugsgebiet dient das menschliche Leben nach allen Seiten, mit Vorliebe gegensätzliche Zustände und dabei unangenehme Sachlagen, wie sie T. wohl selbst durchgemacht hatte. Die Gegenwart liefert wenig; daher steht auch die Satire mehr bei Seite. Für die, namentlich im ersten Drittel ganz besonders bevorzugten Sprichwörter und die Adagia-artigen Anekdoten liegen die Quellen beziehentlich copirten Originale im 16. Jahrhundert, vielleicht auch in Oesterreich, woher der Sammler – Bächtold’s Vermuthung nach – möglicher Weise stammte.
Irgend welchen Eindruck scheint T. trotz der Masse dichterischer Kleinigkeiten, die er darbot, nicht hinterlassen zu haben. Nirgends findet man ihn angeführt, und keine Litteraturgeschichte nennt ihn außer C. Lemcke’s „Von Opitz bis Klopstock“ (G. d. d. D. I) S. 307 f. (S. 308 Fußnote einige Proben von [513] Sprüchen), wo er kurz gewürdigt und als Kehrseite des gelehrten Epigrammatikers Logau betrachtet wird. Die zu Anfang berührte Urkunde ist bei Bächtold, Gesch. d. deutsch. Lit. i. d. Schweiz, Anmerkungen S. 212 ausgezogen, ebenda S. 146 f. die Titel und Widmungen; im Texte des Buches S. 456 f. eine knappe Charakteristik mit angefügten bezeichnenden Sprichwörtern. Für reichsdeutsche Bibliotheken ist kein Exemplar verzeichnet.