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ADB:Torinus, Albanus

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Artikel „Torinus, Albanus“ von Friedrich Koldewey in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 453–455, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Torinus,_Albanus&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:29 Uhr UTC)
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Torinus: Albanus T. (eigentlich Albanus Thorer oder, wie er namentlich in seinen späteren Jahren genannt wird, Alban zum Tor oder zum Thor) wurde 1489 zu Winterthur geboren. Er studirte zu Basel, wo sein Name zum erstenmale in der großen Matrikel (Rectoratsmatrikel) unter den Inscribirten des Sommersemesters 1516 als „Albanus Thorer ex Winterthur Constanc. dyoc.“ erscheint. Im J. 1520 wurde er Baccalaureus, 1522 Magister der freien Künste. [454] Eine Zeit lang wirkte er in Basel als Rector an der Schule bei St. Peter, bis er 1532 an der dortigen Universität bei der Wiederherstellung derselben die Professur für Latein und Rhetorik übernahm. Bald aber verließ er Basel und setzte in Frankreich die schon früher begonnenen Studien der Medicin fort, erwarb auch in dieser Wissenschaft die Doctorwürde. Im J. 1535 finden wir ihn als Leibarzt bei dem Markgrafen Ernst von Baden. Dann kehrte er zufolge einer Berufung des Raths nach Basel zurück und trat als Professor in die medicinische Facultät ein. Im J. 1540 wird er als Professor für Physik aufgeführt, doch hat er diese Stelle, wie es scheint, nur kurze Zeit, vielleicht nur aushülfsweise, innegehabt. Zwei Jahre später verwaltete er das Rectorat. Seine akademische Thätigkeit nahm ein jähes Ende, als er 1545 ohne Urlaub zu einer ärztlichen Consultation nach Mömpelgard zum Herzog Christoph von Württemberg geritten war. Der Rath setzte ihn ab, und obwol er seine plötzliche Abreise mit der Eile, die nöthig gewesen sei, entschuldigte und auf die früheren, für geringen Lohn geleisteten Dienste – er erhielt anfangs nur 40 fl., zuletzt 100 fl. Gehalt – hinwies, so wurde sein Gesuch um gnädige Wiederanstellung doch abgewiesen. T. lebte dann nur noch kurze Zeit. Er starb zu Basel am 23. Februar, nicht, wie in der großen Matrikel zum Jahre 1542 von Pantaleon’s Hand nachträglich vermerkt worden ist, 1549, sondern 1550, nachdem er am 19. December 1549 mittelst seines im „Fertigungsbuch“ verzeichneten Testaments seine Ehefrau Anna Rößlerin zur Erbin seines Nachlasses eingesetzt hatte.

Die Verbindung von philologischen und medicinischen Studien, wie sie bei T. hervortritt, war im 16., wie auch noch im 17. Jahrhundert, gar nicht selten. (Vgl. beispielsweise Luc. Müller, Gesch. der class. Phil. in den Niederlanden, Leipzig 1869, S. 22 f., auch oben den Art. Jacob Tollius.) Sie hatte ihren Grund vorwiegend darin, daß die jungen Männer, die sich den eigentlichen Facultätsstudien, der Theologie, der Rechtswissenschaft oder der Heilkunde, zu widmen gedachten, vorerst als Mitglieder der Artistenfacultät propädeutische Vorlesungen über lateinische Sprache und Antiquitäten zu hören hatten, wie denn ja auch ohne Kenntniß der Sprache Cicero’s ein Verständniß der ausnahmslos lateinisch gehaltenen Vorträge der theologischen, juristischen und medicinischen Professoren überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Infolge seiner humanistischen Gelehrsamkeit vermochte T. seinen Berufsgenossen die Schriften griechischer Aerzte in lateinischen Uebersetzungen und die Werke römischer Heilkundiger in zweckmäßigen Ausgaben darzubieten. Das Verdienst, das er sich hierdurch erworben hat, wird noch dadurch übertroffen, daß er von dem epochemachenden Werke des größten Anatomen seiner Zeit, der Fabrica humani corporis des Andreas Vesalius, eine deutsche Uebersetzung besorgte, die 1551 zu Nürnberg im Druck erschienen ist. Ohne Zweifel haben auch zwischen ihm und dem Verfasser der Fabrica nähere persönliche Beziehungen bestanden; bekannt wenigstens ist, daß der damals 28jährige Vesalius sich 1542, gerade als T. Rector war, in Basel immatriculiren ließ und dort den Druck seines Werkes – dasselbe erschien 1543 bei Oporin in Basel – überwachte. Als selbständige medicinische Schrift wird von T. nur eine einzige Abhandlung erwähnt: „Wie man sich von der grausamen erschrecklichen Pestilentz enthalten mög.“ Basel 1539.

Vgl. R. Thommen, Gesch. der Univers. Basel 1532–1632 (Basel 1889), S. 218 ff., wo die älteren Quellen (insbes. Melch. Adami Vitae medicorum, Athenae Rauricae, Leu’s Helvetisches Lexikon, Iselin’s Lexikon, Jöcher’s Gelehrtenlexikon, Miescher’s Medicinische Facultät zu Basel, Häser’s Gesch. der Medicin, Bd. 2., Biogr. Lexikon der hervorragenden Aerzte, Bd. 5) auf Grund urkundlichen Materials theils berichtigt, theils ergänzt werden. Außerdem verdankt der Verfasser einige werthvolle Mittheilungen, wie Herrn [455] Dr. Thommen selbst, so auch den Herren Oberbibliothekar Dr. Bernoulli und Archivschreiber Säuberlin zu Basel. – Ein Verzeichniß der von T. veröffentlichten Schriften findet sich bei Jöcher, Gel.-Lex., IV, 1171 f. Die oben angeführte Schrift über die Pest wird darin übergangen.