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ADB:Törring, Ignaz Graf von

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Artikel „Törring, Ignaz Felix Graf v.“ von Karl Theodor von Heigel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 461–467, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:T%C3%B6rring,_Ignaz_Graf_von&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 23:29 Uhr UTC)
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Törring: Ignaz Felix Graf v. T., baierischer Minister und Feldmarschall, Sohn des kurbairischen Kammerherrn Franz Joseph Grafen v. Törring und seiner Ehefrau Ursula, geb. Freiin von Grammont, geboren zu Jettenbach am 28. November 1682, † zu München am 18. August 1763.

Die Familie Törring gehört zum ältesten bairischen Adel; sichere Nachrichten führen ins 12. Jahrhundert zurück. Unter den verschiedenen Hypothesen über die Abstammung des Hauses verdient wol die von Friedr. Töpfer aufgestellte den Vorzug; darnach sind die Törring als ein Nebenzweig der Grafen des Chiemgaues anzusehen, die auch unter den Namen Grafen v. Tengling, Burghausen, [462] Schala und Peilstein auftreten. Diese Ansicht stützt sich darauf, daß die Herren v. Törring nach dem Aussterben des Peilsteinischen Zweiges auf Stein an der Traun in den Besitz dieser Veste gelangten, daß sie nach Erlöschen des Mannsstammes der Grafen v. Plain Anspruch auf die alte Grafenburg Tengling erhoben und dieselbe wirklich als Allodialgut in ihre Hände brachten, daß ihnen bei der Theilung des Chiemgaues (1254) durch den Vertag von Erharding ein Theil der Grafschaft zugestanden werden mußte, daß sie nach dem Aussterben der Herren v. Tetelheim, welche anerkannter Maßen von den alten Gaugrafen abstammen, auf die Verlassenschaft Anspruch erhoben und vom Erzbischof von Salzburg trotz der Kaufurkunden, die er vom letzten Tetelheimer in Händen hatte, mit einer bedeutenden Summe abgefunden wurden. Auch der Umstand, daß mehr als 500 Vasallen zur Burg Törring gehörten, weist auf dynastische Abstammung hin. Die Familie theilte sich 1557 in drei Hauptlinien, die sich nach den Schlössern Seefeld, Stein und Jettenbach benannten. Die Linie Stein erlosch 1774 mit Franz Adam Graf v. Törring, die Jettenbachische 1860 mit Graf Max August v. Törring-Jettenbach zu Gutenzell, dagegen blüht noch in Baiern die Linie Törring zu Seefeld in den directen Nachkommen des Stifters, Georg, des jüngsten Sohnes Kaspar’s des Torringer. Im 14. Jahrhundert gelangte die Familie in Besitz des Oberjägermeister- und des Banneramtes im Herzogthum Baiern; nachdem Kaspar der Torringer (s. unten) der beiden Aemter verlustig gegangen war, gab Herzog Maximilian I. 1607 der Familie wieder das Oberstjägermeisteramt in Baiern zu Lehen; außerdem wurden 1618 das Erzkämmereramt des Erzstiftes Salzburg und 1665 das Erbmarschallamt des Hochstiftes Regensburg erworben. Der Steiner Linie gehörte an Adalbert, seit 1613 Fürstbischof von Regensburg; ihm zu Ehren verlieh Kaiser Ferdinand II. 1630 der Familie die reichsgräfliche Würde. Auch Adam Lorenz v. Törring wurde 1663, Max Procop von Törring 1787 auf den bischöflichen Stuhl von Regensburg erhoben.

Nachdem Ignaz Graf v. T. das Gymnasium zu München absolvirt hatte, oblag er an der Universität Salzburg philosophischen und juristischen Studien; im Abgangszeugniß war gesagt: „Praeclarissimi quondam in republica viri luculentissima edidit specimina“. Nach der Heimkehr trat er in die kurbairische Armee ein. 1703 begleitete er als Adjutant den Kurfürsten Max Emanuel auf dem Zuge nach Tirol. Nach der Niederlage bei Höchstädt folgte er dem flüchtigen Kurfürsten nach den Niederlanden. Als Oberstlieutenant, später als Oberst im Kürassirregiment Graf Arco machte er alle Feldzüge in den Niederlanden und am Rhein mit; wiederholt wurde er auch vom Kurfürsten nach Paris mitgenommen. Nach dem Friedensschluß vermählte er sich (28. October 1714) zu Paris mit Theresia, Gräfin von Arco, einer Nichte des Feldmarschalls Arco, der nun zu Gunsten Törring’s auf seine Oberstlandzeugmeisterstelle verzichtete. Vom Kurfürsten erhielt T., wie sein Enkel klagt, „nach mehr als 17 Campagnen, mehreren Blessuren, 14 ganze Jahre aus Fürstenliebe verlassenen Eltern, Gütern und Vermögen, aufgehabten großen und wichtigen Botschaften“ nur ein Decret, daß allen männlichen Nachkommen der Familie Törring die Erbfolge in der Pflege Trostberg zusicherte. Als im Mai 1717 ein bairisches Hülfscorps zur Theilnahme am Türkenkrieg nach Ungarn ging, wurde T. als Gouverneur der zwei ältesten Söhne des Kurfürsten, die den Feldzug mitmachen sollten, aufgestellt. In der Schlacht bei Belgrad (16. August 1717) fanden die Prinzen und ihr Begleiter Gelegenheit, sich durch persönliche Bravour hervorzuthun. Kaum war T. heimgekehrt, entsandte ihn Max Emanuel unter Beförderung zum Generalwachtmeister als außerordentlichen Gesandten nach Wien. Es handelte sich um Betreibung der Vermählung des Kurprinzen mit der ältesten Tochter [463] Joseph’s I. Am Mißlingen des Planes trug Max Emanuel selbst die Schuld, weil er die dem Kaiser mißfällige intime Verbindung mit dem spanischen Hofe nicht aufgeben wollte, doch gelang es T., mit Unterstützung des Prinzen Eugen, die Heirath des Kurprinzen mit der jüngeren Tochter Joseph’s, Maria Amalia, zu Stande zu bringen (October 1722). Darauf wurde T. in Anbetracht seiner langen, treuen Kriegsdienste, „insonderheit aber wehrend bey erwelten kayserlichen Hofe obhabender Heuraths-Negociacion erwiesenen, zu gnädigster Satisfaction führenden Conduite“ zum wirklichen geheimen Rath ernannt. 1725 begleitete T. die bairischen Prinzen nach Versailles zur Hochzeit Ludwig’s XV. Im nächsten Jahre führte er in München mit Marquis Maillebois die Verhandlungen wegen Erneuerung des französisch-bairischen Bündnisses. Unmittelbar nach Max Emanuel’s Ableben wurde T. vom neuen Kurfürsten zum Conferenzrath und Minister des Auswärtigen ernannt. Törring’s Verdienst war es, daß der Kurfürst wenigstens eine Zeit lang von waghalsigen, kostspieligen Bestrebungen abstand. Während Max Emanuel noch auf dem Sterbelager den Sohn ermahnt hatte, die österreichische Erbfolgeordnung nicht anzuerkennen, und sich insgeheim der Hülfe Frankreichs zu versichern, der Kanzler Unertl dagegen in der ersten Sitzung des Conferenzrathes engen Anschluß an den Kaiser empfahl, rieth T., der Kurfürst möge weder vom Kaiser, dessen guter Wille stark anzuzweifeln sei, noch von Frankreich, dessen Selbstsucht immer allen anderen Rücksichten vorangehe, etwas erbetteln, worauf er ein gutes Recht habe, sondern den günstigen Augenblick abwarten, um dieses Recht geltend zu machen. „Erst muß man gehen können, ehe man laufen lernen will. Die Schuldenlast ist groß, der Credit gering, das Land erschöpft. Den Staat vor dem Abgrund zu retten, an welchen ihn die frühere Regierung gebracht hat, das ist unsere nächste und wichtigste Aufgabe.“ Dieser Ansicht zustimmend, beschränkte der Kurfürst seinen Hofhalt und suchte Ordnung in das Schuldenwesen und in die Verwaltung der Staatseinkünfte zu bringen; er gab aber auch den Gedanken nicht auf, sich um die Freundschaft Frankreichs zu bewerben, weil er ohne französische Hülfe seine Ansprüche auf das habsburgische Erbe nicht durchzusetzen hoffen konnte. Es kam deshalb schon 1728 in Versailles zu einer Erneuerung der älteren Allianzverträge; auch mit den verwandten Kurfürsten von Köln und Pfalz wurden Freundschaftsverträge errichtet. Als es an der Zeit schien, die bairischen Ansprüche aufzudecken, wurde T. im Juni 1737 nach Versailles abgeordnet, um den Leiter der französischen Politik, Cardinal Fleury, zu thatkräftigem Beistand zu bewegen es wurde auch wenigstens so viel erreicht, daß an der Bereitwilligkeit des französischen Cabinets, gegebenen Falles die Ansprüche Karl Albert’s mit Waffengewalt zu unterstützen, nicht mehr zu zweifeln war. T. war damals unzweifelhaft der einflußreichste Mann am Münchner Hofe. General Schmettau, den König Friedrich II. 1741 als Militärbevollmächtigten nach München abgeordnet hatte, äußerte sich über T. in höchst abfälliger Weise; T. habe seinen Einfluß nur der Gefügigkeit zu verdanken, womit er sich den Schwächen seines Fürsten dienstbar erweise. König Friedrich erwiderte voll Entrüstung, sein Gesandter möge sich doch nicht mit solchem Klatsch befassen; um so mehr befremdet es, daß in Friedrich’s Histoire de mon temps der nämliche Vorwurf erhoben wird: „Der erste Minister des Kurfürsten und zugleich der erste General war Graf Törring, ein Mann, der diesen Stellungen keineswegs gewachsen war, denn er hatte nur das Talent, zu schmeicheln und den Lüsten seines Herrn zu dienen.“ Ohne Zweifel ist vieles, was Schmettau in München hörte, auf üble Nachrede der politischen Gegner Törring’s zurückzuführen, denn T. war jetzt das Haupt der französisch gesinnten Partei, die Baierns Heil in unbedingtem Zusammengehen mit Frankreich erblickte. Im Mai 1741 führte er in Nymphenburg mit [464] Belleisle die Unterhandlungen wegen des von Frankreich zu stellenden Hülfscorps; daß diese trotz der Abmahnungen des Kanzlers Unertl in dem berüchtigten Nymphenburger Vertrag ihren Abschluß gefunden hätten, ist nur eine Erfindung der Gegner Frankreichs und Baierns. Als im Sommer 1741 der Krieg mit Oesterreich beschlossen wurde, trat T. (6. August 1741) als Feldmarschall an die Spitze der kurbairischen Truppen. Diese befanden sich trotz der Heeresreform von 1734 in trauriger Verfassung. Von dem starken Hülfscorps, das der Kurfürst 1737 zur Theilnahme am Türkenkrieg an Oesterreich abgegeben hatte, war kaum die Hälfte zurückgekommen. Noch im April 1741 bestand die ganze Armee aus 5000 Mann; auf den Kriegsfuß gebracht, zählte sie etwa 20 000 Mann. Ihr Führer T. hatte den Ruf eines kühnen und tüchtigen Officiers erworben, von Befähigung zum Feldherrn aber noch keine Probe abgelegt. Das ihm untergebene Corps sollte sich jetzt bei Schärding mit der französischen Avantgarde vereinigen, Oberösterreich einnehmen und von da über Budweis nach Prag marschiren. Von den französischen Generälen wurde Klage geführt, daß durch Törring’s Schuld für die Verpflegung der Franzosen auf ihrem Marsche durch Baiern nicht genügende Vorkehrungen getroffen worden seien; T. rechtfertigte sich aber durch den Nachweis, daß nach der Verabredung mit Belleisle die Franzosen von Donauwörth aus den Weg zu Wasser hätten fortsetzen sollen, während sie eigenmächtig den Weg zu Lande einschlagen. Bald erhoben sich auch Rangstreitigkeiten zwischen T. und dem Führer des französischen Corps, Generallieutenant v. Leuville; schon damals verfolgten der französische Gesandte, Marquis v. Beauvau, und die französischen Heerführer das Princip, alles Mißgeschick der vereinigten Truppen auf die Schultern Törring’s abzuladen. Mit dem Vorschlag König Friedrich’s, den Feldzugsplan dahin abzuändern, daß unmittelbar gegen Wien marschirt werden möge, war T. einverstanden, doch Marschall Belleisle und Kriegsminister Breteuil erhoben lebhaften Protest. So mußte denn T. mit den Baiern am 24. October bei Mautern die Donau überschreiten und über Tabor und Budweis gegen Prag ziehen, wo er sich wieder mit den Franzosen vereinigen sollte. Daß er die Position bei Tabor verließ, ohne für Deckung des wichtigen Platzes zu sorgen, wurde von Belleisle als Ursache alles Unglücks bezeichnet, das in der Folge den Kurfürsten und sein Land, sowie die Franzosen traf; T. vertheidigte sich aber gegen die Anschuldigung mit Glück in einer Schrift: „Suppositions détruites par des verités prouvées“. Während der Einnahme von Prag (25. November) stand Törring’s Corps bei Dobrciz; erst am 27. kam T. selbst nach Prag, seine Truppen wurden sodann zur Besetzung von Piseck und Frauenberg verwendet. Wenn bisher der Feldzug für die Franko-Bavaren trotz der vielen strategischen Fehler der Heerführer günstig verlaufen war, so brachte das Jahr 1742 einen traurigen Umschwung. Auf die Nachricht, daß General Khevenhüller zu einem Einfall in Baiern Truppen zusammenziehe, erhielt T. Weisung, über Strakonitz und Winterberg ins passauische Gebiet zurückzukehren, um Baiern zu decken und die Befreiung des in Linz eingeschlossenen Segur vorzubereiten. Er verfügte nur noch über 1300 Mann Infanterie und 2000 Reiter. Während des Marsches erhielt er Meldung, daß die kleine Festung Schärding von den Oesterreichern eingenommen worden sei; er beschloß also zunächst diesen Platz zurückzuerobern. Er stieß jedoch nicht, wie er gehofft hatte, auf eine schwache österreichische Abtheilung, sondern auf das von General Bärnclau befehligte Hauptcorps. Der Versuch, die Stadt durch eine Kriegslist einzunehmen, mißlang (17. Januar 1742), und ebenso ein Sturm gegen den Brückenthurm; dagegen wurden auch drei Ausfälle der Oesterreicher zurückgewiesen. Da die von General Piosasque befehligte Abtheilung, die auf dem linken Innufer gegen Schärding hätte vorrücken sollen, nicht eintraf, beschloß [465] T. Nachmittags, den Kampf abzubrechen und in der Richtung nach Braunau weiter zu marschiren. Als jedoch die Dämmerung hereinbrach und nun von allen Seiten ungarische Husaren die bairischen Colonnen umschwärmten, artete der Rückzug bald in zügellose Flucht aus. „Die Unordnung“, so berichtet T. selbst, „wurde so groß und so abscheulich, daß ich glaube: es gibt in der Geschichte kein zweites Beispiel, daß Truppen an einem und demselben Tage solche Beweise von Muth und von Feigheit gegeben haben.“ T., der sich übrigens im Gefecht am Brückenkopf durch hervorragende Bravour ausgezeichnet hatte, wurde von Belleisle und der französischen Heeresleitung mit Vorwürfen überschüttet. „Das Schwierigste wird sein“, schrieb Belleisle nach Versailles, „dem neuen Kaiser gute Minister, gute Räthe und einen besseren General als T. zu verschaffen“; es seien denn auch dem Kaiser die dringendsten Vorstellungen gemacht worden, aber die Vorliebe des Verblendeten für T. sei unüberwindlich; höchstens werde sich erreichen lassen, daß T. das Commando niederlege, dagegen die Leitung der Staatsangelegenheiten übernehme. In diesem Sinne machte auch der Kaiser dem Feldmarschall Andeutungen. „Ich sage Ihnen dies Alles“, schrieb Karl VII. an T., „nicht als Ihr Herr, sondern als Ihr Freund, der Sie liebt und achtet, denn ich kenne Ihre guten Dienste, Ihren Eifer, Ihre Tapferkeit und Ihre Anhänglichkeit an meine Person … Ich könnte gar nicht zufriedener mit Ihnen sein als ich es bin. Da ich Sie also auf diese Weise kenne, so bitte ich um Ihren Rath; geben Sie ihn mir, wie Ihr Herz ihn dictirt und mein Interesse ihn erheischt. Sagen Sie mir, ob nach allen angestellten Betrachtungen Sie mir nützlicher und nothwendiger sind bei der Armee oder bei meiner Person, und ob diese Auszeichnung, daß ich Sie zu mir berufe, um in kurzer Zeit wieder mit mir zu derselben Armee zu gehen, Ihrer Ehre den geringsten Eintrag thun kann?“ T. erwiderte, der Kaiser möge sich durch französische Einflüsterungen nicht mißtrauisch machen lassen, des Vaterlands Interesse erheische an der Spitze der bairischen Truppen einen Baier. „Lassen Sie mich also lieber hier für Sie und mein Vaterland sterben, das ist die Belohnung, um welche ich für meine vierzigjährigen Dienste bitte.“ Doch schon die nächsten Tage brachten eine neue Schlappe der bairischen Truppen. T. hatte sich nach dem Schärdinger Unfall mit den Trümmern seines Corps nach München geworfen, in der Absicht, die Isarlinie zu vertheidigen. Doch der Fall von Linz, Passau und Braunau vereitelte dieses Vorhaben, und als sich Menzel mit seinen ungarischen Reitern der Hauptstadt näherte, zog T., nachdem er mit dem Ständeausschuß den Entwurf einer Capitulation ausgearbeitet hatte, von München ab (10. Februar 1742); es schien ihm geboten, den letzten Rest des Heeres, auf dem die Hoffnung des Landes beruhte, vor Ankunft der zweiten französischen Armee nicht einer neuen Schlappe auszusetzen. Er wandte sich deshalb nach Ingolstadt, um hier die Donau zu überschreiten; der leichteren Verpflegung wegen sollten aber die Truppen noch so lange als möglich auf dem rechten Ufer belassen werden; deshalb standen etwa 4000 Mann Fußvolk und 2200 Kürassiere und Dragoner zwischen Abensberg und Mainburg. Da gelang es (14. Februar) der Vorhut Bärnclau’s, die bairischen Vorposten zu überrumpeln; die Verwirrung theilte sich auch den in Mainburg gelegenen Regimentern mit, die Reiterei wurde zersprengt, das Fußvolk zum größten Theil gefangen genommen. Dadurch war T. genöthigt, das ganze rechte Donauufer zu räumen, nur Straubing, Ingolstadt und Vohburg blieben noch in bairischen Händen. Aus Anlaß der Niederlagen von Schärding und Mainburg wird auch von neueren Militärschriftstellern, insbesondere von Erasm. Graf Deroy, über T. als Strategen und Taktiker ein sehr ungünstiges Urtheil gefällt; es darf jedoch nicht unbeachtet bleiben, [466] daß der Marschall nur über ungenügende Truppen und, wie namentlich aus Klinggräffens Berichten erhellt, höchst mangelhaft ausgebildete Officiere verfügte. Karl VII. hat auch in seinen Memoiren für seinen alten Freund kein Wort des Tadels; als er, dem Anbringen Belleisle’s und Broglie’s nachgebend, T. endlich von seinem militärischen Posten abberufen und durch Graf Seckendorff ersetzt hatte, begründete er den Schritt nur damit, daß er den treuesten und geschicktesten Diener zur Leitung der Staatsgeschäfte unumgänglich nöthig gehabt habe. Bis zum Tode Karl’s VII. blieb T. der einflußreichste Mann bei Hofe. Noch auf dem Sterbelager ermahnte Karl seinen Sohn aufs dringlichste, er möge ja den verdienten T. nicht bei Seite setzen, da „niemand besser als dieser die vornehmsten Höfe, deren Grundsätze und wahre Interessen kenne“. Doch unmittelbar nach Karl’s VII. Ableben änderte sich die Sachlage. Die Kaiserin-Wittwe, Graf Seckendorff und fast alle höheren Militärs und Beamte drängten zum Frieden mit Oesterreich; T. fast ganz allein vertrat die Ansicht, daß Baiern durch Fortsetzung des Kriegs nicht mehr viel verlieren, aber möglicher Weise alles wieder gewinnen könne; ein Sonderabkommen mit Oesterreich werde Preußen und Frankreich beleidigen, und wenn etwa am Wiener Hofe der Plan einer Einverleibung Baierns wieder auftauche, werde Baiern allein stehen und wehrlos dem übermächtigen Nachbar preisgegeben sein. Dieser Gedanke, nicht ein hartnäckiges Festhalten an einer „Großmachtspolitik, welche ihm persönlich ebensowenig Ehre, wie seinem Vaterlande Vortheil eingetragen“ (Dove), ließ den Minister dem Frieden widerstreben, und wenn man die politisch-militärische Lage unbefangen würdigt, kann Törring’s Standpunkt nicht als unberechtigter Chauvinismus verurtheilt werden; bekanntlich trat ja wirklich unmittelbar nach Abschluß des Füssener Friedens der glücklichste Umschwung zu Gunsten der Bundesgenossen Karl’s VII. ein. Vielleicht wäre es zum Abschluß des Friedens gar nicht gekommen, wenn nicht T. gerade in den Tagen der Entscheidung von einem schweren Augenübel heimgesucht worden wäre, so daß er nicht in erwünschter Weise den Staatsgeschäften nachgehen konnte. Wie von T. die Lage aufgefaßt wurde, erhellt aus einem Briefe an seine Gemahlin. „Unser junger Herr ist verrathen und verkauft durch eine Bande österreichischer Deserteurs, die ihre Aussöhnung erlangen wollen auf Kosten der Ehre und der Interessen des Hauses Baiern.“ Noch am 21. April 1745, also am Tage vor der Unterzeichnung der Friedensurkunde in Füssen, eilte T. nach Augsburg, um den jungen Max Joseph von Annahme der österreichischen Vorschläge abzumahnen; er wurde aber barsch zurückgewiesen. Nun gedachte T. noch ein drastisches Mittel anzuwenden, um den Frieden und die Freundschaft mit Oesterreich zu hindern; er wollte in zwölfter Stunde mit den bei Friedberg lagernden bairischen Truppen die Oesterreicher überfallen und so aufs neue den Kampf entzünden, aber der Kurfürst erließ strengen Gegenbefehl. Als der Friede unterzeichnet war, suchte T. selbst um seine Entlassung nach; sie wurde ihm unverzüglich bewilligt, auch mußte er „alle in Händen habenden herrschaftlichen Briefstücke“ ausliefern und wurde angewiesen, über die seit 1727 gezahlten und von ihm verwalteten französischen Subsidiengelder Rechnung abzulegen. T. überreichte dem Kurfürsten ein Absolutorium des verstorbenen Kaisers, worin verfügt war, daß über die Verwendung der Subsidiengelder keine specificirte Rechnung verlangt werden dürfe. Noch verletzender für den Gestürzten war das Verbot der Theilnahme an den Berathungen der Landschaft, ja, 1752 wurde ihm vom Kurfürsten, der Verdacht hegte, daß T. „die Unzufriedenen bestärkt und gelitten habe, daß seine Wohnung der Sammelplatz der frechen Tadler der kurfürstlichen Befehle wurde“, förmlich der Hof verboten. Durch Vermittlung der Kaiserin-Wittwe kam zwar im April 1753 eine Aussöhnung des Kurfürsten mit T. zu Stande, aber die österreichische [467] Partei am Hofe, namentlich der Beichtvater des Kurfürsten, P. Stadler, wußte zu verhindern, daß der Franzosenfreund wieder zu politischem Einfluß gelange. T. pflegte nur ein paar Wintermonate in München zuzubringen, wo ihm als Landzeugmeister eine Wohnung im Zeughaus eingeräumt war, den größeren Theil des Jahres verlebte er auf seinen Schlössern Winhering und Jettenbach. Am 18. August 1763 starb er, wie sein Sohn August der Regierung zu Landshut anzeigte, „nach dreivierteljähriger merklicher Abnamb der Cräften, dann darauf erfolgter Schlafsucht und innerlichem Brand“. Die Leichenfeier entsprach der Bedeutung und den Würden, die der Verstorbene als „der gute Freund des Kaisers“ innegehabt hatte; der ganze Hof, Officiere, Beamte, Adel und Clerus gaben bis zum Isarthor das letzte Geleite; dann wurde die Leiche nach Au bei Wasserburg gebracht und in der Kirche des Augustinerstifts bestattet.

P. Augustin Auracher, Der gute Freund des Kaisers, d. i. Ehren- und Trauerrede etc., abgehalten am 1. Herbstmonats 1763 (das Exemplar der Münchner Staatsbibliothek ist mit satirischen Randglossen von der Hand des Geheimraths Lippert versehen). – Umständige Beschreibung über den hohen Todfall, dann Leichenbegängniß Sr. hochgräfl. Excellenz etc. – Das Tagebuch Kaiser Karl’s VII., herausg. von Heigel, 142 ff. – Heigel, Der österreichische Erbfolgestreit etc., 17 ff. – Er. Graf v. Deroy, Beiträge zur Gesch. des österr. Erbfolgekriegs, in Vhdlgn. des hist. Vereins von Niederbaiern, 20. Bd., 12 ff. – Der erste schlesische Krieg, herausg. vom preuß. Generalstab, I, 112. – Preuß, Der Friede von Füssen. – (Friedr. Töpfer) Ignaz Graf v. Törring-Jettenbach, ein Beitrag zur bair. u. deutschen Geschichte (Manuscript). – Acten in den k. Kreisarchiven zu München und Landshut.