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ADB:Khevenhüller, Ludwig Andreas Graf von

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Artikel „Khevenhüller, Ludwig Andreas“ von Karl Friedrich Hermann Albrecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 706–708, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Khevenh%C3%BCller,_Ludwig_Andreas_Graf_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:29 Uhr UTC)
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Khevenhüller: Ludwig Andreas K., Graf von Aichelberg auf Frankenburg, österreichischer Feldmarschall, geb. am 30. November 1683, gehörte der älteren (oberösterreichischen) Linie des alten fränkischen Adelsgeschlechtes der K. an (s. o.). Für den Soldatenstand bestimmt, fand er in den Feldzügen des spanischen Erbfolgekrieges Gelegenheit, sich unter Prinz Eugen von Savoyen militärisch zu bilden, und schon 1716 führte er als Oberst das Dragonerregiment Prinz Eugen von Savoyen mit hervorragendem Erfolge in der Schlacht bei Peterwardein (5. Aug.); gleich rühmlichen Antheil nahm er im nächsten Jahre an der Schlacht und der Eroberung von Belgrad. Nach dem Kriege zum Generalwachtmeister befördert (1723), wurde K. zum Commandanten von Essegg und drei Jahre später zum Inhaber des erledigten Schönborn’schen Regiments ernannt. – Der Ausbruch des sogenannten „polnischen Thronfolgestreites“ nach dem Tode August II. von Polen, eröffnete K. neuerdings die Bahn kriegerischer Thätigkeit; 1733 zum Feldmarschall-Lieutenant befördert, wurde er 1734 bei der Armee des Feldmarschall Mercy eingetheilt und übernahm nach dessen Heldentode in der Schlacht bei Parma (29. Juni) interimistisch den Oberbefehl. Unter sehr schwierigen Verhältnissen hielt sich hierauf K. hinter der Secchia bis zur Ankunft des neuen Obercommandanten Feldmarschall Grafen Königsegg, nahm rühmlichen Antheil an der Schlacht bei Guastalla (19. September) und führte nach dem Rückzuge der kaiserlichen Armee an die Grenze Tirols abermals den Oberbefehl. K. hinderte nicht nur das weitere Vordringen des dreifach überlegenen Gegners, sondern nöthigte später auch die Spanier die Blokade von Mantua aufzuheben. 1735 zum General der Cavallerie ernannt, blieb K. bis zum Abschlusse des Wiener [707] Präliminarvergleiches (3. October 1735) bei der Armee in Italien, wo er vielfach auch diplomatische Verwendung fand. Kurz vor Ausbruch des Krieges mit der Türkei (1737) erfolgte die Ernennung Khevenhüller’s zum Feldmarschall und Commandanten von Slavonien. An dem Kriege selbst nahm K. als Commandant eines Corps von 4000 Mann Theil, mit welchem er bei dem Rückzuge der kaiserlichen Armee an dem Timok alle Angriffe des überlegenen Feindes abwies und endlich am 28. September 1737, von 16 000 Spahi’s[WS 1] eingeschlossen, sich in dem blutigen Gefechte bei Radojevac den Weg zur Hauptarmee öffnete. – Die hervorragendste Epoche in Khevenhüller’s Wirken bildeten die ersten Feldzüge des österreichischen Erbfolgekrieges, in welchen er den Oberbefehl der gegen Baiern operirenden Armee führte. Mit drei Corps Donau-aufwärts marschirend, nahm er 1742 Steier und Enns und zwang am 23. Jänner den französischen General Ségur in Linz zur Capitulation, worauf am folgenden Tage auch Passau capitulirte. – Innerhalb 8 Tagen war Oberösterreich frei von feindlichen Truppen. K. drang nun unaufhaltsam in Baiern vor. In rascher Folge ergaben sich Oberhaus, Burghausen und am 13. Februar auch München. K. schlug am 16. Februar den baierischen General Törring bei Mainburg und nach wenig Wochen war das ganze Land zwischen der Donau, Isar und Vils – der Kern von Niederbaiern – in seinen Händen. In einem eigenhändigen Schreiben sprach die Kaiserin Maria Theresia K. ihren Dank aus, nannte ihn ihren Retter und übersandte ihm als Zeichen besonderer Anerkennung ihr und ihres Sohnes Josef Bildniß. Leider konnten K. nicht auch die nöthigen Truppen zur Verfügung gestellt werden, die ihn hätten in den Stand setzen können, seine Eroberungen gegen die überlegenen Kräfte zu behaupten, welche der Marschall Moriz von Sachsen und der Feldmarschall Seckendorf im Spätsommer 1742 heranführten. – Dies, sowie der Vormarsch Marschall Maillebois gegen Böhmen, nöthigten K. das Land bis auf Passau und Schärding zu räumen. Aber schon im nächsten Jahre drangen die kaiserlichen Truppen wieder vor und wenn gleich auch K. den Oberbefehl an den Prinzen Karl von Lothringen hatte abtreten müssen, so blieb er doch als Adlatus des Commandirenden die eigentliche Seele der Operationen, welche mit dem Siege bei Simbach (9. Mai 1743) und der Wiederbesetzung Baierns endeten. Im Juni d. J. schloß K. mit Seckendorf den Vertrag von Niederschönfeld ab, welcher Karl VII. die Reste seines Heeres rettete. Nach dem vergeblichen Versuche des Herzogs von Lothringen den Rhein zu überschreiten, wogegen K. fruchtlos seine Stimme erhoben hatte, sicherte er den Rückzug der kaiserlichen Armee in die Winterquartiere im Breisgau und im Baierischen. K. kehrte hierauf nach Wien zurück, wo die Kaiserin seine Verdienste durch die Verleihung des Ordens vom goldenen Vließe ehrte. – Leider erlag dieser um Staat und Heer so hoch verdiente Mann kurz nachher, am 26. Jänner 1744[WS 2], einem Blutsturze. – K. war ein, nach jeder Richtung hin hochgebildeter General, dessen Wirken die kaiserliche Armee nach mehr als einer Richtung hin ebenso vortheilhaft als nachhaltig beeinflußte. – Von seinen im Drucke veröffentlichten Schriften bildeten „Des General-Feldmarschalls Grafen v. Khevenhüller Observationspunkte für sein Dragonerregiment“ (Wien 1734 und 1748), sowie „Reglement und Ordnung, nach welchem sich gesammbte unmittelbare kaiserliche Infanterie, in den Handgriffen und Kriegsexercitien sowol, als in den Kriegsgebräuchen, gleichförmig zu achten haben“ (Wien 1737) auf lange hinaus die Basis aller organisatorischen und taktischen Einrichtungen in der kaiserlichen Armee und geben zugleich ein eben so lebhaftes als treues Bild des Militärwesens jener Zeit. Khevenhüller’s „Kurzer Begriff aller militärischen Operationen sowol im Felde als in Festungen“ (Wien 1756) war eines der ersten und zugleich vorzüglichsten Werke über die gesammte Kriegskunst und erschien 1771 in [708] Paris unter dem Titel „Comte de Khevenhüller, Maximes de guerre, relatives à la guerre de campagne et à celle du siége trad. de l’allemand p. M. le Baron de Sinclair“.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Spahi = osmanische Reitersoldaten
  2. Vorlage: 1774