ADB:Steinwich, Lambert
[26] als zweiter Syndikus des Rathes nach Stralsund berufen, erhielt aber, als sein Genosse Dr. Joh. Domann (s. A. D. B. V, 323) infolge der städtischen Zwistigkeiten mit Herzog Philipp Julius (s. A. D. B. XXVI, 37) sein Amt niederlegte und nach Lübeck übersiedelte, (1606) das erste Syndikat. In diesem Amte vertrat er gleich seinem Vorgänger, in Gemeinschaft mit den Bürgermeistern Heinrich Buchow und Henning Parow, mit großer Energie die Privilegien und Rechte der Stadt gegen den Herzog und erregte dessen Unwillen dadurch in solchem Grade, daß ihn derselbe, als jener Zwist zur offenen Feindschaft gedieh, (1612) nebst den beiden Bürgermeistern seines Amtes entsetzte. Während dieser Zeit seiner Suspension vereinbarten die von Philipp Julius ernannten Commissarien, u. a. der Generalsuperintendent Barthold Krakewitz, der Prof. Albrecht Wakenitz, der neu ernannte Bürgermeister Heinrich Hagemeister, der Rathsherr Balth. Prütze und der Stadtsuperintendent Conr. Schlüsselburg (s. A. D. B. XXXI, 606) mit Hülfe der Bürgerworthalter Dr. Gerdes und Heinrich Stamke, von denen jener aus Wismar, dieser aus Braunschweig gebürtig war, den Erbvertrag, welcher die Rechte des Herzogs und der Stadt gegen einander abgrenzte, und den Bürgervertrag, welcher die Macht des Rathes zu Gunsten der von Philipp Julius aufgewiegelten Bürgerschaft beschränkte. Lambert St. wirkte indessen als Anwalt und erhielt wiederholt einen Ruf nach Lübeck, Rostock und Braunschweig, lehnte aber solchen fürs erste noch ab, da er hoffen durfte, bald wieder in sein früheres Amt eingesetzt zu werden. Seine Hoffnung wurde auch nicht getäuscht, denn als es sich darum handelte, die Bestimmungen der beiden erwähnten Verträge zur Ausführung zu bringen, erklärten die Commissarien, Rathsmitglieder und Vertreter der Bürgerschaft einstimmig, daß St. allein dazu im Stande sei, diese schwierige Aufgabe zu bewältigen. Demgemäß gestattete der Herzog, welcher zugleich die ihm gerühmten Fähigkeiten des Syndikus für eigenen finanziellen Vortheil hinsichtlich seiner Geldforderungen an die Stadt auszunutzen gedachte, (1616) seine Wiederanstellung. Später (1618) trat auch Dr. Heinrich Buchow wieder ins Amt, Henning Parow war jedoch (1613) gestorben und Heinrich Hagemeister erkrankt († 13. Sept. 1616), infolge dessen wurde St. am 6. August 1616 einstimmig zum Bürgermeister erwählt. So an die Spitze des Gemeinwesens gestellt, entsprach er im ganzen Umfange den von ihm gehegten Erwartungen, namentlich in drei Richtungen, zuerst in der Ordnung der Verwaltung und der Finanzen und besonders in der Befriedigung der herzoglichen Entschädigungsforderungen, dann in der Versöhnung zwischen dem Rath und der Bürgerschaft, endlich aber in der Vermittlung zwischen der Stadt und dem Herzog, dessen Verschwendung und aufbrausendes Temperament stets neue Verwicklungen herbeiführte. Auf diese Art gelangte Stralsund wieder zu erneuter Kraft, welche es befähigte, den drohenden Stürmen der Zukunft mit Muth und günstigen Erfolgen entgegen zu treten. Schon während des Lebens von Philipp Julius hatte nämlich der dreißigjährige Krieg begonnen, und nicht lange nach seinem Tode (1625) auch die pommerschen Grenzen (13. Nov. 1627) überschritten, während sein Nachfolger Bogislaw XIV., welcher das ganze Land wieder unter seiner Herrschaft vereinigte, den kriegerischen und diplomatischen Gefahren seiner Zeit nicht gewachsen war. So empfing Stralsund die Aufgabe der Landesvertheidigung, und Lambert St. das ehrenvolle Amt, dieselbe zu leiten und zum ruhmvollen Siege zu führen. Wie früher hatte er auch jetzt finanzielle Schwierigkeiten zu überwinden, außerdem aber auch die Befestigungswerke der Stadt zu ergänzen und daneben die schwierigen diplomatischen Verhandlungen mit den herzoglichen Räthen, mit Wallenstein und dessen Feldherrn Arnim, sowie mit Dänemark und Schweden, welche Stralsund durch Hülfstruppen und Munition unterstützten, zu führen. Während der Belagerung, welche am 13. Mai [27] 1628 begann und am 24. Julius ihr Ende erreichte, verdoppelten sich seine Anstrengungen, indem er der Muthlosigkeit seiner Amtsgenossen, der List Wallenstein’s der Unentschlossenheit und Zweideutigkeit der pommerschen Räthe, welche noch des alten Zwistes mit Philipp Julius gedachten, und endlich dem Uebermuthe der fremden Söldner zu begegnen hatte, endlich aber krönte ein glücklicher Erfolg sein rastloses Wirken, Wallenstein und später auch das übermüthige dänische Hülfscorps verließ Pommern, indessen ein Bündniß mit Gustav Adolf eine günstige Zukunft verhieß. Leider überlebte St. diesen Sieg nicht lange, sondern starb schon am 20. Aug. 1629 während einer durch den Krieg hervorgerufenen Pestepidemie, sein Andenken ist jedoch unauslöschlich mit dem bis auf die Gegenwart in Stralsund am 24. Julius gefeierten Wallensteinsfest verbunden, während seine irdischen Ueberreste in der Nicolaikirche unter einem Epitaphium mit seinem Bildnisse und einer Inschrift bestattet sind. Außer diesen politischen und diplomatischen Erfolgen und seinen Verdiensten um die Verwaltung der Stadt hat St. aber auch noch eine wissenschaftliche und litterarische Bedeutung, indem er während seiner Thätigkeit als Syndikus und Bürgermeister, mit welcher er seit 1619 auch das Syndikat der Hansa verband, vielseitige und gründliche Studien über die Entwicklung des Lübischen Rechtes anstellte und in handschriftlichen Sammlungen für den Druck vorbereitete. Letztere sind nach seinem Tode von dem berühmten Juristen David Mevius in dessen Commentarius ad ius Lubecense aufgenommen, und dienen gleichfalls dazu, ihm ein ehrenvolles Andenken zu bewahren. Sein Sohn Lambert St. studirte 1625 in Greifswald, starb aber unvermählt schon 1631, sodaß sein Name mit ihm in Stralsund erlosch.
Steinwich: Lambert St., Bürgermeister von Stralsund und Syndikus der Hansa, geboren 1571 in Düsseldorf, als der Sohn des Rectors der dortigen Schule, M. Ludolf St., war Doctor der Rechte und wurde (1601) von Anklam- Dinnies, Stem. Sund. Von der Fam. Steinwich ist eine ältere Fam. Stenweg. (1388–1485) zu unterscheiden. – Brandenburg, Gesch. d. Stralsunder Mag., S. 63, 69. – Fock, Rüg.-Pomm. Gesch. VI, 39–326. – Mevius, comm. ad ius Lubecense, ed. Schoepff, 1744, praef. in fine. – Alb. univ. Gryph. II, 120 v.