Zum Inhalt springen

ADB:Stadius, Georg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Stadius, Georg“ von Siegmund Günther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 375–376, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stadius,_Georg&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 00:22 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 35 (1893), S. 375–376 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Nach Wikipedia-Artikel suchen
Georg Stadius in Wikidata
GND-Nummer 119836483
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|35|375|376|Stadius, Georg|Siegmund Günther|ADB:Stadius, Georg}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119836483}}    

Stadius: Georg St., Astronom, geboren um 1550 zu Stein (in Niederösterreich), † im April 1593 zu Graz. Näheres von St., der aus einem ehrbaren Geschlechte der alten Donaustadt stammte, erfahren wir erst im J. 1573, in welchem er nach trefflich bestandener Prüfung von dem damaligen Rector v. Polheim, einem adeligen Studirenden, zum Magister der Philosophie von der Universität Wittenberg promovirt wurde. Dies begründete seinen Ruf, denn 1576 lud ihn der Landesverweser v. Rogendorff nach Graz ein, und dort wurde er aushülfsweise mit dem mathematischen Unterrichte an der von den evangelischen Ständen eingerichteten Stiftsschule – einem Mitteldinge zwischen Gymnasium und Universität – betraut. Zu seiner weiteren Ausbildung ging er als Reisebegleiter junger Edelleute 1577 mit diesen nach Italien und Frankreich; in Paris begann er nochmals zu studiren, und zwar unter der Leitung seines berühmteren Namensvetters, des Belgiers Johannes Stadius (1. Mai 1527 bis 31. October 1579), mit welchem er selbst zum öfteren verwechselt worden ist. Im Frühjahr 1582 kehrte St. nach Graz zurück und wurde, nachdem das Bedenken der Schulvorstände, es würden wenig junge Leute dasein, „die sich ad mathesin begeben“, überwunden war, zum ordentlichen Professor der Astronomie (als Nachfolger Lauterbach’s) und zugleich zum steiermärkischen „Landschaftsmathematikus“ ernannt; später trug man ihm auch eine geschichtliche und, da er auch die Rechte studirt hatte, sogar die Pandekten-Vorlesung auf. Kurze Zeit schied er aus seiner Lehrstellung, da sich ihm, der inzwischen geheirathet hatte, in seiner Vaterstadt günstigere Aussichten zu eröffnen schienen, allein bald kehrte er wieder nach Graz zurück, wo ihm die maßgebenden Persönlichkeiten sehr gewogen waren. Dies bewiesen sie, als St. in den besten Mannesjahren verstorben war und wenig mehr als Schulden hinterlassen hatte, indem sie seiner Wittwe eine ungewöhnlich hohe Schenkung an baarem Gelde zuwendeten. Sein Amtsnachfolger war J. Kepler.

Stadius’ schriftstellerische Thätigkeit mußte, seiner amtlichen Stellung gemäß, wesentlich der Bearbeitung des Landeskalenders zugewendet sein, wie ja ein gleiches auch von Kepler bekannt ist. Er hat eine ganze Reihe solcher Kalender geliefert (selbst während seiner Abwesenheit von Graz lief diese seine Verpflichtung fort), und zwar erschien einer derselben (1590) sogar in drei Sprachen (lateinisch, italienisch, französisch). St. hegte hinsichtlich des astrologischen Beiwerkes, ohne welches damals kein Kalender vor das Publicum treten durfte, recht vernünftige und freimüthige Ansichten und suchte, ähnlich wie Kepler, nur solche Ereignisse zu prognosticiren, auf deren Eintreten man auf Grund der politischen Gestaltungen mit einiger Wahrscheinlichkeit rechnen durfte. Daß er dem eigentlich wissenschaftlichen Teile der Aufgabe vollauf gewachsen war, dafür zeugen seine „Ephemerides astronomicae“. Als ein Fachmann von gesundem Urtheile offenbart sich uns St. auch in dem sehr interessanten, durch Peinlich dem Staube der Archive entrissenen Gutachten, welches er 1583 auf Geheiß der Stände über die gregorianische Reform erstattete. Mit diplomatischem Geschicke versteht er es darin, die religiösen Gründe, welche den starren Protestantismus jener Tage gegen eine vom Papste ausgehende Neuerung einnahmen, den [376] mancherlei sachlichen Erwägungen gegenüberzustellen, welche den Astronomen zum unbedingten Anhänger des neuen kalendarischen Systemes machen mußten.

Peinlich, Die steirischen Landschaftsmathematiker vor Kepler, Archiv d. Math. u. Phys., 54. Theil, S. 470 ff. – R. Wolf, Geschichte der Astronomie, München 1877, S. 284, 303.