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ADB:Stadl, Franz Leopold Menzel Freiherr von

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Artikel „Stadl, Franz Leopold Wenzel Freiherr von und zu“ von Franz Ilwof in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 376–378, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stadl,_Franz_Leopold_Menzel_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:17 Uhr UTC)
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Stadl: Franz Leopold Wenzel Freiherr von und zu St., Genealog und Historiker, aus einem alten schon im 14. Jahrhundert nachweisbaren, 1597 in den Freiherrenstand erhobenen steiermärkischen Edelgeschlechte stammend, war der Sohn des Johann Rudolf Freiherrn v. St. und der Maria Clara, gebornen Freiin v. Galler. Geburtsort und Geburtstag sind unbekannt, das Geburtsjahr ist nur mittelbar nachzuweisen; indem Franz Leopold 1693 sich selbst als fünfzehnjährig bezeichnet, so wird er 1678 das Licht der Welt erblickt haben. Eben zum Jünglinge herangereift, begann er die in jener Zeit bei allen adeligen Jungherren zur Vollendung der Erziehung, zur Ausbildung des Geistes und Charakters und zur Erlangung der weltmännischen Sitten üblichen großen Reisen. October 1693 verließ er mit seinem Hofmeister Demarck Graz und begab sich über Venedig, Padua, Vicenza, Verona, Mantua nach Parma, wo er zwei Jahre im dortigen Jesuitencollegium zubrachte. Von da reiste er mit seinem älteren Bruder Johann Karl Joseph, begleitet von beider Hofmeister Ignaz Klein nach Siena, wo sie ein Jahr (October 1695 bis October 1696) verweilten; dann ging ihre Fahrt weiter nach Rom und Neapel und zurück über Florenz, Genua, Turin, Mailand, Venedig, durch Tirol nach Augsburg, Frankfurt, Koblenz, Bonn, Köln, Utrecht, Amsterdam. Auf der Heimkehr berührten sie Braunschweig; hier gerieth Franz Leopold mit seinem Hofmeister in einen schweren Conflict, der mit dem Tode des letzteren endete. St. liefert hierüber in dem von ihm selbst zusammengestellten „Eigenen Geschlechts Geschichten-Erweiß nach Urkunden“ folgende „Beschreibung des Unglicks, so Herrn Franz Leopold Freyherrn von und zu Stadl widerfahren, da Er mit Seinem Herrn Bruedter Johann Karl Joseph Freyherrn von und zu Stadl mit Herrn Hoffmaister Ignaty Klain und Cammerdienern Lucas Janchigini auß Hollandt in Braunschweig angelanget und in des Herrn Senatoris Korn Behaußung einkereten, zu Endte Augusty im 1697ten Jahr. Es truege sich zu, daß der Hoffmaister Ignatius Klain mit dem Jüngern Freyherrn von und zu Stadl Franz Leopoldt aus nichts werther Ursach einen Streit anfieng, in welchen er sich so übel gouvernirte, daß er nicht allein hochermelten Jüngern Freyherrn, der doch bereits ein Erwachsener Herr ist, Schimpflichst ausschaltet, sondern auch gar mit der blosen Faust etliche mahl zu Ihm einschlueg. Was hätte er zu thuen, dieses üblen Saintement abzukommen? Der Jüngere Herr ergriffe Sein Degen, welcher ungefähr auf der Bank lage, zoge denselben von Leder, willens sich gegen fernere Gewaltsamkeit damit zu schützen. Allein der Herr Hoffmaister dieses ersehend lüeff in blünden Zorn zu den jeztgemeldten Herrn Baron von neuen ein, willens Ihm den Degen aus der Handt zu reißen und Ihm ferner zu attaquiren, indem Er aber in solchem blünden Zorn zuefuhr, rannete er sich ganz unbesonnen in des Jüngern Herrn Barons Degen und verwundete sich damit dergestalt, daß er binnen zway Stundten darauff seinen Geist aufgeben mueßte. Ein löblicher Ehrsamer Rath der Stadt Braunschweig, dieses alles vernehmend, stöllete darauff wider den Jüngern Herrn Baron von Stadl ein inquisition an und in des Senators Korn Behausung mit ain Officier und Musquetirern scharff verwachten ließe, es defendirte sich aber derselbe durch Seinen advocaten den Doctorn juris Johann Bernhard Geinckeln dermaßen, daß er binnen neun Tagen von den Tott des Herrn Hoffmaisters Klain anzurechnen von solcher ihm imputirten Entleibung durch Urthl und Recht absolvirt“ – und vom Bürgermeister und Rath der [377] Stadt Braunschweig nur zur Zahlung von fünfzig Thalern und der Gerichtskosten verhalten wurde. Daß St. an diesem Unfalle in der That im wesentlichen schuldlos war, als das angesehen wurde und ihm bei seinesgleichen und bei Höhergestellten kein Nachtheil daraus erwuchs, beweisen seine weiteren[WS 1] Aufzeichnungen über den Aufenthalt in Braunschweig: „Nach solcher Zeit, daß Herr Franz Leopold von und zu St. zu Braunschweig in arrest gesessen, hat Ihro Durchlaucht Hörzog Antony Ulrich von Wolffenbüttl Ihme und seinem Herrn Bruedtern Johann Carl Joseph Freyherrn von und zu St. große gnaden und Ehren erwiesen, Selbe Etlichmahl nacher Wolffenbüttl begehrt und alldort mit Ihme bey Fürstlichen Taffel speißen lassen, allwo auch dero hörzogliche Gemahlin und Erbprinz mitgespeisset haben; Inngleichen Sye auch zu dessen etlichmahlen gehaltenen Hoff-Festinen, Waal (Ball) und Masquern (Maskeraden) begehrt, welchen Sye auch beygewohnet, mit getanzet und bey der Fürstlichen Nacht-Taffel verbleiben müessen.“

Von Braunschweig erfolgte die Heimkehr über Magdeburg, Dresden, Wien nach Graz. Spätere Reisen führten St. in die Schweiz und über Straßburg nach Paris. Von seiner ersten großen Reise zurückgekehrt, trat er als Fähnrich in das früher Stadl’sche, später Fürstenbergische Regiment, kämpfte 1701 unter dem Befehle des General Joseph Grafen von Rabatta gegen die ungarischen Insurgenten, wurde Capitän-Lieutenant und Hauptmann, 1704 Befehlshaber der ständischen Landmiliz in Steiermark, 1705 innerösterreichischer Hofkriegsrath, 1709 hochfürstlich salzburgischer Lehenscommissär. Von der Regierung und von den Ständen seines Heimathlandes, der Steiermark, wurde er vielfach zu wichtigen Geschäften, namentlich militärischen Sendungen, Beilegung von Grenzstreitigkeiten, Straßen- und Approvisionirungs-Angelegenheiten u. dgl. m. verwendet, welche er alle bestens erledigte. Nach dem Tode seines Vaters erbte er die Herrschaft Kornberg in der östlichen Steiermark, welche er trefflich verwaltete und durch Ankäufe von Grundbesitzungen ansehnlich vergrößerte; 1723 wurde er Verordneter der steirischen Stände und 1731 Amts-Vicepräsident der „ehrsamen Landschaft in Steier“. St. war in erster, kinderloser Ehe (1721–1723) mit Anna Barbara, Herrin von Gera, in zweiter (seit 1725) mit Maria Josefa, Gräfin Breuner vermählt. Von dieser hatte er zwei Töchter und drei Söhne, von den letzteren überlebte ihn nur der jüngste, Johann Joseph.

Am 12. April 1731 erließen die Stände der Steiermark an St. und an Sigmund Albrecht, Grafen von Rindsmaul eine Zuschrift, in welcher dieselben gebeten wurden, „eine ordentliche Matrikel der Herren und Landleute aufzurichten, die Wappen und das Wappenbuch in Ordnung zu setzen und die Annaten und Familien dieses Standes ad instrumentum publicum zu bringen“. Das Ergebniß dieses Ansuchens war der von St. verfaßte und zusammengestellte „Ehrenspiegel des Herzogthums Steyer“, jedenfalls von ihm allein gearbeitet, denn der Name Rindsmaul erscheint in dieser Angelegenheit nicht wieder. Der „Ehrenspiegel“ besteht aus neun starken Foliobänden und enthält nach den Adelsfamilien geordnet eine Fülle von historischen Mittheilungen, eine große Anzahl Abschriften von Urkunden, Wappenbriefen, Adelsdiplomen, dann Copien von Siegeln, Wappen und Inschriften, Abbildungen von Schlössern, Grabmälern u. s. w., welche sich auf die betreffenden Familien beziehen; nicht weniger als 517 Familien werden in solcher Weise in diesem Sammelwerke behandelt. Es ist eine wichtige Quelle für die Geschichte des Adels in Steiermark und somit für das ganze Land. Dieses prächtige Manuscript befand sich lange in Kornberg, wurde jedoch von Georg Freiherrn v. St., dem Enkel des Franz Leopold, dem Joanneum in Graz geschenkweise überlassen und hinterliegt jetzt im steiermärkischen Landesarchive. – Ein zweites handschriftliches Werk Stadl’s befindet [378] sich ebenfalls, aber nur in einer jüngeren, im 19. Jahrhunderte gefertigten Abschrift in dem obengenannten Archive, die „Acta der Familie Freiherrn v. St.“, welche auch unter dem Namen „Eigenen Geschlechts-Geschichten Erweiß nach Urkunden“ erscheinen, 4 Foliobände. Das Original ist Eigenthum des Grafen Wurmbrand auf Schloß Birkenstein bei Birkfeld in der östlichen Steiermark, des Gatten der Tochter des Letzten vom steirischen Geschlechte der St. Was St. in dem „Ehrenspiegel“ für alle übrigen steirischen Edelgeschlechter geleistet, das vollführte er in den „Acta“ für seine eigene Familie, indem er alle dieselbe betreffenden Urkunden und Acten, namentlich Heirathsverträge, Kaufcontracte, amtliche Zuschriften u. s. w., soweit sie ihm zugänglich, in genauen Abschriften zusammenstellte. Außerdem wird noch hie und da einer von St. abgefaßten „Ahnentafel“ erwähnt, über welche jedoch dem unterzeichneten Verfasser nichts Weiteres bekannt geworden ist. Vielleicht ist damit nur eine der mehreren Stammtafeln gemeint, welche sich in den „Acta“ befinden.

St. war sonach ein hervorragender Sammler und eifriger Arbeiter auf dem Gebiete der steiermärkischen Landes- und insbesondere Adelsgeschichte; was man zu seiner Zeit hierin überhaupt leisten konnte, das hat er auch vollbracht und heute noch bieten seine Arbeiten dem Forscher reiches und willkommenes Material. – Am 4. März 1747 errichtete er ein testamentarisches Statut, durch welches die Herrschaft Kornberg in ein Fideicommißgut umgewandelt wurde. Sein Todestag ist ebensowenig zu ermitteln, wie der Tag seiner Geburt. Nach dem obengenannten Datum verschwindet sein Name in den Urkunden und Acten, er scheint somit noch im Jahre 1747, also in einem Alter von 69 Jahren gestorben zu sein. – Die steirische Linie der Freiherren v. St. ist seit einigen Jahren erloschen.

Kurze Biographien und biographische Notizen, doch sehr unvollständig und theilweise irrig: Winklern, Biographische und litterärische Nachrichten von den Schriftstellern und Künstlern, welche in dem Herzogthum Steiermark geboren sind (Graz 1810), S. 237. – Steiermärkische Zeitschrift, N. F., 6. Jahrg., 2. Heft (Graz 1841), S. 69. – Mittheilungen des historischen Vereins für Steiermark (Graz 1871), 19. Heft, S. 184. – Wurzbach, Biographisches Lexikon, 37. Theil, S. 51. – Obige Biographie ist durchaus aus den Quellen gearbeitet: Acta der Familie Freyherrn von Stadl, 4 Bände in Folio, und Stadl’sches Familien-Archiv, 14 Fascikel – beide im steiermärkischen Landesarchive in Graz.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: weteren