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ADB:Sparr, Ernst Georg Graf

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Artikel „Sparr, Ernst Georg Graf“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 62–63, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sparr,_Ernst_Georg_Graf&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:46 Uhr UTC)
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Sparr: Ernst Georg Graf S., kaiserlich königlicher, auch königlich polnischer und königlich schwedischer Generallieutenant und Generalfeldzeugmeister, war dem Stamme der S. auf Trampe bei Eberswalde, im Märkischen Kreise Oberbarnim entsprossen. Von seiner Jugend und Erziehung wissen wir nichts; selbst sein Geburtsjahr ist unbekannt. Nach der Aufschrift auf seinem in der Marienkirche zu Berlin befindlichen Bilde ist er bei seinem Tode „64 Jahr den 15. Januarii“ alt gewesen, würde also 1602 geboren sein. Mörner (s. unten) nennt trotzdem 1596 und als das Todesjahr seines Vaters 1597. Er wird zuerst 1621 genannt, wo er unter König Sigismund von Polen seine Sporen im Kriege gegen die Türken verdiente. Der Zeitgeist und seine mißliche Vermögenslage werden Ursache gewesen sein, daß er aus dem Soldatenstande seinen Lebensberuf machte; das Kriegsleben, wie es damals war, mag für Sparr’s Habsucht und die rohe, zur Gewaltthätigkeit neigende Sinnesart, von welcher seine Zeitgenossen erzählen, besonderen Reiz gehabt haben. Auch muß er für dasselbe gepaßt und militärische Kenntnisse besessen haben, denn schon 1626 betraute ihn Markgraf Christian Wilhelm von Brandenburg, der Administrator von Magdeburg, welcher sich den Rüstungen des niedersächsischen Kreises angeschlossen hatte, mit der Befestigung seiner Landesgrenze. Ein Jahr später finden wir ihn im entgegengesetzten Lager, indem er in Aldringen’s Auftrage für Wallenstein warb. Dann stand er unter Arnim, welcher ihn auch als Unterhändler verwendete, und nahm 1628 an der vergeblichen Belagerung von Stralsund theil, sowie nach Aufhebung derselben an dem Angriffe auf Wolgast (22. Aug.) und der sich daran schließenden Verfolgung des König Christian von Dänemark bis zu dessen Einschiffung auf der Insel Usedom, dann, freilich weil er seine Rechnung nicht fand widerwillig und verdrossen, sodaß Wallenstein ihn zu entlassen Anstalt traf, an dem Zuge nach Westpreußen gegen die Schweden unter Arnim und demnächst unter dem Herzoge Julius Heinrich von Sachsen-Lauenburg. In dem Treffen bei Honigfelde auf der Stuhmer Haide am 17. Juni 1629, bei welchem er die Vorhut führte, trat er besonders hervor. 1630 und 1631 stand er in Pommern gegen die unter Gustav Adolf in Deutschland gelandeten Schweden im Felde; am 13. April 1631, dem Palmsonntage, gerieth, als sie mit stürmender Hand Frankfurt an der Oder nahmen, auch Oberst S. in ihre Gefangenschaft. Er muß aber nach kurzem wieder in Freiheit gesetzt sein, denn als Wallenstein bald darauf von neuem die Werbetrommel rühren ließ fand unter seiner Fahne sich auch S. ein, welchen er zunächst zu Unterhandlungen mit dem in kursächsische Dienste getretenen Arnim benutzte. Schon am 10. August 1632 gerieth S. in einem bei Burgthann in Franken gelieferten Treffen, in welchem Gustav Adolf selbst befehligte, von neuem in schwedische Gefangenschaft. Dieser sandte ihn damals zu Wallenstein um Unterhandlungen zu führen, welche aber kein Ergebniß lieferten. Der Schlacht bei Lützen wohnte S. als Mitkämpfer bei, aber mit geringem Ruhme. Wenn ihm auch persönlich kein Vorwurf gemacht wurde, so verfiel doch sein Regiment dem Blutgerichte, welches Wallenstein zu Prag über die feldflüchtigen Reiter halten ließ. Er selbst war inzwischen zum Generalfeldzeugmeister aufgestiegen. Sein Verhalten bei der Wallenstein’schen Katastrophe, [63] brachte ihn in Haft und Untersuchung. Das Ergebniß der letzteren hatte seine Verurtheilung zu ewigem Gefängniß zur Folge; eine offenbare Schuld konnte ihm nicht nachgewiesen werden, höchstens Unterlassungssünden waren ihm zur Last zu legen. Seine Gefangenschaft dauerte auch nicht lange und schon 1636 versuchte er sich dem Kaiser zu nähern, indem er demselben empfahl eine günstige Gelegenheit zum Erwerbe von Stralsund zu benutzen. 1641 stand er von neuem in kaiserlichen Diensten. Als Kaiser Ferdinand III. sich des Reichstages wegen in Regensburg aufhielt zeigte S. ihm artilleristische Versuche und von hier ward er entsandt um die seit Jahren von den Kaiserlichen und den Ligisten mehrmals vergeblich belagerte Feste Hohentwiel zu gewinnen, welche der württembergische Commandant Oberst Konrad Widerhold gegen alle Angriffe standhaft vertheidigt hatte. Am 19. October erschien S. vor der Feste, welche er sich berühmt hatte „unter drei Monaten einzubekommen“. Aber weder Beschießung noch Minirarbeiten, für welche Bergleute aus Tirol herangeholt waren, führten zum Ziele. Die Ausfälle der Belagerten und die Ungunst der Jahreszeit veranlaßten, daß nach kurzer Zeit die Belagerung in eine Blokade verwandelt wurde und, als General v. Erlach mit weimarischen Truppen zum Entsatze nahte, zog S. unter Zurücklassung einer großen Menge von Kriegsbedarf aller Art eilig ab. Mit Recht ward ihm der übele Ausgang des Unternehmens persönlich zur Last gelegt und mit seiner Verwendung in kaiserl. Kriegsdiensten war es zu Ende. – Vergeblich suchte er anderswo anzukommen. Zuerst in päpstlichen Diensten. Bei den Unterhandlungen beleidigte er jedoch den venetianischen Gesandten derart, daß dieser sich beim Kaiser über ihn beklagte, worauf S. Arrest erhielt und die Angelegenheit sich zerschlug. Dann bestellte sein alter Gönner, König Wladislaus von Polen, ihn am 7. October 1646 unter sehr glänzenden Bedingungen zum Befehlshaber deutscher Völker, welche S. ihm zu einem Feldzuge gegen die Türken stellen sollte, und Alexius von Rußland, Peter’s des Großen Vater, welcher das moskowitische Heerwesen nach abendländischem Muster umgestalten wollte, machte ihm noch vortheilhaftere Anerbietungen. Aber der polnische Reichstag wollte von einem Türkenkriege nichts wissen und die russischen Pläne verliefen im Sande. Ebensowenig wurde etwas aus Werbungen, mit denen Pfalzgraf Philipp Wilhelm von Neuburg, der Schwager des Polenkönigs, ihn beauftragte und fruchtlos blieb Sparr’s Bemühen bei den Schweden Fuß zu fassen. So kehrte er denn, nachdem der dreißigjährige Krieg beendet war, in die Heimath zurück, wo bald darauf sein Vetter Otto Christof S. (s. d.) eine gewichtige Rolle zu spielen anfing. Der Verwandtschaft mit diesem wird Ernst Georg zu danken gehabt haben, daß Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst, ihm eine Pension verlieh und dadurch seiner mißlichen Lage aufhalf. Trotzdem nöthigte ihn diese seine Güter jenem Vetter zu verkaufen und bei seinem im September 1666 erfolgten Tode war sie derart, daß der Kurfürst sich ins Mittel legte um den Concurs abzuwenden. Am 18. jenes Monats ward er in der Marienkirche zu Berlin in der Stille beigesetzt. Unter dem 17. Februar 1654 hatte ihm der Kaiser ein Patent über seine Erhebung in den Grafenstand ausfertigen lassen, welche ihm schon 1641 versprochen, aber aus leicht begreiflichen Ursachen damals nicht erfolgt war. Sein Stamm wurde durch seine in den kaiserlichen Erblanden gebliebenen Kinder fortgepflanzt, ist aber dort schon im 18. Jahrhundert erloschen.

Th. v. Mörner, Märkische Kriegsobersten des siebenzehnten Jahrhunderts, Berlin 1861.