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ADB:Schmidt, Valentin

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Artikel „Schmidt, Valentin“ von Max von Waldberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 14–16, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmidt,_Valentin&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:28 Uhr UTC)
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Band 32 (1891), S. 14–16 (Quelle).
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Schmidt: Friedrich Wilhelm Valentin S., Litteraturforscher, ist der Sohn des als Lehrer und Mitdirector des Berliner „Kölnischen Gymnasiums“ in wissenschaftlichen Kreisen bekannten Dr. Heinrich Valentin S. und wurde am 16. September 1787 in Berlin geboren. Im J. 1809 wurde er an derselben Schule, an der sein Vater gelehrt und er seinen Jugendunterricht genossen hatte, Collaborator und blieb bis 1822 in aufsteigenden Lehrerstellungen an dieser Anstalt. S. war bereits 1821 zum außerordentlichen Professor an der Universität, [15] und als er seine Lehrerstelle am „Kölnischen Gymnasium“ niedergelegt hatte, zum Custos an der königlichen Bibliothek in Berlin ernannt worden. In dieser Stellung verblieb er, bis ihn die Cholera am 12. October 1831 hinwegraffte. Schmidt’s geistige Entwicklung fällt gerade in die Zeit, wo in Berlin die Romantiker mit wachsender Intensität die Geister beherrschten, und auch er ist sein ganzes Leben hindurch in seinen Gesinnungen und wissenschaftlichen Bestrebungen ganz im Banne dieser Geistesrichtung geblieben. Katholicisirende Neigungen machten sich bei dem einer streng protestantischen Familie entstammenden Gelehrten geltend und gleich seine erste Publication, „Spinoza’s Ethik“ (Berlin 1812) bekundete den Einfluß der romantischen Schule. Diese Veröffentlichung berührt sich mit dem Plane Friedrich Schlegel’s Spinoza’s Ethik herauszugeben, ein Werk das bekanntlich für die philosophirenden Geister der Romantik ein wahres Erbauungsbuch geworden war. In sein eigentliches wissenschaftliches Fahrwasser gelangte S. erst nach seiner Phaedrusausgabe, als er zu den von seiner Frau, Marie Wilhelmine geborene Nauen, übersetzten Mährchen des Straparola (Berlin 1817) die Anmerkungen lieferte. Der Erfolg, den er mit dieser, auch noch jetzt in Italien geschätzten Arbeit erzielte, ermunterte ihn sich den Problemen der vergleichenden Litteraturgeschichte, einem von der romantischen Doctrin besonders bevorzugten Forschungsgebiete zuzuwenden. Der Plan einer umfassenden beurtheilenden Geschichte der romantischen Poesie mit Dante und Shakespeare als Mittelpunkt beschäftigte ihn lebhaft und die Grundsätze, die er für dieses, leider nie zur Ausführung gelangte Werk aufstellt, haben noch heute methodologischen Werth. Bedeutende Anregungen gingen ihm für diesen Plan und für seine späteren Arbeiten von Goethe’s Propyläen zu, und der darin gegebene Maaßstab für die Beurtheilung der Kunstwerke ist schon in den von ihm als Vorläufer des großen Werkes veröffentlichten „Beiträgen zur Geschichte der romantischen Poesie“ (Berlin 1818) zu merken. Untersuchungen über das Geschichtliche in Boccaccio’s Decamerone, über dessen Quellen und Nachahmungen mit besonderer Beziehung auf Dante und das altenglische Theater, die Anmerkungen zu einer Erzählung aus den sieben weisen Meistern und der bevorwortete Abdruck einer Abhandlung des Theophrastus Paracelsus, treffen mit den von den Romantikern bevorzugten Stoffen zusammen, wie überhaupt die Brüder Schlegel und Tieck einen tiefen Einfluß auf Stoff und Form seiner Forschungen gehabt haben. Brentano unterstützte ihn mit seinen reichen Bücherschätzen. S. übertrifft aber seine Vorbilder an wissenschaftlicher Concentration und peinlicher Genauigkeit im einzelnen, ohne daß er deshalb, wie er selbst sagt, seinen Fleiß an eine tote Anhäufung gelehrt scheinender Kleinigkeiten verschleudert hätte. Die Andacht für das Detail ist nicht zu stark und stets ist sich S. auch der großen Zusammenhänge und des Gemeinsamen in der Weltlitteratur bewußt. – Durch Uebersetzung und Ausgaben lateinischer, englischer und französischer Autoren erweitert er fortwährend seinen wissenschaftlichen Interessenkreis, vereinigt aber doch im Laufe der Jahre sein ganzes Können auf die Erforschung der spanischen Litteratur, besonders Calderon’s. Schon in seinem 1819 erschienenen Schriftchen: „Ueber die Kirchentrennung von England. Schauspiel des D. Pedro Calderon de la Barca“ kündigt er eine Schrift über Calderon’s sämmtliche Werke an und in den meisten folgenden Arbeiten, auch wenn sie, wie seine Untersuchung: „Ueber die italienischen Heldengedichte aus dem Sagenkreise Karl’s des Großen“ in keiner Beziehung zum Stoffe stehen, drängt sich das Interesse für den großen Spanier mächtig vor. Seine lehrreichen, in verschiedenen Zeitschriften, z. B. in den Wiener Jahrbüchern erschienenen Recensionen zeugen von einer unermüdlichen Hingabe für diesen Stoff. Es war ihm nicht gegönnt, die Früchte seiner Mühen voll zu ernten, aber durch die Pietät seines Sohnes ist das reiche Material aus [16] gedruckten und ungedruckten Papieren gesammelt und systematisch geordnet worden. Diese von Leopold S. aus dem Nachlasse seines Vaters herausgegebene Untersuchung, eine Darstellung und Erläuterung der „Schauspiele Calderon’s“ (Elberfeld 1857) erhält nicht nur durch die feinen kritischen Analysen sondern auch durch die fortwährende Bezugnahme auf die gleichen Stoffe und Motive in anderen Litteraturen, sowie durch die seltene Kenntniß der spanisch dramatischen Litteratur einen dauernden wissenschaftlichen Werth und wird mit vollem Rechte auch noch heute als werthvoller Beitrag zur Geschichte des spanischen Dramas geschätzt. Der vaterländischen Dichtung hat S. seine Wissenschaft in dem Buche: „Balladen und Romanzen Bürger’s, Stolberg’s und Schiller’s auf ihre Quellen zurückgeführt“ (Berlin 1827) dienstbar gemacht.

Neuer Nekrolog der Deutschen, 9. Jahrg. 1831, 2. Theil, S. 903 u. f.