ADB:Schaunberg, Bernhard Graf von
Schaunberger vererbte (s. w. u. den Art. Ulrich III.), seit 1421 urkundlich genannt, 1439 mit Agnes, Tochter Reinprecht’s v. Wallsee, Landeshauptmannes von Oberösterreich vermählt. Er machte 1434, noch als Verlobter, die Pilgerfahrt Herzogs Friedrich V. (nachmals Kaiser Friedrich III.) ins gelobte Land mit und gab 1442 diesem Habsburger das Geleite zur Krönung in Aachen. 1447 bereits Landmarschall von Oesterreich, in solcher Gunst bei Kaiser Friedrich, daß dieser die Pathenstelle bei dem Sohne Schaunberg’s, Friedrich, annahm. Dies alles verhinderte nicht den von 1451/52 sich vollziehenden Beitritt Bernhard’s zum Herrenbunde gegen den genannten König als Vormund Ladislaus Posthumus’. Als einer der entschiedensten Anhänger der Waffenerhebung Eiczinger’s nahm Graf B. auch an der Belagerung Kaiser Friedrich’s III. zu Wiener-Neustadt hervorragenden Antheil. Enea Silvio Piccolomini, der Geschichtschreiber dieser Belagerung in seiner Historia Friderici, nennt ihn bei dem Sturme auf die Festungsstadt vom 28. August 1452 neben Ulrich Eiczinger, Graf Ulrich II. v. Cilli und Graf Heinrich von Rosenberg als einen der Feldobersten und läßt den Kaiser beim Abschlusse des Vergleiches mit den Gegnern zu Grafen Bernhard (als „Junggrafen“, denn sein Vater Hanns starb erst am 16. November 1453) die strafenden Worte sprechen, er habe als Pathenkind wider den Pathen zu den Waffen gegriffen und sei der übergroßen Gunst des Kaisers uneingedenk gewesen. Er war auch unter den Mitbesieglern des Vertrages. In dieser politischen Haltung folgte B. ganz der Gesinnung des Vaters Hanns, welchen auch die päpstliche Bannbulle verzeichnet und zu Wien ein Edelmann öffentlich einen Schelm, treulos gegen weiland König Albrecht II. und Verräther an Kaiser Friedrich, geschmäht haben soll. Der junge Landesfürst Ladislaus P. ließ es nicht an Gunstbezeugungen für Grafen B. fehlen. Nach dem Tode des letzten Albrechtiners verwaltete B. (E. 1457–58) in Gemeinschaft mit Ulrich Eiczinger, Grafen Michel v. Hardegg-Maidburg und Wolfgang v. Wallsee das Erzherzogthum Oesterreich bis zu der verhängnißvollen Theilung der habsburgischen Brüder: Kaiser Friedrich III. und Herzog Albrecht VI.; er hielt dann zu dem letztgenannten als Inhaber Oberösterreichs. Bernhard’s Sohn Georg und die Brüder Sigmund und Wolfgang nahmen auch an der Belagerung des Kaisers in der Wiener Hofburg (1462) theil; B. selbst tritt aber schon damals in den Hintergrund des öffentlichen Lebens.
Schaunberg: Bernhard S. (Schaunburg), Graf von einer der bedeutendsten Herrschaften Oberösterreichs, † am 8. April 1473; der IX. dieses Namens, ältester Sohn des Grafen Hanns (II) aus der Ehe desselben mit Anna, Tochter des letzten Herrn von Pettau, Friedrich, welcher das Landmarschallamt der Steiermark auf die- Stülz, Btr. z. Gesch. der Grafen v. Schaunberg (mit Urkunden-Regesten) in den Denkschriften der k. Akad. der Wissensch. hist.-philos. Cl., Bd. XII. – Kurz, Oesterreich unter Kaiser Friedrich IV., 1. u. 2. Bd. – Bachmann, Deutsche Reichsgeschichte im Zeitalter Friedrich III. u. Max I. 1. Bd. (1884).
Ulrich (I.), † 6. März 1373, zweitgeborener Sohn des Grafen Heinrich (VIII), † am 21. December 1351, aus dessen erster Ehe mit Anna Gräfin v. Truhendingen, wahrscheinlich um 1330 geboren. Eine der frühesten urkundlichen [645] Erwähnungen von diesem Habsburger findet sich in der Strafsentenz Papst Clemens VI. vom 17. August 1347, in welcher Ulrich’s Oheim, Leutold v. S., vom Freisinger Domcapitel trotz des Vorbehaltes der Curie zum Bischofe erwählt, mit kirchlichen Strafen bedroht wird, sobald er von dem angemaßten Bisthume nicht abließe. Die gleiche Strafe erscheint auch seinen Verwandten, den Schaunbergern, angedroht, und unter diesen wird auch Ulrich genannt. Da er 1351 – im Todesjahre seines Vaters – als „Jüngling“ (juvenis) bezeichnet erscheint, so dürfen wir ihn nicht älter als 20–21 Jahre schätzen, was mit Rücksicht auf das Spätere von Wichtigkeit ist. Für die Doppelstellung, welche die Grafen v. S. als Insassen des Herzogthums Oesterreich o. d. E. zu den Habsburgern und als Inhaber einer Reichsgrafschaft zu der deutschen Krone einnahmen, bieten die Urtheile vom 7. März und 25. Juli 1355 Belege. In jener verband sich Graf U. mit allen seinen Vesten dem Herzoge Albrecht II. von Oesterreich, in dieser ließ er sich von König Karl IV. zu Regensburg als „Getreuer des heiligen Reiches“ alle Rechte und Freiheiten seiner Vorfahren bestätigen. Sicher ist es, daß der genannte Habsburger den jungen Grafen U. in mehr als einer Richtung begünstigte, um ihn fester an sich zu fesseln. So übertrug er ihm z. B. die Vogtei aller auf dem linken Donauufer gelegenen Besitzungen des Klosters Lilienfeld, und in noch engeren Beziehungen gewahren wir den Grafen mit Herzog Rudolf IV. (1358–65); dieser bezeichnet ihn in Urkunden als „Oheim“ und „Blutsverwandter“ (consanguineus); 1361 erscheint U. als Kämmerer des Herzogs. An allen Unternehmungen des Habsburgers finden wir den Grafen U. betheiligt, so an dem Friauler Feldzuge gegen den Patriarchen Ludovico della Torre (1361) mit 100 Helmen und 100 Schützen, 1362 (Juni) bei der Zusammenkunft Rudolf’s IV. mit den Baiernherzogen, 1363 im Kriege um Tirol als Vertheidiger der Stadt Schärding und 1364 im Feldzuge gegen Baiern. Auch unter den Herzögen Albrecht III. und Leopold III. blieb das befreundete Verhältniß aufrecht. So finden wir ihn 1368, 24. März als Rath der Herzoge mit einer Jahresbesoldung von 1000 Pfund bestellt. In dem Schlußkampf der Habsburger mit Baiern um Tirol 1368–69 spielte Graf U. eine Hauptrolle und war 1369 einer der beiden Schiedsmänner der Schärdinger Friedenseinigung. Damals wurde ihm die Hauptmannschaft des Landes o. d. E. übertragen, und in diesem Amte begegnen wir ihm noch bis zum Jahre 1372. Doch sammeln sich schon Schatten über das Verhältniß zu den Habsburgern, welche bemüht waren, die Lehensleute und Dienstmannen der Grafen v. S. enger an sich zu ziehen und auf diese Weise die Grafen selbst ihrer reichsunmittelbaren Stellung allmählich zu entäußern, sie der eigenen Landeshoheit näher zu verbinden. Zu einem Bruche kam es bei Lebzeiten Ulrich’s (I.) noch nicht. Er starb im besten Mannesalter, ohne Leibeserben, als Gatte Elisabeth’s, Tochter des Hohenzollern Johannes, Burggrafen von Nürnberg, aus dessen Ehe mit Elise Gräfin v. Henneberg. Ein Rückblick auf die Thatsache, daß Graf U. zur Zeit des Ablebens Herzog Albrecht’s II. († 1358) kaum das 28. Lebensjahr überschritten hatte und schwerlich älter denn um 9–10 Jahre als Herzog Rudolf IV. (geboren 1339) war, daß er fromme Stiftungen machte, daß ihn das Kloster Wilhering, eine Familienstiftung der Schaunberger, seinen „freigebigen Wohlthäter und Freund“ nennt – all dies, insbesondere aber der chronologische Sachverhalt machen jene Stelle in den Annalen von Matsee (M. G. XI, 833) sehr unwahrscheinlich, die zu charakteristisch ist, um hier nicht ihre Anführung zu finden. Der Chronist bezeichnet unseren Grafen U. als „Erzieher“ Herzog Rudolf’s IV.; er sei der ärgste Tyrann gewesen, habe den Papst Urban V. einen „Gaisvater“ und die Geistlichen „geweihte Bauern“ gescholten und ketzerische Meinungen über die Seelen der Verstorbenen gehegt. Als eine Seuche [646] unter seinen Pferden ausbrach, habe er geäußert, wenn auch alle dabei zu Grunde gingen, so brauche er doch nicht nach dem Beispiele „des Gottessohnes eine Eselin zu besteigen, da er sich zum Reiten der Bauern bedienen könne“. Er habe die Pfarrgeistlichkeit und das arme Volk mit allerhand neuen Giebigkeiten bedrückt und den Ausspruch gethan, in seiner Grafschaft sei er Papst, König, Bischof und Erzpriester zugleich. Dem Passauer Domcapitel habe er das Nikolauskloster außerhalb der Mauer und andere Klöster und Lehensleute, Höfe, Allode und Felder im Aschacherwinkel gewaltsam entzogen. Seine unsäglichen Uebelthaten hätten auch die Rache des Himmels herausgefordert, wie sich dies an seiner Gattin, der Gräfin von Nürnberg erwiesen, die ein Ungethüm mit vier Füßen und einem Hundskopfe geboren. Obschon Graf Ulrich an Glücksgütern reich gewesen, habe er doch an vielen Gebresten gelitten, und da er die Geistlichkeit immer zu plagen beflissen, ihres letzten Trostes entbehrt; er sei ohne alle Beichte, Reue und Abendmahlsspendung, obschon viele Geistliche bei seinem Ableben anwesend waren, am Donnerstag nach Aschermittwoch i. J. d. H. 1373 dahingegangen. Diese Mittheilungen über die Freigeisterei und Willkür des Grafen Ulrich lassen sich allerdings nicht unbedingt verwerfen, immerhin aber als zweifelhaft kennzeichnen, was jedoch die Angabe über die Rolle desselben als Erzieher Herzog Rudolf’s IV. betrifft, so erscheint es schwer denkbar, daß Herzog Albrecht II. einem jungen Adeligen, der noch 1351 als „Jüngling“ erwähnt erscheint, dies wichtige Amt überlassen hätte. Man glaubt daher, daß dies auf einer Verwechselung mit einem anderen S. (etwa Konrad) beruhe. Oder sollte unter „paedagogus“ nur ein vertrauter Rathgeber und einflußreicher Höfling gemeint sein, gewissermaßen das Vorbild des Herzogs?
- Vgl. Stülz a. a. O. Vgl. s. Abhandl.: Ueber den Grafen Ulrich v. Schaunberg, den angeblichen Erzieher des Herzogs Rudolf IV. von Oesterreich, Arch. f. K. österreich. Geschichtsquellen h. v. d. Wiener k. Akad. d. Wissensch., 8. Bd. (1852) S. 323–331. – Vgl. auch Kurz, Oesterreich unter Herzog Rudolf IV. (1821) und Alf. Huber, Gesch. Herzog Rudolf’s IV. von Oesterreich (1865).
Ulrich (III.), einer der fünf Söhne des Grafen Hanns oder Johannes aus dessen Ehe mit Anna v. Pettau, jüngerer Bruder des Grafen Bernhard (s. o.), der drittgeborene, urk. seit 1435 angeführt, † am 27. December 1484. Im Gegensatze zu seinem Vater und den Brüdern hielt U. mit unentwegter Beharrlichkeit zu dem Herzoge Friedrich V. von Oesterreich (Kaiser Friedrich III.). Der Geschichtsschreiber Enea Silvio sagt von ihm in einem Briefe an den B. Leonhard von Passau: er sei ein über sein Alter verständiger Jüngling, dessen Vater wegen seiner ausnehmenden Weisheit dem Könige Abrecht (II.) sehr willkommen war, und der gegenwärtig dem Könige Friedrich überaus theuer sei. (Das änderte sich allerdings später.) Er dürfe für jedes wichtige Geschäft als wohlberathen gelten. Friedrich verwendete ihn auch damals in Gesellschaft des Grafen Ladislaus Gara und des Kanzlers Kaspar Schlick bei der Unterhandlung mit dem Wojewoden Niklas Ujlaky zu Oedenburg, um diesen zur Reise nach Wien und zur Anerkennung des Königthums Ladislaus Posthumus’ zu vermögen. Als Liebling seiner Mutter Anna v. Pettau erhielt er auch ihr väterliches Erbe und 1449 das Landmarschallamt von Steier als erbliche Würde. Mit seinem jüngeren Bruder Sigismund gab Graf U. dem Könige Friedrich 1452 das Geleite zur Romfahrt und Kaiserkrönung und beide empfingen den Ritterschlag auf der Tiberbrücke von der Hand des Gekrönten. Ulrich folgte auch dem Kaiser nach Wiener-Neustadt und erlebte ihm zur Seite die Belagerung durch das Ständeheer, in welchem wir auch seinem älteren Bruder Bernhard begegnen. Er war auch bei der Auslieferung des kaiserlichen Mündels an die Oesterreicher anwesend. [647] Seine Parteinahme für die Sache des genannten Habsburgers veranlaßte die Feindseligkeiten des Grafen Friedrich von Cilli gegen ihn; die Burgen des Grafen Ulrich, Rabensberg und Leonberg wurden berannt und geschleift. Als Kaiser Friedrich 1458 von dem Hauptmann der weiland Grafen v. Cilli, Jan Witowec, auf der Burg Ober-Cilli belagert wurde, führte Ulrich den Entsatz der Steiermärker, Kärntner und Krainer herbei. Bald (um 1460) begegnen wir dem Grafen U. auch als Landeshauptmann von Krain. Damals hatte sich auch sein jüngerer Bruder von der Sache des Kaisers getrennt, Ulrich war es jedoch, der nach dem Zeugnisse Michel Beheim’s in dessen Buche von den Wienern ein Hilfsheer der Innerösterreicher dem in seiner Wiener Hofburg (1462) belagerten Kaiser zuführte, sich mit der Vorhut des Böhmenkönigs Georg an der Donau vereinigte und beim übereilten Sturme auf die Stadt (19. November) nahezu verunglückt oder gefangen genommen wäre, wenn ihn nicht sein Hofmeister Winzerer und ein Wartenauer heraushieben. Auch als Geisel wurde Graf U. verwendet, als der Bruder und Gegner des Kaisers, Herzog Albrecht VI., sich für den Besuch des Korneuburger Vergleichtages sicher stellen wollte. Friedlich III. war auch sonst dem Grafen verpflichtet, wie dies beispielsweise aus der Urkunde vom 17. Januar 1463 hervorgeht, in welcher der Kaiser dem Grafen für die Schuld von 14 789 Gulden und 428 Pfd. Pf., mit welcher Summe sich U. gegen die Söldnerführer Hinz Smikowski und Hinko Tannfeld verbürgt, die Städte Güns, Eggenburg und Wartenstein verpfändete. Als ein Zeichen besonderer Erkenntlichkeit erscheint die kaiserliche Urkunde vom 15. März 1464, derzufolge Graf U. als „Rath“ des Kaisers verschiedene Vorrechte auf seinen Herrschaften erlangte. – Eine wichtige Rolle spielte Graf U. auch bei der ersten Fehde Baumkircher’s wider den Kaiser vom Jahr 1468, welche mit der „Aynigung und Puntnuß ettlicher Landsleut des Fürstenthums Steier“ anhub. Graf Ulrich als Burgpfleger von Ober-Cilli und Landmarschall und Ulrich v. Graben als Landesverweser der Steiermark waren rasch bei der Hand, erstickten die Gefahr im Keime, machten auch etliche zu Gefangenen und bahnten so den Ausgleich der Aufständischen mit dem Kaiser an. Ueber seine Thätigkeit beim zweiten Aufstände, der eigentlichen Baumkircherfehde (1469–71), sind wir nicht näher unterrichtet; überhaupt tritt er – je weiter desto weniger mit seinem Namen in den Vordergrund des politischen Lebens, obschon er seit dem Ableben des älteren Bruders Bernhard († 8. April 1473) der Senior und das Haupt bei Hauses geworden. Selbstverständlich zogen ihn die weiteren Wirren, die Fehden in Oesterreich, so z. B. die des Jörg Stein gegen den Kaiser und der Krieg des Ungarnkönigs Mathias Corvinus mit Friedrich III. in Mitleidenschaft. So verlor er, als der Corvine 1479/80 die Occupation Innerösterreichs begann, Stadt und Schloß Friedau in Steier. Er war in kirchlichen Stiftungen freigebig und hinterließ (in zweiter Ehe) als Wittwe Margarethe, die Tochter des Kärntner Herrn Andreas v. Kreig, ferner 2 Söhne und 1 Tochter.
- Stülz, a. a, O. – Kurz, Oesterreich unter Kaiser Friedrich IV. 1812. 1. u. 2. Bd. – Bachmann, deutsche Reichsgeschichte im Zeitalter Friedrich III. und Max I. I. 1884. – Muchar, Gesch. d. Herzogthums Steiermark. 8. Bd. 1867. – Krones, Vorarb. z. Quellenkunde u. Gesch. des mittelalterlichen Landtagswesens der Steiermark, in den Beitr. z. G. steierm. Geschichtsquellen 6. Jahrg., 1869 u. Zur Gesch. der Steiermark vor und in den Tagen der Baumkircherfehde 1457–71, Mitth. d. hist. Ver. f. Steierm., 17. Heft. 1869.