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ADB:Rudolf IV. (1339 bis 1365)

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Artikel „Rudolf IV., Herzog von Oesterreich“ von Alfons Huber in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 544–547, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rudolf_IV._(1339_bis_1365)&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:11 Uhr UTC)
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Rudolf IV., Herzog von Oesterreich, Steiermark u. s. w. war der älteste Sohn des Herzogs Albrecht II., des Lahmen, und der Gräfin Johanna von Pfirt, die nach fünfzehnjähriger unfruchtbarer Ehe am 1. November 1339 ihren ersten männlichen Sprößling zur Welt brachte. Nachdem er im April 1353 mit Katharina, der elfjährigen Tochter K. Karl’s IV., vermählt worden war, übertrug ihm sein Vater im Herbste 1357 die Verwaltung der sogenannten österreichischen Vorlande im südwestlichen Deutschland, welche gewöhnlich einen eigenen Regenten in der Person eines jüngeren Gliedes des habsburgischen Hauses [545] hatten. Doch rief ihn der am 20. Juli 1358 erfolgte Tod seines Vaters schon nach zehn Monaten in die östlichen Herzogthümer zurück. Da von seinen drei Brüdern noch keiner das damals zur Volljährigkeit erforderliche Alter von vierzehn Jahren hatte, so führte R. zunächst allein die Regierung der österreichischen Länder.

Der Plan, den R. zunächst zu verwirklichen suchte, war die Gründung eines in sich geschlossenen, von Kaiser und Reich thatsächlich unabhängigen Reichs. Er wollte dieses Ziel durch eine Reihe von Privilegien erreichen, welche den österreichischen Ländern von verschiedenen Königen und Kaisern, theilweise sogar schon von Julius Cäsar und Nero, verliehen sein sollten, in Wirklichkeit aber im Winter von 1358 auf 1359 in der herzoglichen Kanzlei angefertigt wurden, deren Vorstand der Kanzler Johann Ribi aus Lenzburg, später Bischof von Gurk war. Diese Privilegien hätten den Herzog von Oesterreich fast von allen Pflichten gegen das Reich entbunden und ihm seinen Vasallen und Unterthanen gegenüber eine beinahe unbeschränkte Gewalt eingeräumt, zugleich aber auch die gemeinsame Regierung aller Glieder des herzoglichen Hauses wie die Gefahr einer Theilung der habsburgischen Besitzungen beseitigt und die Primogeniturerbfolge eingeführt, wie dies in ähnlicher Weise durch die goldene Bulle vom J. 1356 bezüglich der Kurfürstenthümer festgesetzt worden war. Da der Kaiser, obwol er Rudolf’s Schwiegervater war, diesen Freiheitsbriefen seine Anerkennung versagte, scheute der Herzog auch vor einem Bruche mit demselben nicht zurück. Er ließ sich von diesem nicht belehnen, schloß mit verschiedenen benachbarten Fürsten Bündnisse und legte sich, der Bestimmung eines der gefälschten Privilegien entsprechend, in Urkunden wie auf Siegeln den Titel „Pfalzerzherzog“ bei und zwar nicht bloß von Oesterreich, Steiermark und Kärnten, sondern auch von Schwaben und Elsaß, wo er wohl ausgedehnte Gebiete, aber nicht die Herzogswürde besaß. Wiederholt schien es zwischen dem Kaiser und seinem Schwiegersohne zum Kriege zu kommen. Die Feindseligkeiten des Patriarchen von Aquileja gegen Rudolf und seine Unterthanen bewogen endlich den Herzog im Juni 1361 den Forderungen des Kaisers sich zu fügen und die angemaßten Titel und Insignien abzulegen. Aber schon am Ende dieses Jahres nahm er wieder den Titel „Erzherzog“ an, um auszudrücken, daß er eine höhere Stellung beanspruchen könne als ein gewöhnlicher Herzog und schloß ein Bündniß mit dem Könige Ludwig von Ungarn, der wegen einer beleidigenden Aeußerung des Kaisers über seine Mutter denselben bekriegen wollte und im Sommer 1362 im Bunde mit Polen und Oesterreich auch wirklich die Feindseligkeiten begann, ohne daß es übrigens zu größeren Unternehmungen kam.

Die Aufmerksamkeit Rudolf’s wurde bald vorzüglich durch die Vorgänge in Tirol in Anspruch genommen. Der älteste Sohn Ludwig’s des Baiern, Markgraf Ludwig von Brandenburg, der im J. 1342 die Herrin von Tirol, Margaretha „Maultasch“, geheirathet hatte, war am 17. September 1361 mit Hinterlassung eines einzigen Sohnes Meinhard III. aus dem Leben geschieden. Starb auch dieser, der ein kränklicher Jüngling gewesen zu sein scheint, ohne Nachkommen, so mußte von seinen Ländern Oberbaiern an die Wittelsbacher kommen, Tirol aber an seine Mutter zurückfallen. Margaretha’s nächste Verwandte waren die Herzoge von Oesterreich, da Albrecht II. ein Sohn der Schwester ihres Vaters gewesen war. Dieselben waren daher die gesetzlichen Erben der Allodialbesitzungen des Hauses Görz-Tirol, während die Lehen, also auch die verschiedenen Grafschaften, aus denen Tirol zusammengesetzt war, nach dem damals geltenden Rechte an die Lehensherrn d. h. die Bischöfe von Trient und Brixen hätten zurückfallen sollen. Nur hatte man in dieser Zeit keine bestimmte Kenntniß [546] mehr davon, daß die meisten Gebiete des damaligen Tirol Lehen der genannten Hochstifter waren, man hatte in letzter Zeit Tirol als Reichslehen oder auch als Privatgut des regierenden Hauses angesehen. Margaretha selbst hatte, nachdem es den Bemühungen Albrecht’s II. und Rudolf’s IV. von Oesterreich gelungen war, ihre Lossprechung vom Banne und die kirchliche Anerkennung ihrer Ehe zu erwirken, ihrer Dankbarkeit dadurch Ausdruck gegeben, daß sie am 2. September 1359 dem Herzoge Rudolf und seinen Brüdern das Land Tirol vermachte, wenn sie, ihr Gemahl und ihr Sohn ohne leibliche Nachkommen mit Tod abgingen. Rudolf hatte von dieser Zeit an die Vorgänge in Tirol scharf im Auge behalten und wahrscheinlich ist es die Nachricht von der Erkrankung Meinhard’s III. gewesen, die ihn bewogen hat, nach Neujahr 1363 mit seinem Kanzler nach Tirol abzureisen, so daß er schon wenige Tage nach dem am 13. Januar erfolgten Tode des jungen Herzogs im Lande eintraf. Da Margaretha gegen die Wittelsbacher, welche nicht blos Oberbaiern in Besitz nahmen, sondern auch auf Tirol Ansprüche erhoben, nur bei Oesterreich Schutz finden konnte, so kam sie den Wünschen Rudolf’s auf das bereitwilligste entgegen. Am 26. Januar 1363 übergab sie ihm und seinen Brüdern als ihren nächsten Verwandten das Land Tirol, dessen Herren sie fortan sein sollten und befahl allen Unterthanen, denselben den Eid der Treue zu schwören. Doch sollte sie bis zu ihrem Tode im Namen der Herzoge die Regierung führen und von ihnen im Besitze des Landes geschützt werden. Da übrigens der von Seite Baierns drohende Angriff in Tirol eine kräftigere Regierung nothwendig erscheinen ließ, als man von einer schwachen Frau erwarten durfte, so brachte es R. auf einer neuen Reise nach Tirol dahin, daß Margaretha gegen Anweisung großer Güter und reichlicher Einkünfte am 2. September abdankte und schon jetzt alle Gewalt den Herzogen von Oesterreich übertrug. Diese Gelegenheit benutzte R. auch dazu, um die Stellung Tirols zum Hochstift Trient zu ordnen, dessen Gebiet Ludwig der Brandenburger im J. 1347 wegen der feindseligen Stellung, welche der damalige Bischof im Bunde mit Karl IV. gegen ihn eingenommen, occupirt und bisher noch nie zurückgegeben hatte. R. stellte dem gegenwärtigen Bischofe Albrecht von Ortenburg, welcher der Verwendung Oesterreichs seine Würde verdankt zu haben scheint, dasselbe zurück, aber unter so drückenden Bedingungen, daß sie fast einer Säcularisirung gleichkamen und fortan der Herzog der eigentliche Oberherr des Stiftsgebietes war.

Der Kampf um Tirol wurde unter R. nicht mehr beendet. Die Angriffe, welche die Baiern im Herbst und Winter 1363 gegen Tirol und im Sommer 1364 gegen Oberösterreich und die Besitzungen des mit R. verbündeten Erzbischofs von Salzburg richteten, blieben ohne Ergebniß und führten dann zu einem Waffenstillstande, der wegen der Erschöpfung beider Theile wiederholt verlängert wurde. Der Kaiser, der im Februar 1364 auf einem großen Fürstencongreß in Brünn mit Ungarn und Oesterreich Frieden schloß, bestätigte bei dieser Gelegenheit auch die Schenkung Tirols an den Herzog R. und seine Brüder.

Auf dem Fürstencongreß in Brünn kam auch noch eine andere Angelegenheit zum Abschluß, die Erbverbrüderung zwischen den Häusern Habsburg und Luxemburg. Der Gedanke, auf diesem Wege die deutschösterreichischen, die ungarischen und böhmischen Länder zu vereinigen, ist ohne Zweifel vom Herzoge R. ausgegangen, der so mit einem gewissen Rechte als der Begründer des gegenwärtigen österreichischen Kaiserstaates angesehen werden kann. Denn wie in Brünn die Habsburger und Luxemburger für den Fall des Aussterbens eines der beiden Herrscherhäuser sich gegenseitig die Nachfolge in ihren Ländern zusicherten, so hatte R. schon früher, wahrscheinlich bei Gelegenheit des Bündnisses, das er im December [547] 1361 mit dem ungarischen Könige einging, einen ähnlichen Vertrag mit dem in Ungarn regierenden Geschlechte der Anjous abgeschlossen. Im Juni 1364 brachte er auch noch einen der beiden Grafen von Görz dahin, daß er seine Besitzungen den Herzogen von Oesterreich vermachte, wenn er ohne Hinterlassung von Kindern mit Tod abginge, was dann in der That der Fall gewesen ist. Wie für die Vergrößerung der Besitzungen seines Hauses, so ist R. auch für die Hebung derselben im Innern, für die Förderung der materiellen Interessen und der Künste und Wissenschaften ununterbrochen und mit Erfolg thätig gewesen. Die Gründung der Wiener Universität im J. 1365 und der Bau des St. Stephansdomes werden seinem Namen immer ein ehrendes Andenken erhalten.

Was R. erstrebt und erreicht hat, verdient um so mehr Anerkennung, als seinem Wirken ein sehr frühes Ende gemacht wurde. Denn als er im Juni 1365 eine Reise nach Mailand unternahm, um gegen den Patriarchen von Aquileja und dessen Bundesgenossen Franz von Carrara, Herrn von Padua, die Unterstützung der Visconti zu erlangen, erkrankte er daselbst und wurde, noch nicht einmal sechsundzwanzig Jahre alt, am 27. Juli von einem frühen Tode hinweggerafft.

Fr. Kurz, Oesterreich unter H. Rudolf dem Vierten, Linz 1821. – A. Huber, Geschichte des Herzogs Rudolf IV. von Oesterreich, Innsbruck 1865. – Vgl. auch A. Huber, Geschichte Oesterreichs II, Gotha 1885.