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ADB:Rudolf II. (Pfalzgraf bei Rhein)

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Artikel „Rudolf II., Pfalzgraf bei Rhein“ von Jakob Wille in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 551–554, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rudolf_II._(Pfalzgraf_bei_Rhein)&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 06:55 Uhr UTC)
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Rudolf II., Pfalzgraf bei Rhein und Kurfürst von der Pfalz, war geboren am 8. August 1306 zu Wolfratshausen als der zweite Sohn Rudolf’s I. und dessen Frau Mechtild, König Adolf’s von Nassau Tochter. Unter den schreckhaften Eindrücken der bitteren Feindschaft, welche seinen Vater und Oheim entzweite, wuchs der Knabe auf, mehr als einmal wird er die blutigen Spuren des endlosen Bruderkrieges selbst gesehen, wird er eingeschlossen in die Burgen des Vaters die Schrecken der Belagerung erlebt haben. So wird er seinem Vater und der von unversöhnlichem Hasse gegen Ludwig den Baiern erfüllten Mutter auch in die Rheinpfalz gefolgt sein, wo beide unterstützt von den Anhängern Friedrich’s von Oesterreich ihr Erbtheil gegen die Angriffe Ludwig’s zu retten suchten. Nach dem Tode seines Vaters (12. August 1319[WS 1]) stand er mit seiner Mutter Mechtild und seinen Brüdern, dem alteren Adolf und dem jüngeren Ruprecht unter der Vormundschaft des Grafen Johann von Nassau (aus der Ottonischen Linie), der ein eifriger Anhänger der österreichischen Partei und treuer Bundesgenosse der verwittweten Pfalzgräfin war. Auf einer der Heidelberger Burgen, wo sie nach dem Tode ihres Mannes Schutz fand, wird auch der dreizehnjährige R. die nächsten Jahre mitten im Getümmel des Krieges zugebracht haben. Ludwig der Baier hatte mit vollem Rechte auf Grund des mit Rudolf I. am 26. Februar 1317 abgeschlossenen Vertrages von der Rheinpfalz Besitz genommen und es gelang seinen Waffen, die Macht seiner Gegner in kurzer Zeit zu brechen. Im August 1322 fand der Krieg sein Ende, aber erst nach Mechtild’s Tode (19. Juni 1323), deren Haß gegen Ludwig eine dauernde Versöhnung [552] unmöglich machte, kam es zwischen dem König und den drei Neffen zu einer Annäherung. Nicht ohne Einfluß auf die wittelsbach’schen Familien- und Landesinteressen war die zwischen Ludwig dem Baier und den Habsburgern damals versuchte Aussöhnung. Friedrich und Leopold von Oesterreich waren sogar als Schiedsleute zu einer Landestheilung von Pfalz und Baiern bestellt (1326), ein Versuch, der zwar vorerst vereitelt doch für das wittelsbach’sche Haus das Vorzeichen ruhigerer Tage war. Während nach dem Tode des Pfalzgrafen Adolf (29. Januar 1327) der jüngste seiner Brüder Ruprecht daran dachte, sein Erbtheil mit Waffengewalt zu gewinnen, blieb R. seinem Oheim ergeben. Er begleitete ihn auf seinem Römerzuge (1328), er verhandelt zu Rom am 14. April 1328 zugleich im Namen seines Bruders und Neffen Ruprecht, Herzog Adolf’s Sohn, noch einmal wegen einer Landestheilung und eilte bald darnach ohne Zweifel um die Versöhnung zum endlichen Abschluß zu bringen, nach München zurück. Ende des Jahres hatte er sogar in Oberbaiern Regierungshandlungen ausgeübt. Ludwig der Baier, von seinen italienischen Freunden verlassen, vom Papste Johann XXII. bedrängt, mochte eingesehen haben, daß ihm die Freundschaft der Neffen, deren Erbtheil er doch nicht immer vorenthalten konnte, zur Befestigung seiner Stellung im Reiche nur von Vortheil sein könnte und schloß zu Pavia am 4. August 1329 mit ihnen jenen berühmten Hausvertrag, nach welchem die Rheinpfalz und weitaus der größte Theil der nordgauischen Lande (seitdem Oberpfalz genannt) an R. II. und Ruprecht und dessen Neffen Ruprecht den Jüngeren fiel, während Oberbaiern und der Rest von Oberpfalz Ludwig dem Baier und seinen Söhnen verblieb. Da Ruprecht der Jüngere noch unmündig war, traten nun R. und sein Bruder gemeinsam die Regierung an. Doppelregierungen sind nie für die wittelsbach’schen Lande von Vortheil gewesen. Aber für die Pfalz war es ein Glück, daß ein Mann ohne Charakterfestigkeit, ohne große politische Ziele und von bedauernswerther Schwäche bald vor seinem thatkräftigen lebensklugen und politisch begabten Bruder Ruprecht an Einfluß zurücktrat. Gemeinsam nahmen beide an dem kaiserlichen Landfrieden von 1332 und 1334 theil, dann gingen sie wenigstens in der inneren Verwaltung des Landes auseinander. Ohne Zweifel, weil Ruprecht der Jüngere sein Erbe beanspruchte, theilten die beiden Brüder und der Neffe am 18. Februar 1338 ihre Lande, wonach R. nur ein kleines Stück der pfälzischen Lande zufiel, darunter Neustadt mit der Burg Winzingen, die fortan ein Lieblingsaufenthalt des Pfalzgrafen blieb. Ruprecht dem Aelteren und Jüngeren verblieb Heidelberg die Stadt mit ihren zwei Burgen, bald die eigentliche Residenz der Pfalzgrafschaft. Trotz dieser Theilung, die noch den Charakter einer Nutzungstheilung trägt, treten die Brüder nach außen hin als die Repräsentanten der Pfalzgrafschaft gemeinsam auf. R. blieb ein treuer Anhänger Ludwig’s des Baiern, der gerade jetzt mit der Curie zu Avignon in erbittertem Streite lag und auch dem König Johann von Böhmen gegenüber schweren Stand hatte. Gemeinsam mit Ruprecht schloß er 1331 mit dem Kaiser ein Bündniß. Auch war R. an den Versöhnungsverhandlungen seines Oheims mit Benedict XII. (15. April 1336) nicht unbetheiligt. Zu Lahnstein (15. Juli 1338) und Rhense trat er mit den anderen Kurfürsten für die Wahlfreiheit des Reichs gegenüber den Anmaßungen des Papstes ein, ohne daß uns bekannt ist, wie weit er Ruprecht dem älteren gegenüber selbständig handelte. Mit ihnen hatte auch Herzog Stephan von der baierischen Linie als Vertreter der Pfalzgrafschaft das Weisthum von Rhense unterzeichnet. Um jedem Streite über die Kur und die Theilnahme an den Reichsgeschäften abzuhelfen, bestimmte aber jetzt Kaiser Ludwig (11. August 1338), daß nur dem ältesten der zur Wahl berechtigten Linie die Ausübung der Kur zustehe. Darnach hatte bei der nächsten Vacanz R. allein die Stimme [553] zu führen. Ein paar Tage zuvor hatte er sich von R. diesen Act genehmigen lassen. Am 23. Juni 1338 schloß der Pfalzgraf mit dem Kaiser ein Bündniß und vermachte für den Fall seines Todes ohne männliche Erben alle seine Lande des Kaisers Söhnen, welche für Rudolf’s hinterlassenen Töchter zu sorgen hatten, ja er übergab Ludwig dem Baier sogar sein Land in Pflege und 1341 auf vier Jahre in Schutz und Verwaltung, wofür der Kaiser die Zahlung seiner Schulden übernahm, und erneuerte das Vermächtniß für dessen Söhne. Beide ernannten Engelhard von Hirschhorn zum Amtmann und Vitzthum der pfälzischen Lande. Freilich tauschte auch R., der fast alle Selbständigkeit preisgegeben hatte, vom Kaiser manche Privilegien ein. Schon 1330 erhielt er die Gerichtsbarkeit ohne höhere Instanz, Freiheitsbriefe anderer Art folgten im Laufe der Jahre nach. Im Dienste des Reichs bekriegt er Mitte August 1339 mit dem Straßburger Domcustos Konrad v. Kirkel und Propst Johann von Lichtenberg den Bischof Berthold v. Buchegg, welcher mit seinem hohen Klerus im Streit lag und auch Ludwig die Huldigung verweigerte. Auch territoriale Interessen verbanden sich mit diesem Zuge für Aufrechthaltung des kaiserlichen Landfriedens, denn R. lag mit dem Bundesgenossen des Straßburger Bischofs, mit Hanemann von Lichtenberg wiederum in Fehde. R. eroberte Brumat und brandschatzte mit seinem Heere die Umgegend. So zeigte sich der Pfalzgraf auch stets als Freund des Kaisers. Aus Anhänglichkeit an den Oheim soll er (1342) die ihm angebotene Königskrone ausgeschlagen haben und vergeblich hatte Clemens VI. ihn für die Wahl Karl’s von Mähren zu gewinnen gesucht (1346). Bei der Wahl Eduard’s III. von England und Günther’s (1349) hatte er seinen Bruder Ruprecht bevollmächtigt. Beide waren die mächtigsten Stützen des Schwarzburgers. Aber nur Ruprecht zeigte sich charakterfest und der diplomatischen Gewandtheit Karl’s gelang es, den schwachen R. zum Treubruch gegen seinen Candidaten zu bewegen. Am 4. März 1349, nur ein paar Wochen nachdem R. selbst die Wahl Günther’s zu Frankfurt verkündigt hatte, ward seine jugendliche Tochter Anna dem König Karl verlobt. Mit seinem Abfall sank auch Günther’s Widerstand. Als Mitgift erhielt Anna 6000 Mark Silber, wofür einige Plätze der Oberpfalz verpfändet wurden und 9000 Mark Morgengabe; für den Todesfall des Vaters ohne männliche Erben, erhielt sie die Nachfolge in allen seinen Fürstenthümern. Karl sollte schon jetzt Eventualhuldigung geleistet werden, schon jetzt räumte er dem Kaiser bedeutenden Einfluß auf die Regierung seiner Lande ein, indem er seine Burggrafen und Amtleute ganz nach dem Willen Karl’s einzusetzen versprach. Ein Schutz- und Trutzbündniß bekräftigte diesen Heirathsact, der ganz jenem Pacte gleicht, durch welchen einstens Rudolf’s Vater die Hand einer allerdings armen Königstochter erobert hatte. Erst nach einigen Jahren wagte Karl diese Abmachungen öffentlich bekannt zu geben und bewog den branderburgischen Markgrafen zur Verzichtleistung auf das ihnen bereits 1338 gemachte Vermächtniß, nur daß die letzten sich die mit der Pfalzgrafschaft verbundenen Rechte bewahrten. Nach Anna’s Tode ohne Erben, was sich ja auch bald erfüllte, sollten die Lande wieder heimfallen und Karl sie nur bis zur Bezahlung von Rudolf’s Schulden behalten. Doch dem klugen Luxemburger fielen die vielgesuchten oberpfälzischen durch andere glückliche Umstände zu. R. hatte alsdann seinem Schwiegervater zur Unterwerfung Günther’s bedeutende Kriegshülfe zugeführt und an den Verhandlungen im Lager zu Eltvil theil genommen, welche nach Abdankung des todtkranken Gegenkönigs auch dessen letzten Getreuen, den Pfalzgrafen Ruprecht dem Luxemburger verpflichteten. Die schmachvolle Preisgebung Günther’s war Rudolf’s letzte politische That. Körperliche Leiden scheinen ihn bewogen haben, den Reichsgeschäften und der Regierung des Landes zu entsagen. Die letzten Jahre hatte er sich nach Neustadt, seinem [554] Lieblingsaufenthalt zurückgezogen. Ein schweres Augenleiden, wenn nicht gar Blindheit lastet auf seinen letzten Tagen. Die Nachwelt hat ihm den Beinamen des Blinden gegeben, den er jetzt in den Annalen der pfälzischen Geschichte führt. Blindheit charakterisirt auch seine politische Thätigkeit, die wenig rühmliche Spuren hinterlassen hat und in vielen Dingen auch dem forschenden Historiker noch dunkel und räthselhaft bleibt. Am 4. October 1353 starb er zu Neustadt; noch auf seinem Sterbebette erhob er die dortige Kirche zu einem Collegiatstift. Ein von rohen Händen verstümmeltes Grabmonument bezeichnet dort heute noch seine Ruhestätte. Neben ihm ruht seine zweite Gemahlin Margaretha, Tochter König Friedrich’s II. von Sicilien aus dem Hause Arragonien, die kinderlos 1377 starb. Seine erste Frau Anna, Tochter Herzogs Otto II. von Kärnten und Grafen von Görz und Tirol hatte ihm nur eine gleichnamige Tochter hinterlassen, der es nur kurze Zeit beschieden war, ein königliches Diadem zu tragen.

Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz I. – Riezler, Geschichte Baierns II. – Werunsky, Geschichte Kaiser Karl’s IV. II. – Regesten der Pfalzgrafen bei Rhein (1214–1400), hrsg. von Koch und Wille. Lief. 2.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1219