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ADB:Rasche, Johann Christoph

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Artikel „Rasche, Johann Christoph“ von Max Bendiner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 316–318, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rasche,_Johann_Christoph&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 08:30 Uhr UTC)
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Rasche: Johann Christoph R. wurde am 21. October 1733 zu Scherbda geboren, einem Dorfe in der Nähe von Eisenach, wo sein Vater, Nikolaus R., das Pfarramt verwaltete. Kaum hatte der Knabe das vierte Lebensjahr vollendet, so begann bereits der Schulbesuch für ihn, dessen fernerer wechselvoller Gang nicht unerwähnt bleiben darf. Die Anfangsgründe menschlicher Bildung wurden ihm in der Schule des heimathlichen Dorfes beigebracht, darauf gelangte er 1744 auf die Lateinschule zu Kreuzburg, wurde aber schon nach einem Jahre zurückgeholt, um zu Hause theils vom Vater, theils von einem Hauslehrer den weiteren Unterricht zu erhalten. Doch auch dies währte nur ein Jahr: 1745 starben beide Eltern, und nun nahm der Vormund, Johann Heinrich Rasche, den heranwachsenden Jüngling zu sich auf sein Gut zu Dielsdorf bei Erfurt. Wiederum blieb er hier nur ein Jahr; denn 1746 kam er nach Meiningen, um das dortige Lyceum zu besuchen. Bis zum Jahre 1751 war er Schüler dieser Anstalt, dann verließ er sie und bezog die Universität Jena mit der Absicht, Medicin zu studiren. Indessen gar bald wandte er sich von der Heilkunde ab und widmete sich fünf Jahre hindurch der Gottesgelahrtheit[WS 1]. Noch war er Student, als er durch dichterische und schriftstellerische Versuche auch über sein engeres Vaterland hinaus sich bekannt machte: kaum 20 Jahre alt, wurde er 1753 von der Gesellschaft der schönen Wissenschaften und freien Künste zu Leipzig, in der allerdings Herr Gottsched als Herrscher thronte, zum Mitgliede ernannt. – 1755 ward R. Magister der Philosophie und gleich darauf Vicar zu Offenbach am Main. Später predigte er in Frankfurt, wo ihn 1759 der Herzog Anton Ulrich von Meiningen hörte und ihn nach Meiningen als Rector an das Lyceum berief, an dieselbe Anstalt, in der er nur acht Jahre früher noch als Schüler geweilt hatte. Vier Jahre wirkte er hier, dann wurde er seiner Neigung gemäß 1763 als Pfarrer nach Untermaßfeld bei Meiningen versetzt. In dieser Stellung [317] blieb er nun dauernd, und seine Thätigkeit als Seelsorger wird dadurch gekennzeichnet, daß seine Gemeinde ihm bis zum Tode treue Liebe und Anhänglichkeit widmete. Nachdem er noch zum Adjuncten und Assessor des geistlichen Untergerichtes zu Maßfeld ernannt war, starb er am 21. April 1805. Rasche’s Charakter zeichnet sich vor Allem durch einen unerschütterlichen Gleichmuth aus, daneben war er aber stets voll Fröhlichkeit und verschmähte selbst den kleinsten Tropfen Freude nicht. Voll regen Geistes begnügte er sich nicht mit dem engen Wirkungskreis, der ihm innerhalb seines Berufes zugewiesen war, sondern strebte darnach, durch eine wissenschaftliche Thätigkeit auch über die Marken seines Dorfes hinaus zu wirken.

Rasche’s litterarische Thätigkeit zeichnet sich durch eine ungemein reiche Mannigfaltigkeit der behandelten Gegenstände aus, ohne daß es ihm jemals gelungen wäre, etwas Bedeutenderes und Nachhaltigeres zu schaffen. Zuerst trat er 1753–54 mit zwei Bänden Gedichte hervor: „Etwas zum lehrreichen Vergnügen“. Hier zeigte er sich als rechten, treuen Schüler Gottsched’s: die Hochzeits-, Leichen-, Promotions- und Abschiedsgedichte, welche die beiden Bände füllen, sind nur zu deutlich dem Vorbilde nachgezeichnet, und dasselbe muß von den „Oden“, die 1759 erschienen, gesagt werden. Als aber der Herrscher im Reiche der Dichtkunst den Bestrebungen der Schweizer, dann Klopstock’s und Lessing’s weichen mußte, da wandte auch R. sich von der Poesie ab. Es entstanden nun eine Reihe von Schriften aus allen Gebieten: neben einem Buche: „Urtheile über das Verhalten der Menschen“ finden wir „Die Kunst, teutsche Briefe abzufassen“, neben der Erörterung der Frage: „Wer war unter Englands Königinnen Elisabeth oder Maria eine bessere Christin“? eine „Praktische Anweisung zu Briefen an Frauenzimmer“ und „Die Kunst, Nelken zu ziehen“. Indessen bald wurde er durch einen Zufall von dieser zweck- und ziellosen Vielschreiberei weg zu einem wirklich wissenschaftlichen Arbeiten geführt. Bei einem Trödler wurde er auf einige römische Münzen aufmerksam, es ergriff ihn der Sammeleifer, und hieraus entsprang die Lust, seine Sammlungen auch wissenschaftlich auszubeuten. Als erstes Ergebniß der neuen Studien erschien 1777 ein kurzes „Lexicon abruptionum, quae in numismatibus Romanorum occurrunt“. In diesem Büchlein wird zum ersten Male eine scharfe Grenzlinie zwischen der numismatischen Epigraphik und den Inschriften auf Denkmalen gezogen, nur die Abkürzungen, welche sich auf römischen Münzen finden, werden behandelt. Ist auch das Werk für heutige Zwecke nicht umfassend genug, so bleibt es doch immerhin ein interessanter Versuch, der in der Geschichte der Wissenschaft einen ehrenvollen Platz einnimmt. Indessen mit dem folgenden Buche, „Roms vormalige Verfassung zu deutlicher Aufklärung alter Schriftsteller, antiker Münzen, Gemmen, Inschriften und anderer römischer Denkmale“, 1778, scheint R. sich wieder von der Wissenschaft abwenden zu wollen. Das Buch ist unselbständig und oberflächlich, dabei uninteressant geschrieben. Allerdings sollte es keinen wissenschaftlichen Zweck verfolgen; „jungen Cavalieren, dem Frauenzimmer, den Künstlern wünschte ich ein Handbuch zu geben“. Das bedeutendste Werk Rasche’s, das die Arbeit vieler Jahre in sich schließt, ist das „Lexicon universae rei numariae veterum et praecipue Graecorum ac Romanorum“. Dasselbe erschien 1785–1796, von Christian Gottlieb Heyne mit einer eingehenden Vorrede ausgestattet. Nur wenige encyklopädische Werke des vorigen Jahrhunderts giebt es, die mit Rasche’s Lexikon, was die Gründlichkeit der Ausführung anbetrifft, verglichen werden können. Es umfaßt die gesammte classische Münzkunde und muß in der Zusammenstellung der Litteratur auch heute noch als sehr brauchbar bezeichnet werden. Dagegen vermag es in kritischer Beziehung unseren Anforderungen nicht mehr zu entsprechen. Christian Rasche’s wissenschaftliches Streben, obgleich es [318] nur im engen Kreise der Fachgenossen wirkte, verdient doch die gebührende Anerkennung; stets werden wir den Fleiß und die Anstrengung bewundern müssen, mit der er sich von der oberflächlichen Bildung, wie sie durch die damals beliebte Erziehungsweise bedingt wurde, losringen und zu einer wahren Wissenschaftlichkeit gelangen konnte.

G. Emmrich, J. C. Rasche, im herzogl. Sachsen Coburg-Meiningischen jährl. gemeinnützigen Taschenbuch, 1807. – Jenaische Allgem. Litteratur-Zeitung, 1805. – Meusel’s gelehrtes Teutschland.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Gottesgelahrheit