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ADB:Pfannschmidt, Karl Gottfried

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Artikel „Pfannschmidt, Karl Gottfried“ von Franz Weinitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 606–609, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pfannschmidt,_Karl_Gottfried&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:26 Uhr UTC)
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Pfannschmidt: Karl Gottfried P., Geschichtsmaler, wurde geboren am 15. September 1819 zu Mühlhausen i. Th. als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns, welcher der Erziehung seiner Kinder alle Sorgfalt angedeihen ließ. Schon frühzeitig gab P. Beweise seiner Begabung für das Zeichnen, worin er von dem Zeichenlehrer des Gymnasiums, K. Dettmann, mit Eifer gefördert [607] wurde, so daß allmählich in dem Knaben der Entschluß reifte, sich dem Künstlerberufe zu widmen. Nur zögernd gaben die Eltern dem Willen des Sohnes nach, welcher im März 1835 nach Berlin zog, um dort auf der Akademie, der J. G. Schadow vorstand, die angefangenen Studien fortzusetzen. Mit einer Empfehlung an seinen Landsmann, den damals schon in angesehener Stellung wirkenden Architekten F. A. Stüler, versehen, wurde er von demselben den Malern K. Biermann und Ed. Daege zugeführt. Auf der Akademie zeichnete sich P. als eifriger und befähigter Schüler so aus, daß Schadow bei der Durchsicht einiger seiner Compositionen, unter welchen ihm die Zeichnung: „Einzug Christi in Jerusalem“ besonders gefiel, die anerkennenden Worte aussprach: Der Mensch hat Phantasie! Nachdem P. die ersten Jahre bei Biermann fast ausschließlich Landschaften gemalt hatte, bestimmte ihn dieser selbst, in richtiger Erkenntniß der wahren Begabung seines Schülers, sich der Geschichtsmalerei unter Daege’s Leitung zuzuwenden. Gleich so vielen seiner Kunstgenossen zog es auch P. nach München, Cornelius’ Werke zu schauen und mit dem Meister selbst in Verkehr zu treten. Diesen sollte er nicht mehr dort antreffen; um so eingehender betrachtete er seine Schöpfungen, trat auch mit Kaulbach in Beziehungen, welcher ihm rieth, Cornelius fleißig zu studiren und gründlich die Bibel zu lesen. Im Herbst 1841 traf P. in Berlin bei dem Kunstfreunde Grafen A. Raczynski zum erstenmal mit Cornelius zusammen, welcher ihm zurief: Ich kenne Sie schon; besuchen Sie mich! Der mit diesem Tage beginnende nahe Verkehr zwischen Beiden führte bald von Seiten Cornelius’ den Auftrag an P. herbei, an C. Hermanns Stelle bei der Ausschmückung der Vorhalle des Alten Museums nach Schinkel’s Entwürfen mitzuarbeiten.

Auch P. zog es mit unwiderstehlicher Gewalt über die Berge nach dem gelobten Lande der Kunst, welches er später noch dreimal wiedersah. Den Hinweg nahm er über Frankfurt a. M., Straßburg und Basel, durchzog die Halbinsel von den Alpen bis nach Sicilien und kehrte dann, nach mehr als einjähriger Abwesenheit, mit einer reichen Fülle von Eindrücken und Studien, im Herbst 1845 nach Deutschland zurück. Mit der Rückkehr Pfannschmidt’s nach Berlin beginnt die erst durch den Tod unterbrochene Folge jener reichen künstlerischen Thätigkeit, welche seinen Namen den Ersten auf dem Gebiete der neueren deutschen religiösen Malerei beigesellt. Den Restaurationsarbeiten an alten Wandgemälden in der Liebfrauenkirche zu Halberstadt (1847) folgt die Mitarbeit an dem Freskogemälde Kaulbach’s, dem Thurmbau zu Babel im Treppenhause des Neuen Museums. Darauf schuf er das Freskogemälde im Mausoleum in Charlottenburg (1850); das Abendmahl in der Capelle des Berliner Schlosses (1851). An geweihter Stätte befinden sich ferner in Berlin von Pfannschmidt’s Gemälden: Die Kreuzabnahme in der Capelle des Krankenhauses Bethanien (1870), zwei Votivbilder: Christus und Maria (1875) und Christus und Nicodemus (1877) in der Matthäikirche, Christus und Magdalena am Auferstehungsmorgen (1882) in der Zwölfapostelkirche, Die Anbetung der Weisen aus dem Morgenlande (1885) in der Capelle des Domcandidatenstifts, an einem Erbbegräbniß des Dreifaltigkeitskirchhofs mehrere Mosaikgemälde nach des Künstlers Entwürfen (1876). Eine bedeutendere Anzahl seiner Werke schmückt Kirchen außerhalb Berlins. In Schwerin, Barth bei Stralsund, Königsberg i. N., Altenkirchen auf Rügen, Benzin bei Wolgast, Schlobitten in W. P., Brandenburg a. H., Bremen, in seiner Vaterstadt, in Demmin zeugen tiefempfundene und künstlerisch durchgeführte Altarbilder von dem frommen Sinn und der Meisterschaft ihres Schöpfers. Nach Entwürfen und Cartons Pfannschmidt’s wurden Glasfenster ausgeführt für die Nikolaikirche in Berlin, den Dom zu Magdeburg, die Garnisonkirche in Stuttgart und Kloster Preetz bei Kiel.

[608] Mehr als bei den meisten anderen Künstlern spricht aus den Werken Pfannschmidt’s sein eigenes Empfinden zu uns. Als strenggläubiger protestantischer Christ erachtet er es für seine schönste und höchste Aufgabe, seiner Kirche durch seine Kunst zu dienen. Schlichte aber edele Linienführung, ruhiger Schmelz der Farben genügen ihm für seine Schilderungen. Durch den Inhalt vor allem, nicht durch äußere farbige Reize will er den Beschauer fesseln, ihn trösten, mahnen, bekehren. Deßhalb griff er auch gern zum Zeichenstift, um in Bilderfolgen Scenen aus dem alten und neuen Testament zur Darstellung zu bringen. Aus dem Jahre 1847 sind die Blätter, welche ihren Stoff der Schöpfungsgeschichte entnehmen (im Besitz der Familie des Künstlers). Ein Blatt aus dieser Folge: Noah’s Einzug in die Arche, übertrug er in großem Maßstab und schickte den Carton auf die Akademische Ausstellung vom Jahre 1848, wodurch Pfannschmidt’s Name zum erstenmal weiteren Kreisen bekannt wurde. Die zweite Bilderfolge: Die Aussetzung und Auffindung Moses’, erstand im J. 1866. In echt künstlerischer Weise hat hier P. die Innigkeit der Mutterliebe und -sorge zum Ausdruck gebracht (gestochen von Ludy). In die Zeit von 1872–75 fallen die acht Zeichnungen, welche der Künstler „Das Wehen des Gerichts. Weckstimmen aus der heiligen Schrift“ genannt hat. Edle Compositionen, welche die Mahnung zur Einkehr und Buße in packender Weise, wie z. B. in den Darstellungen des armen Lazarus und des reichen Mannes zum Ausdruck bringen (herausgegeben im Verlag der Berliner Photographischen Gesellschaft 1887). Die königl. Nationalgalerie in Berlin besitzt die aus sechs Blättern bestehende Folge von Darstellungen zur Geschichte des Propheten Daniel. Tiefe der Empfindung und meisterhafte Ausführung verleihen diesen Zeichnungen einen ganz besonderen Kunstwerth. Als die reifste Frucht seines Schaffens auf diesem Gebiete ist Das Vaterunser zu betrachten (1880–83), gleichfalls acht größere Blätter, durch Gedankentiefe und Hoheit der künstlerischen Auffassung gleich hervorragend (große goldene Medaille von 1884, nicht veröffentlicht, im Besitz der Familie).

P. war eine vielseitige Künstlernatur. Nicht nur auf dem Gebiete der Malerei war er ein Meister. Er verstand es auch mit Geschick die Radirnadel zu führen, in Thon zu modelliren, in Holz zu schnitzen. Die Musik, besonders die alte protestantische Kirchenmusik, hatte an ihm einen warmen Verehrer; dichterische Begabung war ihm gleichfalls zu theil geworden. Auch als Schriftsteller hat er sich mit Glück versucht. Im Christlichen Kunstblatt 1881 Nr. 5 findet sich von seiner Feder ein beachtenswerther Lebensabriß seines Schwiegervaters, des Malers C. Hermann. Die Stellungnahme Pfannschmidt’s zu der Kunstrichtung unserer Tage war, wie dies bei seinem Entwicklungsgange nicht anders sein konnte, eine ablehnende. Einige Aufsätze und Erklärungen sind in diesem Sinne von ihm verfaßt und veröffentlicht worden.

Einem Künstler von einer solchen Bedeutung und Thätigkeit – P. stand als Lehrer an der Akademie der Classe für Composition und Gewandzeichnen vor – fehlten auch die äußeren Ehren nicht. Er war königl. Professor, Inhaber mehrerer Orden und Medaillen, Mitglied der Akademien zu Berlin und Dresden. Seines künstlerischen Beirathes bediente sich lange Jahre die Frau Kronprinzessin und gelegentlich der Universitätsfeier des Lutherjubiläums (9. November 1883) wurde ihm die seltene Auszeichnung zu Theil, von der Berliner theologischen Facultät zum Ehrendoctor ernannt zu werden. P. lebte in langer, glücklicher und gesegneter Ehe. Im J. 1881 fiel er in eine schwere Krankheit, von deren Folgen er sich nicht mehr ganz zu erholen vermochte. Der Meister starb in Berlin am 5. Juli 1887.

Schriftliche Mittheilungen der Hinterbliebenen des Künstlers an den [609] Unterzeichneten. – Daheim XVII, 1881, Nr. 16, S. 252 ff. – Dr. E. Förster, Mittelalter oder Renaissance? (Deutsche Zeit- und Streit-Fragen. Jahrg. XI, 1882, Heft 173). – Katalog der königl. Nationalgalerie. 7. Aufl. 1885, I, 237. II, 167.