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ADB:Peifer, David

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Artikel „Peifer, David“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 321–324, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Peifer,_David&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 23:35 Uhr UTC)
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Peifer: David P., chursächsischer Kanzler im 17. Jahrhundert. Geb. zu Leipzig am 3. Januar 1530, † zu Dresden am 1. Februar 1602 (nicht 1601). Davids Vater, Nicolaus P. zog in seiner Jugend aus der fränkischen Heimath nach Leipzig, ließ sich daselbst als Rechtsgelehrter dauernd nieder, und starb dort im 68. Jahre seines Alters. Auch Davids ältester Bruder lebte als geschätzter Arzt in Leipzig. David erhielt nach kurzem Besuche der Thomasschule mit einigen Altersgenossen Privatunterricht; er zeigte schon damals eine glückliche Begabung, und bekundete bei kleinen Theatervorstellungen im elterlichen Garten eine für seine Jahre überraschende Auffassungsgabe; denn er wußte die Rolle des „verlornen Sohnes“ trotz seines Knabenalters in ergreifender Weise zu spielen, und jene des Chereas im Eunuchen des Terenz ganz richtig wiederzugeben. 1544 kam er auf die von Herzog Moritz neu gegründete Schulpforte a/d. Saale, wo er jedoch nur ein Semester blieb, weil er bei der Prüfung Beweise hoher geistiger Reife ablegte. Die Prüfungsaufgabe bestand in der Begründung des Satzes: daß Cicero’s Werke allen anderen Schriften des Alterthums vorzuziehen seien. Während sich nun die übrigen Schüler mit bogenreichen Ausführungen abmühten, überreichte P. ein einziges Blatt mit vier lateinischen Versen, welche, metrisch und grammaticalisch tadelfrei, die Aufgabe in bündigster Weise lösten, und so P. den Preis verschafften. David bezog 1546 die Leipziger Hochschule, hörte zuerst philosophische Vorlesungen, erwarb mehrere Auszeichnungen, wurde Magister artium, und wandte sich dann unter Petrus Loriotus (Pierre Lorioz aus Epernay) dem Rechtsstudium zu. Damals hatte der Spanier Ludwig Avila, Ritter des Alcantaraordens eine Geschichte des schmalkaldischen Krieges geschrieben, welche der Brügger Wilh. Molinäus in’s Lateinische übertrug. Da sie beleidigende Ausfälle auf den römischen König Ferdinand, Moritz v. Sachsen und andere Reichsfürsten enthielt, richtete P. zu deren Ehrenrettung an Avila ein Gedicht in Jamben, welches er auf dem Reichstage zu Augsburg (1550) Ferdinand überreichte, der ihn als Dichter bald darauf mit dem Lorbeer krönte. Um P. den drohenden Nachstellungen des erzürnten Avila zu entrücken, wurde er der Gesandtschaft beigegeben, welche damals im tiefsten Winter unter dem kaiserlichen Rathe Damian Pflug an den Polenkönig Sigismund August nach Krakau abging, und bei dieser Gelegenheit auch die benachbarten Salzwerke von Wieliczka besuchte, deren unerschöpfliche Ausbeute schon um die Mitte des 13. Jahrhunderts begann. 1555 ging P. über die Alpen nach Bologna, um dort als Schüler des Marianus Socinus d. J. und Ferdinand Veza in einem dreijährigen Curse das begonnene Rechtstudium zu vollenden. Während der Ferien bereiste er die größeren Städte und landschaftlich oder geschichtlich bedeutenden Punkte der Halbinsel, und lernte hiedurch das von Natur und Kunst so reich ausgestattete Land gründlich kennen. Nach dem zweiten Jahre seines Bologneser Aufenthaltes erwarb P., eben von Florenz zurückgekehrt, den juristischen Doctorgrad; nach dem dritten besuchte er im Frühjahre 1558 Neapel mit Umgebung, und traf über Mailand, den Gotthardt, Basel, Straßburg und Mainz Mitte August wohlbehalten wieder in seiner Vaterstadt Leipzig ein. Ein Vorgang an der italienisch-deutschen Grenze gab zu einer ziemlich derben Anecdote Anlaß, welche s. Jöcher, auch Rotermund Rechenberg’s Angabe in der vita Peiferi nacherzählen; die Anecdote beweist, daß unser Gelehrter ein guter Deutscher aber ein entschiedener Gegner Roms war. Dieser feindseligen Stimmung hatte er schon früher in der Elegie: „Epistolae Ecclesiae afflictae ad Christum“ Ausdruck gegeben, worin dem Papstthume die Herabwürdigung der Christuslehre zum schnöden Götzendienste vorgeworfen wird. – Wenige Wochen nach der Rückkehr aus Italien verlor P. seine zärtlich geliebte Mutter. Der Vater schloß nach [322] kurzer Frist mit einer Wittwe aus Leipzig einen zweiten Ehebund, welcher dem Sohne um so weniger zusagte, als er den Tod seiner Mutter noch tief betrauerte. Er verließ daher seine Geburtsstadt, und trat als Rath in die Dienste Herzogs Johann Albert v. Mecklenburg. Nach Schlichtung der zwischen den fürstlichen Brüdern v. Mecklenburg bestandenen Rechtsstreitigkeiten, begleitete er seinen Herrn zu dessen Eidam, Albert v. Preußen, und kam nach Besichtigung der blühenden Handelsstädte an der Ostseeküste bis Livland. Eine in der Heimath beabsichtigte Verlobung erweckte bei P. den Wunsch nach vorgängiger Rücksprache mit seinem Vater. Der hiezu nöthige Urlaub war um so leichter zu erhalten, als der Primas von Magdeburg zur Austragung der zwischen dem Herzog v. Mecklenburg und dem Grafen v. Mansfeld bestehenden Händel um jene Zeit einen Gerichtstag nach Halle ausgeschrieben hatte, wozu Johann Albert seinen Rath P. mit 2 andern Delegirten abordnete. P. reiste somit zum angesetzten Termine nach Halle, und da sich Graf Mansfeld innerhalb dreier Tage nicht stellte, nach Leipzig, wo die Verlobung mit Barbara, einer Tochter des chursächsischen Leibarztes Blasius Grünewald, mit den üblichen Förmlichkeiten gefeiert wurde. Aber schon nach wenigen Tagen mußte er sich von der Braut trennen, weil ihn zu Cassel, wo der Herzog gerade weilte, neue Geschäftsreisen erwarteten. Zuerst ging er trotz Kälte und Winterstürme zu Herzog Albert in Königsberg, dann zum Polenkönig Sigmund August, der sich in dem prachtvollen Fürstenschloße Petrowskoy (Pietrocovia) aufhielt; von da ohne Verzug nach Schwerin, um seinem Herrn über die Erfolge seiner Sendungen Bericht zu erstatten. An Sigmund August wurde P. dreimal abgeordnet und von demselben stets sehr huldvoll entlassen. Bei der zweiten Sendung im November 1564 befiel den König während einer Audienz, in der P. allein zugegen war ein sehr heftiges, kaum stillbares Nasenbluten, so daß P. für des Königs Leben bangte; doch ging der Anfall ohne nachtheilige Folgen vorüber. Im Juli 1563 feierte P. zu Leipzig seine Hochzeit mit Barbara Grünewald. In glücklicher Ehe wurde sie Mutter von 15 Kindern (6 Knaben, 9 Mädchen), wovon nur fünf den Vater überlebten. Diese Verbindung vermehrte Peifer’s Wunsch, seine Dienste seinem Geburtslande zu widmen; er bat daher den Herzog um seine Entlassung, die er jedoch von dem zögernden Fürsten auf wiederholte Bitte erst gegen Ende 1565 erhielt, als ihm eine Hofrathstelle zu Dresden in sicherer Aussicht stand. Frühere Anerbieten, nach Stettin oder Thorn, hatte er mit Rücksicht auf den ihm geneigten Herzog abgelehnt[WS 1].

In Dresden war er anfänglich mit Grenzbereinigungen, Beilegung von Streitigkeiten und wiederholten Reisen an den kaiserlichen Hof betraut. 1572 berief ihn Churfürst August in den behufs Berathung der sog. „constitutiones Saxonicae“ zu Meißen niedergesetzten Convent, welcher aus 7 sächsischen Hofräthen und 5 Universitätsprofessoren bestand, und der bei der großen Fülle des Materials – die Beschlüsse erstreckten sich auf 249 Rechtsfragen, – längere Zeit tagte. Obwohl der ursprüngliche Berathungszweck nur der Beseitigung von Controversen galt, erlangten doch die constitutiones in der Praxis allmählich Gesetzeskraft. Mit seiner 1574 erfolgten Beförderung zum Geheimrath wuchsen Umfang und Bedeutung der Geschäfte. Neben der Aufsicht über die gelehrten Schulen und die churfürstlichen Theater bestand seine Thätigkeit hauptsächlich in den Verhandlungen mit fremden Gesandtschaften. Churfürst August genoß nicht bloß im Reiche, sondern auch außerhalb dessen Grenzen hohes Vertrauen und großes Ansehen. Aus diesem Grunde schickten Churfürsten und andere Reichsstände, auch die Könige von Spanien und Frankreich, von Navarra, England und Polen, ja der Kaiser selbst und außer diesen sowohl italienische Fürsten als bedeutende Handelsstädte zum Oefteren Vertrauensmänner an den [323] chursächsischen Hof; und so zahlreich die Sendungen waren, die sich meist auf dem Fuße folgten, so mannigfaltig waren deren Anliegen, bei welchen nicht selten die lateinische oder italienische Sprache gebraucht werden mußte. Wurde P. bei diesen Arbeiten auch von drei tüchtigen Räthen unterstützt, so lag doch namentlich in den letzten Regierungsjahren des Churfürsten, die Hauptlast auf seinen Schultern, und geben hierfür die in den sächsischen Archiven aufbewahrten Acten die bündigsten Belege.

In den Jahren 1578 und 1579 war P. der streng lutherischen Gesinnung gemäß im Einklange mit dem Churfürsten eifrig bemüht, das endliche Zustandekommen der „formula concordiae“ (des letzten lutherischen Glaubensbekenntnißes) zu fördern. Sie wurde am 25. Juni 1580 auf dem Marktplatze zu Dresden feierlich verkündet, man verpflichtete auf sie Lehrer, Geistliche, selbst einzelne Beamte, und nahm bei Anstellungen u. dergl. auf Männer dieser Richtung vorwiegend Rücksicht. Allein nach dem Tode des Churfürsten August (12. Febr. 1586), welchem der jugendliche Christian I. in der Churwürde folgte, trat eine grundsätzliche Aenderung der Kirchenpolitik ein. Christian I., mehr dem reformirten Bekenntnisse zugethan und daher ein Gegner der Concordienformel, hob sofort nach seinem Regierungsantritte die Verpflichtung auf dieselbe auf. Trotzdem ernannte er P. am 9. Juni 1586 zum Kanzler, welcher dem zufolge an die Spitze der Geschäfte trat; in Wirklichkeit lag indeß die innere und äußere Politik in den Händen des Dr. Nicolauß Krell (s. A. D. B. XVII, 116). Dieser, früher Mentor des Churprinzen, war von Christian sofort, im Mai 1586, in den geheimen Rath mit der ausdrücklichen Bestimmung aufgenommen worden, immer um dessen Person zu sein, damit der Churfürst „in den Sachen, darin er sein räthliches Bedenken begehren würde“, Dr. Krell stets sogleich zur Hand habe. Letzterer besaß sohin seines Fürsten vollstes Vertrauen, und neigte sich gleich diesem dem reformirten Bekenntnisse zu. Da sich P. in unlöslichem Widerspruche mit der neuen Regierung, und um den nöthigen Einfluß gebracht sah, bat er um Enthebung von einem Amte, das ihm „nur Aergernuß“ bereite. Sie erfolgte im Juni 1589. P. wurde zum Beisitzer bei den am Dresdner Oberhofgerichte halbjährig stattfindenden Proceßverhandlungen ernannt. An seine Stelle trat Dr. Krell, und sind ihm in der Bestallungsurkunde vom 25. Juni weitgehende Vollmachten eingeräumt. P. zog mit den Seinen auf sein Landgut Gosseck (Gossigk), und verlebte dort nach langen Jahren aufreibender Arbeit glückliche Tage der Ruhe und Erholung. Dieser Empfindung verleiht er beredten Ausdruck in einer Elegie, „E Gossigiano Nonis Octob. MDLXXXIX“, die an seinen Jugendfreund den churfürstl. Rath Andreas Erstenberg gerichtet, mit dem Distichon schließt:

At tu Ruricolam Pyladis urbanus Orestem,
Displicet haec lauto si tibi vita, mone!

Doch auch diese Tage sollten nicht ungetrübt verfließen; im November 1591 hatte P. den Tod seiner treuen Gattin zu beklagen, welche unter großer Betheiligung von Nah und Fern auf dem Landgute bestattet wurde. Wenige Wochen früher am 5. October war Christian I. im noch nicht vollendeten 31. Jahre durch einen frühzeitigen Tod hinweggerafft worden; ein Ereigniß das für Sachsen’s innere Politik von den gewichtigsten Folgen begleitet war. Der Verlebte hatte zu Vormündern seiner minderjährigen Söhne den Herzog Friedrich Wilhelm zu Sachsen-Altenburg und den Markgrafen Georg v. Brandenburg aufgestellt. Ersterer, streng lutherisch gesinnt, war gleich der sächsischen Ritterschaft ein erbitterter Gegner Krells, der auch sofort noch vor Beerdigung des Churfürsten am 29. October auf dem Wege von der Kanzlei zu seiner Wohnung [324] durch zwei Trabanten „dingfest gemacht“ und in sicheren Gewahrsam gebracht wurde. Ein gegen diesen eingeleiteter zehnjähriger Inquisitionsproceß mit allen Schrecken des damaligen Gefängnißwesens fand sein tragisches Ende in dessen am 9. October 1601 auf dem Marktplatze zu Dresden vollzogener öffentlicher Hinrichtung. Kurze Zeit nach Krells Verhaftung, am 18. December 1591 schrieb Friedrich Wilhelm als Landesadministrator an P. und trug ihm die erledigte Kanzlerstelle an. Auf dringendes Zureden der sächsischen Räthe erklärte er sich endlich zu deren Annahme bereit, und erhielt hiebei 500 fl. Umzugsgelder. Auf den 4. Februar 1592 zu dem Administrator nach Zeitz beschieden, nahm er dort in dessen Gegenwart den Pflichtigen den Treu- und Huldigungseid ab, und begleitete diesen zum nämlichen Zweck in die Hauptorte des Curlandes; 1693 wurde er zur Schlichtung der zwischen Bürgerschaft und Rath ausgebrochenen Streitigkeiten nach Leipzig gesandt. Ein paar Jahre später ging er mit dem fürstlichen Administrator auf den Reichstag nach Regensburg, und betheiligte sich an der Berathung über die schwebenden Reichsangelegenheiten. Am 24. Juli 1601, also wenige Monate vor seinem Tode, erlebte er noch die Freude, daß sich der älteste Sohn, Stiftsrath Dr. David P. jun. zu Wurzen mit Agnes v. Droyff verheirathete; im Januar 1594 hatte sich seine Tochter Justine mit Kammergerichtsassessor Dr. Georg Reich verehelicht; bei welcher Gelegenheit der Vater der Braut von Herzog Friedrich Wilhelm mit einem kostbaren Trinkgefäße und einem Faße edlen Rheinweines beschenkt wurde. Kaiser Maximilian II. erhob P. sammt seinen Nachkommen in den Reichsadelstand, und beabsichtigte dessen Ernennung zum Reichshofrath; doch starb der Kaiser vor Unterzeichnung der auf seinen Befehl bereits entworfenen Anstellungsurkunde. Obwohl unsern Staatsmann die Dienstgeschäfte vollauf in Anspruch nahmen, war er doch auch schriftstellerisch thätig. Abgesehen von einer Jugendarbeit über Ovid, übersetzte er handschriftlich „Oppiniani venationes“ aus dem griechischen ins lateinische, verfaßte unter dem Titel: „Lipsia seu originum Lipsiensium libri IV“ die erste Geschichte Leipzigs, (welche Professor Adam Rechenberg mit einer Biographie Peifer’s 1689 zu Leipzig herausgab); ferner „Epistolas Statum et ecclesiae et reipublicae sub Augusto Elect. Saxon. illustrantes“, deren Publication J. Fr. Gotter besorgte [Jena 1708); endlich „Historia de regni Pontificii ortu, incrementis et fastigio“ (Lps.). Auch als lateinischer Dichter war der reichbegabte Mann geschätzt; außer Widmungsgedichten an befreundete Personen, an die sächsischen Juristen Adam Pflug und Peter Haige, (welch’ Letzterer sich P. als sein leuchtendes Vorbild erkor) an seinen Jugendfreund Erstenberg und Andre – verfaßte er ein episch-elogisches Gedicht: „Imperatores Turcici, seu de eorum vita et rebus gestis“ (Basil. 1550), welches sich auch im V. Bande der „Delitiae poetarum german. hujus superiorisque aevi“ S. 31–57 abgedruckt findet. 1587 wurde zu Wittenberg bei Zacharias Crato in eleganter Ausstattung eine wesentlich vermehrte Auflage gedruckt, in der neben dem „carmine elegiaco aliaque poëmata Peiferi non minus jucunda, quam erudita“ aufgenommen sind; darunter die: „Elegia ad Germaniam“, welche auch in Reusner’s coll. orat. et consult. de bello Turcico“, vol. IV. (Lps. 1595) steht.

Adam Rechenberg: curriculum vitae Dav. Peiferi Icti a. a. O. – Mittheilungen aus dem sächs. Staatsarchiv. – Jöcher III 1346, Rotermund V 1793. – Richard, der sächs. Kanzler Dr. Nic. Krell S. 75 ff. – Brandes, der Kanzler Krell.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: abeglehnt