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ADB:Oefele, Andreas von

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Artikel „Oefele, Andreas Felix v.“ von Edmund von Oefele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 162–165, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Oefele,_Andreas_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:55 Uhr UTC)
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Band 24 (1887), S. 162–165 (Quelle).
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Oefele: Andreas Felix v. O. (Oeffele) wurde am 17. Mai 1706 zu München bürgerlichen Eltern geboren; erst 1772 erwirkte er auf Grund eines königlichen Diploms vom Jahre 1498 die Nobilitirung. Nach dem frühen Verluste seines Vaters Franz Christoph O. (1715) heirathete seine Mutter (1719) den aus Breslau gebürtigen Revisionsrath und Cabinetssecretär des Kurprinzen von Baiern, Ferdinand Ehrenfried v. Scholberg, welcher vormals Director der Ritterakademie in Wien, dann Instructor der baierischen Prinzen im Exile zu Klagenfurt und Graz war und ein satirisches Zeitgedicht: „Die europäische Astraea, welche den gegenwärtigen Zustand der vornehmsten Höfe in Europa entdecket … Klostergabe 1706“ anonym herausgab. Auf einer Reise mit demselben nach Prag und Wien im Sommer 1719 empfing O. die ersten größeren Eindrücke. Doch auch sein Stiefvater wurde ihm schon bald, am 5. December 1720, durch den Tod entrissen. Am Jesuitengymnasium seiner Vaterstadt 1718–1724 zu einem guten Lateiner gebildet, kam O. im November letzteren Jahres auf die Universität zu Ingolstadt, um Philosophie zu hören, im November 1725 auf jene zu Löwen; hier hatte ihm nämlich in dem Convict, welches der Luxemburger de Myle gestiftet, und worüber die Fugger das Patronat besaßen – Collegium Mylianum, auch Luxemburgisches und Fugger’sches Colleg genannt – der Obersthofmeister Graf Max v. Fugger einen Freiplatz verschafft. O. sollte da Jura studiren, doch weit mehr fesselten ihn Philologie und Geschichte. Die Commilitonen der „deutschen Nation“ wählten ihn (1727) zu ihrem Bibliothekar; von den Professoren aber nahm sich seiner am meisten Gerhard Kerckherdere an. Eine Reise durch Flandern bis Ostende im Sommer 1726 erweiterte den Gesichtskreis. Wissenschaftliches Vorbild ward ihm Justus Lipsius, der zu den stolzen Erinnerungen jener Musenstätte zählt. Durch dessen „Vesta“ wurde O. (1728) zu einem mythologisch-historischen Werkchen „De Minerva sapientiae olim praeside“ angeregt, welches er Ende 1730 zu Löwen erscheinen ließ und seinem Landesherrn widmete. Er hat sich hierin Evelius genannt, damit vlämische Leser, denen ja oe wie u lautet, seinen Namen nicht so unrichtig aussprächen. Die Erstlingsarbeit wurde beifällig aufgenommen, und der nach München zurückgekehrte Verfasser erhielt durch kurfürstliches Decret vom 2. Mai 1731, bis er „auf eine oder andere Weise mit der Zeit accommodirt“ sein würde, eine jährliche Pension. Zugleich ward ihm bewilligt, „daß er den Acceß zur kurfürstlichen Bibliothek haben und sich nach Disposition des geheimen Kanzlers in Verrichtungen gebrauchen lassen solle“, womit namentlich die „Ausfertigung der lateinischen und französischen Briefschaften“ gemeint war. Allein der Kanzler v. Unertl, unter dessen Respicienz ein alter Hofrathssecretär die Hofbibliothek besorgte, verwandte den ihm unbequemen O. in keiner Weise und ließ denselben auch nicht in die Hofbibliothek hinein, so daß O. froh sein mußte, wenn seinen litterärgeschichtlichen Studien die Augustiner und Jesuiten ihre Bibliotheken öffneten. Da bot sich ihm ein angenehmer Weg zu weiterer Ausbildung dar: er übernahm die Begleitung eines jungen Freiherrn v. Lerchenfeld während eines Aufenthaltes zu Paris, der vom 18. Mai 1733 bis zum 15. März des folgenden Jahres währte. O. war mit Empfehlungen ausgerüstet, so an den bekannten Comte de Bavière, der in hohem militärischen Range damals zu Paris lebte; dieser stellte ihn dem Cardinale Fleury vor, welcher ihm alle litterarischen Schätze der französischen Krone zu eröffnen versprach. So wurde denn jene glückliche Zeit zum großen Theile in Museen und Bibliotheken, im Umgange mit Gelehrten und Künstlern, wie Fontenelle, Montfaucon, Souchay, Tournemine, Vivien, zugebracht. Daran schloß sich eine längere Reise durch Belgien und Holland. Heimgekehrt erhielt O. mit Decret vom 8. November 1734 die Stelle eines Instructors bei den Prinzen Max und Clemens, Söhnen des Herzoges Ferdinand, [163] eines Bruders des Kurfürsten Karl Albrecht von Bayern. Der Unterricht erstreckte sich auf Geographie, Geschichte und Moralphilosophie, später auf Staatsrecht und Politik. Während aber der ältere Prinz im J. 1738 starb, ging Oefele’s Thätigkeit bei dem Herzoge Clemens († 1770) allgemach in die eines berathenden Secretärs über, bis er endlich (1745) auch officiell „geheimer Sekretär“ oder „Kabinetssekretär“ hieß; mittlerweile hatte er schon 1737 einen kurkölnischen Hofrathstitel erlangt. In solcher Stellung war O. längere Zeit der Heimath fern. So lebte er vom 24. Juli 1741 bis 21. Februar 1743 am kurpfälzischen Hofe zu Schwetzingen und Mannheim, wo sich sein Herzog (17. Januar 1742) mit der pfalzsulzbachischen Prinzessin Maria Anna vermählte – ein Aufenthalt, der durch mehrere Reisen nach Frankfurt, namentlich zur Krönung des Kaisers und der Kaiserin (12. Februar, 8. März 1742) unterbrochen wurde – dann von Ende Juni bis in den November 1743 zu Augsburg. Im J. 1751 ernannte ihn die später so berühmt gewordene Herzogin Maria Anna ebenfalls zu ihrem Secretär. Nachdem O. am 24. November 1743 eine Münchener Bürgerstochter geheirathet (aus welcher Ehe ihn nur ein Sohn überlebte) strebte er auch nach einem vor Wechselfällen mehr gesicherten Amte, das zugleich seiner wissenschaftlichen Neigung entspräche. Die Möglichkeit, ein solches zu erhalten, fand sich im J. 1746, als der bald darauf emeritirte Kanzler von Unertl die Hofbibliothek und das geheime Archiv abgeben mußte. O. wurde vermöge Decretes vom 6. Mai dieses Jahres „kurfürstlicher Rath, Bibliothecarius und Antiquarius“, wozu er nach seiner philologischen Bildung und vielseitigen Litteraturkenntniß sicherlich geeigneter war als zum Archivar, für dessen Posten ihn Kaiser Karl VII. ausersehen haben soll. Bei Errichtung einer Büchercensurcommission im J. 1769 wurde auch O. in dieselbe berufen und ihm das historische Fach zugetheilt. O. hat sich um die damals freilich noch kleine Hofbibliothek, deren Verwaltung er am 7. August 1746 antrat (das Antiquarium scheint ihm nicht übergeben worden zu sein), durch Neuordnung der verwahrlosten Bestände, durch Inangriffnahme eines Classenkataloges, welchen er auf 24 Bände brachte, ein technisches Verdienst erworben; noch nutzbarer für die Wissenschaft sollten sie „Rezensionen“ ihrer Handschriften machen. Das Manuscript wuchs hoch an, blieb indeß ungedruckt. Ueberhaupt hat O. seit jener Universitätsschrift lange Jahre nichts mehr publicirt. An Entwürfen fehlte es allerdings nicht, und zu ihrer Ausführung brachte er manchmal ein sehr umfangreiches Material zusammen, so für ein bairisches Gelehrten- und Künstlerlexikon, eine Monographie über König Ruprecht, eine Geschichte der deutschen Kaiserinnen und Königinnen; doch über das Excerptenstadium kam nur Weniges hinaus, sei es, weil die Kräfte versagten, oder die Scheu vor der Oeffentlichkeit ihn abhielt. Als 1733 eine Probelieferung seiner „Bavaria docta“ fertig war, vereitelte nicht so sehr die Mühe, einen Verleger zu finden, als Oefele’s Bedenklichkeit das Erscheinen. Zum Glücke hat er doch einen wichtigen Plan, die Edirung ungedruckter bairischer Geschichtsquellen, aller Hemmnisse ungeachtet ausgeführt. Der Augustiner Agnellus Candler († 1745), Verfasser einer Schrift über Herzog Arnulf von Bayern, hatte sich erst selbst mit dem Unternehmen getragen, dann aber O. dazu ermuntert; bald nachdem sich ihm die Schätze der Hofbibliothek erschlossen, ging dieser ans Werk. Als er den Stoff zu einem ersten Bande gesammelt, trat er mit dem Buchhändler Veith zu Augsburg in Verbindung, und im Jahr 1754 begann der Druck. Während desselben hoffte O. immer wieder neue Quellenstücke copiren und mit dem nöthigen Commentare versehen zu können. Aber die gebieterischen Berufsgeschäfte traten so störend dazwischen, daß er einmal anderthalb Jahre lang, 1756 auf 1757, als Herzog [164] Clemens schwer krank darniederlag, kein Manuscript absenden konnte. Endlich im November 1762 (auf den Titelblättern steht 1763) waren die beiden starken Foliobände der „Rerum Boicarum scriptores nusquam antehac editi etc.“ im Drucke vollendet, und am 3. des folgenden Monates überreichte sie O. seinem Kurfürsten. Das Werk, dessen Inhalt im Allgemeinen über den Landshuter Erbfolgekrieg (1505) nicht herabreicht, ist noch immer von erheblicher Brauchbarkeit, wenn schon die Art der Herausgabe heutige Anforderungen nicht befriedigen kann, Chronikalisches und Urkundliches, Altes und Neues, wie es eben dem Herausgeber in die Hand kam, bunt durcheinander läuft, für manches aber nur schlechte Handschriften zu Gebote standen, das späterhin nach besseren Vorlagen neu edirt ward. Für einen dritten Band der „Scriptores“ hatte O. schon einiges vorbereitet, doch hielten ihn seine Gesundheitsverhältnisse wieder ab, und dann wurde das Bedeutendere anderwärts herausgegeben. O. hat, wie bemerkt, zu lange gesäumt, mit Leistungen, die seinem Genius angemessen, in die Oeffentlichkeit zu treten; er hat auch das so förderliche Vereins- und Zeitschriftenwesen unterschätzt. Den Vorschlag Amort’s (1732), mit ihm und Anderen ein baierisches Litteraturblatt zu gründen, dem jeden Monat die Biographie eines baierischen Gelehrten aus Oefele’s Feder eingerückt werden sollte, lehnte er ab. Als er hinwiederum sein Vorhaben, eine baierische Künstlergeschichte der letzten drei Jahrhunderte stückweise herauszugeben, im „Neu-fortgesetzten Parnassus Boicus“ (1736, 2. Versammlung, S. 79–80) angekündigt, ohne die gewünschte Theilnahme zu finden, da schien ihm das Streben der Parnassus-Gesellschaft, auf mittlere Kreise belehrend zu wirken, ein verfehltes. Im J. 1751 schlug ihn Legipont, damals Secretär der vom Freiherrn v. Petrasch zu Olmütz gestifteten „Societas incognitorum litterariorum“, zum Mitgliede derselben vor. O. erhielt auch ein vom 30. April dieses Jahres datirtes Aufnahmediplom und faßte seine Verpflichtungen ernst. Freilich dem Ansinnen Legipont’s, er möge mit Ickstatt zu Rathe gehen, ob sich nicht zu München oder Ingolstadt eine ähnliche Gesellschaft gründen lasse, gab O. keine Folge. Er glaubte nicht mehr daran, daß so etwas in Baiern möglich sei. Das baldige Ende jener Olmützer Gesellschaft konnte ihn darin nur bestärken. Ueberdies mit Lori’s Charakter wohl bekannt, hatte er auch zu dessen Plan, eine baierische Akademie der Wissenschaften ins Leben zu rufen, kein Vertrauen. O. nahm zwar aus Lori’s Hand das Diplom eines akademischen Mitgliedes dd. 22. Mai 1759 entgegen, aber an der Thätigkeit der Akademie hat er sich nur wenig betheiligt. Gerne hingegen, wie sein umjangreicher Briefwechsel zeigt, förderte er die Arbeiten Anderer, ohne Zeit- und Müheopfer zu scheuen. Manche haben dies öffentlich anerkannt, so J. J. Reiske in seiner „Epistola ad Oefelium de consilio suo novam Demosthenis editionem adornandi“ (1766). Oefele’s intimster gelehrter Freund war ein etwas jüngerer Münchener, Franz Töpsl, Propst des Chorstiftes Polling. Eine Fülle zeitgenössischer Nachrichten – Selbsterlebtes, Beobachtetes und ihm Erzähltes – hat O. seit dem 16. Lebensjahre meist in Tagebüchern und Memoirenbruchstücken niedergelegt. Lateinisch, französisch, deutsch geschrieben, haben sie natürlich verschiedenen Werth, stellen auch nur zum kleineren Theile, so für den Aufenthalt in der Pfalz und Frankfurt 1741–1743, etwas Zusammenhängendes vor, aber sie sind doch keineswegs nur witzige Anekdoten, sondern auch echthistorischer Stoff, für die Cultur- und äußere Geschichte Baierns im vorigen Jahrhunderte interessant genug, um eine Publicirung zu verdienen. Nachdem O. Anfangs 1777 vom Schlage berührt worden, infolge dessen zuerst einen Adjuncten (Revisionsrath von Lippert) erhalten, 1778 aber sein Bibliothekamt völlig niedergelegt hatte, zog er sich auf sein Haus und seine Sammlungen an Büchern, Gemälden, Kupferstichen, Münzen, Antiken und Naturalien zurück. [165] Am 24. Februar 1780 erlag er in seiner Vaterstadt einem wiederholten Schlagflusse.

Handschriftlicher Nachlaß Oefele’s. – Westenrieder, Zum Andenken des Andreas Felix v. O., in W.’s bairischen Beiträgen zur schönen und nützlichen Litteratur II. Jahrg., I. Bd. 4. Stück, April 1780, S. 293–348 und (mit dem Porträtkopfe Oefele’s nach Scheufel’s Medaille vom Jahre 1777) separat gedruckt, München 1780. – K. A. v. Bacchiery, Rede zum Andenken des … Andre Felix v. O. den 10. Hornung auf dem akademischen Saale öffentlich abgelesen. München 1781 (mit Oefele’s Porträt). – Beilage zur Augsburger Postzeitung Nr. 16. vom 21. Februar 1880.