ADB:Murer, Christoph (1. Artikel)
[WS 1], Formschneider, Maler und Kupferstecher, geb. zu Zürich 1558 als der Sohn des Künstlers Josias M. (vgl. d. Art. Jos. Murer), † 1614 als Amtmann zu Winterthur. Anfangs Schüler seines Vaters und dann des Tobias Stimmer in Straßburg, arbeitete er später mit diesem letzten mehrere Jahre gemeinschaftlich, jedoch selbständig. Daher kömmt es auch, daß sich die Namensbuchstaben beider Künstler in einem gemeinschaftlichen Zeichen finden, das Nagler, Monogrammisten, II, Nr. 706 hat nachbilden lassen. Man findet dieses Zeichen z. B. auf einer von Ludwig Frig in Holz geschnittenen Ansicht der Stadt Zürich in Vogelperspective aus den Jahren 1558 und 1595 und wiederholt in den Drucken: „Ordentliche Beschreibung welcher Gestalt die .. Bündniß .. der .. Freyen Stätt Zürich, Bern vnd Straßburg .. ernewert“, Straßburg 1588, 4 und in Münster’s Cosmographey, Basel 1598 und 1628. M. erwarb sich als Zeichner und Maler ausgebreiteten Ruf. Er malte Bildnisse in Oel, verzierte Façaden an Häusern mit historischen und mythologischen Darstellungen und fand besonderen Beifall [698] mit seinen Cabinetstücken auf Glas. Die Werke der letzteren Art sind jedoch größtentheils zu Grunde gegangen und somit ist er jetzt nur noch durch Zeichnungen, Radirungen und Holzschnitte bekannt. Nach älteren Kunsthistorikern soll er auch mit Jost Amman (Bd. I, 401), dessen sich die Frankfurter Buchhändler Sigm. Feyrabend und Basseus bedienten, in Berührung gekommen sein, was jedoch von neueren bestritten wird, indem M. selbst ein allzu erfindungsreicher Künstler war, um Zeichnungen Amman’s in Holz zu schneiden. Dagegen schreibt man ihm mit mehr oder weniger Gewißheit die Zeichnung zu einer Bordüre zu, welche als architektonische Einfassung zu dem Drucke eines Kalenders benutzt wurde: „DEss Röm. Kays. May .. Vnsers Herren Hoffgericht .. inn Rottweil, dieses 1618 Jahrs ..“ Da aber M. 1614 starb, so muß die Zeichnung schon längere Zeit vor 1618 benutzt worden sein. Und eben so ist die Zeichnung, nicht aber der Schnitt, zu einer Titeleinfassung der „Opera omnia Th. Paracelsi“, Straßburg, Zetzner 1603, Fol. von M. Ueber der Schrift sitzen zu beiden Seiten die Figuren der Alchimie und Pharmacie und auf dem Blasebalge, welchen letztere in Händen hält, stehen die Buchstaben C. M. Von den anderen Arbeiten des M. sind hervorzuheben: „Die Ermordung des Kaisers Albrecht I., mit mehreren Darstellungen aus der Geschichte der schweizerischen Conföderation“. Die Gruppen sind numerirt, woraus hervorgeht, daß eine Beschreibung dazu bestimmt war. „Der lustige Arme und der traurige Reiche“. Der erstere ist ein Soldat, zu dessen Füßen eine Heuschrecke und ein Kartenspiel liegen, der andere ein sitzender Alter, bei welchem eine Kiste Geld auf dem Boden steht, auf dem Deckel ein Frosch. Von seinen Holzschnitten verdienen folgende der Erwähnung: Blätter in dem Werke: „Titus Livius und Lucius Florus, von Ankunfft und Ursprung des Römischen Reichs“. Straßburg, Th. Rihel 1574, 1591, 1596, 1598, 1605. Fol. Die Bildnisse zu Reusner’s Contrafacturbuch nach Stimmer’s und theilweise nach Holbein’s Zeichnungen. Straßburg, Bernh. Jobin 1587. 8. „Sieben Bücher von dem Feldbaw, teutsch von Melchior Sebizio“. Straßburg, B. Jobin 1588, 1592, 1598 u. ff. „New Jägerbuch Jacoben von Fouilloux, einer fürnemen Adelsperson inn Franckreich.“ Straßburg, Jobin 1590, 1605. Das Werk enthält im Ganzen 68 schöne Holzschnitte von M. und T. Stimmer, von ersterem 10 Blätter. Die Holzschnitte wurden auch für sich als Buch abgedruckt: „Künstliche wohlgerissene Figuren und Abbildungen etlicher jagdbaren Thiere.“ Straßburg 1605. „Torturalis quaestio, das ist, Gründliche Vnderweysung von Peinlichen Fragen, vermehrt durch Abraham Sauwrn“. Frankfurt a. M. 1593. Fol.; ein Blatt kommt auch in einem früheren Drucke Sauer’s vor: „Formular, Jurament vnd Eidtbuch“ 1588. Fol. „XL. emblemata miscella nova. Das ist: XL vnderschiedliche Auserlesene Newradirte Kunststück: durch Weiland den Kunstreichen .. Christoff Murern inventirt .. An jetzo erstlich .. erklärt: Durch Johann Heinrich Rordorffen ..“ Zürich, Joh. Rud. Wolff 1622. Die 40 emblematischen Vorstellungen in diesem äußerst seltenen Werke scheint M. ursprünglich zur Illustration einer seiner schriftstellerischen Arbeiten, der Comödie: „Von den Drangsalen der Christlich Edessenischen Kirchen in Mesopotamien ..“ bestimmt zu haben, welche ungedruckt blieb. Erst nach dem Tode des M. wurden diese Bilder mit erklärenden Reimen von Rordorf herausgegeben und 1820, wo die Platten noch in gutem Zustande waren, eine neue Auflage unter dem alten Titel, jedoch mit der Jahrzahl 1622 veranstaltet; vgl. Weller, Annalen I, 383–384. Holzschnitte finden sich auch in dem Werke: „Nouae Sacrorum Bibliorum figurae versibus latinis et germanicis expositae, das ist: Newe biblische Figuren .. ausgelegt .. durch Samuelem Glonerum Poetam Lauretanum“, Straßburg, Christoph v. d. Heyden 1625; über Gloner vgl. Weller, [699] Ann. I, 161, 176, 388. II, 528, 530. Auch von der Druckervignette des Lazarus Zetzner zu Straßburg, einer (vgl. auch Hager, Buchdruckerkunst III, 258) auf einem quadratischen Postamente sitzenden helmbebuschten Minerva, mit der Devise: Scientia Immutabilis, ist M. gleichfalls Verfertiger.
Maurer: Christoph M. (Murer)
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Über diese Person existiert in Band 23 ein ergänzender Artikel.