Zum Inhalt springen

ADB:Müller, Hermann (Zoologe)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Müller, Hermann“ von Wilhelm Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 511–512, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%BCller,_Hermann_(Zoologe)&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:20 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Müller, Joel
Band 52 (1906), S. 511–512 (Quelle).
Heinrich Ludwig Hermann Müller bei Wikisource
Hermann Müller (Botaniker) in der Wikipedia
Hermann Müller in Wikidata
GND-Nummer 121582175
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|52|511|512|Müller, Hermann|Wilhelm Heß|ADB:Müller, Hermann (Zoologe)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=121582175}}    

Müller: Hermann M. wurde am 23. September 1829 in Mühlberg in Thüringen geboren, wo sein Vater Pfarrer war. Von seinem Vater hatte er, ebenso wie sein Bruder Fritz M. (s. u. S. 516), große Liebe zum Naturstudium geerbt. Den Elementarunterricht erhielt er in der Dorfschule zu Mühlberg. Dann besuchte er, nachdem er von seinem Vater weiter vorbereitet mar, das Gymnasium zu Erfurt. Nach Absolvirung desselben studirte er von Ostern 1848–1852 zuerst in Halle a. S., dann in Berlin Naturwissenschaften und Mathematik. 1852 bestand er das Staatsexamen für das höhere Lehrfach und leistete nach seiner Promotion das Probejahr an der Friedrich Wilhelmstädtischen Realschule in Berlin ab. Nachdem er von Michaelis 1854 bis Ostern 1855 als Lehrer der Naturwissenschaften gewirkt hatte, unternahm er eine entomologisch-botanische Sammelreise „auf Actien“, auf welcher er namentlich die Höhlen von Krain nach augenlosen Höhlenkäfern durchforschte. Die Resultate dieser Forschungen veröffentlichte er in einem Aufsätze über die Lebensweise der augenlosen Höhlenkäfer in der „Stettiner entomologischen Zeitung“ und beschrieb dort auch eine neue Gattung Glyptomerus cavicola. Im Herbste des Jahres 1855 wurde er als Lehrer der Naturwissenschaften an die Realschule zu Lippstadt berufen.

Zunächst beschäftigte er sich mit der Erforschung der Phanerogamenflora der Umgegend von Lippstadt, die er im Osterprogramm der Realschule 1858 veröffentlichte. Dann wandte er sich der Erforschung der Moosflora der Provinz Westfalen zu. Er sammelte eifrig alle vorkommenden Arten und erwarb durch Tausch mit allen Moosforschern Europas eine solche Fülle von Material, daß sein Moosherbarium bald eine seltene Vollständigkeit zeigte. Die Resultate dieser Forschungen veröffentlichte er unter dem Titel: „Geographie der Laubmoose Westphalens“ in den Verhandlungen des naturhistorischen Vereins für die preußischen Rheinlande und Westphalens. Zugleich gab er ein sehr sorgfältig zusammengestelltes „Herbarium westphälischer Laubmoose“, Lippstadt 1864–66, heraus.

Als im Jahre 1863 das epochemachende Werk seines Bruders Fritz in St. Catharina, „Für Darwin“, erschien, wandte er sich dem Ausbau der Darwin’schen Theorie zu. Es entstand ein reger Schriftwechsel zwischen ihm und seinem Bruder, in welchem sich Beide gegenseitig ihre Entdeckungen mittheilten. [512] Zunächst suchte M. die Darwin’sche Theorie an den Moosen nachzuweisen und veröffentlichte: „Thatsachen der Laubmooskunde für Darwin“ in Verhandlungen des botanischen Vereins für die Provinz Brandenburg, 1866. Nachdem Darwin sein Werk über die Befruchtung der Orchideen veröffentlicht hatte, wandte sich M. dem Studium der Wechselbeziehungen zwischen Blumen und Insekten zu, welches von jetzt an seine Lebensaufgabe bildete. Zunächst erschien: „Beobachtungen an westphälischen Orchideen“ in Verhandlungen des naturhistorischen Vereins für das preußische Rheinland und Westphalen, 1868 u. 1869. Dann dehnte er seine Beobachtungen über die Wechselbeziehungen zwischen Blumen und Insekten auch auf die übrigen Phanerogamen seiner Heimath aus und veröffentlichte: „Anwendung der Darwin’schen Theorie auf Blumen und Insekten“, ebenda 1869. Während bisher nur die Anpassung der Blumen an die Insekten ins Auge gefaßt war, zog er auch die Anpassung der Insekten an die Blumen ins Bereich seiner Forschungen: „Anwendung der Darwin’schen Theorie auf Bienen“, ebenda 1872. Bald darauf erschien sein Hauptwerk: „Die Befruchtung der Blumen durch Insekten und die gegenseitige Anpassung Beider“, Leipzig 1873, dem noch zwei Nachträge: „Weitere Beobachtungen über die Befruchtung der Blumen durch Insekten“[WS 1] in den Verhandlungen des Vereins für das preußische Rheinland und Westphalen, 1878 u. 1879, folgten. Diese Arbeit enthält eine staunenswerthe Fülle von sorgfältigen Beobachtungen und auch die Gegner der Darwin’schen Theorie werden ihr ihren hohen wissenschaftlichen Werth nicht absprechen können.

Da sich M. offen zum Darwinismus bekannt hatte, bemühte sich die in der dortigen Gegend sehr starke ultramontane Partei, obwol er gegen Andersdenkende durchaus nicht unduldsam war, ihn um seine Stellung zu bringen. Namentlich wurde ihm vorgeworfen, daß er gefährliche Hypothesen in der Schule lehre. Auch im Abgeordnetenhause wurde 1879 diese Beschuldigung vorgebracht. Er antwortete durch seine Schrift: „Die Hypothese in der Schule“, Bonn 1879, und das Cultusministerium ließ den verdienstvollen Naturforscher, der auch als Lehrer einen hohen Ruf genoß, nicht fallen.

Nachdem M. die Blumen seiner Heimath in Beziehung auf die Wechsel-Wirkung zu den Insekten erforscht hatte, wandte er sich den Alpenpflanzen zu und unternahm zu diesem Zwecke mehrere größere Reisen in die Alpen. Die Resultate dieser Beobachtungen legte er nieder in dem Werke: „Die Alpenblumen, ihre Befruchtung durch Insekten und ihre Anpassung an dieselben“, Leipzig 1881. Bald darauf wurde ihm das Prädicat „Professor“ beigelegt.

Die Sommerferien 1883 benutzte M. wieder zu einer Reise in die Alpen. Am 22. August übernachtete er in Trafoi am Stilfser Joch in Tirol. Am andern Morgen fühlte er sich krank. Er fuhr hinunter nach Prad und starb dort am 25. August im Alter von 54 Jahren an einem Lungenschlage viel zu früh für die Wissenschaft und seine zahlreiche Familie.

Nekrolog von E. Krause im „Kosmos“, VII. Jahrg., 6. Heft.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: kein schließendes Anführungszeichen