Zum Inhalt springen

ADB:Knapp, Johann Friedrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Knapp, Johann Friedrich“ von Eduard Anthes in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 250–252, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Knapp,_Johann_Friedrich&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 09:22 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Knabl, Richard
Band 51 (1906), S. 250–252 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Friedrich Knapp (Politiker) in der Wikipedia
Johann Friedrich Knapp in Wikidata
GND-Nummer 116244100
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|51|250|252|Knapp, Johann Friedrich|Eduard Anthes|ADB:Knapp, Johann Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116244100}}    

Knapp: Johann Friedrich K. war am 20. September 1776 in Erbach im Odenwald als Sohn des gräflich Erbach-Erbachischen Hofkammerraths K. geboren. Von 1792–1795 besuchte er das Gymnasium in Darmstadt, das damals unter der Leitung des bekannten Historikers H. B. Wenck stand; es ist nicht zu bezweifeln, daß Knapp’s Vorliebe für geschichtliche Studien wesentlich von Wenck geweckt und in richtige Bahnen gelenkt worden ist. Nach dreijährigem Aufenthalt in Jena und Marburg, während dessen er Jurisprudenz studirte, kehrte er in die Heimath zurück und wurde 1798 gräflicher Regierungsadvocat, 1800 Regierungsassessor und 1802 als Regierungsrath von seinem Landesherrn, dem Grafen Franz zu Erbach-Erbach, mit der Vertretung von dessen Schwager, des Grafen von Wartenberg, bei der Reichsdeputation in Regensburg und der Commission in Ochsenfurt beauftragt. [251] Der Graf hatte im Frieden von Luneville seine Besitzungen auf dem linken Rheinufer verloren, und es gelang der geschickten Vertretung seiner Interessen durch K., daß er mit der Reichtsabtei Roth in Oberschwaben ausreichend entschädigt wurde. Knapp’s erhaltene Aufzeichnungen aus dieser Zeit geben ein anschauliches Bild aller der kleinen und großen Intriguen, die damals zur Zeit des großen Länderhandels unter den Bevollmächtigten spielten. Als die Mediatisirung seines Landesherrn erfolgt war, wurde K. erster Rath an der gemeinschaftlich fürstlich Löwensteinischen und gräflich Erbachischen Justizkanzlei in Michelstadt, bekleidete während dieser Jahre 1814–1816 die Stelle eines Chefs des 14. Landwehrregiments und siedelte im letztgenannten Jahre nach Darmstadt über, wohin er eine Berufung als Oberappellationsgerichtsrath erhalten hatte. In dem erweiterten Wirkungskreise, der sich ihm damit eröffnet hatte, bewährte er sich bald als sehr tüchtiger Beamter; 1825 wurde er Mitglied des Geheimen Staatsministeriums, nachdem er bei dem ersten hessischen Landtag 1820–1821 I. Secretär, bei dem zweiten 1823–1824 I. Präsident gewesen war. Auch bei anderen hohen Behörden war K. Mitglied und wurde wiederholt von seinem Landesherrn durch Verleihung hoher Orden ausgezeichnet, wie er auch 1831 von der Landesuniversität Gießen zum Dr. jur. h. c. ernannt wurde. Auf sein Nachsuchen wurde K. 1838 in den Ruhestand versetzt, trat jedoch schon nach zwei Jahren als ständiges Mitglied des Staatsraths in den activen Dienst zurück. Bei dieser glänzenden Laufbahn konnte es kaum ausbleiben, daß er Feinde bekam. Eine in der Kammer der Landstände eingebrachte Interpellation über angeblichen Amtsmißbrauch Knapp’s widerlegte der Staatsminister Du Thil ausführlich (Großh. Hess. Zeitung 189, Nr. 39, Beil.), nachdem der Großherzog selbst die Bitte Knapp’s, eine Untersuchung einleiten zu lassen, wegen der Grundlosigkeit der Beschwerden abgelehnt hatte. K. starb am 20. Mai 1848.

Seine vielseitige Thätigkeit im Amt ließ K. dennoch Muße zu wissenschaftlichen Studien. So veröffentlichte er 1840 „14 Abhandlungen über Gegenstände der Nationalökonomie und Staatswirthschaft“, die von hoher, allgemeiner Bildung und Sinn für Rechtsgeschichte zeugen. Mit besonderer Vorliebe aber trieb K. historische Studien. Im J. 1833 war in Darmstadt der Historische Verein für das Großherzogthum Hessen gegründet worden, und K. gehörte schon dem vorbereitenden Ausschuß an, bis er nach dem Tod des ersten Präsidenten einstimmig zum Vorsitzenden des aufblühenden Vereins erwählt wurde. Das „Archiv für hessische Geschichte“ enthält eine Reihe von Aufsätzen von seiner Hand, die sich durch Schärfe der Beobachtung, Nüchternheit und Klarheit der Darstellung auszeichnen, wenn sie auch natürlich vielfach überholt sind. Bleibende Verdienste aber hat sich K. um die Limesforschung erworben. Als Erbachischer Beamter hatte er die beste Gelegenheit, die den Odenwald durchziehende ältere Limeslinie auf dem größten Theil ihres Verlaufs innerhalb des Gebirgs zwischen Schlossau südlich und Wiebelsbach nördlich kennen zu lernen und im Auftrag des Grafen Franz auch kleinere Ausgrabungen zu unternehmen. Die Frucht dieser Studien war das 1813 bei Engelmann in Heidelberg erschienene Büchlein „Römische Denkmale des Odenwaldes, insbesondere der Grafschaft Erbach und der Herrschaft Breuberg“ (2. Aufl. von Scriba, Darmstadt 1854, Jonghaus). Das Werkchen ist bis auf den heutigen Tag die wichtigste und zuverlässigste Quellenschrift über den behandelten Theil des Gesammtlimes. Bedeutend ist der Unterschied in der Behandlung des Gegenstands gegenüber früheren Arbeiten. Sein Werk unterscheidet sich durch Genauigkeit der Beobachtung, Zuverlässigkeit der Angaben und Vorsicht in den Schlußfolgerungen außerordentlich z. B. von dem nur um [252] 50 Jahre früheren Buch von Hansselmann über den Limes im Hohenlohischen Gebiet. Mit vollem Bedacht, und hierin liegt auch ein Vortheil, beschränkt sich K. auf ein räumlich eng begrenztes Gebiet, das er dafür um so genauer durchforscht hat. Daß sich natürlich bei dem damaligen Stand der Wissenschaft auch schiefe Deutungen und verkehrte Annahmen finden, kann man dem Nichtfachmann in keiner Weise zum Vorwurf machen. Nichts wäre verkehrter, als wenn Spätere deshalb geringschätzig von K. urtheilen wollten. Mit sicherm Blick hat er eine Reihe von Dingen als Thatsachen vorausgesetzt, die später erst in mühseliger Arbeit erwiesen werden mußten, und auch wo seine Deutungen nicht haltbar sind, hat er doch selbst durch seine Genauigkeit uns die Mittel in die Hand gegeben, seine Auffassung zu verbessern. Soweit das Gebiet von Erbach und Breuberg in Frage kommt, bleibt das Werkchen unschätzbares historisches Material, zumal da seit K. die Zerstörung der römischen Ueberreste bedeutend vorgeschritten ist. Knapp’s Werk brachte ihm reiche Anerkennung und trug ihm die Bekanntschaft manches berühmten Zeitgenossen ein, so die des Turnvaters Jahn, mit dem er das beschriebene Gebiet durchwanderte, und die E. M. Arndt’s. Hervorgehoben sei, daß K. hier wie in seinen andern Aufsätzen mit besonderer Vorliebe auch der Einzelfunde gedenkt, und hier wieder in erster Linie der Inschriften und Skulpturen. Unter seiner Aufsicht wurden im gräflichen Schloßgarten in Eulbach nicht nur einige Inschriften aufgestellt, sondern auch ein Wachtthurm und zwei Castellthore, eins von Eulbach selbst, das andere von Würzberg, wieder errichtet, und zwar alle diese Bauten mit den an Ort und Stelle aufgefundenen Steinen und wie man sagen darf, mit soviel Treue, wie man sie billiger Weise bei solchen Herstellungen erwarten darf. Lebhaften Antheil hatte K. auch an der Herstellung der prächtigen handschriftlichen Kataloge genommen, die Graf Franz von seinen Sammlungen anlegen ließ. Von Bedeutung für die nach ihm einsetzende Forschung ist Knapp’s Aufsatz „Beiträge zur Geschichte des Klosters Steinbach“ (Archiv f. hessische Gesch. u. Alterth. III, Heft 2).