Zum Inhalt springen

ADB:Johann Friedrich (Erzbischof von Bremen)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Johann Friedrich, Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorp“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 413–415, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_Friedrich_(Erzbischof_von_Bremen)&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 03:37 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Johann Parricida
Band 14 (1881), S. 413–415 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorf in der Wikipedia
Johann Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorf in Wikidata
GND-Nummer 115823239
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|14|413|415|Johann Friedrich, Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorp|Karl Ernst Hermann Krause|ADB:Johann Friedrich (Erzbischof von Bremen)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=115823239}}    

Johann Friedrich, Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorp, Erzbischof von Bremen und Bischof von Eutin (Lübeck), † am 3. Septbr. 1634 zu Altkloster bei Buxtehude, war am 31. August 1579 geboren und folgte seinem älteren Bruder Johann Adolf (geb. 1575, † am 31. März 1616), der nach dem Antritt des väterlichen Erbes und nach seiner Vermählung auf Bremen 1596 und auf Eutin 1608 verzichtete. Das Bremer Domkapitel wählte J. F. am 22. October 1596; sein Bruder hatte ihm Schlösser und Städte ohne Weiteres überliefert, so daß Kapitel und Stände fast in Aufruhr geriethen. Die Heirath Johann Adolfs hatten sie schon monirt, weil sie fürchteten, daß aus dem Erzbisthum ein erbliches Fürstenthum entstehen könnte. Als dann 1600 J. F. [414] sich auch mit Anna Sophie, einer Schwester des oldenb. Grafen Anton Günther, verlobte, nahmen es die bremischen Stände sehr übel und er unterließ die Hochzeit, ohne sein Wort zurückzuziehen. Oldenburgischer Seits folgte ein ärgerlicher Proceß beim Reichskammergerichte, dessen Acten 1620 gedruckt wurden. Anna Sophie starb unvermählt am 11. Juni 1639. J. F. entschädigte sich dafür durch ein häusliches Leben mit einer Anzahl Concubinen, deren ärgerliches Verhältniß selbst englischen Reisenden auffiel. Auch in Verden hielt er 1617 Hof, ohne dort Bischof zu sein, wie das Tagebuch des Herzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin zeigt; hier hatte er als Maitresse die Gertrud v. Heimbruch, in Thedinghausen die Frau des Amtmanns Block, Katharine, deren Söhne der Kaiser 1621 als Herren v. Holstein adelte, auch eine Anna Dobbels wird genannt. So erregte er in seinen Stiftern großen Anstoß, obwol diese starke Sachen der Art gewohnt waren. In der Regierung war er milde und wohlmeinend; im Bremischen hat er den ersten Versuch einer modernen Steuererhebung 1607 bei den Landständen trotz des Protestes der Marschländer durchzusetzen verstanden. Der Justizverwirrung zwischen den ständischen und fürstlich-bischöflichen Gerichten suchte er ebenfalls 1607 durch Ausbildung eines obersten fürstbischöflichen Kanzleigerichts zu steuern und erließ zu dem Zwecke eine eigene Kanzleiordnung. In demselben Jahre wurde die Zuständigkeit betreffs der in Kirchen und auf Friedhöfen begangenen Verbrechen geordnet; schon 1603 ein für jene Zeit freisinniges und vernünftiges Edict „vom Proceß in Zaubereisachen im Erzstift Bremen“ erlassen, während ringsum in Verden und Hadeln die wahnwitzigste Hexenverfolgung tobte. Daß J. F. ein schwankender Charakter war, zeigte sich im dänisch-niedersächsischen Kriege. Er hatte Furcht für seine Selbständigkeit und seine Besitzungen, die beiden Stifter, zuerst vor Christian IV. von Dänemark, später noch größere vor dem Kaiser und vor Tilly. Wider seinen Wunsch erreichte es der König durch die seit 1618 spielenden Bestechungen, daß dessen junger Sohn Friedrich (s. Bd. VII S. 518 f.) 1621 zum Coadjutor in Bremen ernannt wurde, und damit Bremen in seinen politischen Bereich fiel. Umsomehr versuchte J. F. das Stift Eutin dem Gottorpschen Hause zu sichern: Adolf, der zweite Sohn des Herzogs Johann Adolf, wurde zum Coadjutor und ebenso der dritte, Johann, 1621 zum Subcoadjutor ernannt und angenommen, letzterer auch 1631, als Adolf bei Breitenfeld geblieben, sofort, schon am 9. September, zum Coadjutor gewählt. Dem Lauenburger Vertrage wagte sich J. F., der anwesend war, nicht zu entziehen, an ernstliche Hülfe aber dachte er nicht, denn weder dem Domkapitel noch den weltlichen Ständen machte er Mittheilung, noch stellte er an sie eine Forderung. Vom 25. Juni 1625 an liegt eine Reihe von erzbischöflichen, königlichen, kaiserlichen und Generalschreiben vor, in denen die schwankende, nur auf sichernde Neutralität hinsteuernde Politik des Erzbischofs und seiner beiden Lande deutlich hervortritt. Er war wie gekettet zwischen den dänisch-englischen Besatzungen im Bremischen, der Stellung des Königs in Holstein und den andrängenden ligistischen Führern, zunächst Anholt, dann Tilly selber. Kaiser und König drangen brieflich energisch auf ihn ein; am 25. Mai 1626 forderte Christian die Auslieferung der Festen, namentlich Bremervörde’s, des einzigen Passes zwischen Weser und Elbe; am 14. März aber hatte Ferdinand schon unbedingte Unterwerfung beansprucht; der Erzbischof will dies Schreiben erst am 29. Juli erhalten haben. Er tergiversirte[WS 1] weiter, verließ aber das Bremische und ging nach Eutin, von dort nach Lübeck auf den Stiftshof; Christian aber besetzte Bremervörde und Stade, das Erzstift blieb aber passiv, neigte indessen zum König, der Erzbischof mehr und mehr zum Kaiser und tritt ihm endlich unumwunden zu. Von einem Religionskrieg ist bis dahin keine Rede, aber gegen Ende 1627 tritt er hervor. Der Anschluß des Erzbischofs an den [415] Kaiser führte zur directen Sequestration des Erzstifts durch Christian für seinen Sohn, den Coadjutator, dann folgte am 7. Mai 1628 die Einnahme Stade’s durch Tilly und die Vertreibung der Dänen und Schotten über die Elbe. Zwei Jahre residirte nun Tilly fast ausschließlich im Stifte, er führte das Restitutionsedict durch mit Hülfe Franz Wilhelms, des Bischofs von Osnabrück und (während der katholischen Reaction) von Verden; nur die Stadt Bremen widerstand. Das Stift war trotz Unterwerfung Johann Friedrichs vom Kaiser seinem Sohne Erzherzog Leopold zugedacht; die Ligisten wollten es aber Franz Wilhelm, dem Wittelsbachischen Nebensprößlinge, geben. Der Kaiser hatte freie Hand, Christian IV. hatte ja im Lübecker Frieden seine Freunde preisgegeben. Jetzt forderte jener unumwunden die Entsagung Johann Friedrichs zu Gunsten Leopolds. Sofort aber trat der Erzbischof in Unterhandlung mit Schweden und schloß sich den Schritten der in Norddeutschland depossedirten oder bedrohten protestantischen Fürsten an; so beschickte er den Convent von Februar 1631 in Leipzig, während sein Eutiner Coadjutor Adolf im kaiserlichen Heere und auch in diesem bei Leipzig blieb. Nach dieser Schlacht rückten sofort Schweden unter Achatius Tott dem Erzbischof zu Hülfe, der inzwischen schon eigene Truppen hatte über die Elbe gehen und selbst bis Verden streifen lassen, auch Adel und Bauern mit Erfolg zum Schlagen aufrief. Den ganzen Winter hindurch wurde im Bremischen gekämpft, auch Dänen landeten noch einmal in zweifelhafter Weise unter Markwart Ranzau, wurden aber durch Bauern und Erzbischöfliche zurückgeworfen. Nachher bot Pappenheim dem Könige Christian die Uebergabe Stade’s an; da er sich vor den Schweden nicht länger halten konnte, räumte er am 5. Mai 1633 die Festung und bald das ganze Land, das nun anfing über die Schweden zu klagen. Der Erzbischof kehrte nach Vörde zurück, reiste aber bald nachher zu einer Badekur nach Schwalbach und starb auf der Heimkehr im Altkloster Buxtehude am 3. September 1634; seine Leiche blieb fast ein Jahr dort stehen, dann wurde sie in Gottorp feierlich beigesetzt. Im Bisthum Eutin folgte ihm sein Neffe und Coadjutor Johann (10. November 1634), der für sein kleines Land die Selbständigkeit im westfälischen Frieden zu behaupten verstand und am 18. Februar 1655 starb.

v. Halem, Oldenb. Gesch. II S. 304 f. Lisch, Jahrbücher 12. Zeitschr. des hist. Ver. für Niedersachsen, 1865 S. 352. v. Ende und Jacobi, Samml. f. Gesch. und Staatskunde aus den braunschw.-lüneb. Churlanden, I. 27 ff. Cassel, Bremensia, II. 518. P. v. Kobbe, Bremen u. Verden, II. 224 ff. – Für den 30jährigen Krieg: Opel, Der niedersächsische-dänische Krieg. Wiedemann, Gesch. des Herzogth. Bremen, II. Plaß, Aus der Corresp. Johann Friedrichs im Archiv des Stader Ver. für Geschichte etc., III. S. 346 ff. – Cogelius, Utinisches Bischofsgedächtniß. Progr. des Gymn. zu Eutin, Ost. 1878 S. 15 – Die Köpfe von Johann Adolf und Johann Friedrich in vorzüglichen Münzabbildungen: Jungck, Die Bremischen Münzen, Tafel 11 und 12.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. tergiversieren=Rücken zudrehen, Winkelzüge machen