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ADB:Hannecker, Anton

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Artikel „Hannecker, Anton“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 760–762, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hannecker,_Anton&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:37 Uhr UTC)
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Hannecker: Anton H., Lycealprofessor, Dompropst, Orientalist, geboren am 4. Juni 1811 zu Vilzbiburg als Sohn eines sog. „Pfragners“, der mit Tuch- und Eisenwaaren einen einträglichen Handel betrieb. Der sehr wohlhabende Mann gab gerne seine Zustimmung, daß seine beiden Söhne den Studien und dem Priesterstande sich widmeten. Der ältere von ihnen, Anton, absolvirte mit Auszeichnung das Gymnasium zu Landshut und oblag der classischen Litteratur mit solchem Feuereifer und Erfolge, daß er bei ungewöhnlichem Gedächtniß, auch noch im späteren Lebensalter, ganze Partien aus Dante, Vergil, Horaz u. A. zu recitiren vermochte. Nach Vollendung der philosophischen und theoretisch-theologischen Vorlesungen an der Universität München 1830–34, erhielt H. zu Regensburg durch Bischof Fr. X. v. Schwäbl (siehe A. D. B. XXXIV, 174), den treuesten Schüler Sailer’s, am 25. Juli 1835 die Priesterweihe. H. trat aber nicht in die Seelsorge, sondern kehrte nach München zurück, zur weiteren Verfolgung seiner philologischen Studien, wozu [761] er noch die hebräische und arabische Sprache mit den damit verwandten Idiomen des Syrischen u. s. w. betrieb. Auch hörte er die Vorlesungen Möhler’s, welcher damals „mit der hinreißenden Beredsamkeit eines Paulus und der Milde und Innigkeit eines Johannes die akademische Jugend begeisterte“. Auf Allioli’s Rath sollte H. sich nach Paris zu Silvestre de Sacy zur weiteren Ausbildung begeben, leider entschied das Loos mit einem für ein Reisestipendium gleichberechtigten Concurrenten gegen H., welcher nun als Nachfolger des zum Universitätsprofessor ernannten neutestamentarischen Exegeten F. X. Reithmayr (s. A. D. B. XXVIII, 165) die Religionslehrerstelle am Neuen Gymnasium in München (womit auch der hebräische Sprachunterricht und das Predigeramt für die Studenten verbunden war) erhielt. Nachdem H. eine Berufung als Hofcaplan König Otto’s nach Athen abgelehnt hatte, wurde er zum Inspector und Professor an der kgl. Pagerie ernannt, wo er Gelegenheit hatte, sich auch in den neueren Sprachen auszubilden, was ihm bei den großen mit seinen adeligen Eleven alljährlich wiederkehrenden Ferienreisen nach Rom, Paris, Rußland u. s. w. vortrefflich zu statten kam. Mit der umsichtigsten Sorgfalt bereitete er sich jedes Mal vor, den jungen Leuten ein treuer Cicerone zu sein, um diese Fahrten, die zeitweise auch zu abhärtenden Fußpartien dienten, so nutzbringend wie möglich zu machen. Unablässig bemüht den Wissenskreis zu erweitern, durchzog er den ganzen Gang der Weltgeschichte – so hielt er in einem Semester ausführliche, auf eigenen Quellenstudien basirte Vorträge über die französische Revolution – machte sich außerdem das Gebiet der Botanik, Mineralogie, Physik, Farbenlehre und im eigentlichen Sinne auch die Kunst- und Litteraturhistorie zu eigen. Dem lebensfrischen Mann von mittlerer Größe, die trotz aller Einfachheit doch zu imponiren verstand, mit den kurzen, aber gefälligen Umgangsformen, gelang es in seinen zündenden, häufig peripatetischen Stunden, die Jugend für alles Schöne, Wahre und Gute, für alle die idealen, höchsten Fragen des Lebens zu begeistern. Unzählige Jünglinge (darunter auch der Schreiber dieser Zeilen, welchem frühzeitig das Glück wurde, Hannecker’s Privatunterricht zu genießen) erhielten fruchtbringende Anregung und unvergeßliche Directiven. Was H. in vierzehnjähriger Thätigkeit in der Pagerie geleistet, „dafür danken ihm heute noch die hervorragendsten Träger unserer Adelsgeschlechter in und außerhalb Baierns“. Als König Max II. einen seiner großartigen Lieblingsgedanken, für jugendliche Talente eine Akademie zu gründen, wo vorzüglich begabte Jünglinge sorgenfrei dem höheren Studium, insbesondere der Jurisprudenz obliegen sollten, 1852 zur Ausführung brachte, wurde H. zum ersten Director des sog. Maximilianeums bestellt. Da der dazu bestimmte, am rechten Ufer der Isar, die Stadt überragende Prachtbau noch nicht bezogen werden konnte, erhielten die Akademiker mit Rücksicht auf die Universität eine (am Eck der heutigen Schelling- und Amalienstraße) günstig gelegene Privatwohnung. In dieser Eigenschaft hatte H., bis ein fester Grund, eine gute Tradition für die Leitung und den Ausbau des Instituts gelegt war, viel unangenehme Erfahrungen durchzumachen, die jedoch sein glänzendes organisatorisches Talent siegreich glättend bestand. Zum Repetitor angelegt, wie kaum ein Anderer, zog H. auch das ganze Bereich der Philosophie, der Historie mit ihren zahlreichen Hülfswissenschaften, ebenso die Jurisprudenz mit den Institutionen und Pandekten in den ergänzenden Kreis seiner neuen Lehrthätigkeit. Daß man an allerhöchster Stelle mit seinen vielseitigen Leistungen zufrieden war, bewies seine 1860 erfolgte Ernennung zum kgl. Rath. Wie ehedem die Pagen hielten ihn nun die Zöglinge des Maximilianeums hoch und werth, ob seiner unermüdlichen Hülfsbereitschaft, Herzensgüte und des wahrhaft väterlichen [762] Wohlwollens. Viele seiner ehemaligen, jetzt in hohen und höchsten Stellungen befindlichen Scholaren gedenken heute noch seiner in dankbarer Liebe und Freude. Nach der Uebersiedlung in den neuen Prachtbau und dem Tode des Stifters, im Herbste 1864, wurde H. auf die längst gewünschte Stelle eines Domcapitulars nach Eichstädt versetzt. Hier widmete er sich dem längst ersehnten theologischen Lehramt am Lyceum und zwar in den biblischen, exegetischen Fächern, wozu seine linguistischen Kenntnisse, insbesondere der hebräischen und orientalischen Idiome, zur vollen Geltung gelangten, denen H., seit 1870 als Dompropst, unausgesetzt weiter oblag. Trotz seiner Abneigung die Schätze seines polyhistorischen Wissens in die Oeffentlichkeit zu bringen, ließ er sich endlich, um für einen langsamen Collegen in die Lücke zu springen, doch herbei, eine Abhandlung über „Die Philistäer“ als Lycealprogramm (Eichstätt 1872) abzuschließen und ihre südlichen, zwischen Palästina und der Sinai-Insel eingekeilten Ansiedlungen als phönicische Colonien nachzuweisen. Seine stählerne Gesundheit und Arbeitskraft schienen allmählich doch erschüttert; vergebens suchte er in dem hochgelegenen Obladis oder bei den warmen Quellen Gasteins Schutz und Hülfe. Eine raschverlaufende Lungenentzündung endete am 31. Januar 1885 seine edle Lebensthätigkeit.

Vergl. Thalhofer’s Nachruf in Nr. 7 „Pastoralblatt“. Eichstätt 1885. XXXII, 29 ff. und H. G. in Nr. 35 d. „Bayr. Kurier“, 5. Febr. 1885.