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ADB:Giesebrecht, Karl

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Artikel „Giesebrecht, Karl Heinrich Ludwig“ von Wilhelm von Giesebrecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 157–158, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Giesebrecht,_Karl&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:53 Uhr UTC)
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Giesebrecht: Karl Heinrich Ludwig G., Dichter, der älteste Sohn Benjamins G., geb. d. 9. Juni 1782 zu Mirow, gest. 20. Septbr. 1832 zu Berlin. Auf der Schule seines Geburtsortes vorgebildet, fand er 1796 Aufnahme in das Joachimsthal’sche Gymnasium zu Berlin, wo er bald der besondere Liebling des Rectors Meierotto wurde. Von diesem an Fr. Aug. Wolf empfohlen, bezog er 1800 die Universität Halle, um sich theologischen und philogischen Studien zu widmen. Wolf, der ihm gleichfalls große Gunst zuwandte, gewann ihn für die classische Philologie, obwohl G. den theologischen Studien nie untreu wurde und auch noch in späteren Jahren gern die Kanzel bestieg. Neben seinen Studien lebte er mit mehreren Freunden besonders poetischen Bestrebungen und beschäftigte sich mit Vorliebe, den Anregungen der romantischen Schule folgend, mit den Dichtern der romanischen Sprachen, deren Formen er bald mit größter Leichtigkeit handhabte. Auf Wolf’s Empfehlung nahm Gedike den kaum zwanzigjährigen Jüngling 1802 als Mitglied in das Seminar für gelehrte Schulen in Berlin auf und übertrug ihm selbst in den oberen Classen des Gymnasiums zum grauen Kloster Unterricht. Schon 1805 erhielt G. einen Ruf als Professor der griechischen Sprache an das Pädagogium zu Bremen, wo er später auch in derselben Eigenschaft am dortigen Lyceum verwendet wurde. Nachdem früher schon mehrere Gedichte und das Trauerspiel Armida (Penig 1804) von ihm gedruckt waren, veröffentlichte er jetzt schnell nach einander das Taschenbuch „Mnemosyne“ (Bremen 1806), das Trauerspiel „Sertorius“ (Bremen 1807), „Dramatische Studien“ (Bremen 1808). Seine dramatischen Arbeiten scheinen ihn bald selbst nicht befriedigt zu haben, denn ein vollendetes Trauerspiel Konradin gab er nicht mehr in den Druck. Die französische Herrschaft verleidete ihm den Aufenthalt in Bremen, zumal nachdem er sich verlobt hatte und an die Errichtung eines eigenen Hausstandes dachte. Freudig nahm er deshalb einen Ruf an, der ihn 1812 wieder nach Berlin an das graue Kloster zurück führte. Die ersten Jahre seiner Ehe und seiner neuen Thätigkeit waren durch die patriotische Erhebung verschönt, an welcher er den lebendigsten Antheil nahm. Die großen Zeitereignisse gaben auch seiner poetischen Thätigkeit jetzt die Richtung; so besang er in einem kleinen Epos die Leipziger Schlacht (gedruckt [158] 1814 in der Zeitschrift „Die Musen“, herausgegeben von Fouqué und Neumann). Für Freundschaft und Geselligkeit sehr empfänglich, stand er inmitten eines großen Kreises Gleichgesinnter, namentlich war er mit seinen Collegen Otto Schulz und Gustav Köpke, dann mit Jahn, Zeune, Fouqué, Pischon eng verbunden. In kirchlicher und politischer Beziehung war er besonders durch Schleiermacher bestimmt, dem er schon früher persönlich nahe getreten war. Wie er und sein Freund Schulz in den Zeiten der beginnenden Reaction dachten, zeigt die Flugschrift: „Ueber die neuen Assassinen“, welche sie 1819 erscheinen ließen. Dem geistreichen und patriotischen Lehrer hing die Jugend mit Begeisterung an; Viele haben noch in späteren Jahren anerkannt, wie viel sie seinen Religionsvorträgen und seinen geschmackvollen Erklärungen der griechischen Tragiker und der Meisterwerke unserer nationalen Litteratur verdankten; er gehörte zu den ersten, welche das Nibelungenlied in die Gymnasien einführten. Leider folgten den ersten schönen Zeiten in Berlin bald schlimme. Die Ehe war reich an Kindern, mehrere von diesen starben in zartem Alter und auch die Mutter erkrankte oft und schwer; zu den Seelenleiden bedrängten Nahrungssorgen den Mann, dessen Hand stets für jede Noth Anderer offen war. Durch die Poesie suchte G. sich aufrecht zu erhalten. Bis an sein Ende beschäftigte ihn eine neue Messiade, von welcher ein größeres Bruchstück in Fouqué’s Berlinischen Blättern Bd. VI. 1829 veröffentlicht wurde. Die Lusiaden seines Lieblingsdichters Camoens übertrug er fast vollständig in das Deutsche und ließ eine Probe seiner Uebersetzung in der genannten Zeitschrift Bd. X. 1830 drucken; auch die portugiesische Tragödie Osmia der Gräfin Vimieiro verdeutschte er, gab diese Arbeit aber nicht in den Druck. Vor Allem ermüdete er nicht die Feste seiner Freunde durch Lieder zu verschönern, in denen sich seine dichterische Begabung wohl am eigenartigsten entfaltete; sie sind in zahlreichen Flugblättern gedruckt, welche jetzt kaum noch zu sammeln sein möchten; einzelne von ihnen sind in seine „Deutschen Blätter“ (Brandenburg 1822) aufgenommen. Die häuslichen Sorgen brachen allmählich seine geistigen und körperlichen Kräfte. Der schwerste Schlag traf ihn 1830 durch den Tod seiner Gattin; zur Erinnerung an sie ließ er noch seine Liebeslieder in den Berlinischen Blättern Bd. XII drucken. Er folgte der treuen Lebensgefährtin bald in das Jenseits, seinen Kindern hinterließ er viele hülfreiche Freunde.

Nekrolog von G. Köpke im Programm des Berlinischen Gymnasiums zum grauen Kloster 1833. Nekrolog d. D. X. S. 675 ff.