Zum Inhalt springen

ADB:Encke, Erdmann

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Encke, Erdmann“ von Alfred Gotthold Meyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 357–358, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Encke,_Erdmann&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 06:50 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Encke, August
Nächster>>>
Endemann, Wilhelm
Band 48 (1904), S. 357–358 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Erdmann Encke in der Wikipedia
Erdmann Encke in Wikidata
GND-Nummer 116471689
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|48|357|358|Encke, Erdmann|Alfred Gotthold Meyer|ADB:Encke, Erdmann}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116471689}}    

Encke: Erdmann E., Bildhauer, geboren am 26. Januar 1843 zu Berlin, † daselbst am 7. Juli 1896, vertritt in den ersten Jahrzehnten der Reichshauptstadt insbesondere die monumentale Porträtplastik innerhalb der durch Rauch bestimmten Richtung. Persönlich vermittelt wird dieser Zusammenhang wie bei Schaper[WS 1], Herter[WS 2] und O. Lessing[WS 3] durch ihren gemeinsamen Lehrer Albert Wolff, den Schüler Rauch’s. Nach zwei dieser Schulung entsprechenden Gruppen der Ideal-Plastik („Germane im Kampf mit zwei Galliern“ und „Odysseus und Penelope“) lenkte E. zunächst als Sieger im Wettbewerb um das Broncestandbild des Turnvaters Jahn in der Hasenheide bei Berlin (vollendet 1872) die Aufmerksamkeit auf sich. Der hier durch die Aufgabe selbst gebotene und in der Ausführung volksthümlich zur Geltung gebrachte Zug zum Männlich-Kraftvollen, der sich mit der Art Rietschel’s berührt, herrscht noch wirksamer in seiner Broncestatue des Kurfürsten Friedrich I. von Brandenburg an der Front des Berliner Rathauses. Das statuarische Problem ist dort ebenso gut gelöst, wie das psychologische: in der plastischen Geschlossenheit dieser Rittergestalt lebt die geschichtliche Bedeutung des ersten Hohenzollernfürsten der Mark. Diese Treffsicherheit führte E. unter der Gunst persönlicher Beziehungen – er war der Lehrer der Kronprinzessin Victoria[WS 4], der spätern Kaiserin Friedrich – einige der schönsten Aufgaben zu, welche die Berliner Denkmalplastik seiner Zeit zu vergeben hatte. Zunächst 1877 den Auftrag zum Marmormonument der Königin Luise (vollendet 1880). Form und Wesen waren hier schon durch den Standort im Thiergarten bestimmt: das Monument sollte ein Gegenstück zu Drake’s in unmittelbarer Nähe stehendem Denkmal des Königs Friedrich Wilhelm III. sein. Aufbau und Charakter sind gleich: ein cylindrischer Sockel mit Reliefs, die in leicht antikisirenden Idealfiguren den Befreiungskampf in seinem Verhältniß zum Familienleben des Friedens, insbesondere zum Wirkungskreis der Frau schildern; oben die Gestalt der königlichen Frau selbst, von der gleichen vornehmen Schlichtheit, wie die ihres erlauchten Gatten. Die Aufgabe ist einwandsfrei und würdig gelöst, aber schon hier war E. durch das unmittelbare Vorbild Drake’s und durch die mittelbaren Schadow’s und Rauch’s so sehr gebunden, daß seine eigene Kraft eine gewisse Einbuße erlitt. Bei aller Schönheit der Einzelmotive erreicht sein Fries nicht jene sonnige Naivetät, die den Fries Drake’s am Denkmal Friedrich Wilhelm’s III. beseelt, und seine Königin [358] Luise vermag, trotz aller Feinheit, mit der ihre Haltung ihr Wesen und Geschick andeutet, das volksthümliche Bild, das Schadow und Rauch schufen, nicht zu verdrängen.

Mit den bronzenen Colossalstatuen des Großen Kurfürsten (1883) und Friedrich’s des Großen (1886) für die „Herrscherhalle“ des Zeughauses in Berlin, und der Statue des Kurfürsten Joachim II. für das Reformationsdenkmal in Spandau (1889) griff E. auf den in seiner Rathausfigur angeschlagenen Ton wirksam zurück. So schien E. nach dem Hinscheiden Kaiser Wilhelm’s I. und der Kaiserin Augusta zum Wortführer der preußischen Monumentalkunst Rauch’s an deren hehrster Stätte, im Mausoleum zu Charlottenburg, wohlberufen. 1894 wurden daselbst seine beiden als Gegenstücke zu Rauch’s Grabdenkmälern der Königin Luise und Friedrich Wilhelm’s III. geschaffenen Grabmonumente des kaiserlichen Paares und des im Vorraum in weihevoller Wacht harrenden Erzengels Michael enthüllt. Die Gestalt des letzteren, mit goldenem Flammenschwert, Schild und Helm, überträgt die statuarische Wucht der Rathausstatue in die Sprache einer Idealfigur. Unter den mächtigen Fittigen wirkt die ganze hoheitsvolle Jünglingsgestalt, deren Gesichtszüge an die der Germania erinnern, stimmungsvoll als Hüter geschichtlicher Größe im Schweigen des Todes. Die Kraft der Auffassung bricht selbst durch das allzu intensiv die Formen auflösende Blau des Oberlichts hindurch. Diese glückliche Vereinigung von Monumentalität, Schlichtheit und Tiefe der Empfindung bewährt sich auch an der Grabfigur des Kaisers. Baarhäuptig, die Hände über Schwert und Lorbeerzweig gelegt, ruht er auf der Bahre im ewigen Schlaf. Der Hermelinmantel fällt als Decke breit zum Sarkophag herab, und so hat E. die bei Rauch’s Denkmal Friedrich Wilhelm’s III. hart wirkende Zurschaustellung der gestiefelten Füße vermieden. Auch die Kaiserin trägt nur einen Kronreif, die Hände sind inbrünstig um das Crucifix und einen Zweig von Passionsblumen gefaltet; ihr Haupt ist zur Seite geneigt. Dadurch erscheint es von mancher Stelle aus freilich zu sehr im „verlorenen Profil“. Auch diese beiden Gestalten erfüllen die Ansprüche an Weihe und Würde, die in der Aufgabe lagen. Dennoch stand E. auch hier unter dem Druck der gegebenen Vorbilder, und es läßt sich nicht verkennen, daß Rauch in der Wiedergabe der Körperformen unter dem Gewand und in der monumentalen Ausnützung des Faltenwurfes weit größere Sicherheit besaß, als sein Enkelschüler. – E. hat noch eine Reihe guter Büsten geschaffen, u. a. die der Kronprinzessin (spätern Kaiserin Friedrich), der Maler Döpler[WS 5] und Steffeck, der Hofschauspielerin Johanna Jachmann-Wagner. In der Berliner Nationalgalerie befindet sich seine 1890 eigens dafür gearbeitete kleine Bronzegruppe: „Kurfürstin Elisabeth, ihrem Sohn Joachim christliche Lehren ertheilend“. Die weit überlebensgroße Bronzebüste des fridericianischen Generals v. Rohdich für den Kasernenhof des 1. Garderegiments z. F. in Potsdam blieb seine letzte Arbeit: ihr Guß wurde an seinem Todestag beendet.

E. war als Professor seit 1882 ordentliches Mitglied und Senator der kgl. Akademie der Künste zu Berlin. Sein Wesen trug denselben Stempel feinsinniger Männlichkeit wie seine Kunst.

Nekrolog in der Chronik der Kgl. Akademie der Künste zu Berlin. Berlin 1895/96. – Rosenberg, Gesch. d. modern. Kunst III, 443 f. Leipzig 1889.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Fritz Schaper (1841–1919), Bildhauer in Berlin.
  2. Ernst Herter (1846–1917), Bildhauer in Berlin.
  3. Otto Lessing (1846–1912), Bildhauer in Berlin.
  4. Victoria (1840–1901), Frau von Kaiser Friedrich III.
  5. Carl Emil Doepler (1824–1905), Maler in New York, München, Weimar und Berlin.