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ADB:Crollius, Johann Lorenz

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Artikel „Crollius, Johann Laurentius“ von Friedrich Wilhelm Cuno in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 567–570, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Crollius,_Johann_Lorenz&oldid=- (Version vom 6. November 2024, 01:38 Uhr UTC)
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Crollius: Johann Laurentius C., reformirter Theologe, der sich um die Kirche und Schule dreier Länder große Verdienste erworben hat, ist geboren am 6. März 1641 zu Rotenburg a. d. Fulda und gestorben zu Marburg a. d. Lahn am 27. September 1709. Sein Vater M. Johann C., Stiftsdecan und Hofprediger des Fürsten Hermann zu Hessen-Rotenburg, später Inspector der Kirchen und Schulen des Fürstenthums Hersfeld und Rector des Gymnasiums daselbst, erkannte frühzeitig die Geistesgaben seines Sohnes. Nach einer ausgezeichneten Vorbildung auf dem benachbarten Hersfelder Gymnasium bezog derselbe im J. 1660 die Universität Marburg, wo er fast drei Jahre sich den allgemeinen Wissenschaften und der Theologie widmete. Der im October 1662 erfolgte Tod seines Vaters rief ihn aber nach Hause. Hierauf ging er nach Bremen, nicht nach Jena, wie Jöcher angibt, [568] wo sein Hauptlehrer in der Theologie Dr. Gerhard Meyer war. Auf ärztlichen Rath verließ er jedoch, mit Rücksicht auf seine Gesundheit, diese Hochschule 1667, um wiederum Marburg aufzusuchen. Hier hörte er noch ein Jahr die Professoren Sebastian Curtius, Heinrich Duysing und Reinhold Pauli. Im folgenden Jahre berief ihn der Vicekanzler Heinrch v. Haxthausen zur Information seiner Söhne nach Kassel. Zwei Jahre später wurde er Hauslehrer des Just Hermann Vultejus, des Sohnes des hessischen Kanzlers Johannes Vultejus. Vier Jahre brachte er in dieser Stellung zu, in der es ihm an mancher geistigen Anregung nicht fehlte, da beriefen ihn die nassauischen Fürsten ottonischer Linie zum Professor der Beredsamkeit und Pädagogearchen nach Herborn. Seine Inauguralrede daselbst hielt er „de felicitate eorum, qui hodie e discentium numero animum ad eloquentiae studium appellunt“. In der Folge docirte er auch die praktische Philosophie. In Herborn hatte damals unter der Aegide des Theologen Matthias Nethenus (s. A. D. B. XXIII, 455), eines eifrigen Voetianers, die Philosophie des Aristoteles eine Hochburg sich erbaut, von der aus der Cartesianismus und die mit demselben coquettirende theologische Richtung des Coccejus mit Nachdruck bekämpft wurden. Auch C. trat gegen beide in die Schranken. Im Sommer 1680 berief der Kurfürst Karl Ludwig C. auf die Stelle eines Professors der Philosophie und griechischen Sprache nach Heidelberg. Der am Ende des Monats August genannten Jahres eingetretene Tod dieses Fürsten zog jedoch den Umzug unseres C. von Herborn nach Heidelberg bis ins Frühjahr 1681 hinaus. Unterdessen hatte der Sohn des Genannten, der streng reformirt gesinnte Kurfürst Karl, die Regierung angetreten, der trotz seiner großen Schwächen das Beste seines Landes suchte. Bereits streckten die Franzosen ihre Fühlhörner nach der Pfalz aus, deren Oberamt Germersheim sie besetzten. Doch die Pfälzer sahen hoffnungsvoll zu ihrem jugendlichen Regenten auf. Mit ihnen erwartete unser C. von demselben Großes für das Kurfürstenthum, wie er denn seine akademische Antrittsrede in Gegenwart dieses Fürsten und des englischen Gesandten Bertie de Palatinatu inter tristia felici hielt. Gar zu bald sollten aber die schlimmsten Zeiten für die Pfalz kommen. Nach dem allzufrühen Ende Karl’s kam in Philipp Wilhelm die römisch-katholische Herrscherfamilie von Pfalz-Neuburg 1685 auf den Kurfürstenstuhl. Das dritte Jubelfest der Universität Heidelberg am 25., 26. und 27. November 1686 wurde mit gedämpfter Freude begangen. Bei Gelegenheit desselben wurde C., dem inzwischen auch die erste Lehrerstelle an dem Sapienzcollegium übertragen worden, mit dem Hanauer Professor Nicolaus Gürtler, dem Kreuznacher Prediger Heinrich Horch und dem Pfarrer Johann Fueslin aus dem Kanton Zürich von Professor Johann Friedrich Mieg die theologische Doctorwürde ertheilt. Sehr bald aber sollte die Jubelfreude in einen Klagereigen verwandelt werden. Der Orleans’sche Krieg zwang die pfälzischen Truppen, am 24. October 1688 den Franzosen die Thore Heidelbergs zu öffnen, welche nun in unerhörtester und schändlichster Weise mit den Einwohnern umgingen. Die Professoren und Studenten flüchteten. C., der zu Anfang des Jahres 1687 Prorector geworden, zog sich nach vielen Mißhelligkeiten nach Wanfried in Hessen zurück, wo er Verwandte hatte. Im Beginne des Jahres 1690 wagte C. wieder nach Heidelberg sich zu wenden. Die meisten Professoren hatten auswärtige Dienste angenommen. Am letzten December genannten Jahres wurde er zum Decan der philosophischen Facultät gewählt und im März 1692 wurde er ordentlicher Professor der Theologie, wobei er zugleich das Rectorat übernahm, das er auch im folgenden Jahre führte. Bezeichnend für seinen theologischen Standpunkt ist seine theologische Antrittsrede de Papiae [569] Episcopi Hieropolitani circa regnum millenarium Christi somnia; bezeichnend für seine Berufstreue, daß er es wagte, selbst unter dem Waffengeräusche seinen ihm anvertrauten Aemtern gewissenhaft obzuliegen. Endlich kam am 22. Mai 1693 durch Verrath des kaiserlichen Feldmarschalllieutenants Georg Eberhard v. Heidersdorf Heidelberg zum zweiten Male in die Gewalt der Franzosen, welche dies Mal in grausamster Weise alles verheerten und verwüsteten. Was nur fliehen konnte, floh aus der Stadt. Unter den Fliehenden befand sich der Kirchenrath Prof. Joh. Ludw. Fabricius, welcher seinen Hausrath und seine kostbare Bibliothek zurückließ, um nur die besten Schätze der Universität, das Archiv derselben zu retten, und unser C., der keine Zeit mehr fand, das Matrikelbuch zu sich zu nehmen, obgleich es in seiner Wohnung verwahrt lag, so daß dasselbe mit seinem ganzen Eigenthume verloren ging. Nur dadurch rettete C. sein und der Seinigen Leben, daß er bei einem Hauptmann der Franzosen Schutz fand, der dafür sorgte, daß sie sicher durch das französische Lager nach Rohrbach gelangten, wo sie die Nacht unter freiem Himmel zubrachten, und von da nach Neustadt a. d. Haardt. Charakteristisch ist es, daß C., als ihm auf dieser Flucht ein französischer Soldat des Anastasii Bibliothecarii Historia Ecclesiastica und Historia Pontificum Romanorum anbot, er, ungeachtet seiner geringen Baarschaft, beide ihm abkaufte und sich in erwähnter Nacht daran aufrichtete. Zu Neustadt blieb er acht Tage bei Freunden, die ihm viele Liebe erwiesen. Dann zog er über Mainz nach Frankfurt, wo ein Herr Behaghel sich in freigebigster Weise seiner annahm. Hier machte C. dem in der Umgegend weilenden Landgrafen Karl von Hessen-Kassel seine Aufwartung und wurde von demselben zum Professor der Theologie und Pädagogearch nach Marburg berufen.

Sein Amt daselbst trat er am 9. November 1693 an mit einer Rede de Comminatrice Judicii divini denunciatione a Johanne Baptista ad Judaeorum nationem facta. Einige Jahre leitete er hier Disputationen der Studenten über des Genfer Theologen Franz Turretin, eines der ausgezeichnetsten Dogmatiker der reformirten Kirche, bekanntes Werk: Institutio Theologiae elencticae gegen den Polemiker Johann Jacob Osiander, Kanzler und Professor an der Universität Tübingen. Auch beschäftigte er sich hier viel mit historischen Studien. Eine Frucht derselben ist seine lateinisch geschriebene Geschichte der Hersfelder Aebte. Nach seiner Correspondenz mit dem Gießener Prof. Joh. Nic. Hertz hatte er auch eine Geschichte des Klosters Hayna u. a. in Arbeit. Seine übrigen Schriften sind Gelegenheitsschriften. Sie finden sich z. Th. aufgezählt bei Strieder und bei Harscher.

C. hat in zwei Ehen gelebt. Seine erste Gattin Anna Margaretha Meisterlin, die 1696 starb, hinterließ fünf Söhne und eine Tochter, die zweite, Anna Margaretha Döll, beschenkte ihn mit einem Sohne und drei Töchtern. Zwei Söhne aus erster Ehe haben sich als verdienstliche Schulmänner hervorgethan: Jacob Konrad, Rector des Hersfelder, und Johann Philipp, Leiter des Zweibrücker Gymnasiums. Der letztere, † am 29. Januar 1767, hat eine Reihe vortrefflicher, die zweibrückische Landesgeschichte illustrirender Werke hinterlassen; sein Sohn Georg Christian, † 1790, hat sich als Stifter der Zweibrücker Gesellschaft zur Herausgabe classischer Autoren, der sogen. Bipontiner Editionen, sowie ebenfalls durch historische Arbeiten, worunter die Origines Bipontinae, rühmlichst bekannt gemacht.

Nic. Harscher, Oratio funeb. in obit. J. Laur. Crolli. Marb. 1710. – J. G. Faber, Memoria G. Chr. Crollii. Bip. 1790. – Schenck, Vitae profess. Marburg. – Ersch u. Gruber, Sect. II, 13. – Strieder. – Jöcher. – Hautz, Gesch. d. Heidelb. Universität. – Fr. P. Wundt, Gesch. [570] d. Stadt Heidelb. – Häusser, Gesch. d. Rhein. Pfalz. – Pfälz. Memorabile, 4. u. 6. Theil. – Handschriftliches.