ADB:Carlowitz, Hans Carl von
[1] 1645, † 3. März 1714 zu Freiberg. Die wichtigsten Phasen seines Lebens sind in Kürze folgende: Studium auf der Universität Jena; 5jährige, ausgedehnte Reisen; 1669 Kammerjunker bei Johann Georg II.; 1672 Amtshauptmann zu Wolken- und Lauterstein; 1677 Vice-Berghauptmann; 1709 Kammer- und Bergrath und 1711 – bis an sein Lebensende – Oberberghauptmann zu Freiberg.
Carlowitz: Johann (Hans) Karl v. C., Sohn des kursächsischen Oberforstmeisters Georg Karl v. C., geb. zu Oberrabenstein 14. Oct.C. war also von Haus aus Bergmann, hat sich aber durch seine – die Summe aller seiner Studien und Erfahrungen umfassende, erst gegen den Abschluß seines Lebens hin geschriebene – „Sylvicultura oeconomica“ oder „Anweisung zur wilden Baumzucht etc.“ (1713; vom Hochfürstlichen Sächsischen Landkammerrath und Domherrn Julius Bernhard v. Rohr 1732 in zweiter Auflage und mit einem dritten Theil vermehrt herausgegeben) in der Geschichte der Forstwissenschaft ein unvergängliches Denkmal gesetzt. In diesem dem damaligen König von Polen und Kurfürsten von Sachsen gewidmeten Werk wird die seither von den sogenannten Hausvätern (Petrus de Crescentiis, Heresbach, Colerus, Böcler, von Hohberg, Florinus u. A.) in landwirthschaftlichen Schriften nebenbei mit behandelte Forstwirthschaft zum ersten Mal als ein selbstständiges Ganzes – und zwar mit Ausschluß der Jagdkunde – (eine für damals und von Seiten eines Edelmanns gewiß seltene, von geistiger Höhe [792] zeugende Entsagung!) gewürdigt. Die nächste Veranlassung der Epoche machenden Schrift war allerdings das Interesse des Verfassers (als Bergofficiant) an der Erhaltung der Wälder zu Zwecken des Bergbaus. C. fürchtet, wie seine Zeitgenossen, hereinbrechenden Holzmangel durch die sorglose Waldwirthschaft seines Zeitalters und – in Folge dessen – Beeinträchtigung, ja Vernichtung des gerade für Sachsen so höchst wichtigen Bergbaus. Indessen sind seine Klagen über Abnahme der Wälder etc. doch nicht ausschließlich auf einseitige montanistische Gründe gestützt; unverkennbar erhellt vielmehr aus seiner ganzen Darstellung – namentlich im Eingang – eine Ahnung von der höheren volkswirthschaftlichen Bedeutung der Wälder. Der I. Theil behandelt den Gegenstand in 18 Capiteln mehr im Allgemeinen, der II. Theil in 12 Capiteln ist vorzugsweise der beschreibenden Botanik gewidmet (ebenso der III. in 47 Capiteln). Das ganze Werk ist vom classischen Hauch und philosophischen Geist der damaligen Zeit durchweht. Sein Autor war in der Litteratur der Römer und Griechen wohl bewandert und stand in den Hauptsätzen der Physiologie wenigstens nicht hinter seinen Zeitgenossen zurück. Seine Auffassung des Baums: Planta est corpus animatum, vegetans (p. 17) wird begründet; die Wurzeln sind ihm os arboris; in Bezug auf die Entstehung der Gewächse (causa materialis) unterstellt er eine causa hyperphysica (übernatürlich, durch Gottes Allmacht) und physica (natürlich – p. 18); der Connex zwischen Standort und Wuchs ist ihm nicht unbekannt; ebenso spricht er von einer Saftbewegung – aufwärts und in den Blättern etc. Die Hauptstärke der Schrift liegt aber im waldbaulichen Theil derselben. Die Lehre von der Holzsaat (mit Tangel- = Nadelholz, insbesondere Fichte und Kiefer) und Pflanzung, von der Anlage der Baumschulen wird ausführlich und in der Hauptsache richtig vorgetragen; der Pathologie und Therapie der Holzgewächse wird ein Capitel gewidmet; die Nachtheile des Laub- und Moosrechens werden bereits hervorgehoben. Schon aus diesen aphoristischen Andeutungen dürfte hervorgehen, daß der Verfasser – nicht einmal Forstmann von Beruf – seiner Zeit weit vorausgeeilt war. Man kann von seiner Schöpfung den Beginn der eigentlichen Forstwissenschaft datiren.
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 791. Z. 19 v. u. l.: 25. December (st. 14. Oct., welches falsche Datum aus einer mißverstandenen Correctur entstanden ist). [Bd. 5, S. 795]