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ADB:Bernhard (Prinz von Sachsen-Weimar-Eisenach)

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Artikel „Bernhard, Herzog von Sachsen-Weimar“ von Gottfried Theodor Stichling in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 450–453, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bernhard_(Prinz_von_Sachsen-Weimar-Eisenach)&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 08:10 Uhr UTC)
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Bernhard, Herzog von Sachsen-Weimar, geb. 30. Mai 1792, † 1862, zweiter Sohn des regierenden damaligen Herzogs Karl August von Sachsen-Weimar und der Herzogin Luise, geborenen Prinzessin von Hessen-Darmstadt. Von Herder bei der Taufe mit prophetischen Worten in die Christengemeinschaft eingeführt, hat er in einem vielbewegten, reichen Leben, wenn auch nicht an regierender Stelle, die bedeutenden Gaben des Körpers und Geistes, mit denen die Natur ihn ausgestattet, in hervorragender Weise zu verwerthen gewußt. Von früher Jugend an für den militärischen Beruf bestimmt, unter der Führung des Major Rühle von Lilienstern im sächsischen Garde-Grenadierregiment zu Dresden militärisch ausgebildet, zog er 1809 in der zum Rheinbund gehörenden sächsischen Armee gegen Oesterreich, focht, ein siebzehnjähriger Jüngling, mit ausgezeichneter Tapferkeit am 5. und 6. Juli bei Wagram mit und wurde von Napoleon selbst mit dem Orden der Ehrenlegion „als der Jüngste der an diesem Tage von ihm Decorirten in der ganzen Armee“ geschmückt. Als aber 1811 wieder an ihn, der inzwischen in der sächsischen Armee zum Major avancirt war, die Aufforderung herantrat, abermals unter Napoleons Fahnen, damals gegen Rußland, zu ziehen, verhinderten dies aus verwandtschaftlichen und anderen Rücksichten die fürstlichen Eltern und sandten ihn dagegen im Interesse seiner feineren und edleren Bildung, die in den letzten Jahren in einem ziemlich wüsten Officiersleben in Dresden nicht gefördert worden war, unter der Führung zweier, theils durch weltmännische Erfahrung, theils durch umfassende wissenschaftliche Kenntnisse wohlgeeigneter Männer, des Grafen Edling und des Freiherrn [451] von Gersdorff, auf Reisen. Zuerst über Wien nach Italien und zwar zu einem längeren Aufenthalte in Rom (vom 1. Januar bis 1. April 1812), von wo aus schon die beiden Führer das Erfreulichste über des Prinzen Lenksamkeit und treffliche Eigenschaften berichten konnten. Nachdem der Vesuv bestiegen, Herculanum und Pompeji, Pästum und die Insel Ischia besucht worden waren, ging der Rückweg über Florenz, Lucca, Pisa, Livorno, Genua, Turin und Mailand, Genf, Avignon, Marseille und Lyon nach Paris, wo die Reisenden, auch am kaiserlichen Hofe freundlich empfangen, bis zum März 1813 verweilten. Prinz B. kehrte von dieser wahren Bildungsreise geistig neu geboren nach Weimar zurück, um da vorderhand zu verbleiben. Hier bot seiner Thatkraft der Durchzug der aus Rußland flüchtig zurückkehrenden Trümmer der Napoleonischen Armee und der ihnen auf dem Fuße folgenden russischen Truppen in drangvoller Zeit vielfache Gelegenheit, als Etappen-Commandeur in Weimar und Jena energisch ordnend einzugreifen. Aber sobald die Schlacht bei Leipzig geschlagen und die fünfte sächsische Armee zu den Verbündeten übergegangen war, trat auch Prinz B. wieder in den activen Dienst der letzteren ein; doch nur für kurze Zeit. Denn als Sachsen und somit die sächsische Armee auf dem Wiener Congreß auf die Hälfte reducirt ward, suchte er den Dienst einer größeren Armee und trat als Oberst des Regiments Nassau-Oranien in die Dienste des neuzubildenden Königreichs der Niederlande, kämpfte mit ihm am 16. und 18. Juni 1815 ruhmvoll bei Quatrebas und Waterloo, und zog mit ihm nach Paris. Nach dem Frieden erhielt Prinz B. das Commando einer niederländischen Infanteriebrigade mit dem Sitze in Gent und dem Rang als Generalmajor und vermählte sich mit der Prinzessin Ida von Sachsen-Meiningen, die ihm den häuslichen Herd in einem einfachen, innigen Familienleben zu einem wahrhaft gesegneten machte. Die Jahre in Gent insbesondere zählten zu den glücklichsten seines Lebens, glücklich auch durch seine militärische Thätigkeit, die bald durch seine Ernennung zum Militär-Commandanten der Provinz Ostflandern, später zum Inspecteur des dritten Marine-Commandos und einer Infanterie-Division erweitert wurde und die er selbst noch durch den geistigen Einfluß zu erhöhen suchte, den er auf die Veredlung der Bildung und des Wesens der Officiere durch das Mittel der Freimaurerei erstrebte und vielfach erlangte. Nach der Schlacht bei Wagram in Weimar von seinem Vater in die Loge Amalia eingeführt, errichtete er in Gent mit einigen Gleichgesinnten eine Militärloge in der ausgesprochenen Absicht, „die Officiere zu einem sittlichen Lebenswandel zu ermuntern, an denen leider sehr Wenige Reiz fanden“, und, wie es scheint, zugleich auch in der stillen Absicht, die neue gegründete Macht des protestantischen Hauses Oranien im katholischen Belgien gegenüber französischen Intriguen zu befestigen. Aber sein früh entwickelter Trieb nach großer und lebensvoller Thätigkeit konnte in diesem ruhigen Soldatenleben im Frieden doch keine dauernde Befriedigung finden; es verlangte ihn, die große weite Welt kennen zu lernen. Vorbereitet durch einen dreimonatlichen Aufenthalt in England, Irland und Schottland (1823), deren Gewerbsleben, militärische Anstalten und Einrichtungen, naturhistorische und Kunstsammlungen er auf das sorgfältigste studirte, suchte er (April 1825) die nordamerikanischen Freistaaten auf, um sie vierzehn Monate hindurch in allen Richtungen zu durchreisen. Dort aufgenommen mit der achtungsvollsten Aufmerksamkeit, angezogen von der ewig wechselnden Anschauung der anziehendsten staatlichen und volkswirthschaftlichen Entwicklungsprocesse, fühlte er sich äußerst wohl in diesem jugendlichen Lande, ja trug sich sogar mit dem Gedanken bleibender Niederlassung dort. Dieser Gedanke zwar blieb unausgeführt, aber dem darin liegenden Motive, jede Scheingröße zu verschmähen und solider, wenn auch minder glänzender Thätigkeit den Vorzug zu geben, blieb er sein [452] Leben lang treu. Ebendarum wies er den schon 1825 zuerst aufgetauchten, ein Jahr nach seines Vaters Tode aber (1829) wieder aufgenommenen und von Rußland auf der Londoner Conferenz vorgeschlagenen Plan, den neugegründeten griechischen Thron mit ihm zu besetzen, jetzt wie früher entschieden zurück. „Gott wolle“ (so hatte er schon 1825 dem Großherzog Karl August geantwortet) „mich in Gnaden vor Hochmuth schützen und mir das nicht sehr erbauliche Beispiel eines Königs Friedrich von Böhmen, eines ephemeren Königs von Norwegen, sogar des Königs Theodor beständig vor Augen halten. – – Ich fühle es mehr als jemals, daß das Glück nicht bei denen zu suchen ist, welche die Gewalt in Händen haben, sondern daß es Niemand Glücklicheres als einen bemittelten Privatmann gibt.“ Jedoch sollte seine militärische Leistungsfähigkeit bald wieder in hervorragender Weise in Anspruch genommen werden, als 1830 die belgische Revolution ausbrach. In dieser Zeit der Muthlosigkeit und Verwirrung ist er mit seinem Muth, seiner Tapferkeit und Energie der Mittelpunkt der Treuen: als Commandeur der ersten niederländischen Division erst hinter Antwerpen, dann in der Festung selbst, in Breda und Maestricht; darauf als Commandeur der zweiten Division das fliehende belgische Corps bei Hasselt vollständig vernichtend, Tirlemont nehmend und bereits im Begriff, auf die belgische Hauptmacht unter Leopolds eigenem Commando sich zu werfen. Da wird er in seinem siegreichen Laufe aufgehalten durch den Befehl, das Feuern einzustellen, weil inzwischen der Waffenstillstand abgeschlossen war, dem bald der Friede folgte. Damals war Herzog B. von Sachsen-Weimar der populärste Mann in Holland, hochgeehrt am Hofe, gefeiert und geehrt vom Volke, weithin ruhmvoll genannt. Von seiner Familie getrennt, führt er nun mehrere Jahre lang ein stilles, einförmiges Leben, zunächst als Commandeur des Observationscorps in Nordbrabant (so lange der förmliche Friedensschluß von Holland noch beanstandet ward) in einem Landhause bei Herzogenbusch. Im J. 1837 unternimmt er, einer Einladung des Kaisers Nicolaus in das große russische Lager bei Wosnesensk folgend, wieder eine größere Reise mit dem ältesten Sohne, dem liebenswürdigen und vielversprechenden Prinzen Wilhelm. Der Aufenthalt in Rußland, an sich interessant, ward noch verschönt durch die große Güte und Zuvorkommenheit, mit welcher die kaiserliche Familie ihre Gäste auszeichnete. Von Peterhof und Petersburg ging die Reise über Nowgorod nach Moskau, von da über Tula nach Kiew, wo der Herzog den Fürsten Paskewitsch kennen lernte, und nach Wosnesensk in den Steppen der Ukraine. Das große militärische Schauspiel, wie die sonstigen damit in Zusammenhang stehenden militärischen Anstalten fesselten den Herzog auf das höchste. Von Wosnesensk wandte er sich südlich, nach Odessa, der Krim, Constantinopel, Sicilien, Neapel, Rom. Da erkrankte Prinz Wilhelm am Nervenfieber, genas zwar wieder soweit, daß die Rückreise angetreten werden konnte; aber nach der Rückkehr nach Holland raffte doch der Tod in Folge einer Lungenentzündung den hoffnungsvollen Sohn bald dahin; er folgte der ebenso liebenswürdigen Schwester Luise, die 1832 ihm schon vorangegangen war. Dieser schwere Schicksalsschlag, verbunden mit den, auf Veranlassung des nunmehrigen endgültigen Friedensschlusses eintretenden Reductionen in der niederländischen Armee, war die Veranlassung, daß Herzog B., aus dem activen Dienste beurlaubt, mit seiner Familie nach Mannheim zog, wo er am Hofe der Großherzogin Stephanie, im Kreise von Gelehrten aus Heidelberg und manchen interessanten Fremden ein angenehmes Privatleben führte. Im J. 1847 aber löste sich auch dieses wieder auf: zuerst in Folge einer Reise, die er mit seiner Familie, dank einer Einladung der verwitweten Königin Adelheid von England (seiner Schwägerin) nach Madeira machte; nach seiner Rückkehr von da auf Grund [453] seiner Annahme des ihm angebotenen Commando der niederländisch-ostindischen Armee in Java, ein Entschluß, zu welchem ihn theils seine Thaten- und Reiselust, theils die damaligen unerquicklichen und unsicheren Zustände in Deutschland trotz allem, was den Siebenundfünfzigjährigen warnen mußte, bestimmten. Nach einer sehr thätigen und erfolgreichen fast dreijährigen Verwaltung dieses schwierigen Postens nöthigten ihn jedoch Gesundheitsrücksichten zur Rückkehr in die Heimath, wo ihn die Nachricht vom Tode seiner Gemahlin in Weimar empfing. Seitdem lebte er nur noch ein stilles Famlienleben, theils bei seinen inzwischen vermählten Kindern, theils in Weimar, theils endlich in seiner Villa in Liebenstein, in ehrenvoller Ruhe und anscheinender Rüstigkeit. Plötzlich aber, 1861, überfiel ihn eine schwere Krankheit und im folgenden Jahre ereilte ihn der Tod. Er war ein Mann von seltener Kraft nicht nur des Körpers, denn in hohem Maße kraftvoll war auch sein geistiges Vermögen, sein Wollen, sein Empfinden; er war ein Mann von reichem, ausgebreitetem Wissen, menschenbeherrschender Festigkeit, kühnem Streben und arbeitsvollem Ringen. Er ist hohen Aufgaben gerecht geworden und hätte noch höhere zu lösen vermocht.

R. Starklof, Das Leben des Herzogs Bernhard v. Sachsen-Weimar-Eisenach, k. niederl. Generals der Infanterie. 2 Bde. Gotha 1865–66.