ADB:Behm, Ernst
J. Perthes in Gotha eintrat, wo er neben Petermann besonders in der Leitung der „Geographischen Mittheilungen“ thätig war. B. entwickelte sich rasch zu einem vielseitigen Kenner der geographischen Litteratur, wie damals Deutschland keinen Zweiten aufzuweisen hatte, und ergänzte als solcher den genialen, aber unsteten Petermann. In ihm wuchs in der ungemein glücklichen Umgebung des Geographischen Instituts, das damals ein Mittelpunkt aller geographischen Bestrebungen war, der Gelehrte und der Schriftsteller rasch heran. H. Wagner sagt in seinem Nekrolog auf B., daß in den 24 Jahrgängen der „Geographischen Mittheilungen“, die unter Petermann’s Namen erschienen, fast alle nicht gezeichneten Aufsätze, Mittheilungen, Besprechungen aus Behm’s Feder stammten, daß halbe Bände ihn allein zum Verfasser hatten. Anfänglich verarbeitete B. mit Vorliebe statistische und geographische Thatsachen zu umfassenden Darstellungen, dann arbeitete er sich in die geographischen Entdeckungen ein, die gerade in vollem Zuge waren, und bewährte durch die Gründung des „Geographischen Jahrbuches“ schon 1866 seinen Blick für die Nothwendigkeit der Zusammenfassung der Hülfswissenschaften der Geographie, hier legte er auch den Grund zu den Uebersichten über die Bevölkerung der Erde, die er später als Sonderhefte der Geographischen [336] Mittheilungen mit H. Wagner zusammen fortsetzte. 1876 trat er in die Redaction des Geographischen Almanaches ein und 1878 übernahm er nach dem frühen Tode Petermann’s die Leitung der Geographischen Mittheilungen. Mitten in der erfolgreichen Lösung der Aufgaben, die ihm diese Aemter stellten, starb er langsam an einem Leiden hin, dem die unablässige Arbeit am Studirtisch nicht günstig gewesen war. Die erste größere Arbeit, die Behm’s Namen trägt, ist die über die Verbreitung der Culturproducte der V. St. von Amerika – (Geogr. Mitth. 1856), ähnlicher Natur ist die über die geographische Verbreitung der Culturproducte Indiens (ebd. 1859, mit Karte von Petermann), der eine allgemeinere sehr eingehende politisch-geographische Arbeit über Indien vorangegangen war (1857). Schon selbständiger ist das Ergänzungsheft über die modernen Verkehrsmittel (1867, mit Karte von Hermann Berghaus), eine viel benutzte, in ihrer Art einzige und auch so nicht wiederholte Arbeit. Eine der werthvollsten Zusammenstellungen über die Wüste und ihre Bewohner ist die Arbeit „Land und Volk der Tebu“, die 1862 erschien. 1858 begann er mit einer Uebersicht über Südafrika: „Südafrika im Jahr 1858“, seine zusammenfassenden Darstellungen der geographischen Entdeckungen. Wie selbständig und, vermöge gründlicher Studien, überlegen er die verwickeltsten Fragen zu behandeln wußte, zeigt seine große Arbeit von 1872: „Beweise für die Identität des Lualaba mit dem Congo“, in der er für den Zusammenhang des Lualaba mit dem Congo zu einer Zeit eintrat, wo die Ansicht des Entdeckers des Lualaba, Livingstone’s, daß der Lualaba der oberste Nil sei, noch allgemein getheilt wurde. In der Arbeit „Der Abschluß der Nilquellenfrage“ (1876) konnte er auf die Bestätigung seiner Ansicht durch die Entdeckungen hinweisen. Bemerkenswerthe Aufsätze aus den späteren Jahren, wo B. sich mit Vorliebe Asien und Australien zuwandte, sind „Das Quellgebiet des Oxus“ (1879), „Der große tibetanische Fluß auf seinem Weg zum Brahmaputra“ (1880), „Zur Entdeckungsgeschichte der Westaustralischen Wüste“ (1876). Aus der Geographie von Europa behandelte B. nur die politischen Veränderungen auf der Balkanhalbinsel (1878) in einer besonderen Arbeit. In die Erforschung der Polarregionen, des eigentlichen Feldes seines Freundes Petermann, griff er nicht mit selbständigen Arbeiten ein. Dagegen ist Behm’s Nekrolog auf Petermann in den Geographischen Mittheilungen von 1878 ein schöner Beitrag zur Geschichte des Geographischen Institutes, der Geographie in den entdeckungsfreudigen fünfziger und sechziger Jahren und nicht zuletzt der beiden Freunde selbst. B. war in erster Linie stiller, gründlicher Gelehrter, dem Bücher und Karten näher standen als die bunte Welt, dessen Arbeiten indessen im Geist und in der Form durchaus nichts von dem Staub der Bücherei anhängt. Das machte die Freude, die B. an den Thatsachen hatte, sein gesunder Sinn für das wirklich Bedeutende in den Dingen und an den Menschen, und ein künstlerischer Zug, der seinen Stil belebt. B. war ein großer, starker, stiller Mann von anspruchslosem Auftreten, sinnend, beobachtend, hell von Auge.
Behm: Ernst B., Geograph, geboren am 4. Januar 1830 zu Gotha, † ebendaselbst am 15. März 1884. B. wandte sich, nachdem er das Gymnasium in Gotha besucht hatte, naturwissenschaftlichen und medicinischen Studien in Jena, Würzburg und Berlin zu, erwarb 1853 den medicinischen Doctortitel und bereitete sich durch das Studium von Reisewerken zu einer überseeischen Thätigkeit vor. Diese Beschäftigung belebte seine geographischen Neigungen derart, daß er 1856 in das Geographische Institut von- Vgl. H. Wagner’s Denkrede auf Behm, Geogr. Mittheilgn. 1884. – Nekrolog mit Bildniß, in der Dtsch. Rundschau f. Geographie 1884.