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Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Georg Andreas Reimer

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Georg Andreas Reimer
Untertitel:
aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 301–302
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
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Bearbeitungsstand
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Georg Andreas Reimer.
Geb. d. 27. Aug. 1776; † , gest. d. 26. April 1842.


Reimers in der deutschen Buchhändlerwelt hochgefeierter Name steht höchst ehrenvoll neben jenen Standesgenossen deren Bildnisse d. Bl. bereits enthalten: Breitkopf und Perthes. Sein Geburtsort war Greifswald, wo sein Vater, der als Schiffer viele Handelsreisen gemacht hatte, in den letzten zwei Jahren seines Lebens Brauerei betrieb. Früh vaterlos, trat der Sohn 14 Jahre alt als Lehrling in eine Buchhandlung, und war daneben eifrig bemüht durch Privatstunden und durch Lesen belehrender Bücher seine Kenntnisse zu vermehren. Mit wenigen materiellen Mitteln ausgerüstet, aber mit gutem Muth und reger Thatkraft wurde von Reimer im Jahre 1800 zu Berlin die Realschulbuchhandlung, welche der Schule gehört hatte, übernommen; ein Institut, das er mit großer Umsicht und Thätigkeit durch eine im ganzen äußerst ungünstige Zeit leitete und seit 1817 unter der Firma G. Reimer zu großem Flor erhob. Ein kernhaft deutscher, von Vaterlandsliebe durchglühter Sinn, zeichnete Reimer aus, und ein Kreis wackerer Freunde umgab ihn, die seine Gesinnungen theilten, die oft mit ihm und bei ihm versammelt, besprachen, was zur Rettung des Vaterlandes noth thue; zu diesen Freunden gehörten Fichte, Schleiermacher, Arndt und Andere, und im Kreise solcher Patrioten reifte auch in Reimer der Entschluß, als die Zeit der Erhebung Preußens zur Abwerfung des französischen Joches herbeikam, selbst die Waffen zu ergreifen und für die Freiheit des Vaterlandes zu streiten. Er verließ die zahlreiche Familie und das Geschäft, in welches er nach dem neuerkämpften Frieden wohlbehalten und mit neubeseeltem Strebemuth wieder eintrat. Der Friede, die Seele des Verkehrs in Wissenschaft und Kunst, rief ein herrliches Streben hervor, große und hochbegabte Geister waren in schöner Gemeinsamkeit thätig, und gewannen auch Deutschlands Literatur eine Wiedergeburt, die nicht würdiger und anregender sein konnte. Vielfaches Vertrauen kam ihm so freundlich entgegen, wie das seine den bedeutenden Autoren entgegenkam, deren Verleger er wurde, und nur wenige Verlagsbuchhandlungen Deutschlands bestehen, die sich einer solchen Menge der aus ihrem Verlage hervorgegangenen Werke geistiger [Ξ] Größen rühmen können. Es seien Beispiels halber nur einige dieser Namen hier angeführt, aus dem Gebiete der ernsten sowohl wie der schönen Wissenschaft. Dem Reimerschen Verlag gehören, wo nicht ganz, so doch theilweise an, die Werke der berühmten Theologen Schleiermacher, de Wette, der Philosophen und Sprachforscher F. A. Wolf, Fichte, Buttmann, Jacob und Wilhelm Grimm, Böckh, Im. Bekker, Lachmann; der Geschichtschreiber und Geographen K. v. Räumer, Rühs, Düsching, v. Hagen, v. Hormayr, Ritter, Niebuhr, Kr. Förster; der Dichter A. W. v. Schlegel, Tieck, E. T. Hoffmann, Contessa, J. P. Fr. Richter, v. Arnim, Varnhagen v. Ense und vieler anderen Koryphäen auch noch anderweiter Doctrinen: Thaer, Hermbstädt, Eytelwein, Hufeland, Rust. Nicht minder bethätigte sich das Reimersche Verlagsgeschäft an der Herausgabe gediegener Kunstblätter und werthvoller Atlanten und Landkarten. Reimer kaufte, um auch am Hauptstapelplatz des deutschen Buchhandels, Leipzig, seßhaft zu sein, die dortige Weidmannsche Buchhandlung, welche bereits seit 1670 bestand, und ließ sein leipziger Geschäft, von dem berliner gesondert, fortbestehen. Er erwarb das große Gartengrundstück zu Leipzig, Bose’s Garten genannt, welches lange Zeit in Einzelgärten vertheilt war und reichliche Miethe eintrug, später aber ganz mit schönen Landhäusern bebaut wurde, welche jetzt zwei heitere Straßen bilden.

Hoch geehrt von seinen Mitbürgern, wurde Reimer in den Stadtrath Berlins mehrmals gewählt, ein Zeichen des größten Vertrauens und der Liebe, die ihm Jeder der ihn kannte, weihte, gleichwohl kam eine Zeit, wo dieses Vertrauen nach gewissen Seiten hin als allzugroß erschien, zumal die zahlreichen Verbindungen nach allen Seiten, und selbst nach dem fernen Auslande hin, den Argwohn erregen konnten, Reimer wirke als ein politisches Parteihaupt, umsomehr, da er als freisinnig bekannt war, und niemals Anlaß fand, das, was er that und dachte, mit dem Schleier des Geheimnisses zu umhüllen. Reimer entging daher weder der Verdächtigung, noch auch der Untersuchung und der Beschlagnahme seiner Papiere, indeß lieferte weder die eine noch die andere ein beschwerendes Ergebniß, und man mußte ihn fernerhin unangetastet lassen.

Im Herbst des Jahres 1841 machte Reimer noch eine Reise nach England, von der er etwas erschöpft zurückkehrte. Bei seiner ungewöhnlich kräftigen Konstitution hatte er sich nie an eine Pflege gewöhnt, wie sie wol das höhere Aller gefordert hätte. Seit Anfang des Jahres 1842 kränkelte er, war aber bis zwei Tage vor seinem Tode in ununterbrochener Thätigkeit.

Reimer war glücklich verheirathet und Vater mehrerer Söhne, die an der Spitze seiner höchst achtungswerthen Verlagsfirmen in Berlin und Leipzig stehen, und bemüht sind, sie im Geist und Sinn des unvergeßlichen Vaters fortzuführen.