Zum Inhalt springen

Zur Erinnerung an Robert Prutz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Zur Erinnerung an Robert Prutz
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 628
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1872
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[628] Eine Erinnerung an Robert Prutz. Im Januar 1868, als Robert Prutz in Berlin angekommen war, um seine herrlichen literarhistorischen Vorträge zu halten, lebte dort seit wenigen Wochen ein junger Literat, der in der werdenden Weltstadt sein Glück, das heißt nur ein bescheidenes Auskommen, suchte, bei diesem Bestreben aber, baar aller Subsistenzmittel, in die traurigste Lage gerieth. Er las die Ankündigungen der Prutz’schen Vorträge. Wie hätte er aber den Preis für den Cyclus erschwingen können, da ihm mehr als einmal die Mittel fehlten, seinen Hunger zu stillen! Er wandte sich daher brieflich an den Dichter, bat denselben um ein Billet für die Vorträge und gab, um sein Anliegen zu motiviren, eine kurze Schilderung seiner traurigen Lage. Er erhielt hierauf schon am folgenden Morgen nachstehenden Brief:

„Berlin, Sonnabend früh, 8. Februar 1868.     

In diesem Augenblick, hochverehrtester Herr, werden mir die Zeilen überbracht, welche es Ihnen gefallen hat unter dem gestrigen Datum an mich zu richten. Sie eröffnen mir darin die Aussicht auf Ihre persönliche Bekanntschaft, und so angenehm es mir sein würde, Sie bei mir zu empfangen, so darf ich mir, wenigstens für diese nächsten Tage, doch kaum Hoffnung darauf machen, indem ich, Tag um Tag zwischen hier und Stettin hin- und herreisend, nur selten in meiner hiesigen Wohnung zu treffen bin. Erlauben Sie mir denn, Sie schriftlich meines aufrichtigen Mitgefühls an Ihrer bedrängten Lage, sowie meines Dankes für das Vertrauen zu versichern, mit welchem Sie mir dieselbe dargelegt haben. Ich selbst bin mit dergleichen Bedrängnissen bekannter, als Sie vielleicht glauben, und zwar habe ich dieselben durchmachen müssen, nicht wie Sie in erster rüstiger Jugend, getragen von den Schwingen der Hoffnung und des Muthes, sondern als bejahrter Mann, krank, mit gebrochener Kraft, müde von Enttäuschungen und belastet mit der Sorge für Frau und Kinder. Ich weiß also und fühle in Ihre Seele hinein, was Sie augenblicklich zu leiden und zu kämpfen haben; ich weiß aber auch und habe an meinem eigenen Beispiel erfahren, welche Kraft des Widerstandes sich eben in diesen Kämpfen entwickelt und daß, wer sich nur nicht selbst verläßt, niemals wirklich verlassen ist. Sie sind jung, haben Sie denn auch den Muth der Jugend und glauben Sie fest, daß jedes redliche Streben endlich doch siegt und siegen muß! – Sehr glücklich würde es mich machen, könnte ich durch augenblickliche ausreichende Hülfe Ihnen diesen Sieg erleichtern … Es wird hoffentlich bald die Zeit kommen, wo Sie von einer durch ehrenhafte Thätigkeit gesicherten Stellung aus mit humoristischem Behagen auf Ihre gegenwärtigen Jugendkämpfe und Verwickelungen zurückblicken können. Mit aufrichtiger Hochachtung etc.“

Diesen herrlichen Zeilen, welche der niedergebeugten, von den gemeinsten Sorgen des Lebens bestürmten Seele des jungen Mannes wirklich neuen Muth einhauchten, war die erbetene Karte und ein namhaftes, nicht erbetenes Geldgeschenk beigelegt, welches den Darbenden in den Stand setzte, seinen drückenden Verpflichtungen nachzukommen. Es gelang ihm später, dem edlen Dichter und echten, goldherzigen Volksmann seinen Dank persönlich auszudrücken und einige Worte der Ermuthigung und einen herzlichen Händedruck von Robert Prutz zu empfangen. Diese kurze Berührung hat wie ein Gottessegen gewirkt und wirkt noch jetzt, wo der damals von den Furien des Nahrungskummers Gehetzte in einer sicheren und auskömmlichen Stellung, wie es der Verblichene vorausgesagt, mit humoristischem Behagen auf jene düsteren Zeiten blickt. Der abgedruckte Brief aber ist eine seiner theuersten Reliquien.