Zum Inhalt springen

Zur Biographie Gerstäcker’s

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Zur Biographie Gerstäcker’s
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 388–390
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[388]
Zur Biographie Gerstäcker’s.[1]

„Gottlob! Da bin ich endlich einmal wieder in meinem alten lieben Cincinnati, das ich seit so langen und vielbewegten Jahren nicht mehr gesehen habe, angelangt. Wie geht’s Euch denn noch Allen?“ Mit diesen Worten und einem kräftigen Händedruck empfing ein Herr von kleiner Statur und gesetzten Jahren, mit einem rothen Flanellhemde, doch sonst keiner auffallenden Kleidung angethan, eine Gesellschaft von vier oder fünf Herren, welche sich in dem Parloc der „Tante“ Pfeiffer am 21. August 1867 versammelt hatte. „Aber wie schön ist sie geworden, die ‚Königin des Westens‘; zu einer blühenden Jungfrau ist sie emporgewachsen, die vor fünfundzwanzig Jahren noch ein kleines Mädchen war. Ich habe fürwahr, seit ich gestern hier angekommen bin, bereits meine helle Freude an ihr gehabt,“ fuhr der Herr mit dem rothen Hemde lebhaft fort, „und hätte ich nicht in dem lieben guten Deutschland eine Familie, die mich wie ein Anker an die alte Heimath kettete: ich könnte noch in meinen alten Tagen in Versuchung gerathen, meinen Hafen nach Eurer blühenden Stadt am Ohio zu verlegen.“

Der Herr, welcher diese Worte zu der kleinen Gesellschaft, unter der sich auch Schreiber dieses befand, sprach, war der vielbekannte Schriftsteller und Reisende Friedrich Gerstäcker. Jahre waren dahingeeilt, seit er die stürmischen Tage seiner Jugend, denen man gewöhnlich den Titel „die Flegeljahre“ beilegt, in der „Pork-Stadt“ zugebracht hatte. Dahingeschieden ist seither Mancher, der zur Zeit die allabendliche Gesellschaft mit dem jungen Abenteurer in der Schenk- und Gastwirthschaft des Jacob Schweizerhof am Fly-Market (Fliegenmarkt, wie der sechste Straßenmarkt damals genannt wurde) theilte. Vogel ist todt; Vater Mühl ist todt; Renz ist todt; Rehfuß ist todt; Walker, Rödter, Felsenbeck, Dr. Paul, Liedel, Linsenmayer, Apotheker Backhaus und der Wirth Schweizerhof, sie Alle weilen nicht mehr unter den Lebenden. Auch der Gegenstand unseres Aufsatzes hat das Zeitliche mit dem Ewigen vertauscht.

Friedrich Gerstäcker schiffte sich im Frühjahre 1837 zu Bremen nach Amerika ein, wo er von New-York aus alsbald in das Innere des Landes zog. „Mit der Büchse über der Schulter,“ sagt Klauprecht in seiner „Deutschen Chronik in der Geschichte des Ohio-Thales“, „hatte er den ganzen Weg von New-York nach Cincinnati – wo er im Herbste 1837 ankam – in einem Jagd- und Streifzuge durch das Land zurückgelegt.“ Er trug einen sonderbaren phantastischen Anzug, ein blaugestreiftes Zwilchwams, das ein Gürtel umwand, worin ein Jagdmesser und ein Tomahawk steckten, breite Beinkleider von gleichem Zeuge und einen wettererfahrenen umgestülpten Strohhut.

Ohne jegliche Bekanntschaft, wandte er sich an Herrn Schweizerhof, welcher zur Zeit, wie bereits vorbemerkt, am sechsten Straßenmarkt eine Schenk- und Gastwirthschaft hielt, wo er vorläufig gute Aufnahme fand. Hier war auch damals der Sammelplatz der Notabilitäten des Deutschthums Cincinnatis. Rödter, Rümelin, Walker, Molitor, Dr. Rölker, Dr. Oberdorf, Apotheker Rehfuß, Dr. Schneider, Dr. Schmidt, Klauprecht, die beiden Franks, bis auf die letzteren Vier lauter Anhänger der demokratischen Organisation, waren hier Stammgäste und discutirten allabendlich über politische, religiöse, sociale und andere Themata, an welchen Discussionen der junge geistreiche Gerstäcker lebhaften Antheil nahm. Begabt mit scharfer Beobachtungsgabe und satirischer Schlagfertigkeit, war er bald ein Liebling der ganzen Gesellschaft.

[389] Seine Idee, Landwirthschaft zu betreiben, ging dabei in die Brüche. Anfangs machte er Jagdpartien in die damals noch wildreichen Wälder Ohios und Indianas und verkaufte die erbeuteten Racoon-, Bisam-, Hirsch- und anderen Felle und Pelze an Gerber Keßler und Kürschner Tubach. Allein das konnte nicht lange währen, denn seine Ausgaben waren dabei größer als die Einnahmen, und bald ging die ganze Baarschaft auf die Neige. Begabt mit einer speculativen Phantasie, etablirte er jetzt eine Chocoladefabrik, welche er unter der Backhaus’schen Apotheke, Ecke der siebenten und Mainstraße, im Keller betrieb. Hier stand er oft halb nackt und röstete die Cacaobohnen, mahlte dieselben und bereitete sie zu Chocoladetafeln. Allein auch das rentirte sich nicht. Er war mittlerweile sehr ökonomisch geworden und führte mit seinem Freunde Max Wocher, den er auch in der Gesellschaft bei Schweizerhof kennen gelernt hatte und der an der Walnut-Straße, zwischen vierter und fünfter Straße, sein Geschäft, „Chirurgische Instrumentenmacherei“, betrieb, eine Junggesellenwirthschaft. Sein Mittagessen holte er sich in Eiteljörg’s Bäckerei an der fünften Straße (das Gebäude ist unlängst abgerissen worden, weil auf dem Straßengeviert das neue Zollamtsgebäude errichtet werden soll); dasselbe bestand in einem Paar Semmeln und etwas „Western-Reserve“-Käse.

Phantast, wie Gerstäcker war, ließ er sich durch die Schilderungen Sealsfield’s von den reichen Pflanzungen am Red River verleiten, eine Fahrt nach dem Mississippi- und den Red River-Gebieten zu unternehmen, welche er im Herbste 1838 in Gesellschaft von Peter Ruhl ausführte. Ausgerüstet waren die Beiden mit allen Jagdapparaten, trefflichen Büchsen, Jagdmessern, Pulver und Blei, sowie mit guter Kleidung. Ruhl kehrte jedoch bereits nach etlichen Monaten zurück und berichtete, daß Gerstäcker den Red River hinauf nach Arkansas gegangen sei.

Nun hörte man nichts mehr von ihm, bis er plötzlich eines Morgens, im Herbste 1839, in höchst verwahrlostem Zustande als Feuermann auf einem New-Orleans-Dampfer wieder in Cincinnati ankam. „Um Gotteswillen!“ rief Wocher, zu dessen Werkstatt er sich direct vom Boote gewandt hatte, aus; „um’s Himmels willen, wie siehst Du aus!“ Sein ganzer Anzug bestand aus einer zerrissenen leinenen Hose, einem Flanellhemde, welches ehemals roth gewesen war, und einem Paar abgetragenen zerrissenen Schlappschuhen. Er war ohne Hut, der Kopf allein bedeckt von dem prächtigen Haarwuchse, der ihn damals in voller Ueppigkeit zierte. Dabei war er durch Fieberkrankheiten körperlich heruntergekommen; seine Füße waren wund; er stellte nur noch ein Jammerbild des ehemals so kräftigen, blühenden jungen Mannes dar.

Sein Freund Wocher eilte alsdann nach der 5. Straße in den Kleiderladen eines Israeliten Namens Hilps und kaufte einen neuen „Kentucky Jeans“ Anzug, Hemd, Unterkleider, Strümpfe und Schuhe, die Gerstäcker unter der Treppe in Wocher’s Werkstätte anzog. Während ihm Apotheker Vogel seine wunden Füße heilte, hielt er sich abwechselnd in Wocher’s Werkstatt, in der daran grenzenden Scheerenschleiferbude Klauberg’s und in der Backhaus’schen Apotheke auf.

Vogel und Vater Mühl schimpften ihn weidlich aus über sein unstetes Leben und bewogen ihn, sich während des Winters auf das Studium der englischen Sprache zu verlegen, um sich für eine Lehrerstelle an der damals hier gerade in Bewegung gebrachten deutsch-englischen Freischule vorzubereiten. Er machte nun auch im Jahre 1840, zusammen mit Heman und Pöppelmann, sein Examen in dem Locale des Schulboards an der 4. Straße, zwischen Main- und Walnut-Straße, vor den Examinatoren Dr. Aydelotte, Mr. Green, Schwiegervater von Dr. Rölker, und einem dritten Herrn, dessen Name mir entfallen ist. Nun stand ihm wohl eine Schullehrerstelle offen, allein sein nachmaliges Motto „Rast’ ich, so rost’ ich“ saß ihm schon damals so tief in den Knochen, daß er statt dessen im Sommer 1840 in Gesellschaft von Tubach, den er dazu überredete und der auch ein kleines Vermögen besaß, eine zweite Reise nach dem unteren Mississippi unternahm. Vorher hatte er noch gehört, daß er in Pittsburg eine Büchse bekommen könne, wenn er dieselbe kommen lassen wollte, was ihn bewog, sich als Feuerschürer auf einem Dampfboot zu verdingen und die Fahrt nach Pittsburg hin und zurück zu machen, blos um den Schießprügel zu holen.

Im Spätherbste kamen die Beiden denn auch richtig zurück und brachten eine Ladung Rohre mit – sie waren in den Louisiana Canebreaks (Rohrsümpfen) gewesen – welche sie auf Drays, vom Dampfer, nach Wocher’s Behausung brachten, und dort Keller und Hofraum mit dieser sonderbaren Waare gänzlich anfüllten. Während nun Tubach wieder in sein Hut- und Kappengeschäft ging, schnitt Gerstäcker Angelrohre und Pfeifenstengel, mit welchen er dann, ein Bündel Angelrohre auf der Schulter und einen Korb voll Pfeifenrohre am Arm, von Kramladen zu Kramladen hausirte. Aber auch das Geschäft lohnte sich nicht recht, und Tubach hat wohl schwerlich je sein eingelegtes Capital wieder zurückerhalten.

Während all dieser Zeit besuchte Gerstäcker, wenn er in Cincinnati war, die alte Gesellschaft bei Schweizerhof, welche im Sommer auch wohl in Fein’s „Plaisir-Garten“, in der Walnut-, oberhalb Liberty-Straße, oder nach Drach’s „Bellevue“ hinauf, zusammenkam, wo natürlich geistreiche Unterhaltung gepflogen wurde. Auch kam er um diese Zeit sehr oft in den Kleiderladen des Herrn Steinberg in der Main-Straße, oberhalb des Canals, wo er sich einen neuen Jagdanzug machen ließ und, so en passant, dessen Tochter, der jetzigen Frau Grönland, den Hof machte.

Im Frühjahre 1841 aber duldete es ihn nicht länger in Cincinnati, und von seinem Freunde Wocher dessen sechs Fuß lange Entenflinte sich erbittend, zog er abermals nach Louisiana, von wo er im Herbste desselben Jahres eine große Sammlung Klapperschlangen, Scorpionen und sonstiger Reptilien, die er in Spiritusflaschen aufbewahrte, auch Racoons, Stachelschweine, Eulen und andere Thiere, theils lebendig, theils die Bälge derselben, mitbrachte, „eine kleine Privatmenagerie“, wie Klauprecht sagt, „mit deren Duft ein deutscher Opticus, Namens Gerhardt, seine Werkstätte wie das Haus des Advocaten Fox in der 5. Straße, in welchem sie sich befand, erfüllt hatte.“ Die Reptilien verehrte er zum Theil seinen Freunden Dr. Rölker, Apotheker Vogel, Apotheker Backhaus und Anderen, zum Theil verkaufte er sie an die verschiedenen Apotheken.

Im Winter darauf arbeitete er in der Silberschmiede des Herrn Kinsey an der fünften Straße, wo er den großen Hammer bei der Umgestaltung der Silberplatten und Barren schwang. Abends nahm er auch wohl einen Korb voll silberner Löffel zum Schleifen und Poliren mit nach Hause, womit er sich dann eine kleine Summe Geldes verdiente, das er aber im nächsten Jahre alsbald wieder einer neuen Speculation opferte. Er machte nämlich eine vierte Reise nach Louisiana, von welcher er nicht mehr nach Cincinnati zurückkehrte, bis zu dem Tage, wo wir zuerst anhuben. Was er in Louisiana in diesem Jahre Alles trieb, ist mir unbekannt, außer daß er in Point-Coupee, einem Städtchen am Mississippi, etwa dreißig englische Meilen oberhalb Baton-Rouge, als Steward in einem Hôtel fungirte. Im Jahre 1843 zog ihn die Sehnsucht zu den Seinen nach Deutschland zurück.

Bis dahin hatte Gerstäcker außer einigen kleinen Aufsätzen für die deutsch-amerikanische Tagespresse, größtentheils polemischen Inhalts, noch keine literarischen Arbeiten geliefert Ich erinnere mich nur eines Aufsatzes, den er in der New-Yorker Staatszeitung über einen Dr. Langen, den Gerstäcker übrigens Dr. Langer nannte, veröffentlichte, worin er diesen der Quacksalberei beschuldigte und ihm vorwarf, einem Patienten ein Klystier in den Mund gegeben zu haben. Jedoch führte Gerstäcker während jener Zeit beständig ein Memorandumbuch mit sich, worin er jede Merkwürdigkeit, die ihm aufstieß, sorgfältig notirte. Hiervon machte er nun in Deutschland Gebrauch, und fanden seine Mittheilungen aus Amerika in Zeitschriften stets eine gute Aufnahme. Das gab ihm nun die erste Anregung, auf Grund seiner transatlantischen Erlebnisse und Anschauungen sich der literarischen Thätigkeit zuzuwenden. Nach Gerstäcker’s eigener Mittheilung war es Herr Traugott Bromme in Hamburg,[2] welcher ihn animirte, diese Erlebnisse in Novellenform zusammenzutragen und zu veröffentlichen; bei dem Verleger Arnold in Dresden erschien denn im Jahre 1844 bereits sein erstes Werk: „Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten Nord-Amerikas“ in zwei Bänden, denen nacheinander „Die Regulatoren in Arkansas“, „Die Flußpiraten des Mississippi“ und andere Werke folgten.

Unterstützt vom deutschen Reichsministerium, unternahm er im März 1849 eine Reise nach Süd-Amerika, welches er durchstreifte und von wo er sich nach Californien begab, dann die [390] Sandwichinseln besuchte, wo er sich auf einem Walfischfahrer nach den Gesellschaftsinseln einschiffte, dann von hier aus nach Sidney fuhr, Australien durchstreifte und endlich 1852 über Java nach Deutschland zurückkehrte.

Im Jahre 1860 unternahm er ein dritte größere Reise nach Süd-Amerika, von wo er 1861 über Brasilien zurückkehrte. Im Jahre 1862 begleitete er den Herzog Ernst von Gotha nach Aegypten und Abessinien. Auch verlegte er nun seine dauernde Wohnung nach Gotha und gedachte sich der größeren Reisen zu begeben. Aber sein „Rast’ ich, so rost’ ich“ ließ ihm keine Ruhe, und so schiffte er sich im Frühjahr 1867 auf’s Neue zu einer größeren Reise nach der westlichen Hemisphäre ein, wo er zur Zeit in New-York mit gastlichen Ehren empfangen wurde. Von New-York aus ging er mit den New-Yorker Gesangvereinen nach Philadelphia zum Sängerfeste des „Nordöstlichen Sängerbundes“, welches um diese Zeit in der Quäkerstadt abgehalten wurde. Hierauf kam er nach Cincinnati, woselbst er am 20. August (wie zu Anfang dieses Aufsatzes bemerkt) ankam und wo er sich etwa vier Wochen lang, mit kleinen Unterbrechungen, aufhielt. Der „Männerchor“ brachte ihm unter Direction des Professor Barus am Abend nach seiner Ankunft eine Serenade, und sein alter Freund, Apotheker Carl Backhaus, widmete ihm folgenden Willkommsgruß:

 Friedrich Gerstäcker.
Der du rastlosen Fußes der Erde Weiten durchzogen,
Alter Freund! sei gegrüßt in uns’rer „Queen of the West“.
Wie du vor Jahren sie sah’st, war klein sie, schwach und ohnmächtig,
G’rade so wie auch du, unbekannt, wenig genannt;
Jetzt doch ist Königin sie und du bist König geworden,
Sie durch Reichthum und Pracht, du durch Geist und Verstand;
Und wie ein Jeder jetzt kennt das Krondiadem am Ohio,
Ebenso wird in der Welt jetzt auch dein Name genannt.
Darum wachset nur fort, ihr Beide, im edelen Wettstreit
Bis an’s entfernteste Ziel, bis in unendliche Zeit!
Und so wie auch sie die Heimath ist aller Nationen,
Bleibt auch die weiteste Welt dir nur das heimische Land.

Andere Willkommgrüße empfing er in der gesammten Cincinnatier Presse, und die Wiederkehr Gerstäcker’s bildete überall das Tagesgespräch. Am Tage hielt er sich zurückgezogen und arbeitete auf seinem Zimmer. Abends jedoch ging’s im trauten Freundeskreise zu Wein und Bier; Schreiber dieses hat damals manches gesellige Stündchen mit Anderen in Gesellschaft des geistreichen Reisenden zugebracht.

Am Samstag, den 31. August, wohnte er dem „Price-Fight“ zwischen Mich. McCoole und Aaron Jones, welcher auf der Busenbach’schen Farm, in der Nachbarschaft der Stadt Hamilton, in Butler County stattfand, bei, und am darauffolgenden Abend hielt er, zum Besten des hiesigen Hospitals der armen Schwestern und des Deutschen Protestantischen Waisenhauses auf Mt. Auburn, eine Vorlesung in der Mozart-Halle – es war eigentlich nur ein Vortrag (in abgeänderter Form) seines Schriftchens „Zur Naturgeschichte des Menschen“, eine höchst flüchtige ethnographische Betrachtung, welche in seinem „Hell und Dunkel“ enthalten ist. – Das Thema war nicht vorher angekündigt worden.

Am 3. September schloß er sich den Cincinnatier Sängern zu einer Betheiligung an dem fünfzehnten Sängerfeste, welches vom 3. bis 6. September in Indianapolis stattfand, an, und kehrte auch mit diesen wieder nach Cincinnati zurück. Von hier aus reiste er dann gegen Ende September mit der Pacific-Eisenbahn nach Californien und Utah, sowie nach Neu-Mexico und Mexico selber. Von dort aus wandte er sich nach den Südstaaten, um sich die Folgen des amerikanischen Bürgerkrieges mit eigenen Augen anzuschauen; er hat nicht wenig dazu beigetragen, die irrigen Mittheilungen, welche einseitige Anschauung und Fanatismus während der Hitze des Bürgerkrieges verbreitet hatten, zu corrigiren.

Nach Deutschland zurückgekehrt, hatte er die Absicht, sich nicht sobald wieder auf Reisen zu begeben. „Gott sei Dank,“ sagte er zu Herbert König, „daß ich wieder da bin! Ich sattle so leicht nicht wieder.“ Und doch hatte er – wie Herr Keil in der Gartenlaube berichtete – die Absicht, nochmals eine große Reise anzutreten. Er trat sie in Wirklichkeit an, die größte aller seiner Reisen, von der er nie mehr zurückkehrt, die Reise in die Ewigkeit. Er starb am 31. Mai 1872 in Braunschweig, wohin er etliche Jahre vor seinem Tode aus Gotha übergesiedelt war.

Die Wanderlust Gerstäcker’s entsprang wohl dem nothwendigen Bedürfnisse, da er Weniges aus sich selber schöpfte, sich für seine schriftstellerische Thätigkeit das nöthige Material zu sammeln. Dabei aber war er über die Maßen fleißig. Tagtäglich arbeitete er sechs bis acht Stunden ohne Unterlaß, und nur wenn er sich durch wochen-, ja monatelange Ueberanstrengung fast gänzlich abgespannt hatte, griff er zur Büchse oder zum Wanderstabe.


  1. Es ist auffallend, daß sich noch immer keine Feder für ein authentisches und in sich abgeschlossenes Bild von Gerstäcker’s Leben gefunden hat. Vielleicht liegt dies zum Theil daran, daß das nöthige Material dazu bis jetzt noch nicht in dem erforderlichen Grade allgemein zugängig war. Im Widerspruch mit unserem Principe, nur Original-Artikel zum Druck zu bringen, entschließen wir uns daher heute, unseren Lesern den obigen an neuen Daten über Gerstäcker reichen Aufsatz aus der in Cincinnati erscheinenden deutschen Zeitung „Pionnier“ welche in Europa wenig gelesen wird, mitzutheilen.
    D. Red.
  2. Namentlich auch R. Heller und A. Diezmann.
    D. Red.