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Zum Landkartenwesen

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Textdaten
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Autor: Friedrich Gerstäcker
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Titel: Zum Landkartenwesen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 20, S. 320
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[320] Zum Landkartenwesen. Ich möchte mir heute noch eine Rüge über unser deutsches Kartenwesen erlauben, die mir schon lange am Herzen liegt und eben auch nichts weiter ist, als ein Stück unserer deutschen Zerfahrenheit: ich meine die verschiedene Gradeintheilung der Landkarten, nicht allein für den Gebrauch der Schulen, sondern auch für den des Publicums.

In dieser Gradeintheilung herrscht eine heillose Verwirrung, die in früheren Zeiten vielleicht nicht so empfunden wurde, sich jetzt aber, wo wir fortwährend von fremden Ländern Kunde bekommen, nur um so mehr fühlbar macht. Wenn wir zwölf verschiedene Landkarten in die Hand nehmen, so können wir uns auch darauf verlassen, daß drei davon ihre Grade nach Paris, drei nach Greenwich und sechs nach Ferro rechnen, und die nach Ferro sind sogar noch dann und wann im Stande, gar keine östliche und westliche Länge anzuerkennen, sondern, wie man das vor siebzig und achtzig Jahren that, ihre 360 Grad rund um die Erde herum abzuzählen. Die Folge davon ist, daß, wenn man zwei Karten mit einander vergleichen will, die Lage eines Orts herauszufinden, vor allen Dingen eine höchst umständliche Berechnung nöthig ist, die verschiedenen Längen nach einander zu bestimmen – was von Hunderten kaum zwei im Stande sind.

Unsere deutschen Seeleute rechnen nur nach Greenwich und führen nicht allein meist lauter englische Karten, sondern auch englische nautische Handbücher, die ausgezeichnet praktisch eingerichtet sind. Wir Deutschen sind überhaupt keine solche seefahrende Nation, für unsere eigenen Schiffe die ungeheueren Herstellungskosten solcher Bücher in deutscher Sprache auszuführen. Die besten Karten, die wir von fremden Ländern haben, kommen überdies von England und sind alle nach der Eintheilung der Grade von Greenwich ausgerechnet. Es würde deshalb ein ungeheurer Vortheil für uns sein, wenn wir uns auch in Deutschland mit dem Kartenwesen[WS 1] dahin vereinigten, die längst veraltete Berechnung nach Ferro aufzugeben, die nicht den geringsten praktischen Nutzen mehr hat, und einzig und allein nach Greenwich rechneten.

Lesen wir jetzt einen Zeitungsbericht oder eine Reisebeschreibung, wo die Lage eines Ortes nach Graden, und dann jedesmal nach Greenwich angegeben ist, und nehmen wir dann unsere Karten vor, den Platz darauf zu finden, so mögen wir sie nur gleich wieder ruhig weglegen, denn es läßt sich zehn gegen eins wetten, der Ort, den wir suchen wollen, liegt bei uns unter demselben Grade irgendwo im Ocean, oder die Insel trocken auf dem festen Lande.

Ein Nationalgefühl kann uns dabei nicht abhalten, denn Ferro gehört ebensowenig zu Deutschland wie Greenwich, und das Vernünftigste ist also, uns die Berechnung geläufig zu machen und sie überhaupt festzuhalten, welche die allgemeinste praktische Geltung in der Welt hat, und nach der unsere deutschen Seeleute schon überhaupt gezwungen rechnen müssen.

Allen Verlagshandlungen geographischer Werke möchte ich deshalb die Bitte dringend an’s Herz legen, von jetzt an wenigstens die verzweifelte Berechnung nach Ferro aufzugeben und ihre Gradeintheilung durchgängig nach Greenwich anzulegen. Ich brauche wahrlich keinem der Herren den Nutzen noch klarer zu machen, den es nicht allein für alle Schulzwecke, nein, hauptsächlich für das große Publicum haben würde, und um dieser Bitte weitere Verbreitung zu geben, wäre ich jeder Zeitungsredaction dankbar, die diese Aufforderung an alle Verleger geographischer Werke in ihre Spalten aufnehmen wollte.

Friedrich Gerstäcker.[1]



  1. Unser verehrter Mitarbeiter tritt nächste Woche seine große und, wie er uns schreibt, wahrscheinlich seine letzte weitere Reise an. Er wird Nord-, Süd- und Mittelamerika besuchen und gedenkt dies in 1 ½ Jahren auszuführen. Noch einmal will er, ehe er zwischen seinen vier Pfählen in Deutschland bleibt, seine alten Jagdgründe und Jagdkumpane aufsuchen und Stoff für sein ganzes Leben sammeln, namentlich aber die deutschen Ansiedelungen besichtigen, über deren Zustände er im Interesse der Auswanderung und des Handels die genauesten Studien machen wird. Wir werden die ersten Berichte über diese Reise in verschiedenen Zeitungen und später auch in geschlossenen Büchern lesen, auch der Gartenlaube hat Gerstäcker regelmäßige Berichte mit Abbildungen zugesagt, deren Veröffentlichung schon nächstens beginnen werden. Wir dürfen unsern Lesern interessante Mittheilungen versprechen.
    Die Redaction.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Knotenwesen