Zedler:Lust, dem Nächsten schädlich zu seyn
Lust, dem Nächsten schädlich zu seyn, geschiehet auf vielfältige Weise, und kan erkannt werden, 1) ex objectis, aus denen Dingen, in welchen man ihm will hinderlich oder schädlich seyn; das sind nun a) geistliche Güther, welche eigentlich gehören zu der ersten Gesetz-Tafel, als da sind GOtt und seine heilsame Erkänntniß nach seinem Wesen und Willen, sein Wort und Evangelium, der wahre Gottesdienst, und ein GOtt wohlgefälliges Leben, in welchen freylich die höchste Wohlfarth eines Menschen bestehet. Das sind die höchsten und theuersten Schätze, so mit allen andern Schätzen der Welt nicht zu vergleichen. Wenn man nun an dieser Wohlfarth und Güthern den Menschen hindern will, so ists eine böse Lust, und eine aus denen schweresten Sünden; wie sich also versündigte der noch unbekehrte Paulus, der da suchte alle diejenigen gefangen zu führen, die den Namen JEsu bekenneten, Act. 9, 1. seq. verfolgte und peinigte sie, und hielt also viele ab vom wahren Glauben und der Seligkeit, er zwang sie zu lästern, wie er selbst gestehet, c. 26, 11. so versündigten sich die Pharisäer, Joh. 9, 11. Die Gottlosen, welche suchen die Frommen von ihrem gottseligen Wandel abzuhalten, und zum bösen Fürnehmen zu locken, Prov. 1, 10. seq. Diese alle haben böse Begierden, den Nächsten an seiner Seelen Wohlfarth zu hindern. b) Zeitliche Güther, darum man einen zu bringen gedencket; solche werden von GOtt selbst in der andern Tafel in fünf Classen eingetheilet, als nach dem vierdten Gebot des Nächsten Amt, Stand und Beruff, darinnen er lebet: nach dem fünften sein Leib und Leben: nach dem sechsten das Ehegemahl, Kinder und Gesinde: nach dem siebenden Haab und Güther: nach dem achten Ehre und guter Name: in [1248] diesen bestehet vornemlich des Nächsten leibliche Wohlfarth. Und dieselbe suchet man zu hindern, oder den Nächsten gar darum zu bringen; als: wenn man wieder des Nächsten Amt und Stand mit Unrecht etwas versuchet, wie Gaal trachtete nach der Regierung des Abimelech, Jud. 9. Absalom nach Davids, 2. Sam. 15. Adonia nach Salomonis, 1. Reg. 1. wenn man dem Nächsten nach seinem Leib und Leben stehet, wie Esau sich verlauten ließ wieder Jacob, Gen. 27. wie die Gewaltigen des Darii suchten den Daniel um sein Leben zu bringen, Dan. 6. und jene viertzig Juden verbanden sich, nicht eher zu essen und zu trincken, sie hätten denn Paulum getödtet, Act. 23. dergleichen auch geschicht, wenn man des Nächsten Ehegemahl wiederspenstig oder untreu, seine Söhne und Töchter, oder auch das Gesinde unkeusch zu machen suchet; wie der Moabiter Töchter deswegen luden die Söhne derer Israeliten zu ihren Opfern, Num. 25. wenn man des Nächsten Haabe und Güthern allerhand Schaden suchet zu zufügen, wie die Philister Israels Viehe thäten mit Verstopffung derer Brunnen, Gen. 26. und hernach denen Israeliten ein Stück Acker verderben wolten, 2. Sam. 23, 11. Wenn man trachtet den Nächsten um seine Ehre und guten Namen zu bringen, wie Poliphars Weib den Joseph, Gen. 39. Ziba den Mephiboseth bey David, 2. Sam. 16. die Fürsten in Juda den Icremiam bey dem Könige Zedekia, Jer. 37. und 38. auf so vielfältige Art und Weise trachtet man seine böse Lust, den Nächsten an seiner zeitlichen Wohlfarth zu hindern, auszuüben. Und das erscheinet noch klarer: 2) ex factis, aus denen bösen Wercken, so man hierbey fürnimmt. Denn da ist man dem Nächsten an seiner Wohlfarth hinderlich und schädlich α) commodorum omissione, wenn man das, was zu dessen Wohlfarth förderlich seyn könnte, unterlässet, sintemahl es heisset: Wer Gutes zu thun weiß, und thuts nicht, dem ists Sünde, Jac. 4. und solches Gute wird unterlassen: a) non promovendo, wenn man des Nächsten Wohlfarth nicht befördert, da man es wohl thun könnte; so hätte der oberste Schencke Josephs Wohlfarth wohl befördern, und ihm in seinem Anliegen behülfflich erscheinen können, wenn er seine Zusage gehalten hätte, aber er vergaß seiner und thats nicht, Gen. 40. wie auch der Priester und Levit den verwundeten Menschen liegen liessen, Luc. 10. b) non defendendo, wenn man ihn bey seiner Wohlfarth nicht schützet oder erhalten hilfft; so hätten die Hof-Leute Sauls den David schützen, und das Beste von ihm reden sollen für Saul, aber sie thatens nicht, und damit brachten sie ihn um seine zeitliche Wohlfarth. c) non submonendo, wenn man dessen Schaden zuvor siehet und weiß, dennoch ihm denselben nicht anzeiget, oder dafür warnet, da denn nachmahls bey erfolgenden Schaden es eben so viel ist, als ob man dem Nächsten selbst geschadet hätte; wie dergleichen gethan die falschen Propheten, Jer. 8, 11. Ruben, der den Joseph hätte warnen sollen, &c. Gen. 37, 22. und hierher gehören auch die Schadenfrohe, die sich über des andern Unglück erfreuen, Ps. 35, 21. 25. Man giebt auch seine böse Lust, dem Nächsten hinderlich zu seyn, en den Tag, β) noxiorum commissione, wenn man das, was schädlich ist, selbst für die Hand nimmt; welches geschiehet: a) mala svadendo, [1249] wenn man ihn zum Bösen beredet, als ob es gut wäre, dadurch er sich selbst um seine Wohlfarth bringen soll. Als da geschiehet in geistlichen Sachen, wenn man einem die reine Lehre verdächtig machet, und irrige falsche Lehre so gut fürschwatzet, daß er diese annehmen soll. Wie die Pharisäer mit ihren Dienern thaten, Joh. 7. Dergleichen klaget der HErr auch von ihnen, Matth. 23, 5. Es geschiehet auch in zeitlichen Dingen, wenn man dem Nächsten solche Anschläge giebt, die da scheinen zu seinem Aufnehmen gemeynet zu seyn, in der That aber ihm Schaden bringen; wie also übel riethen dem Könige der Ammoniter seine Räthe, als David seine Gesandten zu ihm schickte, 2. Sam. 10. siehe Es. 36, 16. seq. b) Mala jubendo, wenn man andern Leuten böses zu thun befiehlet, und ihnen Mittel und Wege zeiget, wie sie dem Nächsten an seiner Wohlfarth hinderlich oder schädlich seyn können. Wie solches geschicht in geistlichen Sachen, wenn falsche Lehrer ausgesandt werden, das reine Evangelium zu verdunckeln und zu unterdrücken, wodurch die armen Seelen betrogen und verdammet werden. Also geschahe in zeitlichen und weltlichen Dingen von Absalom, der seinen Knechten befahl, Joabs Stücke Gersten anzustecken und zu verbrennen, 2. Sam. 14, 30. von Ahitophel, der dem Absalom hieß, er solte stracks seinen Vater David mit 12000. Mann überfallen, und bey dessen Kebsweibern schlaffen, c. 16. und 17. damit er denn genugsam zu verstehen gab seine böse Lust, dem David Schaden zu thun. c) Damna inferendo, wenn man dem Nächsten selbst würcklich Schaden zufüget, oder es zum wenigsten nur versuchet, da man mit Unglück schwanger gehet, ob man schon einen Fehl gebiehret, Ps. 7. So geschahe es in geistlichen Sachen von denen Egyptischen Zauberern, die dem Mosi wiederstunden, etc. Exod. 7. und 8. item, von denen Baals-Pfaffen, etc. 1. Reg. 18. in zeitlichen Sachen aber von Laban gegen Jacob, der veränderte ihm zehen, das ist offtermahls, seinen Lohn, ob er ihm schaden möchte, wiewohl es ihm der HErr nicht zuliese, Gen. 31. Auf solche alle und mehr Arten erweiset sich die böse würckliche Lust dem Nächsten an seiner so wohl geistlichen als leiblichen Wohlfarth hinderlich zu seyn. Herzogs Lehr- Tugend- und Laster-Spiegel, P. VIII. Conc. 6. p. 54. seq.