Winterlandschaft (Gemälde der Dresdener Gallerie)
Nicht minder ausgezeichnet wie im Genre erscheint Ostade in der Landschaftsmalerei. Die Landschaften der holländischen Meister berühren den Beschauer jedesmal höchst eigenthümlich. Macht die große Naturwahrheit, welche sie anstreben, sehr oft in den Genrestücken, namentlich [82] wenn der Inhalt derselben zu unbedeutend ist, ein gewissermaßen ängstliches Gefühl rege; so entzückt sie bei den Landschaften dafür um so mehr. Wir sehen die Natur selbst und über dem Eindruck, den diese vollendete Auffassung der Gegenden in ihren verschiedenen Erscheinungen hervorbringt, übersehen wir gern die bei Manchem höchst einfache Composition.
In der Kunst der Composition treffen wir indeß an Ostade einen Meister. Seine Landschaften zeigen einen großen Reichthum der Scenerie, und sind, obgleich weniger kühn als lieblich, durch ihr reges Leben, durch ihre vortreffliche Abrundung zu einem Ganzen, wie durch die geistreiche Behandlung im hohen Grade fesselnd. Ostade’s Landschaften sind keine Dichtungen wie die von Ruisdael; er idealisirt nicht, aber die harmonische Zusammenstellung seiner Gegenstände, das ausgeprägt Charakteristische, welches in dieser Anordnung stets vorherrschend bleibt, so wie die wundervolle Zeichnung und Technik selbst, verfehlt dennoch nicht in unserm Gemüth die Wirkung hervorzubringen, welche der Meister hervorrufen wollte. Klarheit und kräftiger Pinsel zeigen sich bei jeder Ostade’schen Landschaft. Die Luftperspective ist von täuschender Wahrheit. Die Staffage des Genremalers würdig. Eine seiner Winterlandschaften, unter denen die vorliegende einen bedeutenden Rang behauptet, zu betrachten, ist ein hoher Genuß. Hier kann der Maler seine ganze krystallene Reinheit und zugleich das Markige, welches ihm eigen ist, zur Anschauung bringen, während die, die Landschaft belebenden Figuren, mit gefälligster Correctheit gezeichnet, nicht selten Träger des Humors sind, welchen die meisten seiner Genrestücke athmen.
- ↑ Anmerkung WS: lt. Inhaltsverzeichnis I. van Ostade.