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Westphälische Sagen und Geschichten/Otto Schütz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: H. Stahl alias Jodocus Temme
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Titel: Otto Schütz
Untertitel:
aus: Westphälische Sagen und Geschichten
Seite 107–109
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1831
Verlag: Büschler’sche Verlagsbuchhandlung
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Erscheinungsort: Elberfeld
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Quelle: Commons = Google
Kurzbeschreibung:
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[107]
VI.


Otto Schütz[WS 1].

Im Jahre 1326 nahm Landgraf Heinrich von Hessen zur Ehe Fräulein Elisabeth, Markgrafen Friederich zu Meissen, des Freudigen, Tochter; mit derselben zeugete er zwei Söhne und eine Tochter. Dem älteren Sohne Heinrich beschied er das Land nach ihm zu besitzen, den Anderen, Otto, schickte er nach Paris, da sollte er studiren, und darnach geistlich werden. – Nun hatte dieser junge Herr Landgraf Otto zur Geistlichkeit keine Lust, kaufte sich deswegen zwei gute Rosse, einen guten Harnisch und eine starke Armbrust, ritt also ohne Wissen seines Herrn Vaters an den Hof des Herzogs zu Cleve, und nannte sich Otto Schutz; begehrte daselbst Dienst, und weil er eine feine, starke, gerade Person war, nahm ihn der Herzog auf. Er hielt sich so redlich und wohl, daß ihn der Herzog vor Andern vorzog, und ihm, so wie Einem von Adel, vier Pferde hielt, und Jedermann war ihm günstig; es verschickte ihn auch der Herzog in vielen Sachen, die er sonst nicht Jedermann anvertrauete.

Dieses bestand also sieben Jahre, bis daß endlich ein hessischer Edelmann, Heinrich von Homberg genannt, eine Wallfahrt nach Aachen gelobet hatte, welcher in seiner Jugend auch an dem Hof des Herzogs zu Cleve gewesen, und auf dieser Fahrt seinen alten Herrn einmal besuchen wollte. Als er nun zu Cleve [108] einritt, sah er Otto den Schutz, erkannte denselben, und trat ihm mit Neigen, und sonst, als seinem Erbherrn gebührlicher Reverenz entgegen. Dieses sah der Herzog aus einem Fenster, und wunderte sich, warum Homberg sich gegen Otto Schutz also ehrerbietig erzeigte, fragte deswegen ihn in geheim, ob ihm Otto Schutz bekannt wäre, und wie es um ihn eine Gelegenheit hätte. Homberg stellte sich auf Otto’s Begehren, der ihm verboten, solche Reverenz hinfort des Orts nicht zu erzeigen, als wüßte er nichts mehr von Otto’n, denn daß er von guter Abkunft und ein ehrlicher Gesell wäre; womit aber der Herzog nicht zufrieden seyn wollte, da er sich wohl dünken ließ, daß etwas mehr dahinter stecken müßte. Er hielt deswegen bey Hombergen an, bis er ihm alle Gelegenheit berichtete, wer er wäre, und daß er nicht mehr als Einen Bruder gehabt, welcher ohne Erben gestorben, und der Vater, sehr alt, nicht anders wüßte, denn sein anderer Sohn Otto wäre auch längst todt, da er in vielen Jahren nichts von ihm vernommen, noch erfahren konnte; hätte ihn zum Studium nach Paris geschickt, dazu Otto keine Lust gehabt, darüber aber hinweggekommen und verloren worden. Derowegen der alte Landgraf Heinrich, sein Vater, bedacht, das Land Hessen seiner Tochter Mann, dem Herzoge zu Braunschweig zu vermachen, darüber das Land in großer Trauer stände, da sie alle ein Mißfallen und Abscheu gegen den Braunschweiger hätten, ständen also alles Erbe auf Otto Schutz, und lobte den daneben.

Als der Herzog solches gehört, da gab er dem Otto seine Tochter zum Ehegemahle, welche sich beyde schon lange geliebt hatten. Und der edle Landgraf zu [109] Hessen vernahm es mit großer Freude, daß er seinen Sohn Otto wieder habe, und daß derselbe so wohl geheyrathet; welcher denen auch bald hernach, im Jahre 1352 mit seiner Braut in Marburg angekommen, und hernach auf Spangenberg Haus gehalten, da er endlich im Jahre 1361 an Gift verstorben.


(v. Steinen a. a. O. S. 267–269.)

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Otto Schutz; vergl. Otto der Schütz.