Warnung (Kosiol)
[48] Warnung. Aus Louisville in Kentucky (Vereinigte Staaten von Nordamerika) geht uns die nachstehende Mittheilung zu, die wir ihrer Wichtigkeit wegen unsern Lesern nicht vorenthalten wollen:
Vor einigen Wochen wurde hier in Louisville ein Verein in’s Leben gerufen, der den Zweck hat, einen Theil der deutschen Einwanderung nach Kentucky abzuleiten, und wird in Kurzem seine Agitation dafür in den verschiedenen Hafenplätzen beginnen.
So sehr ich nun selbst dafür bin, daß in der Folge recht viele Deutsche nach Kentucky kommen, so sehr bin ich dagegen, daß es jetzt geschieht; überhaupt möchte ich die Deutschen vor einer Massen-Einwanderung nicht blos nach Kentucky, sondern nach dem ganzen Süden warnen. Ich war in den Jahren von 1849 bis 1851 in Texas, von da ab wohne ich in Louisville in Kentucky und habe nur zu oft Gelegenheit gehabt, den zähen Charakter unserer Sclavenhalter kennen zu lernen, um an den Bestand der gegenwärtig erheuchelten Loyalität zu glauben. Auch ist die Sclaverei in Kentucky noch nicht todt, noch bestehen alle die Sclaverei betreffenden Gesetze und werden im Innern streng durchgeführt; wurde doch selbst hier in Louisville einer meiner Freunde, der Friedensrichter ist, verklagt und zur Bürgschaft angehalten, um sich im nächsten Januar vor einem höheren Gerichte zu verantworten, weil er in einer einen Sclaven betreffenden Klage nicht im Sinne des Sclaverei-Codex entschied. Noch hält und vermiethet man Sclaven und peitscht lustig drauf los; auch ist es nicht selten, daß heimkehrende farbige Soldaten, die ihre Familien besuchen, todtgeschossen werden; noch rauben und morden Guerillas im Lande, selbst in der Nachbarschaft unserer Stadt. Der treue, eingeborene Unionsmann ist auf dem Lande seines Lebens nicht sicher, um so weniger der frisch Eingewanderte, der Landessprache Unkundige; höchstens würde man ihn, wenn es doch mit der afrikanischen Sclaverei ein Ende nehmen sollte, als den modernen Sclaven dulden, den man nicht zu füttern und zu kleiden braucht und dessen Arbeitskraft man darum noch profitabler ausbeuten könnte. Einen solchen Plan eröffnete mir vor Kurzem ein Sclavenhalter, dessen Sclaven sich selbst frei machten und der mich ersuchte, ihm mehrere deutsche Landarbeiter zu verschaffen.
Die Sclaven-Barone sind trotz der Verluste im Kriege noch nicht mürbe geworden; man lasse sie daher noch eine Weile den Mangel an Arbeitskräften recht fühlbar empfinden, man lasse sie den großen Landbesitz aufgeben und denselben auf den Markt bringen, bevor man die Deutschen zur Einwanderung einladet.
Jedenfalls finden die deutschen Auswanderer gegenwärtig in Illinois, Wisconsin, Minnesota, Missouri und Kansas eine billigere und bessere Heimath und dabei Hülfe und ein herzliches Willkommen zum größten Theil von Landsleuten.
Das Verlangen nach deutscher Einwanderung von Seiten der Amerikaner ist hier noch kaum bemerklich, und richtet sich lediglich auf Handarbeiter, nicht aber auf Landansiedler. Sie wollen deutsche weiße Sclaven für die verlorenen Schwarzen, nicht aber freie Männer neben sich dulden.
Erst wenn der Hochmuth und der Stolz der Sclaven-Barone gebrochen sind, wird es Zeit sein, den Strom der Einwanderung nach dem Süden zu leiten.
Es würde mir lieb sein, wenn die deutschen Zeitungen hiervon Notiz nehmen wollten.