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Waldemar Atterdag

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Theodor Fontane
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Titel: Waldemar Atterdag
Untertitel:
aus: Gedichte, Seite 101–102
Herausgeber:
Auflage: 10. Auflage
Entstehungsdatum: 1895
Erscheinungsdatum: 1905
Verlag: J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
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Erscheinungsort: Stuttgart und Berlin
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Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[101]
Waldemar Atterdag.[1]


Und Waldemar, (König Christophers Sohn),
Im Dome zu Ringstedt nahm er die Kron’,[2]
Nun führt er die Herrschaft mit kluger Hand
Ueber Dänemark-Meer und Dänemark-Land,

5
Nie faßt ihn Jähzorn, nie treibt ihn Eil,

„Erst wägen, dann wagen.“ „Eile mit Weil.“
Und ob es zur That ihn auch drängen mag,
Auf den andern Tag schiebt er’s: „Atterdag“.

Und er fährt gen Jütland. Auf Schloß Aarhuus

10
Harrt er auf Huldigung und Gruß,

Auf Gruß des Adels. Der hält sich zurück;
Einer nur sprengt über die Brück’:
„Um Gott, König Waldemar, auf und flieh’,
In hellen Haufen kommen sie,

15
Sie zürnen Dir schwer, weil Du zubestimmst

Dem Bauer all’ das, was dem Adel Du nimmst,
Sehstedt führt sie; von Viborg her
Kommen Dreihundert oder mehr
In den Sattel, König, und flieh und jag’

20
Hin über die Haide.“ … „Atterdag.“


Und ein Jahr und ein Tag, und auf Schloß Helsingör
Im Landsthing sitzt er und giebt Gehör;
Um ihn her seine Räthe; da stürmt in den Saal
Erik Swensen, sein erster Admiral.

25
„Eile Dich, König. Zu dieser Stund

Fahren die Lübischen in den Sund,
Zwischen Insel Amak und Hveen
Sind siebenundzwanzig Segel zu sehn,
An der Spitze die „Seekuh“, ihr bestes Schiff,

30
Greif zu, wie Dein Vater einst sie griff.
[102]
Sie kommen wie Räuber. Nach Gut und Blut

Dürsten sie. Zertritt ihre Brut,
Vernichte sie mit einem Schlag.“
„Erst wägen, dann wagen … Atterdag.“

35
Und wieder ein Jahr und auf Schloß Wordingborg

In Stille sitzt er und doch in Sorg’,[3]
In Sorg’ um Heilwig. Auf seinem Sinn
Lastet die schöne Königin.
Es heißt, sie sei krank, ohne Schlaf ihre Ruh,

40
Aber ein Kämmerling flüstert ihm zu:

„Der Königin Krankheit ist Lug, ist Schein,
Sten Sture geht lachend aus und ein,
Er ist noch ein Knabe, noch halb ein Kind,
Das lieben die Frauen, wie Frauen sind.

45
Auf, Waldemar, stör’ ihre Lust, ihre List,

Zeige, daß Du der König bist,
Ueberrasche Schön-Heilwig, erforsche sie, frag’“
„Es würde sie töten … Atterdag.“

Und die Jahre gehn und in Roskild-Abtei

50
Todtkrank liegt Waldemar, Gott steh’ ihm bei,

Sein Blick ist erloschen, fahl sein Gesicht,
Erzbischof Ansgar aber spricht:
„Alle Sünde, die Dich quält und brennt,
Es löscht sie Beicht’ und Sakrament,

55
Und willst Du Dein Gewissen still’n,

Hier bin ich, sprich Deinen letzten Will’n,
Uns’re Kirch’ ist arm, wer sie speist und tränkt,
Dess’ auch die Kirch’ in Liebe gedenkt,
Dein Spruch war immer: „Eile mit Weil,“

60
Aber jetzt eilt es mit Deinem Heil,

Säen ist erndten und Opfer Ertrag;
Säe, König.“
 „Atterdag.“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Waldemar IV.
  2. Vorlage: erd ie Kron’
  3. Vorlage: In Sille sitzt