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Viehseuchen-Uebereinkommen zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn

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Gesetzestext
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Titel: Viehseuchen-Uebereinkommen zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn.
Abkürzung:
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Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1892, Nr. 2, Seite 90 - 96
Fassung vom: 6. Dezember 1891
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 31. Januar 1892
Inkrafttreten:
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(Nr. 1984.) Viehseuchen-Uebereinkommen zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn. Vom 6. Dezember 1891.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, im Namen des Deutschen Reichs, einerseits, und Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen etc. und Apostolischer König von Ungarn, andererseits, von dem Wunsche geleitet, den Verkehr mit Thieren und thierischen Rohstoffen zwischen den beiderseitigen Gebieten durch ein Uebereinkommen zu regeln, haben zu diesem Zweck Unterhandlungen eröffnen lassen und zu Bevollmächtigten ernannt:

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen:
Allerhöchstihren Generaladjutanten und General der Kavallerie, Seine Durchlaucht den Prinzen Heinrich VII. Reuß, außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter bei Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen etc. und Apostolischen König von Ungarn,
Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen etc. und Apostolischer König von Ungarn:
den Herrn Gustav Grafen Kálnoky von Koröspatak, Allerhöchstihren Wirklichen Geheimen Rath und Kämmerer, General der Kavallerie, Minister des Kaiserlichen Hauses und des Aeußern,

welche, unter Vorbehalt der beiderseitigen Ratifizirung, das nachstehende Uebereinkommen vereinbart und abgeschlossen haben:

Artikel 1.

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Der Verkehr mit Thieren, mit thierischen Rohstoffen und mit Gegenständen, welche Träger des Ansteckungsstoffes von Thierseuchen sein können, aus dem Gebiete des einen der vertragschließenden Theile nach dem Gebiete des anderen kann auf bestimmte Eintrittsstationen beschränkt und dort einer thierärztlichen Kontrole von Seite jenes Staates, in welchen der Uebertritt stattfindet, unterworfen werden.

Artikel 2.

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Bei der Einfuhr der im Artikel 1 bezeichneten Thiere und Gegenstände aus dem Gebiete des einen in oder durch das Gebiet des anderen Theiles ist ein Ursprungszeugniß (Paß) beizubringen. Dasselbe wird von der Ortsbehörde ausgestellt und ist, sofern es sich auf lebende Thiere bezieht, mit der Bescheinigung eines staatlich angestellten oder von der Staatsbehörde hierzu besonders ermächtigten Thierarztes über die Gesundheit der betreffenden Thiere zu versehen. Ist das Zeugniß nicht in deutscher Sprache ausgefertigt, so ist demselben eine amtlich beglaubigte deutsche Uebersetzung beizufügen. Das Zeugniß muß von solcher Beschaffenheit sein, daß die Herkunft der Thiere und Gegenstände und der bis zur Eintrittsstation zurückgelegte Weg mit Sicherheit verfolgt werden kann; [91] die thierärztliche Bescheinigung muß sich ferner darauf erstrecken, daß am Herkunftsorte und in den Nachbargemeinden innerhalb der letzten 40 Tage vor der Absendung die Rinderpest oder eine andere Seuche, hinsichtlich deren die Anzeigepflicht besteht, und die auf die betreffende Thiergattung, für welche diese Zeugnisse ausgestellt sind, übertragbar ist, nicht geherrscht hat.
Für Pferde, Maulthiere, Esel und Rindvieh sind Einzelpässe auszustellen, für Schafe, Ziegen und Schweine sind Gesammtpässe zulässig.
Die Dauer der Giltigkeit der Zeugnisse beträgt acht Tage. Läuft diese Frist während des Transportes ab, so muß, damit die Zeugnisse weitere acht Tage gelten, das Vieh von einem staatlich angestellten oder von der Staatsbehörde hierzu besonders ermächtigten Thierarzte neuerdings untersucht werden, und ist von diesem der Befund auf dem Zeugnisse zu vermerken.
Bei Eisenbahn- und Schiffstransporten muß vor der Verladung eine besondere Untersuchung durch einen staatlich angestellten oder von der Staatsbehörde hierzu besonders ermächtigten Thierarzt vorgenommen und der Befund in das Zeugniß eingetragen werden.
Der Verkehr mit geschmolzenem Talg und Fett, mit fabrikmäßig gewaschener und in geschlossenen Säcken verpackter Wolle, mit in geschlossenen Kisten oder Fässern eingelegten, trockenen oder gesalzenen Därmen ist auch ohne Beibringung von Ursprungszeugnissen gestattet.

Artikel 3.

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Sendungen, die den angeführten Bestimmungen nicht entsprechen, ferner Thiere, die vom Grenzthierarzte mit einer ansteckenden Krankheit behaftet oder einer solchen verdächtig befunden werden, endlich Thiere, die mit kranken oder verdächtigen Thieren zusammen befördert oder sonst in Berührung gekommen sind, können an der Eintrittsstation zurückgewiesen werden. Den Grund der Zurückweisung hat der Grenzthierarzt auf dem Zeugnisse anzugeben und mit seiner Unterschrift zu bestätigen.
Die erfolgte Rückweisung und der Anlaß hierzu wird von der Grenzzollbehörde ohne Verzug der politischen Behörde des Grenzbezirks jenes vertragschließenden Theiles, aus welchem die Ausfuhr stattfinden sollte, im kürzesten Wege angezeigt werden.
Wird eine solche Krankheit an eingeführten Thieren erst nach erfolgtem Grenzübertritt im Bestimmungslande wahrgenommen, so ist der Thatbestand unter Zuziehung eines beamteten Thierarztes (Staats-Thierarztes) protokollarisch festzustellen und Abschrift des Protokolls der Regierung des anderen vertragschließenden Theiles unverweilt zuzusenden.

Artikel 4.

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Wenn die Rinderpest in dem Gebiete eines der vertragschließenden Theile auftritt, so steht dem anderen Theile das Recht zu, die Einfuhr von Wiederkäuern, Schweinen und thierischen Rohstoffen, sowie von giftfangenden Gegenständen zeitweise zu verbieten oder zu beschränken. [92]

Artikel 5.

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Solange die Lungenseuche in den Viehbestanden des einen der vertragschließenden Theile herrscht, ist der andere Theil berechtigt, die Einfuhr von Rindvieh aus den verseuchten Gebieten (im Deutschen Reich: Bundesstaaten, Provinzen; in Oesterreich: Königreiche und Länder; in den Ländern der ungarischen Krone: Komitate) zu untersagen. In diesem Falle muß die Beförderung von Rindvieh, welches, aus nicht verseuchten Gebieten herstammend, gesperrte Gebiete zum Zweck des Transportes nach der Grenze passiren soll, auf der Eisenbahn in amtlich verschlossenen Waggons unter Vermeidung jeder Umladung, jeder Zuladung von anderem Vieh und jeder Transportverzögerung bewirkt werden.

Artikel 6.

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Wenn aus dem Gebiete eines der vertragschließenden Theile durch den Viehverkehr eine ansteckende Thierkrankheit, hinsichtlich deren die Verpflichtung zur Anzeige besteht, nach dem Gebiete des anderen Theiles eingeschleppt worden ist, so steht letzterem das Recht zu, die Einfuhr von Thieren aller derjenigen Gattungen zeitweilig zu beschränken oder zu verbieten, auf welche der Ansteckungsstoff übertragbar ist.
Die in den Seuchengesetzgebungen der vertragschließenden Theile enthaltenen Vorschriften, welchen zu Folge im Falle des Ausbruches von ansteckenden Thierkrankheiten an oder in der Nähe der Grenze zur Abwehr und Unterdrückung derselben der Verkehr zwischen den beiderseitigen Grenzbezirken, sowie der einen gefährdeten Grenzbezirk transitirende Verkehr besonderen Beschränkungen und Verboten unterworfen werden kann, werden durch das gegenwärtige Abkommen nicht berührt.

Artikel 7.

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Die vertragschließenden Theile räumen sich gegenseitig die Befugniß ein, durch Kommissare in dem Gebiete des anderen Theiles Erkundigungen über den Gesundheitszustand der Viehbestände, über die Einrichtung von Viehhöfen, Schlachthäusern, Quarantäneanstalten und dergleichen und über die Durchführung der bestehenden veterinärpolizeilichen Vorschriften an Ort und Stelle einziehen zu lassen. Einer vorgängigen Anmeldung der Kommissare bedarf es nicht. Die vertragschließenden Theile werden die Behörden allgemein anweisen, den Kommissaren des anderen Theiles, sobald sie sich als solche legitimiren, auf Wunsch Unterstützung zu gewähren und Auskunft zu ertheilen.

Artikel 8.

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Jeder der vertragschließenden Theile wird periodische Nachweisungen über den jeweiligen Stand der Thierseuchen erscheinen und dieselben dem anderen vertragschließenden Theile direkt zukommen lassen.
Ueber die Seuchenausbrüche in den Grenzverwaltungsbezirken werden sich die Behörden gegenseitig sofort direkt verständigen.
Wenn im Gebiete eines der vertragschließenden Theile die Rinderpest ausbricht, wird den Regierungen des anderen Theiles von dem Ausbruche und der Verbreitung derselben auf telegraphischem Wege direkt Nachricht gegeben werden. [93]

Artikel 9.

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Eisenbahnwagen, in welchen Pferde, Maulthiere, Esel, Rindvieh, Schafe, Ziegen oder Schweine befördert worden sind, müssen, wenn sie zum Transport aus dem Gebiete des einen Theiles in das des anderen verwendet werden sollen, zuvor einem durch besondere Uebereinkunft festzustellenden Reinigungs- (Desinfektions-) Verfahren unterworfen werden, welches geeignet ist, die den Wagen etwa anhaftenden Ansteckungsstoffe vollständig zu tilgen.
Die vertragschließenden Theile werden die im Bereiche eines Theiles vorschriftsmäßig vollzogene Desinfektion solcher Eisenbahnwagen als auch für den anderen Theil geltend anerkennen.

Artikel 10.

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Der Weideverkehr aus dem Gebiete des einen der vertragschließenden Theile nach dem Gebiete des anderen ist unter nachstehenden Bedingungen gestattet:
a) Die Eigenthümer der Herden werden beim Grenzübertritt ein Verzeichniß der Thiere, welche sie auf die Weide bringen wollen, mit der Angabe der Stückzahl und der karakteristischen äußeren Merkmale derselben zur Verifizirung (Prüfung und Beglaubigung) vorlegen.
b) Die Rückkehr der Thiere wird nur nach Feststellung ihrer Identität bewilligt.
Wenn jedoch während der Weidezeit eine für die betreffende Thiergattung ansteckende Krankheit unter einem Theile der Herden, oder auch nur an einem weniger als 20 Kilometer von dem Weideplatz entfernten Orte oder auf jener Straße, auf welcher die Rückkehr der Herde zur Grenzstation erfolgen soll, ausbricht, so ist die Rückkehr des Viehes nach dem Gebiete des anderen Theiles untersagt, sofern nicht zwingende Verhältnisse (Futtermangel, schlechte Witterung u. s. w.) eine Ausnahme erheischen. In solchen Fällen darf die Rückkehr der von der Seuche noch nicht ergriffenen Thiere nur unter Anwendung von durch die zuständigen Behörden zur Verhinderung der Seuchenverschleppung vereinbarten Sicherungsmaßregeln erfolgen.

Artikel 11.

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Die Bewohner von nicht mehr als 5 Kilometer von der Grenze entfernt liegenden Ortschaften können die Grenze in beiden Richtungen zu jeder Stunde mit ihren eigenen, an den Pflug oder an ein Fuhrwerk gespannten Thieren überschreiten, jedoch nur zum Zweck landwirthschaftlicher Arbeiten oder in Ausübung ihres Gewerbes und unter Beobachtung der bestehenden Zollvorschriften.
Diese Vergünstigung kann seitens der vertragschließenden Theile von der Erfüllung folgender Bedingungen abhängig gemacht werden:
a) Jedes Gespann, welches die Grenze zu landwirthschaftlicher Arbeit oder im Gewerbebetrieb überschreitet, muß mit einem Zeugnisse des Ortsvorstandes der Gemeinde versehen sein, in welcher sich der Stall befindet. [94] Dieses Zeugniß muß den Namen des Eigenthümers oder des Führers des Gespannes, die Beschreibung der Thiere und die Angabe des Umkreises (in Kilometer) des Grenzgebietes, in welchem das Gespann zu arbeiten bestimmt ist, enthalten.
b) Ueberdies ist beim Austritt wie bei der Rückkehr ein Zeugniß des Ortsvorstandes derjenigen Grenzgemeinde erforderlich, aus welcher das Gespann kommt, und im Falle des Durchzuges durch das Gebiet einer anderen Gemeinde auch eine Bescheinigung der letzteren, womit bestätigt wird, daß die betreffende Gemeinde vollkommen frei von jeder Thierseuche ist, und daß auch in einem Umkreise von 10 Kilometer die Rinderpest und Lungenseuche nicht vorkommt. Dieses Zeugniß muß alle 6 Tage erneuert werden.

Artikel 12.

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Das gegenwärtige Uebereinkommen tritt gleichzeitig mit dem zwischen den vertragschließenden Theilen vereinbarten Handels- und Zollvertrage in Kraft und bleibt für die Dauer desselben in Wirksamkeit.
Die vertragschließenden Theile sind jedoch damit einverstanden, daß die beim Inkrafttreten des Uebereinkommens noch bestehenden, mit den Bestimmungen desselben nicht vereinbaren Beschränkungen und Verbote während eines Jahres nach dem Inkrafttreten des Abkommens in Geltung bleiben können.
Die Ratifikationen des gegenwärtigen Uebereinkommens sollen gleichzeitig mit jenen des zwischen den vertragschließenden Theilen vereinbarten Handels- und Zollvertrages in Wien ausgewechselt werden.
Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten das gegenwärtige Uebereinkommen unterzeichnet und ihre Siegel beigedrückt.
So geschehen zu Wien, den 6. Dezember 1891.
(L. S.) H. VII. P. Reuß.   (L. S.) Kálnoky.
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Der vorstehende Vertrag ist ratifizirt worden und die Auswechselung der Ratifikations-Urkunden hat stattgefunden.


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Schlußprotokoll.

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Bei der am heutigen Tage stattgefundenen Unterzeichnung des Viehseuchen-Uebereinkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie haben die beiderseitigen Bevollmächtigten folgende Erklärungen und Verabredungen in das gegenwärtige Protokoll niedergelegt:

1. Die Bestimmungen des Viehseuchen-Uebereinkommens finden nur auf Provenienzen eines der vertragschließenden Theile Anwendung. Die Zulassung von Thieren oder Gegenständen, welche, aus anderen Ländern stammend, durch das Gebiet des einen Theiles zur Ein- oder Durchfuhr in das Gebiet des anderen Theiles gelangen sollen, liegt außerhalb des Rahmens des gegenwärtigen Uebereinkommens.
2. In den Ursprungszeugnissen ist neben dem Ursprungsorte auch der politische Bezirk und derjenige größere Verwaltungsbezirk (im Deutschen Reich: Bundesstaaten, Provinzen; in Oesterreich: Königreiche und Länder; in den Ländern der ungarischen Krone: Komitate) zu bezeichnen, welchem der Ursprungsort angehört.
3. Die amtliche Beglaubigung der Uebersetzung der nicht in deutscher Sprache ausgefertigten Ursprungszeugnisse ist durch eine zur Führung eines Dienstsiegels befugte Person oder Behörde zu bewirken. Diesen Personen oder Behörden wird bei Eisenbahntransporten der Vorstand der Verladestation zugerechnet.
4. Die im Artikel 5 des Viehseuchen-Uebereinkommens getroffene Bestimmung ist an die Voraussetzung geknüpft, daß in beiden Ländergebieten der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie die Seuchengesetze mit den im Deutschen Reich bestehenden Vorschriften dahin in Uebereinstimmung gebracht werden, daß die an der Lungenseuche erkrankten Thiere zu tödten sind und daß alle übrigen Thiere des Rindergeschlechtes, welche mit erkrankten Thieren in demselben Gehöfte stehen oder gestanden haben, vor Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des letzten Erkrankungsfalles aus dem Seuchengehöfte nicht entfernt werden dürfen, es sei denn zum Zweck der sofortigen Abschlachtung innerhalb Oesterreich-Ungarns.
Insolange diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, sollen an Stelle des Artikels 5 des Viehseuchen-Uebereinkommens folgende Bestimmungen treten:
„Solange die Lungenseuche in den Viehbeständen des einen der vertragschließenden Theile herrscht, ist der andere Theil berechtigt, die Einfuhr von Rindvieh aus den verseuchten Gebieten (im Deutschen Reich: Bundesstaaten, Provinzen; in Oesterreich: Königreiche und Länder; in den Ländern der ungarischen Krone: Komitate) zu untersagen, aus anderen Gebieten aber dahin zu beschränken, daß die Thiere von der [96] dem Ursprungsorte nächstliegenden Eisenbahnstation in amtlich verschlossenen Waggons unter Vermeidung jeder Umladung, jeder Zuladung von anderem Vieh und jeder Transportverzögerung an die Grenze und von hier aus in öffentliche, veterinärpolizeilich überwachte Schlachthäuser zur alsbaldigen Abschlachtung überzuführen sind.“
5. Hinsichtlich der Anwendung der Bestimmung des Artikels 5 des Viehseuchen-Uebereinkommens auf Provenienzen aus einzelnen deutschen Bundesstaaten einerseits, und den österreichischen Ländern Galizien, Böhmen, Mähren und Oesterreich unter der Enns andererseits, wird erklärt, daß die vertragschließenden Theile die ihnen zustehende Sperrbefugniß nicht auf den gesammten Umfang des Gebietes, in welchem die Lungenseuche herrscht, sondern jeweilig nur auf einen im Hinblick auf den Zweck der Verhütung der Seuchenverschleppung genügend großen Theil desselben anzuwenden beabsichtigen. Zu diesem Zweck werden innerhalb der vorgedachten Gebiete engere Sperrgebiete bezeichnet werden, deren Festsetzung durch Notenwechsel vorbehaltlich späterer, im wechselseitigen Einverständnisse vorzunehmender Aenderungen erfolgen wird.
Es liegt in der Absicht der vertragschließenden Theile, von der durch Artikel 5 des Viehseuchen-Uebereinkommens eingeräumten Berechtigung der Absperrung ganzer Gebiete (im Deutschen Reich: Bundesstaaten, Provinzen; in Oesterreich: Königreiche und Länder; in den Ländern der ungarischen Krone: Komitate) alsdann nicht Gebrauch zu machen, wenn in einem solchen, sonst der Regel nach seuchenreinen Gebiete, vereinzelte Lungenseuchenfälle vorkommen. Diese Bestimmung findet jedoch auf Böhmen, Mähren, Galizien und Oesterreich unter der Enns keine Anwendung.
6. Die Bestimmung im Artikel 6 Absatz 2 des Viehseuchen-Uebereinkommens erstreckt sich nicht auf den durchgehenden Eisenbahnverkehr in amtlich verschlossenen Waggons; hierbei soll jedoch jede Zuladung von lebendem Vieh, jede Umladung und jede Transportverzögerung im verseuchten Grenzbezirke untersagt sein.
7. Die auf Grund der Ziffer 3 des Schlußprotokolls zu Artikel 1 des Handelsvertrages vom 23. Mai 1881 derzeit in Uebung stehenden Begünstigungen der Wirthschaftsbesitzer in den deutschen Grenzbezirken hinsichtlich des Bezuges von Nutz- und Zuchtvieh aus Oesterreich-Ungarn, werden während der im Artikel 12 des Viehseuchen-Uebereinkommens vorgesehenen Uebergangszeit keinesfalls eingeschränkt werden.
Das gegenwärtige Protokoll, welches ohne besondere Ratifikation durch die bloße Thatsache der Auswechselung der Ratifikationen des Viehseuchen-Uebereinkommens, auf welches es sich bezieht, als von den vertragschließenden Theilen gebilligt und bestätigt anzusehen ist, wurde in doppelter Ausfertigung am 6. Dezember in Wien unterzeichnet.
H. VII. P. Reuß.   Kálnoky.