Ursprung von Hohengeroldseck
Links ab von der schönen Straße, welche von Lahr in das Kinzigthal führt, nicht weit von Biberach, liegen auf einer Anhöhe die Trümmer des einst für unüberwindlich gehaltenen Schlosses Hohengeroldseck. An Alter und Wechsel der Schicksale übertrifft vielleicht kein edles Haus auf dem weiten Gebirge den Stamm der Geroldsecker, und in Zeiten, in welchen wir gewohnt sind, unsre Sagenkreise zu finden, lebte hier schon eine ältere Sagenwelt in dem Munde der Edeln. Als Pipin der Kurze – so erzählen sie – der König der mächtigen Franken, all’ seine Mannen aufbot, um jenseits der Alpen die stolzen Longobarden und ihren König Astolf zu bändigen, folgte ihm auch Marsilius, ein Herzog vom Schwabenlande. Seine treuen Dienste machten ihn bald zum Liebling des Frankenkönigs, und als ihm Regarda, die Tochter Hildebrands von Andechs, [7] des Grafen über Bayern, einen Sohn gebar, gab er ihm, nach einer Straße in Rom, den Namen Geroldseck. („De platea in Roma Geroltzeck, ibi dicta stirps est progressa;“ dies soll die Umschrift eines alten Steines in der Empfinger Kirche gewesen seyn.) Dieser Gerold war folglich der Bruder der Hildegarde, der Gemahlin Karls des Großen. Ihm übertrug deßwegen dieser Kaiser die herzogliche Würde in Bayern, das Markgrafenthum in Oesterreich und die Grafschaft in der Reichenau. Dem Heerbann leistete Gerold jederzeit treulich Folge; in den Sachsenkriegen erschlug er mit eigener Hand den weitgefürchteten Wittekind und gegen die Allesverheerenden Hunnen schützte ein herrlicher Sieg seine Markgrafschaft. Allein er verfolgte den Feind mit allzugroßem Eifer; die Heiden wandten sich plötzlich gegen ihn, denn er war nur noch von weniger Mannschaft begleitet, und erschlugen den Tapferen. Seine Leiche wurde nach der Reichenau geführt und im Chor des Münsters auf der rechten Seite des Hochaltares begraben. Der Märtyrertag Gerolds ist der zweite October des Jahres 799.[1]
- ↑ An diesen Gerold, als Erbauer von Geroldseck, soll die Inschrift eines Steines erinnern, der zu Ende des vorigen Jahrhunderts aus den Trümmern der Burg hervorgezogen worden ist:
„Hohen Geroldseck mich bawen ließ
Herr Gerold mit Namen hieß
Dem großen Karlo werdt
In viel Ritterlichen Thaten bewerdt
Ward Markgroff in Oestereich
In Schwoben Herzog zugleich etc. etc.Das Haus Geroldseck besaß eine Menge Herrschaften und Lehen: die Burgen Schenkenzell, Romberg, die Städte Mablberg und Lahr, im Elzthale die Schwarzenburg; in den benachbarten Thälern des Kinzigthals die einst blühende Münzstätte Prinzbach, Selbach mit ergiebigen Silberwerken, und auf der Höhe dem Schimberg gegenüber die Burg Lützelhardt. (S. für letztere die folgende Sage.) Prinzbach ist jetzt nur noch ein Weiler; der Verfall des einst reichen Städtchens wird in das elfte Jahrhundert hinaufverlegt und den Freiburgern zugeschrieben, welche am Charfreitage (1001) heimlich die Mauern erstiegen und die Wohnungen ausplünderten. Münzen und Mauertrümmer, die man am Orte findet, weisen indessen auf eine römische Pflanzstadt hin, die dort gelegen haben mag.